| Titel: | Abhandlung über das Schlichten der Zeuge und Leinwand mittelst verschiedener Arten von Schlichten, vorzüglich aber mit salzsaurem Kalke. Von Hrn. Dubuc, dem älteren. | 
| Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XII., S. 83 | 
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                        XII.
                        Abhandlung über das Schlichten der Zeuge und Leinwand mittelst verschiedener Arten von Schlichten, vorzüglich aber mit salzsaurem
                           Kalke. Von Hrn. Dubuc, dem älteren.
                        Aus den Actes de l'Académie roy. des sciences, belles lettres et arts de Rouen pour 1820. in Journal de Pharmacie Juli 1821. S. 323. im Auszuge von B. F. G. Boullay.
                        Dubuc über das Schlichten der Zeuge.
                        
                     
                        
                           In den zahlreichen Fabriken, in welchen die unter dem Namen
                              Rouennerie uͤberall bekannten Zeuge und
                              Leinwaͤnden verfertigt werden, hat man allgemein die Meinung, daß, wenn sie
                              von guter Qualitaͤt seyn sollen, sie in finsteren, kuͤhlen und
                              feuchten Gemaͤchern und mittelst einer Schlichte gearbeitet werden
                              muͤssen, die die Werkleute den Puz, Parement,
                              nennen.
                           Der Wunsch, einer so zahlreichen Menschenklasse, wie jene der Weber ist, zu
                              nuͤzen, und sie, wenn man so sagen darf, aus dem tiefen ungesunden Grabe, in welchem sie den
                              groͤßten Theil ihres Lebens uͤber lebendig begraben sind,
                              herauszuziehen, hat einen unserer Collegen veranlaßt, Versuche uͤber die
                              Natur und die Wirkungen dieses allgemein gebraͤuchlichen Puzes anzustellen
                              und zu sehen, ob es nicht moͤglich waͤre eine hygrometrische Schlichte
                              aufzufinden, welche lange Zeit die verlangte Eigenschaft behielte, ohne dem Gewebe
                              selbst zu schaden, so daß man folglich die sogenannte Rouennerie in
                              gesuͤnderen Zimmern, als jene unterirdischen Keller sind, welche man bisher
                              dazu bestimmte, verfertigen koͤnnteAuch die feinen hollaͤndischen Battiste werden nur in feuchten Kellern
                                    unter der Erde gewebt. Man glaubt nicht, wie viele hundert Menschen
                                    jaͤhrlich dadurch ihr Leben auf eine der leidenvollsten Todesarten
                                    einbuͤssen, naͤmlich durch Wassersucht. Eine der
                                    graͤßlichsten Wassersuchten, die der große Praktiker P. Frank nach 36 jaͤhriger Praxis gesehen
                                    hatte, war die eines solchen Battist-Webers zu Wien, den dieser große
                                    Arzt wegen der monstroͤsen Entstellung aller Theile seines
                                    Koͤrpers durch diese Krankheit zeichnen ließ. Wer die Battist-
                                    und Rouennerie-Weber aus ihren Kellern retten wird, verdient eine
                                    Ehrensaͤule. A. d. Ueb..
                           „Meines Wissens“ sagt Hr. Dubuc
                              „hat man diesen Theil der Fabrik-Industrie, welcher das Schlichten
                                 der Faden vor dem Eintragen mit der Schuͤze betrifft, bisher noch nicht
                                 jener Aufmerksamkeit gewuͤrdigt, welche sie so sehr verdientWir wußten, daß man sich des kochsalzsauren Kalkes als hygrometrischen
                                       Mittels zur Schlichte bedient; allein, dieses Verfahren, welches bisher
                                       nur einigen Fabriken eigen war, wurde als eine. Art von Geheimniß
                                       behandelt, dessen Entdekung von hoher Wichtigkeit ist. Anm. d. Redact.
                                       d. Journal de Pharmacie.
                                       , und die Bereitung einer guten Schlichte
                                 So wollen wir fortan parement
                                       uͤbersezen. A. d. Ueb. (parement) ist noch immer eine Art von
                                 Geheimniß: man hat auch in verschiedenen Fabriken verschiedene Arten derselben.
                                 Die einen enthalten Pflanzenschleim, die anderen thierische Gelatine als Basis, wodurch
                                 nothwendig ihre Wirkung verschieden werden muß.“
                              
                           Nachdem Hr. Dubuc den eigentlichen Zwek, welchen der Weber
                              bei Anwendung der Schlichte erreichen will, entwikelte, fand er, 1) daß dadurch die
                              Kette etwas Markiges, eine Art von Elasticitaͤt, erhaͤlt, indem die
                              Schlichte etwas in die Faden eindringt, und das Volumen derselben
                              vergroͤßert. Dadurch werden sie, mittelst des Mechanismus des Stuhles, in den
                              Stand gesezt, sich auf eine mehr gleichfoͤrmige Weise neben einander
                              anzulegen, wodurch das Gewebe sodann ein vortheilhafteres Ansehen gewinnt; 2) daß
                              die Schlichte die feinen aufstehenden Faͤserchen (le
                                 duvet) niederlegt, und dadurch dem Gewebe selbst mehr Dichtigkeit und
                              Festigkeit verschafft.
                           Die Schlichte muß glatt, vollkommen gleichfoͤrmig, und von solcher Consistenz
                              seyn, daß sie in den Buͤrsten sich vollkommen vertheilen laͤßt, und in
                              allen Richtungen auf die Kette, ehe dieselbe verwebt wird, aufgetragen werden
                              kann.
                           „Seit einiger Zeit“ sagt Hr. Dubuc,
                              „hat man in verschiedenen Journalen eine Art von Schlichte
                                 angekuͤndet, welche alle Eigenschaften zur Erreichung des
                                 philanthropischen Zwekes, den wir zu erlangen suchen, zu besizen scheint; man
                                 hoffte bereits die armen Weber durch Anwendung derselben ihren unterirdischen
                                 Graͤbern entsteigen, und ihre Werkstuͤhle in gesuͤnderen
                                 Wohnungen aufschlagen zu sehen. Diese Schlichte wird aus dem Mehle der Samen
                                 einer Grasart bereitet, die wir wahrscheinlich aus den canarischen Inseln
                                 erhielten, die aber nun auch in Frankreich einheimisch geworden ist. Sie ist die
                                 Phalaris canariensis des Linne und der Botaniker, bei uns in Frankreich Alpiste, auch Millet long des grainetiers genanntBei uns heißt sie Canarien-Gras,
                                          Canarien-Futter, gemeines
                                          Glanzgras. A. d. Ueb..“
                              
                           
                           
                              „Es scheint so ziemlich hinlaͤnglich erwiesen, daß dieses Mehl alle
                                 jene Eigenschaften besizt, welche man ihm zuschrieb.“
                              
                           
                              „Ich habe mehrere male diese Art von Schlichte sowohl aus Samen, die von
                                 den canarischen Inseln eingefuͤhrt werden, als auch aus solchen, die hier
                                 um Rouen gebaut wurden, bereitet, versuchen lassen: sie war, sowohl aus diesen
                                 wie aus jenen Samen, mild, lang, markig, vertheilte sich sehr gut in den
                                 Buͤrsten, und ließ sich eben so gut auf die Faden auftragen, welchen sie
                                 Gleichheit, Geschmeidigkeit und hinlaͤngliche Staͤrke ertheilte,
                                 um das Gewebe eben so gut als schnell mittelst derselben arbeiten zu lassen;
                                 allein bei allen diesen anerkannt guten Eigenschaften der Schlichte aus
                                 Canariene Samenmehle zeigen sich doch zwei Hindernisse, die der Anwendung
                                 derselben gar sehr im Wege stehen. Das erste ist der hohe Preis dieses
                                 Samenmehles verglichen mit dem Rokenmehle, dessen sich die Passementirer
                                 ziemlich allgemein zu ihm Schlichte bedienen; und da Wohlfeilheit bei Erzeugung
                                 von Geweben aller Art eine Hauptsache ist, so wird der Weber sich schwerlich
                                 entschließen eine Schlichte anzuwenden, deren hoher Preis seine Waare vertheuern
                                 und seinen Gewinn an der Verfertigung derselben vermindern muß.“
                              
                           
                              „Ein zweites Hinderniß, welches der Einfuͤhrung der Schlichte aus
                                 Canarien-Samenmehle in den Werkstaͤtten der Weber im Wege steht,
                                 und welches noch weniger beseitigt werden kann, liegt in der Natur dieser Samen
                                 selbst; das Mehl, welches, man aus denselben erhaͤlt, giebt, mit Wasser
                                 abgekocht, eine schmuzig graue Schlichte, die zuweilen auch ins Gelblichte
                                 zieht, deren Anwendung folglich den Geweben mit weißem Boden nachtheilig ist,
                                 obschon sie uͤbrigens der Guͤte derselben keinen Eintrag thut, die
                                 aber doch dem Absaze schaͤdlich ist.“
                              
                           
                              „Ein anderer Fehler, den man dieser Schlichte noch zuschreibt, ist der, daß das
                                 Mehl, welches man aus den Canarien-Samen erhaͤlt, nie vollkommen
                                 rein ist von den Rindentheilen dieser Samen. Diese Art von Kleye ist nicht im
                                 Wasser aufloͤsbar; sie bleibt in der Schlichte schweben, und bildet daher
                                 an den Faden kleine Erhabenheiten, welche, bei der Bewegung des Stuhles, das
                                 haͤufigere Abspringen derselben veranlassen: indessen kann man, wie die
                                 Weber sagen, bei einiger Aufmerksamkeit, und wenn man, ein paar Augenblike nach
                                 dem Auftragen derselben ein paar Striche mehr mir der Buͤrste macht, den
                                 Faden vollkommene Gleichheit geben, und sie von diesen fremden Koͤrpern,
                                 die sich leicht entfernen lassen, vollkommen befreyen.“
                              
                           
                              „Nachdem ich die Eigenschaften der Schlichte aus
                                 Canarien-Samenmehle mit Sorgfalt untersucht und beschrieben hatte,
                                 entschloß ich mich zur Analyse dieses Mehles, um zu sehen, worin diese
                                 hygrometrischen Eigenschaften desselben, das Markige, das sie den Faden
                                 ertheilt, und die Farbe die sie durch Sieden mit Wasser der Schlichte mittheilt,
                                 allenfalls gegruͤndet seyn koͤnnten: denn diese Eigenschaften
                                 unterscheiden dieses Mehl wesentlich von dem Rokenmehle und von anderen
                                 Substanzen, deren die Weber zur Verfertigung ihrer Schlichten sich
                                 bedienen.“
                              
                           
                              „Ich werde die Geduld der Akademie nicht mit Erzaͤhlung des Details
                                 meiner Versuche ermuͤden; nur halte ich es fuͤr zutraͤglich
                                 ihr zu versichern, daß dieses Samenmehl mehr als jedes
                                    andere Mehl aller uͤbrigen Getreidearten eine bedeutende Menge
                                 kochsalzsauren oder hydrochlorsauren Kalkes, und einen gummiharzigen
                                 Faͤrbestoff von bitterem zusammenziehenden Geschmake enthaͤlt, und
                                 daß diesen beiden Bestandtheilen die hygrometrischen Eigenschaften, das Markige,
                                 und die graue Farbe der aus demselben bereiteten Schlichte zuzuschreiben sind,
                                 welche diese auf eine so ausgezeichnete Weise von den aus Weizen oder anderem
                                 Staͤrkmehle bereiteten Schlichten unterscheiden.“
                              
                           
                              „Ich habe auf dieselbe Weise das Mehl aus Sorgho, oder runder Hirse (Sorgho ou millet rond, Milium
                                       vulgare
                                    
                                 Der Hr. Verf. bringt uns hier gerade dadurch,
                                       daß er sehr bestimmt sprechen will, in die groͤßte Verwirrung.
                                       Erstlich giebt es kein Milium vulgare,
                                       und, durch den Zusaz Sorgho, weiß man
                                       nun nicht, meint der Hr. Verfasser unser gemeines Panicum miliaceum, welches als Hirse uͤberall gebaut wird, oder Holcus Sorghum, das nur in Frankreich
                                       und in waͤrmeren Weinlaͤndern mit Vortheile gebaut werden
                                       kann. A. d. Ueb.) analysirt, welches gleichfalls gute Weberschlichte giebt. Dieses Mehl
                                 enthaͤlt, wie das Canarien-Samenmehl, lochsalzsauren Kalk und
                                 Faͤrbestoff. Ich glaubte dieß nur darum hier anmerken zu muͤssen,
                                 um die Analogie zwischen demselben und dem Canarien-Samenmehle und die
                                 Moͤglichkeit anzudeuten, daß es einst die Stelle des lezteren bei
                                 Verfertigung der Staͤrke vertreten kann, wenn jemals der Preis des daraus
                                 erhaltenen Mehles so niedrig werden sollte, um die Anwendung beider in den
                                 Manufakturen moͤglich zu machen.“
                              
                           
                              „Aus meiner vergleichenden Analyse habe ich folgendes Resultat
                                 gezogen:“
                              
                           
                              „Daß, wenn man den aus Roken- oder anderem weißen Mehle bereiteten
                                 Schlichten eine gewisse hygrometrische Eigenschaft
                                 geben wuͤrde, man hierdurch eine eben so gute Schlichte als aus der Phalaris canariensis erhalten koͤnnte,
                                 und zwar ohne alle jene Fehler und Maͤngel, welche dieser eigen
                                 sind.“
                              
                           
                              „Diesem zu Folge habe ich seit mehr als einem Jahre Schlichte aus
                                 verschiedenen Arten von Samen- und Satzmehle, wie aus
                                 Weizen-Roken-Erdaͤpfel-Mehle und aus Staͤrke bereitet und
                                 bereiten lassen mit Zusaze von kochsalzsaurem Kalke und anderen schiklichen
                                 Materialien. Alle diese Arten von Schlichten wurden nach und nach von
                                 verstaͤndigen Webern gepruͤft, und ich habe ihre Anwendung
                                 aufmerksam genug verfolgt, um versichern zu koͤnnen, daß sie in
                                 Ruͤksicht auf Guͤte der aus Phalaris
                                    canariensis erhaltenen Schlichte wenigstens gleich kommen, und
                                 uͤberdieß noch mit dem kostbaren Vorzuge, sich lange Zeit gut zu
                                 erhalten, den Vortheil verbinden, auf Gewebe von allen
                                    Farben ohne Nachtheil fuͤr dieselben sich anwenden zu
                                 lassen.“
                              
                           Hier folgen die Recepte zu mehreren der oben erwaͤhnten Schlichten, deren
                              Anwendung vielleicht zur Loͤsung der beiden lezten am Anfange dieser
                              Abhandlung eingeruͤkten Fragen dienen kann, und die noch uͤberdieß die
                              Eigenschaft besizen, sich mehr dann zwei Monate lang ohne alles Verderben
                              aufbewahren zu lassen.
                           
                        
                           Schlichte aus Weizen- oder Korn-Mehle und kochsalzsaurem oder hydrochlorsaurem Kalke.
                           Man nehme von der einen oder anderen dieser beiden Mehlarten, jede von Kleyen
                              gehoͤrig gereinigt, ein Pfund, oder ein halbes Kilogramm; man
                              verduͤnne das Mehl mit einer hinreichenden Menge reinen Wassers (man wird
                              ungefaͤhr 4 Litres oder Pinten brauchenEin Litre = 0,70 Wiener-Maß. A. d. Ueb.; koche diese Mischung bei gelindem Feuer waͤhrend 8–10 Minuten
                              zur Bruͤhe unter staͤtem Umruͤhren, damit sie weder anbrennen,
                              noch sich braͤunen kann, was sowohl der Guͤte als dem Markigen der
                              Schlichte schaden wuͤrde: hierauf ziehe man den Topf vom Feuer zuruͤk,
                              und seze im Winter sechs Quentchen, im Sommer zwei Lothe eines, in den Apotheken
                              unter dem Namen kochsalzsauren Kalkes bekannten Salzes zu, welches man
                              vorlaͤufig in einem halben Glase Wassers zergehen ließ; man schuͤttle
                              alles gehoͤrig unter einander um das Salz gehoͤrig in die Mischung
                              einzuverleiben, und stelle hierauf diese Schlichte in einem irdenen oder steinernen
                              Topfe bei Seite. Man wird auf diese Weise ungefaͤhr sieben Pfunde Mark erhalten.
                           
                        
                           Eigenschaften dieser Schlichte.
                           Die auf diese Weise bereitete Schlichte ist schoͤn weiß, fuͤhlt sich
                              sehr sanft an, verbreitet sich sehr gut in den Buͤrsten und noch besser auf
                              den Faden, giebt der Kette ihr Markiges, ihre Geschmeidigkeit und die
                              uͤbrigen Eigenschaften, welche sowohl die Arbeit des Webers foͤrdern
                              als die Guͤte der Verfertigung aller Gewebe, welche derselben
                              beduͤrfen, sehr beguͤnstigen.
                           
                        
                           Schlichte aus Satzmehl von Erdaͤpfeln, kochsalzsaurem Kalke und arabischem Gummi.
                           Man nehme ein Pfund Erdaͤpfelmehl, gepuͤlverten arabischen Gummi zehn
                              Quentchen oder 40 Gramme; verduͤnne jedes mit vier Pinten Wasser, und lasse
                              es unter den oben angegebenen Vorsichtsregeln kochen; ziehe die Abkochung dann vom
                              Feuer zuruͤk, und seze sechs Quentchen oder zwei Loth kochsalzsauren
                              KalkTroknen, neutralen, salzsauren Kalk erhaͤlt man bei mir den Centner um
                                    40 fl. D., nach Verschiedenheit der Jahreszeit, zu; die erhaltene Masse wird in einem
                              irdenen oder steinernen Topfe aufbewahrt.
                           Diese Schlichte von einem ungemein schoͤnen Weiß besizt alle Eigenschaften der
                              vorigen; nur wenn sie nicht gehoͤrig gekocht ist, scheidet sich eine
                              waͤsserige Fluͤssigkeit von derselben ab: man kann sie aber in ihrer
                              ganzen Guͤte wieder herstellen, wenn man sie vor dem Gebrauche
                              ruͤttelt, oder noch besser, wenn man sie neuerdings durch zwei bis drei
                              Minuten lang aufkochen laͤßt.
                           
                        
                           
                           Schlichte aus Erdaͤpfel-Satzmehl, oder aus gemeiner aus Weizen, Korn, oder Gerste bereiteten Staͤrke, welcher man statt des
                              Gummi eine thierische Gallerte zusezt.
                           Man gießt ungefaͤhr zwei Pinten siedenden Wassers auf vier Lothe oder 64
                              Grammen geraspelten Hirschhornes oder Elfenbeines, bedekt das Gefaͤß, und
                              laͤßt diesen Aufguß 24 Stunden lang in heißer Asche stehen, dann 15–20
                              Minuten lang sieden, und seihet den Absub durch: dann verduͤnnt man ein Pfund
                              Erdaͤpfel-Satzmehl oder gewoͤhnliche Staͤrke in zwei
                              Pfunden und einem halben Wasser, sezt demselben die Abkochung von Hirschhorn zu, und
                              kocht daraus unter gehoͤriger Vorsicht die Schlichte: man zieht das
                              Gefaͤß vom Feuer zuruͤk, und mischt dann derselben auf das Genaueste
                              im oben angegebenen Verhaͤltnisse den kochsalzsauren Kalk bei: die Mischung
                              wird zum Gebrauche aufbewahrt.
                           Diese Art von Schlichte ist, wo sie mit Sorgfalt bereitet wird, von blendender Weiße,
                              und kann zur Verfertigung jeder Art von Gewebe dienen, sie schikt sich aber
                              vorzuͤglich zu ganz weißen, oder wenigstens zu solchen Stoffen, die
                              groͤßten Theiles weiß sind.
                           Statt des Hirschhornes oder Elfenbeines kann man eine Unze schoͤnen
                              Tischlerleimes, vorzuͤglich den hellen Elsasser (colle
                                 claire dite d'Alsace), gebrauchen, den man
                              vorlaͤufig in drei Glaͤsern Wassers zergehen laͤßt: auch auf
                              diese Weise erhaͤlt man eine schoͤne und gute Schlichte.
                           Man muß diejenigen, die der Schlichte beduͤrfen, nothwendig auf den Umstand
                              aufmerksam machen, daß der Zusaz fremder Koͤrper zu dem Korn- oder
                              Satzmehle den Preis derselben kaum merklich vertheuertDie zehn Quentchen arabischen Gummi kosten ungefaͤhr 10 Centimes; das
                                    geraspelte Hirschhorn oder der Leim kostet 8 Centimes; der kochsalzsaure
                                    Kalk 10 Centimes; das Erdaͤpfel-Satzmehl 15 Centimes. Aus diesen
                                    verlaͤssigen Angaben erhellt, daß Schlichte aus sogenanntem
                                    Gesundheits-Mehle (farine dite de
                                       santé) nicht hoͤher zu stehen kommen wird, als wenn
                                    man sie aus dem schoͤnsten Weizen-Mehle bereitete,
                                    vorausgesezt daß, wie in mittleren Jahren, das Pfund des lezteren 5–6
                                    Sous gilt.. Eben so muß auch noch bemerkt werden, daß die gewoͤhnliche Staͤrke, das Satzmehl der
                              Erdaͤpfel, ja selbst das Rokenmehl, wo es mit Wasser abgekocht wird, wohl
                              fuͤr sich allein im Stande ist eine Art Schlichte zu bilden; daß aber diese
                              Schlichte, wie die Weber sagen, zu sehr austroknet, und weit entfernt ist, jenes
                              Markige und jene guten Eigenschaften zu besizen, welche diejenigen, zu denen wir das
                              Recept gegeben haben, so sehr auszeichnetWir uͤbergiengen hier einige Wiederhohlungen, und die aus dem Bulletin de la Société
                                       d'Encouragement und die aus dem Bulletin de
                                       la Société d'Encouragement und dem Mémoire d'Agriculture et d'industrie du
                                       departement de la Seine inférieure Nr. 3.
                                    angefuͤhrten Stellen zu Gunsten der Schlichte aus Phalaris canariensis. A. d. Ueb..
                           Um nun zu bestimmen: „ob die unter der Erde, in Kellern und in anderen
                                 unterirdischen Oertern auf gewoͤhnliche Weise verfertigten Gewebe
                                 wirklich besser und mehr kaufbare Waare sind, als jene, welche man mit
                                 hygrometrischer Schlichte uͤber der Erde verfertigt,“ wurden
                              vergleichende Versuche unter den Augen einer, von der Akademie ernannten
                              KommissionDie Mitglieder dieser am 5. Mai 1820. ernannten Kommission waren die Hrn. Pavie, Marquis und Dubuc, welche sich als Gehuͤlfen Hrn. Yvart, einen sehr geschikten Fabrikanten zu Darnetal erbathen. A. d. O. angestellt, und es wurde erwiesen, daß Gewebe, welche mit einer Schlichte,
                              zu der man kochsalzsauren Kalk genommen hat, zugerichtet worden sind, weniger
                              schnell abtrokneten, als jene, bei denen man die gewoͤhnliche aus bloßem
                              Mehle bereitete Schlichte angewender hat; daß die mit kochsalzsaurem Kalke bereitete
                              Schlichte dem Gewebe mehr
                              Fettigkeit, einen besseren Griff (plus de main) giebt,
                              als die gewoͤhnliche Schlichte, und daß diese Eigenschaften, wohl hinreichen,
                              dem armen Weber zu erlauben, sein Tagewerk uͤber der Erde zu vollenden.
                           In dem uͤber diese Versuche erstatteten Berichte glauben zwei Mitglieder der
                              Kommission, daß es moͤglich sey aus den Samen der Phalaris canariensis ein Mehl zu erhalten, welches
                              vollkommen von fremden Koͤrpern gereinigt, und weiß genug ist, um auf
                              wohlfeile Art eine Schlichte zu bereiten, die von allen oben angegebenen Nachtheilen
                              befreyt ist. Wenn es ihnen gelingt, so wird dieß ein neuer Dienst seyn, den sie der
                              Menschheit leisten.
                           Dem Zeugnisse der Kommission kann man auch jenes des Hrn. Dubuc beifuͤgen,
                              welcher durch 15 Monate feine Schlichten von geschikten Fabrikanten und Webern unter
                              verschiedenen oͤrtlichen Verhaͤltnissen mit
                                 anhaltend gutem Erfolge versuchen ließ.
                           Es ward ferner noch durch zahlreiche Versuche erwiesen, daß die mit kochsalzsaurem
                              Kalke versezte Schlichte auf keine Weise die sogenannten unhaltbaren Farben
                              angreift, und selbst nicht in die Laͤnge der Zeit;
                              eine Eigenschaft, welche die Anwendung derselben auf alle Arten von Fabrikaten
                              gestattet, vorzuͤglich aber bei jenen mit weißem Boden, welchen sie mehr
                              Glanz und ein Ansehen giebt, das matt bei der gewoͤhnlichen Schlichte
                              vergebens suchen wird.
                           Aus der Abhandlung des Hrn. Dubuc erhellt demnach in Folge
                              genau entwikelter Versuche, daß die Schlichten mit kochsalzsaurem oder
                              hydrochlorsaurem Kalke, wenn sie gehoͤrig bereitet sind, den Webern gestatten
                              uͤberall ihre Stuͤhle aufzuschlagen und auf denselben Waaren zu
                              erzeugen, die weder au Guͤte noch an aͤußerem Ansehen denjenigen
                              nachstehen, welche in Kellern und unterirdischen Gewoͤlbern verfertigt
                              werden, wo die Gesundheit der Arbeiter so vielen Gefahren bloß gestellt ist.