| Titel: | Verfahrungsart, baumwollene Gewebe, Kattune, Mouseline, Pique, Rips, Köper, Müzen, Strümpfe, Garne etc. mittelst des saponificirten kaustischen Kali zu allen Jahreszeiten, ohne Ausleger auf den Bleichplan (Wiese, Matte) schnell und schön weiß zu bleichen. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XXIV., S. 198 | 
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                        XXIV.
                        Verfahrungsart, baumwollene Gewebe, Kattune, Mouseline, Pique, Rips, Köper, Müzen, Strümpfe, Garne etc. mittelst des saponificirten
                           kaustischen Kali zu allen Jahreszeiten, ohne Ausleger auf den Bleichplan (Wiese, Matte) schnell und schön weiß zu bleichen.
                        Von Wilhelm Heinrich v. Kurrer.
                        v. Kurrers Verfahrungsart baumwollene Gewebe etc. schnell und schön weiß zu bleichen.
                        
                     
                        
                           Die Kunst, vegetabilische Stoffe zu bleichen, verliert sich in dem grauen Alterthum.
                              Schon zu den Zeiten der Egyptier kannte man die reinigende Eigenschaften gewisser
                              Thonarten, und die wohlthaͤtige Einwirkung der atmosphaͤrischen Luft
                              und des Lichts zur schnellen Befoͤrderung des Bleichprozesses. Bald darauf
                              lernte man den Gebrauch der Aschenlauge und Seife kennen, welchen spaͤter zum
                              Bleichen vegetabilische Stoffe, Pottasche, Soda u.s.w. folgten.
                           
                           In den dem Suͤdpole naͤher gelegenen Gegenden Asiens benuzte man schon,
                              ehe die spekulativen Europaͤer die Laͤnder diesseits und jenseits des
                              Ganges besuchten, die Wirkung der aͤzenden Kalien beim Geschaͤfte des
                              Bleichens vegetabilischer Fasern oder Gewebe. Nach Versicherung
                              glaubwuͤrdiger Reisenden bedient man sich gegenwaͤrtig noch in
                              Bengalen und an der Kuͤste von Koromandel dieses aͤltern Verfahrens,
                              indem man durch Verbrennen gewisser Pflanzen und durch Auslaugen der Asche
                              derselben, eine kohlengesaͤuerte kalische Lauge erhaͤlt, welche durch
                              einen verhaͤltnißmaͤßigen Zusaz von frisch gebranntem Kalk in den
                              Zustand einer aͤzenden Bleichlauge versezt wird.
                           Es ergiebt sich hieraus, daß, wenn auch jene Indier uns schulgerecht erzogenen
                              Europaͤern an Wissenschaft und Kunst fast uͤberall nachstehen, sie
                              doch durch schlichten natuͤrlichen Verstand geleitet in Ansehung jenes
                              technischen Gegenstandes uns schon um ein Jahrtausend zuvorgekommen sind. Cuique suum! –
                              
                           In unserer Zeit erwarb sich der in den chemisch-technischen Wissenschaften
                              sich auszeichnende, juͤngst verstorbene Bergcommissair Westrumb in Hameln, um
                              die Bleichkunst wesentliche Verdienste. Ihm gebuͤhrt der Ruhm, in Deutschland
                              die kaustisch-alkalische Lauge in den groͤßern, noͤrdlichem
                              Leinwandbleichen zuerst ins Leben gerufen zu haben. Durch Herausgabe seiner
                              praktisch-technischen, diesen Gegenstand betreffenden Schriften, in welchen
                              er mit Sachkenntniß seine Beobachtungen und Verfahrungsarten niederlegte, und wovon
                              sein leztes Werkchen »uͤber das Bleichen mit
                                    Saͤuren« etc. (Berlin und Stetin, in der Nicolaischen
                              Buchhandlung 1819.) in den Haͤnden aller Bleichbesizer seyn sollte, brachte
                              er es im noͤrdlichen Deutschland dahin, daß in den dortigen
                              Kattundruckmanufakturen die Methode fuͤr den Druck bestimmte
                              Baumwollen-Gewebe mittelst kaustischer Lauge zu bleichen, fast
                              uͤberall in den Gang gebracht wurde.
                           Die Errichtung einer solchen Bleichanstalt, welche mir im Jahr 1803 gerade in
                              demjenigen Alter anvertraut wurde, wo die Neigung fuͤr das Neue und
                              fuͤr die Einfuͤhrung desselben ins thaͤtige Leben den
                              jugendlichen Geist maͤchtig ergreift, konnte mir nicht anders als erfreulich
                              seyn. Die Lokalitaͤt, verbunden mit zweckmaͤßiger Einrichtung, bot
                              einen großen Spielraum dar, um jaͤhrlich gegen 20,000 Stuͤck Kattune
                              jeder Breite und Laͤnge bleichen zu koͤnnen. Der Erfolg rechtfertigte
                              die Einfuͤhrung der kaustisch-alkalischen Lauge, und entsprach dem
                              Wunsche des damaligen nun noch gegenwaͤrtigen Besizers der Anstalt
                              vollkommen. Zu jener Zeit war dieses die einzige fuͤr kaustisches Kali
                              eingerichtete Bleichanstalt. Spaͤter folgten mehrere große Bleichen diesem
                              Beispiel; sie ist daher als die erste im noͤrdlichen Deutschland zu
                              betrachten, wo baumwollene Gewebe nach diesem Verfahren fuͤr den Druck
                              gebleicht wurden.
                           Die nach dieser Methode gebleichte Waare, zeichnete sich durch ihre Reinheit und
                              Anwendung fuͤr den Kattundruck vor der aͤltern Verfahrungsart
                              vortheilhaft aus. Das neuere Verfahren kuͤrzte auch die sonst lange
                              Bleichzeit ab, und war verhaͤltnißmaͤßig wohlfeiler.
                           Mit Recht muͤssen wir daher wuͤnschen daß unsere beträchtliche Leinwandbleichen in Baiern, Wuͤrttemberg, Baden etc. auf dieselben
                              zweckfoͤrdernde oͤkonomischen Grundsaͤze
                              zuruͤckgefuͤhrt werden moͤchten; aber es stehen noch immer
                              maͤchtige Vorurtheile unserer mechanisch-empirischen
                              Bleichvorstaͤnde im Wege, welche allem Neuen abgeneigt und im alten
                              Schlendrian befangen sind. Durch die mißlungenen Versuche einzelner kenntnißloser
                              Bleichmeister wurden auch unsere guten Hausfrauen abgeschreckt, ihre Leinwand anders
                              als auf dem gewoͤhnlichen Wege bleichen zu lassen; und so kam es, daß man bis
                              jezt bei der alten Weise geblieben ist, es der lieben Natur vom Monat April bis
                              October mit Aufopferung von Zeit, und Verschwendung an Brennmaterial, und
                              Arbeitslohn zu uͤberlassen, daß sie dasjenige leiste, was durch Kunst besser
                              und oͤkonomischer in viel kuͤrzerer Zeit bewirkt werden
                              koͤnnte.
                           Vor zwei Jahren hatte ich Gelegenheit, eine bedeutende wuͤrtembergische
                              Leinwandbleiche, in ihrem inneren Wirken und Weben genau kennen zu lernen. Mein erster Gedanke gieng
                              auf Verbesserung und vornehmlich dahin, dem Bleichmeister die Vorzuͤge
                              kaustischer Kalien vor gewoͤhnlicher Aschenlauge begreiflich zu machen; da
                              erhielt ich zur Antwort: »unsere Bleiche besteht schon viele Jahre, unser
                                 Verfahren ist das beste«, Kalk ist Gift und frißt das Tuch!! –
                              Alle uͤbrige Erlaͤuterungen fruchteten nicht, im Gegentheil glaubte
                              der Mann in seiner Sphaͤre auf der hoͤchsten Stufe der Vollkommenheit
                              zu stehen. Gobelin mochte sich einst, an der Spize der noch jezt ruhmvoll seinen
                              Namen fuͤhrenden Manufaktur nicht auf einer solchen Hoͤhe
                              waͤhnen, wie unser Bleichheld; »der sich stolz ruͤhmte,
                                 jaͤhrlich 6–7000 Stuͤcke ohne Schaden zu bleichen oder durch die Natur bleichen zu lassen?«
                              – »Wie der Urgroßvater bleichte – so auch der
                                 Urenkel!« –
                           Der Vorzug der kaustischen Lauge vor der milden kalischen Bleichlauge (Pottaschenlauge,
                              Aschenlauge) ist laͤngst entschieden; es waͤre unnuͤze noch ein
                              Wort davon zu sagen, zumal da es allgemein bekannt ist, daß kaustisches Kali ein reines Kali ist, waͤhrend gewoͤhnliche
                              Pottasche oder Aschenlauge in kohlengesaͤuertem Zustande angenommen, um so
                              weniger Bleichwirkung zu aͤußern im Stande ist, als leztere Saͤure
                              uͤberwiegend an Kali gebunden darin vorwaltet.
                           Die Anwendung der Seife bei dem Bleichen mit kaustischer Kalilauge ist nicht neu; sie
                              wird in vielen Bleichanstalten fuͤr Leinwand und Leinengarn angetroffen. Ihre
                              Anwendung naͤhert sich unserm zu beleuchteuden Bleichverfahren nur in so
                              ferne, daß dorten das Kochen mittelst Seife, hier aber unmittelbar in Verbindung mit
                              kaustisch alkalischer Lauge ins Werk gesezt wird. So viel ich weiß, ist uͤber
                              die Anwendung der saponificirten kaustischen Kalilauge, um geschwind und
                              schoͤn zu bleichen, noch in keiner Schrift etwas Bestimmtes gesagt worden;
                              ich finde mich daher bewogen dieses Verfahren hier bekannt zu machen.
                           Den ersten Versuch im Großen, nach dieser Methode zu bleichen, unternahm ich im Jahr
                              1802 mit 15 Stuͤck 6/4 breiten und 36 Ellen langen Calicos. In der Folge kam
                              die Reihe an alle Sorten baumwollene Gewebe; ich richtete mich, in Ansehung des
                              quantitativen Zusammenfazes an Bleichmaterial, nach dem Gewichte eben
                              erwaͤhnter 15 Stuͤck Waaren, welche 64 1/2 Pfund saͤchsisch
                              wogen. Nun zu dem Verfahren selbst.
                           
                        
                           I. Operation. Fermentationsprozeß.
                           Fuͤnfzehn Stuͤcke genannter Waare, wie sie der Weber vom Stuhle
                              lieferte, wurden in dem gewoͤhnlichen Fermentationsgefaͤß
                              (Buͤtte) mit milchlauem Flußwasser uͤbergossen, so, daß nach dem
                              beschweren der Waare, die Fluͤssigkeit 4 Zoll hoch uͤber derselben
                              stund. Nach Verlauf von 12 Stunden zeigten sich schon Symptome der Gaͤhrung,
                              welche nach drei Tagen den gehoͤrigen Punkt der sauren Gaͤhrung
                              voͤllig erreichte, wie derselbe bei zu bleichender Waare erforderlich ist.
                              Lackmuspapier roͤthete sich in der Fluͤssigkeit augenbliklich, und der
                              Geruch sowohl als andere Pruͤfungsmittel deuteten auf voͤllig
                              gebildete essigartige Saͤure.
                           Um diese Zeit ließ ich den Zapfen zwischen dem Kreuz und dem Boden herausnehmen, und,
                              nachdem alle saͤuerliche Fluͤssigkeit abgelaufen war, noch ein paar
                              mal frisches Flußwasser auffuͤllen, damit der groͤßere Theil
                              adhaͤrirender saurer Fluͤssigkeit von der Waare abgespuͤhlt
                              wurde. Der Zapfen wurde nun wieder fest eingeschlagen, die Kufe mit einem schwachen
                              milchlauen Seifenbade, in welchem ein Pfund gewoͤhnlicher Seife zuvor
                              geloͤst worden, wieder wie zuvor angefuͤllt, und drei Tage dem
                              Maceriren uͤberlassen. Nach Verlauf dieser Zeit wurde die Fluͤssigkeit
                              abgefuͤhrt, die Waare herausgenommen, am Fluß oder Bach gut gewaschen,
                              gewalkt oder geklopft, und zur zweiten Operation vorgerichtet.
                           Ich glaube kaum bemerken zu duͤrfen, daß im Winter die
                              Fermentationsgefaͤße so gesezt werden muͤssen, daß durch Einheizen
                              eine stete Temperatur von 8–12 Grad Reaum. Waͤrme erforderlich
                              ist.
                           Die Fermentation und Bildung essigartiger Saͤure bei diesem Geschaͤft
                              gruͤndet sich auf die wechselseitige Einwirkung dabei ins Spiel tretender
                              Naturstoffe. Die vom Webestuhl gekommenen rohen oder ungebleichten baumwollne oder
                              leinene Waaren sind mit Gluten, Amylon und Schleim verbunden, welche theils dem
                              Gewebe schon anhiengen, theils auch, und vorzuͤglich leztere, durch die
                              Weberschlichte demselben mitgetheilt wurden. Den vegetabilischen Gluten- oder
                              Eiweißstoff loͤßt am leichtesten die Essigsaͤure auf; diese wird zum
                              Theil in der Fermentations-Operation vollstaͤndig gebildet, indem eine
                              Quantitaͤt Wasser in angemessener Temperatur eine Zerlegung erleidet, ihren Sauerstoff an
                              das Amylon und die Zuckerstoffhaltigen Theile absezt, und diese in eine essigartige
                              Saͤure umaͤndert, in welcher nun der Eiweißstoff, Extractivstoff, der
                              Waare aufloͤslich wird. Die Einwirkung der atmosphaͤrischen Luft und
                              die Abgabe von Sauerstoff spielt hiebei auch eine wichtige Rolle. Sie hilft in
                              Mitwirkung der freien Waͤrme des Dunstkreises und der Bildungstemperatur,
                              welche durch den Gang der Gaͤhrung verursacht wird, die
                              Mischungsveraͤnderung saͤmmtlicher Materien beschleunigen. Als
                              gasfoͤrmige Produkte entweichen bei diesem Fermentationsprozeß,
                              Kohlensaͤure und kohlenstoffhaltiges Wasserstoffgas, auch ein Theil freies
                              Wasserstoffgas, welches durch Einwirkung anderer Materien verunreinigt ist.
                           Auf dem positiven Akt der sauren Gaͤhrung beruht die schnelle Beendigung des
                              ganzen uͤbrigen Bleichprozesses aller Fasern des Pflanzenreichs. Tritt der
                              faule Grad der Gaͤhrung ein, so leidet dadurch die Dauerhaftigkeit der
                              Pflanzenfaser.
                           
                        
                           II. Operation. Kochen in saponificirter kaustischer Lauge.
                           Man bereitet eine kaustisch-alkalische Lauge aus
                           
                              
                                 15
                                 Pfund
                                 guter Pottasche und
                                 
                              
                                   5
                                   –
                                 frisch gebrannten Kalks
                                 
                              
                           in der gewoͤhnlichen Laugenbuͤtte, zapft die
                              klare Lauge ab, gießt noch einmal frisches Wasser auf, und bringt die zweite
                              Auslaugung zur erstern.
                           Die zu kochende Waare ließ ich nun in einen ihrem Umfange angemessenen kupfernen
                              Laugenkessel, welcher auf dem Boden mit einem hoͤlzernen Kreuz, und an den
                              Seitenwaͤnden bis nach oben, mit hoͤlzernen Schienen versehen wurde,
                              nach gewoͤhnlicher Weise einsezenVorzuͤglich eignet sich zum Kochen der Waare in dergleichen
                                    Fluͤssigkeit, der Laugenapparat, welcher in der Kattunmanufaktur der Herren
                                    Schoͤppler und Hartmann seit mehreren Jahren die wesentlichste
                                    Dienste leistet. Man findet denselben im ersten Hefte des dritten Bandes
                                    dieses Journals beschrieben und abgebildet. K.. Es wurde sodann eine verhaͤltnißmaͤsige Menge Wasser hinzugethan,
                              und zulezt die kaustisch-alkalische Lauge, nachdem derselben eine
                              Seifenaufloͤsung von 2 1/2 Pfund gewoͤhnlicher Seife zugesezt worden,
                              darauf gegossen. Mit Huͤlfe guter Querhoͤlzer in Kreuzform, und durch
                              Stemmen in der Mitte durch einen starken Stock an die Decke des Bleichhauses, wurde
                              die Waare locker unter der Fluͤssigkeit erhalten, und nun Feuer unter den
                              Kessel gemacht.
                           So vorgerichtet, wurde die Waare sechs Stunden hindurch
                              nun unterbrochen in der Fluͤssigkeit gekocht, und das verdampfte Wasser immer
                              wieder durch frisches ersezt, damit die Waare ganz unter der Fluͤssigkeit
                              erhalten wurde. Nach Verlauf dieser Zeit schichtete man die Waare auf die ober dem
                              Kessel zur Wand angebrachten Hurde, daß die ablaufende Lauge wieder in den Kessel
                              zuruͤck floß, und schaffte nun die Waare nach einigem Erkalten an den Fluß
                              oder Bach, wo sie gut gewaschen, gewalkt und zur dritten und lezten Operation
                              vorgerichtet wurde.
                           Die aufloͤste Kraft der saponificirten kaustisch-alkalischen Lauge ist
                              so groß, daß die Waare nach Beendigung dieser Operation eine ganz schmuziggraue
                              Farbe erhaͤlt, welche von dem aufgeloͤßten Extractivstoff
                              herruͤhrt, der nur noch locker und mechanisch damit zusammenhaͤngt,
                              und durch die darauf folgende Operation ganz entfernt wird.
                           Die Lauge selbst besizt in diesem Zustande eine schmuzig dunkelbraune Farbe, hat alle
                              alkalisch wirkende und aufloͤsende Eigenschaften verloren, und stellt daher
                              eine Verbindung von Kali und gefaͤrbtem Extraktivstoffe dar, deren lezterer
                              nebst den andern
                              Unreinigkeiten, durch frisch gebrannten Kalk groͤßtentheils niedergeschlagen
                              werden kann. Ich ließ zu meinen fernern Versuchen, jene bereits gebrauchte Lauge
                              wieder in die Laugenbuͤtte bringen, und mit einer
                              verhaͤltnißmaͤsigen Menge von frisch bereitetem Kalkbrei vermischen.
                              Es wurde naͤmlich so lange Kalkbrei zugegeben, bis die obenstehende
                              Fluͤssigkeit eine klare Weinfarbe angenommen hatte. Nachdem sich der Kalk mit
                              allen Unreinigkeiten praͤzipitirt hatte, wurde die klare Fluͤssigkeit
                              durch den am Gefaͤße angebrachten Hahn abgelassen, und durch einen frischen
                              Zusaz von Seifenloͤsung wieder zu einer zweiten Parthie von gleichem Gewicht
                              verwendet. Nach Beendigung der Operation erhielt ich ein Resultat, welches von jenem
                              mit frisch bereiteter Lauge nicht verschieden war. Bei der dritten Benuzung sezte
                              ich 4 Pfund frische Pottasche nebst der gewoͤhnlichen Seifenaufloͤsung
                              hinzu, und war mit dem Erfolge ebenfalls zufrieden. Die dreimal gebrauchte Lauge in
                              Faͤssern gesammelt, giebt ein gutes Duͤngesalz fuͤr
                              Grasboͤden ab. Wegen der dreimaligen Benuzung der alkalischen
                              Fluͤssigkeit, kann man dieses Verfahrens zu allen Jahreszeiten schnell und
                              schoͤn weiß zu bleichen, wirklich wohlfeil nennen.
                           Statt der Pottasche kann auch Aschenlauge bei diesem Bleichverfahren in Anwendung
                              kommen, wenn man durch den Areometer den Grad der Pottaschenlauge bestimmt, und die
                              Aschenlauge von derselben Staͤrke dazu nimmt.
                           
                        
                           III. Operation. Behandeln der Waare in dem schwefelsauren Bad.
                           Die dritte Operation, besteht in der Behandlung der Waare in einem kalten
                              schwefelsauren Bade. Zu dem Ende bereitet man dasselbe ganz nach
                              gewoͤhnlicher Weise, haspelt die an einander geknuͤpfte Waare ein, und
                              sezt das Hin- und Wiederhaspeln, zur gleichfoͤrmigen Durchdringung, eine Stunde lang fort.
                              Die Waare wird nun gut untergetaucht, 24 Stunden unter der sauren
                              Fluͤssigkeit gehalten, alsdann vor dem Herausnehmen abermals 3/4 Stunden lang
                              hin und wieder getrieben, jezt herausgenommen, sogleich an den Fluß oder Bach
                              gebracht, und da recht gut gewaschen und gewalkt, damit alle Saͤure
                              sorgfaͤltig abgespuͤhlt werde.
                           Sobald die Waare in Beruͤhrung mit dem schwefelsauren Bade gebracht wird,
                              verschwindet die graue Farbe derselben augenblicklich, und es tritt an ihre Stelle
                              ein reines Weiß, welches nach 24 stuͤndigem
                              Maceriren, und darauf folgendem Auswaschen und Walken, ganz vollkommen
                              erscheint.
                           
                        
                           Besondere Bemerkungen.
                           1) Diese Methode zu bleichen eignet sich ganz vorzuͤglich fuͤr solche
                              Artikel, welche weiß gebleicht in den Handel gebracht werden. Dahin gehoͤren
                              alle Gattungen Mouseline, Pique, Koͤper, Kattune, Muͤzen,
                              Struͤmpfe, Handschuhe u. dgl. m. Waaren, welche nicht bedruckt werden.
                           2) Fuͤr den sogenannten Kattundruck qualificirt sich so gebleichte Waare, ohne
                              einer weitern Vorbereitung unterworfen zu werden, nicht wohl. Sie erscheint zwar dem
                              Auge vollkommen weiß, enthaͤlt aber immer noch inhaͤrirende
                              Substanzen, welche in den Faͤrbebaͤdern Anziehung gegen Pigmente
                              aͤußern. Um diesem Uebel zu begegnen, legt man sie 2 Tage lang gut
                              ausgebreitet auf die Bleiche, und giebt noch eine schwache
                              kaustisch-alkalische Lauge hinzu, wo fuͤr ein Stuͤck mehrmals
                              gedachter Waare 5 Loth Pottasche mit einem Drittel ihres Gewichts von frisch
                              gebranntem Kalk hinreichend sind. Nach dem Laugen legt man sie noch 4 Tage lang auf
                              der Bleichwiese aus, laͤßt sie, wie gewoͤhnlich, noch einmal durch ein
                              schwefelsaures Bad gehen, und reinigt sie durch Waschen und Walken.
                           
                           Bei gewissen Artikeln der Kattundruckerei, insbesondere bei der Lapisfabrikation, ist
                              es von wesentlichem Vortheil, wenn die Waare nach dem schwefelsauren Bade noch durch
                              ein kochendes Kuhmistbad genommen, und darauf einige Tage auf die Bleichwiese
                              ausgelegt wird. Das Kuhmistbad lockert den Faden, macht denselben weich, und
                              fuͤr gleichfoͤrmige Annahme des Indigs in der kalten
                              Indigokuͤpe vorzuͤglich geschikt.