| Titel: | Ueber Damascener-Klingen. | 
| Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. XXVI., S. 193 | 
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                        XXVI.
                        Ueber Damascener-Klingen.
                        Auszug aus dem Werke: Sull arte di fabbricare le sciabole di Damasco. Memoria di Antruio Crivelli, dottore in matematica e professore di fisica matematica e sperimentale nell' I. R. Liceo di S. Alessandro in Milano. Letta
                              all' J. R. Istituto di scienze, lettere edarti, e publicata per ordine dell' Istituto medesimo. – Milano, 1821. dall' J. R. Stamperia, di pag. 76 . in 8vo. Mitgetheilt in der Biblioteca italiana. August 1821. S. 207.
                        Ueber Damascener-Klingen.
                        
                     
                        
                           Wir glauben unseren Lesern einen nicht unangenehmen und dem
                              Publikum einen nuͤzlichen Dienst zu erweisen, wenn wir hier einen etwas
                              vollstaͤndigeren Auszug aus diesem wichtigen Werke des Hrn. Professors Crivelli mittheilen; und zwar um so mehr, als dieses
                              Werk auf Befehl des k.k. Institutes der Lombardie gedrukt wurde, und daher nicht in
                              den Handel und in die Haͤnde aller derjenigen kommen kann, welche vielleicht
                              dasselbe zu besizen wuͤnschten.
                           Das Werk des verdienten Hrn. Professors beginnt mit der Betrachtung der Eigenschaften
                              guter Saͤbel. Da diese Waffen ziemlich hart seyn muͤssen, wenn sie
                              ihre Schneide behalten, und zugleich auch weiche Substanzen schneiden sollen, welche
                              eben dadurch, daß sie nachgeben, auch am schwersten zu zerschneiden sind; da sie
                              ferner auch fest seyn muͤssen, um, wenn sie auf harte Koͤrper
                              geschlagen werden, nicht zu brechen, so folgt, daß sie weder ganz aus Stahl bestehen
                              koͤnnen, indem sie sonst zu leicht brechen, noch auch ganz aus Eisen, weil
                              sie in diesem Falle bei jedem Hiebe schartig werden wuͤrden. Um die
                              Sproͤdigkeit des Stahls mit der Fertigkeit und Zaͤhigkeit des Eisens
                              zu vereinen, pflegt man bei uns, wie unser Physiker bemerkt, die schneidenden
                              Werkzeuge bald aus ganz reinem Eisen zu fertigen, und dann zu staͤhlen, bald
                              jenes Gußeisen, welches Urspruͤnglich zur Erzeugung des Stahles bestimmt war,
                              aber aus Nachlaͤßigkeit der Arbeiter nur jene Art von Stahl oder von
                              unvollkommenem Eisen gibt, welche die Deutschen Mock, Wir aber acciajo da molli, acciajo da falci, oder auch ferro duro nennen, hierzu anzuwenden. Diese beiden
                              Verfahrungsarten sind aber in der Ausuͤbung wenig vortheilhaft: erstere, weil
                              dadurch jedes staͤhlerne schneidende Werkzeug unbrauchbar werden muß, sobald
                              der Stahl an der Oberflaͤche desselben allmaͤhlig abgeschliffen worden
                              ist; die andere, weil sie durchaus auf keinem rationellen Grundsaze beruht, und man sich nicht
                              erklaͤren kann, wie durch dieselbe jene beiden Eigenschaften, Nachgiebigkeit
                              und Staͤrke, in gehoͤrigem Grade verbunden werden koͤnnen, um
                              dadurch die beßten Klingen zu erhalten. Da die Bereitung des zur Verfertigung der
                              Klingen bestimmten Materiales also von der bloßen Empirie der Arbeiter und von
                              Routine abhaͤngt, so war es, wenn man die Guͤte der daraus
                              verfertigten Klingen bestimmen wollte, nothwendig, seine Zuflucht zu einem
                              Versuchsmittel zu nehmen, welches darin besteht, daß man diese der Flaͤche
                              nach mit der groͤßten Heftigkeit an einen diken Cylinder von gedrehtem Holze
                              schlaͤgt, an welchem sie, durch ihre Beugung um denselben, den Grad ihrer
                              Elasticitaͤt beurkunden.
                           Herr Professor Crivelli zeigt, indem er diese Probe auf
                              strenge physische Grundsaͤze zuruͤkfuͤhrt, klar und deutlich,
                              daß dieselbe hoͤchstens um nichts besser ist, als die Kunst selbst, nach
                              welcher die Klingen verfertigt werden, indem das Nichtzerbrechen der auf diese Weise
                              probierten Waffen bloß davon abhaͤngt, daß die Dike des Cylinders mit der
                              Elasticitaͤt und Zaͤhigkeit der Klinge selbst genau im
                              Verhaͤltnisse steht: diese beiden Eigenschaften sind aber, leider, gerade
                              das, was man durch diese Probe erkennen will.
                           
                              „Waͤhrend beinahe in allen unseren Fabriken, sagt Hr. Crivelli, die Klingen auf die beiden angegebenen
                                 Arten verfertigt und probiert werden, wissen die Voͤlker des Orients,
                                 obschon sie heut zu Tage zu einer erzwungenen Unwissenheit verdammt sind,
                                 ausschließlich und erblich den Ruhm zu erhalten, das Eisen auf die
                                 vortheilhafteste Weise mit dem Stahle zu vereinigen, und so die besten Klingen
                                 zu bereiten, die man bisher kennt. Die Klingen aus Aegypten und Persien, und
                                 besonders die alten Saͤbel von Damascus und die neuen von Tiflis, sind
                                 bei uns so beruͤhmt, und so kostbar, das dieß allein zu ihrem Ruhme
                                 hinreicht, wenn nicht schon die Bemuͤhungen und Versuche, dieselben nachzumachen, mit
                                 welchen sich so viele Gelehrte von ausgezeichnetem Verdienste bei uns abgegeben
                                 haben, auf eine noch uͤberzeugendere Art ihre großen Vorzuͤge vor
                                 den unsrigen bewiesen. Der aͤußere, leicht bemerkbare, Charakter dieser
                                 Klingen besteht darin, daß ihre ganze Oberflaͤche (selbst den
                                 Ruͤken und die Schneide nicht ausgenommen) mit verschiedenen mehr oder
                                 minder regelmaͤßigen und hervorragenden Zeichnungen sehr artig geziert
                                 ist, welche den, der sie betrachtet, in Erstaunen sezen, und stets der
                                 Hauptgegenstand der Nachforschungen der Kunst geblieben sind, um sie
                                 gehoͤrig nachzuahmen. Diese Zeichnungen sind entweder
                                 zusammenhaͤngend oder unterbrochen; die Linien, welche dieselben bilden,
                                 durchkreuzen sich nie, und geben so im Ganzen den Anblik einer Mischung, welche
                                 durch das Schmelzen vor dem Schmieden hervorgebracht wurde.“
                              
                           Der Ursprung dieser Zeichnungen muß, wie Hr. Prof. Crivelli bemerkt, dem Umstande zugeschrieben werden, daß die Metalle, aus
                              welchen die Klinge besteht, von einer Saͤure, und auch bloß von der Luft
                              selbst auf verschiedene Weise angegriffen werden. Da nun diese Zeichnungen eine
                              nothwendige Folge der Mischung zweier verschiedenen Metalle sind, so zeigen sie die
                              Art der gegenseitigen Lage derselben gegeneinander an, und werden ein Kennzeichen,
                              nach welchem man die Festigkeit und Guͤte der Klingen beurtheilen kann: ihre
                              Schoͤnheit muß stets dem Zweke geopfert werden – sie so verfertigen zu
                              koͤnnen, daß das Eisen dem Stahle auf die vortheilhafteste Weise seine
                              Zaͤhigkeit leiht.
                           Ueberdieß sind die Damascener Klingen specifisch um Vieles schwerer, als die unsrigen
                              und troz dem, daß sie, wenn man sie schlaͤgt, einen anhaltenden Silberton
                              geben, werden sie doch, wenn man sie sehr stark und mit vieler Gewalt biegt, nicht
                              mehr vollkommen gerade. „Dieser Fehler“
                              sezt unser Physiker
                              hinzu, „diese zu große Geschmeidigkeit, welcher die zum Hauen bestimmten
                                 Klingen nicht im hoͤchsten Grade beduͤrfen, wird mehr als
                                 hinreichend durch ihre außerordentliche Festigkeit ersezt, und durch die
                                 Faͤhigkeit, jede beliebige Haͤrte anzunehmen, selbst jene des
                                 Caͤment-Stahles (a pacchetto), welche, in verschlossenen Gefaͤßen mit der
                                 gehoͤrigen Vorsicht gegeben, den Stahl, ohne einen Theil Eisen zu
                                 caͤmentiren, vervollkommnet, und Klingen von einer Zaͤhigkeit und
                                 Haͤrte liefert, die man vergebens in den unsrigen vereint zu treffen
                                 hoffen wuͤrde. Da der Stahl und das Eisen immer auf dieselbe Weise gelegt
                                 und gemengt werden, so ist jeder Saͤbel, den man hierdurch
                                 erhaͤlt, gleicher Haͤrtung faͤhig, so daß, wann man aus
                                 einigen Proben weiß, welche Haͤrte eine Klinge haben muß, die zu irgend
                                 einem bestimmten Gebrauch dienen soll, und welches das gegebene
                                 Verhaͤltnis des Eisens und des Stahles in derselben ist, die anderen,
                                 welche nach dieser verfertigt werden, eben so gut zu eben demselben Gebrauche
                                 dienen.“ Und gleich darauf sagt er: „Waͤhrend im
                                 Allgemeinen die wirklich vollkommenen Damascener Klingen mit der groͤßten
                                 Leichtigkeit zum Schneiden weicher Koͤrper dienen, wie z.B. eines
                                 benezten zusammengerollten und irgendwo aufgehaͤngten Filzes, so
                                 schneiden sie mit derselben Schaͤrfe, und, ich moͤchte sagen, mit
                                 derselben Leichtigkeit, Knochen und Eisen ohne merklichen Schaden. Und wenn man,
                                 im schlimmsten Falle, gegen den moͤglich haͤrtesten Widerstand
                                 haut, so bemerkt man, daß die Schneide immer parallel mit sich selbst
                                 zuruͤkweicht, sich immer scharf erhaͤlt, und im Stande bleibt zu
                                 schneiden wie vorher.“
                              
                           Da unser Physiker im Fruͤhlinge des Jahres 1820 sich zu Konstantinopel befand,
                              wo er 3 Monathe lang verweilte, und oft Gelegenheit hatte sich uͤber diesen
                              Zweig der orientalischen Industrie zu besprechen, versuchte er die darauf Bezug habenden Notizen zu
                              erhalten; allein er erfuhr, wie er selbst gesteht, nicht mehr hiervon, als man
                              gewoͤhnlich bei uns glaubt, d.i. – eine Art Nezes aus den feinsten
                              Drahten verschiedener Metalle, mehrere Mahle zusammengelegt und auch
                              zusammengedreht, durch das Schmelzen in eine und dieselbe Masse vereinigt, aus
                              welcher hierauf die Klingen verfertigt werden, die an ihrer Schneide immer
                              gestaͤhlt werden muͤssen. – Diese Meinung, welche
                              wahrscheinlich von einigen der vielen Reisenden, welche vor dem Prof. Crivelli im Oriente gewesen sind, und die es gewiß nicht
                              unterlassen haben, sich mit diesem wichtigen Gegenstande zu beschaͤftigen,
                              unter uns verbreitet wurde, gefiel unserm Physiker durchaus nicht, welcher die große
                              Schwierigkeit, und wir moͤchten sagen, die absolute Unmoͤglichkeit,
                              Eisen mit anderen Metallen, und selbst mit einigen Arten von Stahl, in der
                              noͤthigen Vollkommenheit zusammenzuschweißen, wohl kannte, und auch wußte,
                              daß die Herren O'Neilly, Nicholson und Clouet, welche alle vor ihm diesen Gegenstand
                              untersuchten, die tuͤrkischen Klingen bloß als eine Verbindung von Eisen und
                              Stahl betrachteten.
                           Nachdem Hr. Prof. Crivelli am Anfange des vergangenen
                              Winters in sein Vaterland zuruͤkgekehrt war, widmete er sich der Untersuchung
                              dieses Gegenstandes, zu welcher sein Aufenthalt in Konstantinopel ihm nur als
                              zufaͤllige Gelegenheit gedient zu haben scheint, und nachdem er die Arbeiten
                              seiner Vorgaͤnger in diesem Fache studierte, machte er sich an die Arbeit,
                              theils um die Versuche der selben zu pruͤfen, theils, wo moͤglich, der
                              so sehnlich gewuͤnschten Methode, dieselben nachzuahmen, auf die Spur zu
                              kommen. Hier endet der erste Theil des im k. k. Institute vorgelesenen Aufsazes.
                           Der zweite Theil unterzieht die Arbeiten der Herren Nicholson, O'Reilly, Wilde von
                              Sheffield, und des Hrn. Clouet, Prof. der Chemie zu Mezieres, einer genauen Pruͤfung. Da wir diesen
                              Aufsaz nicht weiter ausdehnen wollen, als es die Graͤnzen eines einfachen
                              Aufsazes gestatten, so uͤbergehen wir hier die Methoden, welche Nicholson,
                              O'Reilly und Wilde befolgten, und die aͤußerst sinnreichen Bemerkungen, mit
                              welchen unser Physiker dieselben begleitet, und beschraͤnken uns bloß zu
                              bemerken, daß Prof. Crivelli, nach unserer Ansicht, durch
                              die Untersuchungen der Methoden dieser Gelehrten noch mehr angereizt werden mußte,
                              den in Frage stehenden Punkt zu verfolgen, und selbst eine Verfahrungsart
                              vorzuschlagen, welche vielleicht von den Physikern und Mechanikern fuͤr
                              gluͤklicher und nuͤzlicher erkannt werden koͤnnte.
                           Dieß hat er nun im dritten Theile seines Aufsazes geleistet, aus welchem wir, da wir
                              nicht weitlaͤufig seyn duͤrfen, weder jene Arbeiten anfuͤhren
                              werden, die er unternahm, um geradezu zu erforschen, welchen Nuzen man durch das
                              Zusammenschweißen des Eisens und Stahles mit verschiedenen anderen Metallen, wenn es
                              moͤglich waͤre, erhalten koͤnnte, durch welche Arbeiten er sich
                              uͤberzeugte, daß, so oft Metalle von einem verschiedenen Grade von
                              Schmelzbarkeit ohne vollkommne Schmelzung zusammengeschweißt werden, man immer nur
                              ein unter dem Hammer bruͤchiges Ganzes erhaͤlt; noch auch jene andere
                              Arbeiten, durch welche er erforschen wollte, welche Zeichnungen man durch Drehung
                              oder durch verschiedenes Zusammenbiegen und Haͤmmern der aus Draͤhten
                              oder Platten zusammengesezten Stangen, oder durch einen 2 Linien tiefen, und ebenso
                              breiten mittelst eines eisernen Keiles auf eine aus 24 Platten bestehende Stange der
                              Breite nach gemachten, Einschnitt bekaͤme; welche Versuche alle ihn immer
                              mehr uͤberzeugten, daß die Zeichnungen der Klingen, als ganz vom Zufalle
                              unabhaͤngig, vorher in der ganzen Masse vorbereitet werden muͤssen; sondern bloß den
                              Prozeß werden wir hier entwikeln, durch welchen er die beßten damascirten Klingen
                              erhielt.
                           Da Hr. Crivelli das aͤußere Ansehen der Damascener
                              Klingen bloß als ein Zeichen der inneren Lage zweier Metalle betrachtete, so vergaß
                              er, waͤhrend er in der ganzen Masse die gewuͤnschten Zeichnungen
                              anzulegen dachte, nicht, das Eisen und den Stahl auf die vortheilhafteste Weise zu
                              mengen, und gerieth in der That auf eine Methode, welche uns aͤußerst
                              sinnreich scheint. – Er nahm Stangen von jenem Brescianer Stahle, welcher im
                              Handel unter dem Namen Meißel-Stahl (acciajo da
                                 scultore) vorkommt, aus welchem er in der dunkelrothen Gluͤhhize
                              (à color rosso di ciliegia) Platten von 15
                              Zoll Laͤnge, 9 Zoll Breite, und 3/4 Linie Dike haͤmmerte. Diese
                              Platten umwand er mit Eisendraht von gleicher Dike so, daß die schief um die Platten
                              gewundenen Drahtstreifen noch ein Mal so weit als ihre Dike, und immer gleich weit
                              von einander, entfernt waren, um nicht mehr Eisen als im Verhaͤltnisse der
                              Haͤlfte des Stahles anzubringen: hierauf erhizte er die so umwundenen Platten
                              bis zum dunkelrothen Gluͤhen, und haͤmmerte sie stach mit einem
                              breiten Hammer. Dadurch bewirkte er, daß ein Theil des Eisens sich auf dem Stahle
                              zerquetschte, und daß der andere bis auf 1/3 der Dike der Platte eindrang, indem der
                              aus seiner Stelle verdraͤngte Stahl gezwungen wurde zwischen Draht und Draht
                              zu treten, und sich unter dem Hammer gleichfalls zu zerquetschen; auf diese Weise
                              wurde jede Platte Stahl geschlaͤngelt, als wenn man sie absichtlich der
                              Breite nach bald von einer Seite, bald von der anderen entgegengesezten Seite gegen
                              eine halbkreisfoͤrmige Spindel von Eisen geschlagen, und jede Furche wieder
                              ganz mit Eisen angefuͤllt haͤtte. Diese so umwundenen und dann
                              gleichgeschlagenen Platten waren 18 Zoll lang, 10 Zoll breit, eine Linie die und wogen 15 Pfund, von
                              welchen 10 Pfund Stahl waren. Nachdem er jede Platte in 3 Theile zerschnitten hatte,
                              legte er sie so aufeinander, daß der Stahl der einen das Eisen der anderen
                              beruͤhrte, und bildete, einen Buͤndel von 24 Stuͤken, welche
                              sich durch dreimaliges Hizen vollkommen zu einer Masse zusammenschweißten, aus
                              welcher er einen ungarischen Saͤbel verfertigte, der so ziemlich nach Art der
                              Damascener Klingen gezeichnet war.
                           Um sich einen richtigen Begriff von den durch diesen Proceß unseres Physikers
                              hervorgebrachten Wirkungen zu machen, „nehme man eine der mit Eisendraht
                                 umwundenen Platten, in welcher dieses Eisen biß zu 1/3 der Dike zwischen den
                                 Stahl eingedrungen ist und zusammengeschweißt wurde, und nachdem man einen
                                 Hieber daraus gemacht hat, denke man uͤber den inneren Bau desselben
                                 nach. Es ist klar, daß die Schneide ganz aus Stahl bestehen wird, welcher sich
                                 allmaͤhlig an den Seiten an das Eisen anlehnt; und es ist ferner klar,
                                 daß, wenn man mit der Schneide aufhaut, diese fast nie wird brechen
                                 koͤnnen, weil der Bruch nach der Breite queer durch die Platte geschehen
                                 muͤßte, und gerade in dieser Richtung kommt man auf das Eisen, welches
                                 sie von einer Veite in einer Richtung durchlaͤuft, und von der anderen in
                                 der entgegengesezten Richtung jeden Theil des Stahles stuͤzt, indem es
                                 ihn durch das Eindringen bis auf 1/3 seiner Dike, so zu sagen, fest
                                 haͤlt, und die ganze Masse auf diese Art unbeschreiblich fest macht. Es
                                 versteht sich allerdings, daß, wenn man die Dike der Platte auf die
                                 Haͤlfte reduciert, auch das innere, vom Eisen nicht unterstuͤzte.
                                 Drittel Stahles auf die Haͤlfte reduciert werden muß, und daß man auf
                                 diese Weise eine noch festere Schneide bekommt, eben deßwegen, weil nur 1/6 des
                                 Stahles nicht vom Eisen unterstuͤzt ist. Daraus erhellt, daß, wenn man
                                 die Klinge aus 24 solchen Platten zusammensezt, welche auf obige Art zusammengelegt
                                 wurden, der nicht gestuͤzte Stahl in derselben sich bis auf 1/62
                                 verringert. Auf diese Weise wird auch, indem die beiden Metalle in demselben
                                 Verhaͤltnisse besser mit einander abwechseln, die Schneide ganz aus
                                 Stahle, der an jedem seiner Theile vom Eisen gesichert ist, bestehen, oder zur
                                 Haͤlfte aus Stahl, zur Haͤlfte aus Eisen, aber immer abwechselnd
                                 und springend von der rechten Seite der Schneide zur linken der ganzen
                                 Laͤnge der Klinge nach.
                              
                           Wenn indessen Hr. Prof. Crivelli auch mit Recht mit der
                              Festigkeit der auf seine Weise bereiteten Klingen zufrieden seyn konnte, so war er
                              es doch nicht ebenso mit dem aͤußeren Ansehen derselben: er fand sich
                              gezwungen, um seiner Arbeit auch in dieser, obschon minder wichtigen Hinsicht, die
                              Vollendung zu geben, eine Weise zu suchen, seine Klingen in ihrem ganzen Complexe,
                              und nicht bloß auf der Oberflaͤche, auf eine bestimmte Art zu zeichnen, damit
                              seine Waffen eher Damascener-Klingen, wie sie es
                              jezt auch wirklich sind, als Klingen nach Art der
                                 Damascener genannt werden koͤnnen.
                           Indem er bedachte, daß die eigentlich charakteristische Form der
                              Damascener-Zeichnungen darin besteht, daß die Linien, welche dieselben
                              bilden, sich nie durchkreuzen, fand er, daß diese Zeichnungen von der
                              regelmaͤßigen und um huͤllenden Stellung einiger Theile der ganzen
                              Maße hergeleitet werden muͤssen, und ein persischer Dolch, uͤber
                              dessen aͤußeres Ansehen er lange nachgedacht hatte, veranlaßte ihn jene
                              Methode auszusinnen, nach welcher er die noͤthige Anziehung der Theile
                              bewerkstelligen konnte. Da der Dolch mit elliptischen, ganz concentrischen und mehr
                              oder minder wellenfoͤrmigen Zeichnungen geschmuͤkt war, so
                              uͤberzeugte er sich, daß dieselben von verschiedenen uͤbereinander
                              gelegten Platten herruͤhren, welche der Breite nach so durchschnitten waren,
                              daß die mittlere den kleinsten, die anderen immer einen groͤßeren und
                              groͤßeren Durchschnitt darbothen. Und da ihm ein Haufe Kartenblaͤtter
                              von verschiedener Farbe, die er auf ebendieselbe Weise durchschnitt, einen ganz
                              aͤhnlichen Anblik darboth, so war er von diesem Augenblike an gewiß, endlich
                              ein Problem geloͤst zu haben, welches ihn in Konstantinopel so sehr angereizt
                              hatte, und dessen er in Mayland, nach mehr als 20 mehr oder minder mißlungenen
                              Versuchen, uͤberdruͤßig zu werden anfing. Er nahm also eine Stange aus
                              24 Stuͤken, wie wir oben gesagt haben, und machte mittelst einer runden Feile
                              auf jeder Seite, der Breite nach 25 kreisfoͤrmige Canaͤle von 2 Linien
                              im Durchmesser, oder von 1/3 der Dike der Platte, alle parallel und in einer solchen
                              Lage, daß da, wo auf einer Seite eine Furche war, auf der anderen entgegengesezten
                              eine Erhoͤhung wurde. Nachdem dieß geschehen war, haͤmmerte er, bei
                              dunkelrother Gluͤhhize, die Stange der Breite nach, indem er sie mit einem
                              Hammer so schlug, daß sie regelmaͤßig eben wurde, wodurch die acht
                              Plaͤttchen, welche ganz geblieben waren, ihrer ganzen Dike nach sich umbogen,
                              und mit der ersten Platte bis zur Oberflaͤche der Stange, wo diese einen
                              Einschnitt hatte, sich vereinigten, und dieselbe mit 8 Plaͤttchen bedekten,
                              welche dort ausgeschnitten waren, wo eine Erhoͤhung sich fand. Diese dem
                              Scheine nach geebnete, aber wirklich gekruͤmmte, Stange, bestand aus 8 ganzen
                              Platten und 416 Stuͤken, welche aus den anderen 16 Platten, wovon jede in 26
                              Theile geschnitten war, entstanden; sie wog nur 43 Unzen, und war 15 Zoll lang, 11
                              Linien breit und 6 Linien dik. Er zerschnitt sie hierauf wieder in 3 Theile, und
                              erhielt durch Vereinigung und Zusammenschweissen derselben eine Stange aus 1248
                              Stuͤkchen, und 24 ganzen Platten, welche, da 8 auf jedes Drittel der ganzen
                              Dike kommen, sich durch 416 dieser kleinen Stuͤke schlaͤngeln. Dann
                              gab er dieser Maße die Gestalt, die doppelte Dike und die Haͤlfte der anderen
                              Dimensionen der
                              Klingen, die er daraus bekommen wollte; machte dann noch 25 rinnenfoͤrmige
                              Einschnitte auf jeder Seite, welche etwas schief gegen die Klinge, 4 Linien breit,
                              und so tief als noͤthig waren, so daß sie immer auf 1/3 der ganzen Dike
                              reichten. Auf diese Weise erhielt er eine Stange, welche aus 8 ganzen Platten
                              bestand, die sich mitten durch 2496 Stuͤke schlaͤngeln, welche von 32
                              zwei mal in 16 Theile geschnittenen und von anderen 32, nur in 26 Theile
                              geschnittenen, Theilen entstanden. Sie wog 30 Unzen, und gab unserem Physiker einen
                              vollkommene ungrischen Saͤbel. Jeder so bereitete Saͤbel hielt 5 1/2
                              Pfund Stahl und 2 1/2 Pfd. Eisen, und war bewundernswerth auf jeder Seite mit 110
                              kleinen Zeichnungen bedekt, welche alle einander aͤhnlich und aus 45 oder 50
                              Linien oder concentrischen Ringen zusammengesezt waren, deren aͤußerst
                              deutlicher Durchschnitt am Ruͤken erschien, und, ungeachtet eines Verlustes
                              von 65 oder 69 per Cent, kam der Saͤbel, ganz
                              fertig, nicht hoͤher als auf 17 Lire 90 Centesimi. Andere gleiche Saͤbel, welche mit
                              einem einzigen Einschnitte gemacht wurden, waren mit einer gleichen Anzahl
                              aͤhnlicher Zeichnungen geziert, und bloß durch die geringere Anzahl der
                              concentrischen Linien verschieden; diese kosteten 13 Lire 80 Cent. Der Verfasser schließt seinen
                              Aufsaz mit der Bemerkung daß das aͤußere Ansehen bloß von der
                              Veraͤnderung der Form der Linie, die man in die Stange zieht, von der
                              Aenderung der Richtung der Furchen, und blaß davon abhaͤngt, daß man in die
                              schon eingeschnittenen und wieder ebengemachten Platten wieder neu einschneidet, und
                              dadurch in das Unendliche abgeaͤndert werden kann. Wenn wir bedenken, daß die
                              Kunst unsers Physikers darin besteht, solche Einschnitte in die Stange zu machen,
                              daß die auf den entgegengesezten Seiten angewandten Erhoͤhungen dazu dienen,
                              das Drittel des mittleren ganz gebliebenen Theiles zu versezen, indem er sie links und rechts zwischen
                              die Furchen, welche sich außen auf der Stange selbst befinden, schiebt, so erkennen
                              wir, daß diese Methode allgemein anwendbar und vollkommen zureichend ist, jede
                              Zeichnung und selbst eine unausloͤschliche Schrift, hervorzubringen. Indem
                              wir es unseren einsichtsvollen Lesern uͤberlassen, sich dasjenige
                              hinzuzudenken, uͤber welches wir, um dem Zweke dieser Schrift zu entsprechen,
                              gezwungen sind zu schweigen, werden wir bloß noch sagen, daß aus den wiederholt vor
                              dem k. k. Institute angestellten, und oft in Gegenwart sehr gelehrter Personen und
                              der geschiktesten Kuͤnstler wiederholten. Versuche erhellt, daß die von Hrn.
                              Professor Crivelli verfertigten Klingen mit den wahren
                              Damascener-Klingen vollkommen wetteifern, wo sie dieselben nicht noch an
                              Werthe uͤbertreffenDer Uebersezer zweifelt keinen Augenblik an dem Ausspruche des k. k.
                                    Institutes in der Lombardie, daß die Klingen des Hrn. Prof. Crivelli den Damascener-Klingen gleich
                                    kommen, oder dieselben wohl gar noch uͤbertreffen, obschon er
                                    aufrichtig gesteht, nicht zu wissen, und auch nicht wissen zu
                                    koͤnnen, ob das Verfahren des Hrn. Crivelli durchaus dasselbe ist, nach welchem man im Oriente die
                                    beruͤhmten Damascener verfertigt. Es ist doch fuͤr wahr
                                    unbegreiflich, wie Tausende und Tausende von Deutschen, Italiaͤnern,
                                    Franzosen und Englaͤndern seit Jahrhunderten durch die Thore von
                                    Damascus gehen konnten, ohne daß auch nur ein einziger derselben bei einem
                                    Waffenschmide dieser Stadt stehen geblieben und zugesehen haͤtte, wie
                                    man die beruͤhmten Damascener-Klingen daselbst verfertigt. Man
                                    bringt uns jaͤhrlich Rosenkraͤnze und Amulete und allerley
                                    Heiligkeiten aus Palaͤstina zuruͤk; unseres Wissens hat aber
                                    noch von allen den Hunderten gelehrter und frommer Pilger nach dem heiligen
                                    Lande keiner die kleine Kunst mit heim gebracht, Damascener-Klingen
                                    zu machen. Wir sagen die kleine Kunst, weil nach den Eisenarbeiten, die wir
                                    von Zigeunern aus dem schlechtesten Eisen bei dem elendesten Herde, mit den
                                    schlechtesten Kohlen verfertigen sahen, es uns keine Hexerey scheint, auf
                                    eine wohlfeilere und leichtere Art bessere schneidende Eisenwaaren
                                    zu liefern, als wir bei all unserer Eisenhuͤttenkunde nicht im Stande
                                    sind, auf die Welt zu bringen. Warum that man seit Jahrhunderten nicht, was
                                    ein an, derer Mitarbeiter an unserem Journale so verstaͤndig als
                                    wohlmeinend, wenn auch etwas derb, vorschlug: warum schikt man nicht ein
                                    paar Duzend Waffenschmide-Gesellen nach dem Oriente, damit sie bei
                                    den dortigen tuͤrkischen und persischen Schmide-Meistern
                                    lernen, wie man Damascener-Klingen schmiedet? Eine Reise von zehn bis
                                    zwoͤlf Schmiden nach dem Oriente wuͤrde weniger kosten, als
                                    eine Reise von einem Halbduzende Gelehrter; und wenn nur ein Paar derselben
                                    die Kunst, Damascener zu fertigen heimbringt, so wird unser deutsches
                                    Vaterland davon mehr Gewinn haben, als wenn es zu den 199 Beschreibungen des
                                    heil. Grabes noch die zwei hundertste, und zu den 300 Alphabeten
                                    uͤber die Hieroglyphen das dreihundert und einte erhaͤlt. Die
                                    tuͤrkische und persische Sprache laͤßt, zum Bedarfe
                                    fuͤr Schmide, bei hoͤchst mittelmaͤßigen Anlagen sich
                                    noch leichter lernen, als jede europaͤische, und wenn die Schmide bei
                                    ihrer Ruͤkkehr uns keine gelehrte Abhandlung uͤber die
                                    Damascener-Klingen schreiben, dafuͤr aber
                                    Damascener-Klingen schmieden koͤnnen, so werden wir dabei, wie
                                    es uns scheint, mehr gewonnen als verloren haben. A. d. Ueb., und indem wir
                              uns, so wie ihm, zu seinen gut gelungenen kuͤnstlichen Arbeiten Gluͤk
                              wuͤnschen, wuͤnschen wir, daß dieser neue Zweig von
                              National-Industrie in den Haͤnden unserer Kuͤnstler
                              gedeiheHr. Carlo Ponti, ein sehr geschikter Eisenarbeiter
                                    alla Croce di Porta Tosa in Mayland Nr. 464. von dem wir wissen, daß Hr.
                                    Prof. Crivelli sich desselben bei dem
                                    groͤßten Theile der Versuche, die er anstellte, bediente, verfertigt
                                    Klingen dieser Art, jedoch immer nur auf Bestellung, und nach Angabe der
                                    Form. –. –