| Titel: | Ueber die Behandlung der neapolitanischen Veilchen, so daß sie ohne Unterlaß den ganzen Winter über blühen. Von Herrn Isaak Oldaker, F. H. S., Gärtner Sr. Maj. des Kaisers von Rußland. | 
| Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XIV., S. 111 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Behandlung der neapolitanischen Veilchen, so daß sie ohne Unterlaß den ganzen Winter über blühen. Von Herrn Isaak Oldaker, F. H. S., Gärtner Sr. Maj. des Kaisers von Rußland.
                        Aus den Transactions of the London Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXXXI. August 1821. S. 170.
                        Oldaker's Behandlung der neapolitanischen Veilchen.
                        
                     
                        
                           Das Neapolitanischer-Veilchen, welches in Frankreich
                              unter dem Namen Parmesaner-Veilchen bekannt ist,
                              ist von allen anderen Abarten des wohlriechenden Veilchens (Viola
                              odorata L.) durch seine blaß blauen Blumen, die vielmehr halb als ganz
                              gefuͤllt sind, hinlaͤnglich verschieden. Dieses Veilchen hat das
                              Eigene, daß seine Blumen auf viel laͤngeren Schaͤften wachsen, als
                              jene aller uͤbrigen Arten, und daher auch zu Blumenstraͤußen weit
                              besser taugen. Wenn die Stoͤke, welche sie tragen, gegen sehr rauhe
                              Kaͤlte geschuͤzt sind, so bluͤhen sie den ganzen Winter
                              uͤber. Gegenwaͤrtiger Aufsaz soll zeigen, wie sie behandelt werden
                              muͤssen, um reichlich den ganzen Winter uͤber ihre Blumen zu
                              liefern.
                           Eine Mischung (compost) aus einem halben Theile frischen
                              Torflehmen, welcher waͤhrend des Sommers zwei bis drei mal umgekehrt wurde,
                              und ebensoviel halb verfaultem Duͤnger muß, gegen Ende Septembers,
                              vorlaͤufig gehoͤrig durchgemengt, bereit liegen. Um diese Zeit nimmt
                              man die Veilchenpflanzen aus dem Beete, in welchem sie waͤhrend des Sommers
                              uͤber gestanden sind, und laͤßt so viele Erde, als moͤglich, an
                              ihren Wurzeln. Man nimmt ihnen zugleich auch alle ihre Seitenaͤste, oder, wie
                              die Gaͤrtner sie nennen, Auslaͤufer sorgfaͤltig ab. Die zu
                              ihrer Verpflanzung schiklichen Toͤpfe sind die zu London sogenannten
                              weitmauligen Zwei- und Dreißiger (wide-mouthed
                                 thirty-twos), oben 7 Zoll weit, und 6
                              Zoll tief. In jeden Topf sezt man eine starke Pflanze, und, wenn die Pflanzen
                              schwach sind, deren zwei, drei, und zuweilen vier, nach ihrer verschiedenen
                              Groͤße, und zwar in lezterem Falle so, daß sie nach dem Verpflanzen das
                              Ansehen bekommen, als waͤren sie aus einem einzigen Wurzelstoke
                              hervorgesprossen. Es ist nothwendig, eine hinlaͤngliche Menge von Scherben
                              gebrochener Toͤpfe auf den Boden des Topfes zu legen, damit das Wasser unten
                              durch die Abzugloͤcher desselben freyen Durchgang findet; ich habe aber seit
                              zwei Jahren an der Stelle dieser Scherben eine Handvoll groͤblich geflossener
                              Knochen genommen, und gefunden, daß dieß vortrefflich anschlaͤgt: die Wurzeln der Veilchen
                              legen sich an die Knochen an, geben der Pflanze Staͤrke, und machen, daß sie
                              bedeutend mehr Blumen treiben, wie die im vorigen und gegenwaͤrtigen
                              Fruͤhlinge der Horticultural-Society uͤberreichten Exemplare
                              beweisen.
                           Nachdem man so viele Stoͤke in die Toͤpfe verpflanzt hat, als man
                              fuͤr den Winter uͤber braucht, giebt man jedem Topfe reichlich Wasser,
                              um die Erde gehoͤrig an die Wurzeln der Pflanze anzuschlaͤmmen. Nun
                              muß eine hinlaͤngliche Menge von Melonenbeeten mit den dazu gehoͤrigen
                              Glasfenstern in einer gegen Mittag gekehrten Lage reihenweise vorgerichtet weiden,
                              so daß die Sonne waͤhrend des Winters frey auf dieselben niederscheinen kann.
                              Die Beete muͤssen so eingerichtet seyn, daß die Fenster Fall genug haben, den
                              Regen, der im Winter auf sie niederstuͤrzt, frey ablaufen zu lassen, und daß
                              nichts in dieselben eintroͤpfeln kann, wodurch nicht nur die Pflanzen
                              waͤhrend des Winters uͤber faulen, sondern auch sehr wenige und sehr
                              blasse Blumen hervorbringen wuͤrden.
                           Nachdem die Beete so vorgerichtet worden sind, wirft man eine Lage alter
                              Gaͤrberlohe, wie man dieselbe aus dem Ananaskasten abfuͤhren
                              laͤßt, ungefaͤhr 4 Zoll hoch auf dieselben, und sezt die Toͤpfe
                              bis an ihren Rand in diese ein: man faͤngt von hinten in dem Beete an, und
                              stellt die Toͤpfe reihenweise bis das Beet voll ist. Wenn die Pflanzen groß
                              sind, so muß man 3 Zoll Raum zwischen den Toͤpfen lassen, damit die Luft frey
                              zwischen denselben durchziehen kann, indem sonst die Pflanzen mit Schimmel anlaufen,
                              welcher sie, sobald er die Oberhand gewinnt, zerstoͤren wuͤrde. Wenn
                              die Pflaͤnzchen aber so klein sind, daß sie die Toͤpfe nicht ganz
                              bedeken, dann koͤnnen diese einander naͤher geruͤkt werden; man
                              darf jedoch nicht vergessen, daß es immer gut ist, 3 Zoll Raum zwischen den Pflanzen
                              zu lassen.
                           
                           Wenn die Pflanzen auf diese Weise bestellt sind, legt man die Glasfenster auf die
                              Beete.
                           Bei einer Temperatur von 50° Fahrenh. kann man am Tage die Fenster
                              fuͤglich abnehmen; bei der Nacht aber muͤssen sie aufgetragen und
                              ruͤkwaͤrts 6 Zoll hoch geluͤftet werden, damit die Luft freyen
                              Zutritt hat. Sobald aber die Temperatur unter 50° Fahr. ist, muͤssen
                              die Fenster liegen bleiben, und es muß beim Tage von ruͤkwaͤrts her
                              Luft gegeben werden. Bei einer Temperatur unter 40° Fahr. ist es nicht
                              noͤthig zu luͤften. Sobald die Veilchen zu bluͤhen beginnen,
                              duͤrfen die Fenster nie mehr ganz abgenommen werden, außer zum Begießen und
                              Reinigen der Pflanzen und zum Pfluͤken der Blumen, indem, wenn sie der Sonne
                              und dem Winde ausgesezt waͤren, sie verbleichen wuͤrden. Wenn die Luft
                              kalt ist und wenn es wahrscheinlich des Nachts frieren wird, muͤssen die
                              Fenster mit einer oder mit mehreren Matten bedekt werden: die Dike der Bedekung muß
                              mit der Strenge der Witterung im Verhaͤltniß stehen: bei starkem Froste
                              werden zwei Matten und selbst Streumist noͤthig seyn; denn die Toͤpfe
                              duͤrfen nie frieren, wenn es anders moͤglich ist, dieses zu
                              verhuͤthen. Bei schoͤnem Wetter muͤssen die Deken abgenommen
                              werden. Im Maͤrz und April muß, bei schoͤnem Wetter, so viel als
                              moͤglich Luft gegeben werden.
                           Die Toͤpfe muͤssen, wo die Witterung es erlaubt, so oft als
                              moͤglich untersucht, und vom Unkraute und von vertrokneten Blaͤttern
                              gereinigt werden; wenn die Erde anfaͤngt troken zu werden, muß man etwas
                              Wasser geben, vorzuͤglich muß man aber mitten im Winter dafuͤr Sorge
                              tragen, die Pflanzen ja nicht zu stark, vielmehr so wenig als moͤglich zu
                              begießen, indem Feuchtigkeit in dieser Jahreszeit ihnen hoͤchst verderblich
                              ist. Wenn im Maͤrz und April die Witterung schoͤn ist, und volle Luft
                              gegeben werden kann, dann muß auch reichlich begossen werden, indem die Pflanzel in
                              diesem Monate in vollem Wachsthume ist, und gehoͤrig behandelt, einen
                              Ueberfluß von Blumen bringen wird, folglich auch mehr Feuchtigkeit bedarf, als in
                              den fruͤheren Monaten.
                           Mit Ende Aprils hoͤren diese Pflanzen auf zu bluͤhen; sie
                              muͤssen dann aus den Toͤpfen genommen und getheilt werden: einige in
                              5–6, andere in 2–3 Stoͤke; andere duͤrfen gar nicht
                              getheilt werden. Denn, wenn man die Stoͤke, in welche man sie theilt, zu
                              klein macht, so koͤnnen sie bis zum naͤchsten Herbste, wo man sie
                              wieder in die Toͤpfe versezen muß, nicht stark genug werden.
                           So bald die Stoͤke zertheilt sind, muͤssen sie mittelst eines
                              Sezeisens, wie Erdbeeren, in reichen fruchtbaren Grund an einer Nordwand einen Fuß
                              weit von einander verpflanzt werden. Im Fruͤhjahre 1819 legte ich eine starke
                              Dekung von geschrottenen Knochen auf das Beet, auf welches ich die Veilchen
                              aussezte: sie wurden ungewoͤhnlich stark, und sind jezt, ungeachtet des
                              harten Winters, den wir zu uͤberstehen hatten, die schoͤnsten
                              Stoͤke, die ich jemals besaß. Diese Veilchen muͤssen waͤhrend
                              des Sommers vom Unkraute rein erhalten, und duͤrfen nur bei trokener
                              Witterung begossen werden. Man muß immer mehr als noch ein mal soviel Pflanzen, als
                              man im Herbste bedarf, im Fruͤhjahre aussezen, um eine Auswahl der besseren
                              Stoͤke zum verpflanzen in die Toͤpfe zu bekommen. Da ich zu Spring
                              Grove fuͤr den Winter uͤber gewoͤhnlich 3–400 brauche,
                              so seze ich im Fruͤhjahre 3–900 Stoͤke in den Grund, unter
                              welchen Ich dann Auswahl genug habeDer Hr. Verfasser liefert hier noch eine sehr genaue Liste der Duzende von
                                    Veilchen, die er vom 10. Oktob. 1818. bis 29. April 1819. von 2 zu 2 Tagen
                                    erzog. Wir uͤbergehen dieselbe, und bemerken bloß, daß er im Winter von
                                    
                                    1816 u. 1817 aus 300 Toͤpfen 566 Duzende Veilchen
                                    1817 u. 1818 aus 400 Toͤpfen 1062 Duz. Veilch.
                                    1818 u. 1819 aus 300 Toͤpfen 1032 Duz. Veilchen erzog fuͤr den
                                    nun sel. Sir Joseph Banks. Die starke Vermehrung
                                    des Ertrages um beinahe ein volles Viertel mehr im dritten Jahre schreibt er
                                    dem Gebrauche der Knochen zu. Wir glauben jedoch die Bemerkung machen zu
                                    muͤssen, daß man mit dem Gebrauche der Knochen nicht genug vorsichtig
                                    seyn kann, wenn man entweder in seinem Garten selbst, oder in den
                                    naͤchsten Umgebungen desselben die boͤse Nachbarschaft von
                                    Ameisen zu fuͤrchten hat. Die Knochen muͤssen von allem
                                    thierischen Fette sorgfaͤltig gereinigt, gut calcinirt, und weiß und
                                    rein wie Schnee seyn, wenn sie, unter solchen Verhaͤltnissen, neben
                                    Pflanzen hingestreut werden sollen, die man erhalten und nicht verderben
                                    will. A. d. Ueb..