| Titel: | Ueber die Verheerungen, welche die Wespen am Obste verüben. Von Andr. Knight, Esq. F. R. S. Präsident der Horticultural Society. | 
| Fundstelle: | Band 3, Jahrgang 1820, Nr. XXIX., S. 221 | 
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                        XXIX.
                        Ueber die Verheerungen, welche die Wespen am Obste verüben. Von Andr. Knight, Esq. F. R. S. Präsident der Horticultural Society. 
                        Aus den  Transactions of the Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. II. Series N. CCXXI. Octob. 1820. S. 315.
                        Andr. Knight über die Verheerungen der Wespen am Obste.
                        
                     
                        
                           Die Verheerungen, welche die Wespen anrichten, sind so ungeheuer,Der Uebersezer weiß sich keines Sommers zu erinnern, in welchem die Wespen
                                    haͤufiger gewesen waͤren, als in dem dieß jaͤhrigen,
                                    wenigstens in der Mitte Baierns. Mitten in der Stadt, in welcher er wohnt,
                                    hat er in seinem Arbeits-Zimmer von 11–3 Uhr mehrere Wochen
                                    lang 20–40 in mancher Stunde gefangen. A. d. U. und die besten Mittel, welche der Gaͤrtner zur Sicherung seiner
                              Fruͤchte gegen dieselben anwenden kann, sind gewoͤhnlich so
                              unzulaͤnglich, daß ich folgende Mittheilung, obschon meine Beobachtungen bloß
                              auf ein einzelnes Lokal-Verhaͤltniß gegruͤndet sind, der
                              Aufmerksamkeit der Horticultural-Society werth
                              glaubte.
                           Man pflegte bisher zu Downton immer die Hauptlese der Trauben in dem
                              TraubenhauseIn England kann man Trauben mit Vortheile nur in eigenen besonders dazu
                                    gebauten Glashaͤusern ziehen, und doch ist auch diese
                                    muͤhselige Art von Weinbau dort eintraͤglich. Manche Rebe
                                    traͤgt dort im Hause gezogen 10 mal soviel als eine bei uns am Mayne
                                    oder am Rheine im Freien. A. d. U. bis spaͤt in den Herbst zu verschieben, und mußte daher nothwendig
                              viele Aufmerksamkeit auf ihre Sicherung vor den Wespen richten.
                           
                           Man brauchte Gitter von schottlaͤndschem Gase (blinds
                                 of Scotch-gause) mit ziemlich gutem Erfolge; indessen fanden doch
                              immer einige Wespen ihren Weg zwischen denselben durch, und waren sie einmal darin,
                              so gefiel ihnen der Aufenthalt daselbst so wohl, daß sie nie wieder herausgingen.
                              Man hatte ferner noch mit der Schwierigkeit zu kaͤmpfen, bei windstillem und
                              schwuͤlen Wetter den gehoͤrigen Luftzug zu erhalten, und wenn die
                              Trauben auch nur einmal eine Neigung zum Schimmel bekommen, so wird es
                              aͤußerst schwer sie fuͤr die Folge zu erhalten.
                           Seit ungefaͤhr zehn Jahren hoͤrten bei mir die Wespen auf meinen
                              Trauben irgend eine Aufmerksamkeit zu schenken, und seit dieser Zeit haben sie
                              denselben auch nicht den mindesten Schaden mehr zugefuͤgt, obschon die
                              Fenster, sobald die Trauben reif waren, den ganzen Tag uͤber, wann die
                              Witterung trocken war, offen standen. Im Sommer 1815 waren die Wespen-Nester
                              so zahlreich, daß, obschon meine Leute eine ungeheuere Menge derselben
                              zerstoͤrten, und wenigstens eben so viele noch durch eine zahlreiche Colonie
                              von Dachsen in der Nachbarschaft aufgerieben wurden, auf jedem Acre LandesEine Acre ist gleich 1125 □ Klafter Wiener Maßes, oder 38376 franz.
                                    □ Fuß. A. d. Uebers. wenigstens noch eines uͤbrig war. Dessen ungeachtet konnte ich, bei
                              taͤglich vorgenommener genauer Untersuchung des Traubenhauses, nicht den
                              mindesten von den Wespen an meinen Trauben veruͤbten Schaden wahrnehmen, und
                              mein Gaͤrtner versicherte mir, daß auch nicht eine einzige Traube gelitten
                              hat.
                           Ich konnte keinen einzigen Umstand auffinden, dem ich diese sonderbare
                              Gleichguͤltigkeit der Wespen gegen meine Trauben waͤhrend jener Zeit
                              auch nur einiger Masten haͤtte zuschreiben koͤnnen, wenn es nicht der
                              ist, daß eine Menge junger Eibenbaͤume, die zunaͤchst um das Haus
                              standen, gerade zu
                              dieser Zeit das erste mal anfingen Fruͤchte zu tragen. Diese Baͤume
                              haben seither in jedem Herbste eine reichliche Menge Fruͤchte getragen, auf
                              welche die Wespen mit vieler Begierde Jagd machten, und welche sie wahrscheinlich
                              den Beeren der Traube vorzogen. Die Fruͤchte des Eibenbaumes verrathen
                              allerdings dem Geschmacke nach das Daseyn einer großen Menge von Zuckerstoff,
                              welcher in einem sehr concentrirten Zustande mit Schleime gemengt, und daher
                              wahrscheinlich sehr nahrhaft ist.
                           Im J. 1815 und in verschiedenen anderen Sommern seit der oben bemerkten Zeit wurde
                              das Obst in meinem Obstgarten (der ungefaͤhr 900 Fuß von meinem Traubenhause
                              entfernt ist) beinahe gaͤnzlich von Wespen zu Grunde gerichtet; und es
                              entsteht nun allerdings die interessante Frage, ob, wenn meine Obstbaͤume
                              eben so mit tragbaren Eibenbaͤumen umgeben gewesen waͤren, wie mein
                              Traubenhaus, mein Obst nicht wohl erhalten geblieben waͤre. Ich kann mir zwar
                              kaum schmeicheln, daß alles Obst davon gekommen seyn wuͤrde; ich zweifle aber
                              kaum, daß die Aufmerksamkeit der Raͤuber dadurch nicht sehr getheilt worden
                              waͤre; ein Umstand, der in einer Gegend, wo bloß ein Obstgarten einzeln
                              daliegt, einige Aufmerksamkeit verdient. Weder mein Garten, noch die naͤchste
                              Nachbarschaft desselben besizt gegenwaͤrtig auch nur einen einzigen
                              weiblichen Eibenbaum; da aber diese Eibenbaͤume eine Holzart sind, die sehr
                              viel Schuz gewaͤhrt, so habe ich mir vorgenommen, sobald als moͤglich
                              eine bedeutende Menge derselben zu pflanzen, und werde immer einen maͤnlichen
                              Baum zwischen sechs weibliche stellen.
                           Der Eibenbaum laͤßt sich durch starke Stecklinge, und folglich auch durch
                              Ableger fortpflanzen;Aus Samen ist er nicht wohl zu ziehen; die Samen bleiben 2 Jahre lang unter
                                    der Erde, und der ganze Baum waͤchst aͤußerst langsam. und jede Abart desselben laͤßt sich durch Pfropfen, und wie ich nicht zweifle, auch durch
                              Aeugeln, wenn man das Holz nicht aus dem Auge herausnimmt, vermehren. Ich habe
                              Ursache zu glauben, daß man durch Auswahl einer guten Abart einigen Vortheil mehr
                              gewinnen kann; denn ich habe bemerkt, daß die Wespen die Frucht eines meiner
                              Eibenbaͤume den Fruͤchten aller uͤbrigen vorziehen;
                              wahrscheinlich weil sie suͤßer war, oder einen besseren Geschmack hatte: mein
                              Gaumen ist aber nicht fein genug um mich irgend einen Unterschied bemerken zu
                              lassen.Mehrere unserer Leser werden sich erinnern, daß unsere Alten mitten in ihren
                                    Obstgaͤrten Eibenbaͤume (den Taxus baccata Linn.) pflanzten, den die spaͤtere
                                    ausgeartete Gartenkunst zu allerlei Figuren, Pyramiden, Candelabern, Adam
                                    und Eva u. dgl. Possierlichkeiten mit der Scheere zuschnitt. Die neuere
                                    Gartenkunst verbannte ihn aus unsern Gaͤrten, und gestattet ihm nicht
                                    einmal mehr das Recht, als immer gruͤne Hecke zu dienen. Sollten
                                    vielleicht die Alten die schuͤzende Kraft dieses Baumes gegen die
                                    Wespen gekannt haben? Es laͤßt sich, da wir der immer gruͤnen
                                    Baͤume und Straͤucher mehrere bei uns haben, und selbst unsere
                                    Fichte (Pinus Abies Linn, Pin. picea du
                                       Roi) die Scheere vertraͤgt, wirklich nicht leicht ein Grund
                                    denken, warum man den Eibenbaum den uͤbrigen immer gruͤnen
                                    Baͤumen und Straͤuchern vorgezogen haben soll. Wollte man
                                    heute zu Tage diesen Wespen-Ableiter bei uns in Deutschland in den
                                    Obstgaͤrten pflanzen, so wuͤrde man Muͤhe haben,
                                    Stechlinge genug, zumahl von den weiblichen Baͤumen zu finden. Daß
                                    man eine Reihe von Jahren warten muͤsse, bis sie Fruͤchte
                                    tragen, ließe sich allenfalls noch verschmerzen, da man immer mehr
                                    fuͤr die Nachwelt, als fuͤr die Gegenwart bedacht seyn muß,
                                    wenn man verdienen will gelebt zu haben. Der Eibenbaum, der von dem
                                    luͤgenhaften Arzte, Valent. v. Hildebrand,
                                    als Mittel gegen die Hundswuth gepriesen wird, ist leider kein Mittel gegen
                                    diese schreckliche Krankheit. Er soll den Pferden gefaͤhrlich, nach
                                    einigen sogar toͤdtlich seyn; verdaͤchtig ist er auf jeden Fall. Sein
                                    Holz ist wunderschoͤn, und liefert, unter dem Nahmen Rotheiben, gehoͤrig geschnitten und
                                    polirt, feine Meubeln beinahe von der Schoͤnheit des Mahagony. Der
                                    Uebersezer weiß, daß Englaͤnder Rotheiben
                                    aus Kaͤrnthen nach England zu feiner Tischlerarbeit kommen ließen.
                                    Vergl. Boͤhmer's Techn. Gesch. der
                                       Pflanzen. I. 218. II. 281. A. d. Uebers..