| Titel: | Ueber den Niederschlag des essigsauren Bleyes und Kupfers auf Wolle, Seide und Baumwolle, mittelst geschwefelten Wasserstoffgases, und über die Anwendung der hydrochlorsauren Thonerde statt des Alaunes in Färbereyen und Drukereyen. Von Hrn. Bost, Direktor der indirekten (!) Abgaben zu Besançon. | 
| Fundstelle: | Band 6, Jahrgang 1821, Nr. LXVI., S. 415 | 
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                        LXVI.
                        Ueber den Niederschlag des essigsauren Bleyes und Kupfers auf Wolle, Seide und Baumwolle, mittelst geschwefelten Wasserstoffgases,
                           und über die Anwendung der hydrochlorsauren Thonerde statt des Alaunes in Färbereyen und Drukereyen. Von Hrn. Bost, Direktor der indirekten (!) Abgaben zu Besançon.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale. 1820. S. 317.
                        Bost über den Niederschlag des essigsauren Bleyes und Kupfers auf Wolle, Seide und Baumwolle, mittelst Wasserstoffgases etc.
                        
                     
                        
                           Die einfachste Entdekung in den Kuͤnsten, der
                              sogenannte Fund, der nur dem Zufalle angehoͤrt,
                              darf weder vernachlaͤßiget werden, noch unbekannt bleiben, weil ein
                              verstaͤndiger und
                              geschikter Kuͤnstler davon Vortheil und Nuzen ziehen kann. Als ich, zuerst,
                              das Resultat meiner Versuche uͤber die Anwendung der brenzlichten
                              Holzsaͤure in der Faͤrberey bekannt machte, dachte ich nicht, daß
                              diese Saͤure einen neuen Zweig der Industrie beleben und große Fabriken
                              hervorrufen wuͤrde: indessen ist dieß so geworden.
                           Waͤhrend eines Gespraͤches mit Herrn Desfosses, einem geschikten Chemiker und
                              Pharmacenten in unserer Stadt, einem Zoͤglinge Thenard's, uͤber die
                              Niederschlaͤge der Metalloxide durch geschwefeltes Wasserstoffgas und ihre
                              Verbindungen mit Wolle, Seide und Baumwolle, kamen wir beide uͤberein zu
                              glauben, daß Eisen nicht das einzige Metall ist, welches man auf diesen Stoffen auf
                              eine haltbare Weise fixiren koͤnnte. Durch Hrn. Braconot's Versuche wurden wir in dieser Idee
                              bestaͤtigt, indem derselbe den Arsenik in glaͤnzend gelber Farbe auf
                              Wolle haltbar machte, so wie auch durch die Versuche des Hrn. Vitalis, welcher auf Baumwolle ein sehr
                              schoͤnes Lilas mit dem Niederschlage des Cassius'schen Purpurs erzeugte.
                           Wir unternahmen mit einander einige Versuche uͤber Niederschlagung der
                              Bley- und Kupferoxide auf Wolle, Seide und Baumwolle mittelst geschwefelten
                              Wasserstoffgases: diese Versuche hatten so gluͤklichen Erfolg, daß wir
                              glaubten die Bekanntmachung derselben koͤnnte unseren zahlreichen
                              Wollen-Seide- und Baumwollen-Manufakturen nuͤzlich
                              werden.
                           Das Verfahren, welches wir angewendet haben, ist einfach und wenig kostspielig: es
                              besteht darin, daß man den zu faͤrbenden Stoff in einer Aufloͤsung von
                              Essigsaurem, oder noch besser von Unteressigsaurem Bleye macerirt, bei dem
                              Herausnehmen auswindet, im Schatten troknet, hierauf waͤscht, und dann in ein
                              mit geschwefeltem Wasserstoffgase gesaͤttigtes Wasser eintaucht. Durch dieses
                              Verfahren erhaͤlt
                              man sehr reiche und gesaͤttigte Schattirungen von dem hellen Vigognebraun bis
                              zum tiefen Dunkelbraun hinab nach der Starke der Beize naͤmlich und der Zahl
                              der Eintauchungen in diese beiden Baͤder. Nach der Ordnung der
                              Verwandtschaften faͤrbt Wolle sich am besten, dann Seide, dann Baumwolle und
                              endlich Leinwand, welche am wenigsten geeignet scheint sich mit der Beize zu
                              verbinden.
                           Die verschiedenen Farben, von welchen wir hier sprachen, widerstehen der Luft sehr
                              gut, auch schwachen Saͤuren, Alkalien und dir kochenden Seife, welche alle
                              die Nuͤancen derselben nur sehr wenig aͤndern; und diese lezteren sind
                              so scharf abgeschnitten, daß es schwer scheint, sie auf irgend eine andere Weise zu
                              erhalten. Nachdem wir diese neue Art zu faͤrben versucht hatten, versuchten
                              wir auch noch dieselbe auf das Druken der Zeuge anzuwenden. Wir verdichteten eine
                              starke Aufloͤsung von essigsaurem Bleye mit Staͤrke oder
                              Tischlerleime, nicht aber mit Gummi, welcher niedergeschlagen worden seyn
                              wuͤrde, und faͤrbten diese Mischung mit einem Faͤrbesaze oder
                              etwas wenigem Ruße: hiermit drukten wir mittelst eines hoͤlzernen
                              Druk-Model, und zogen den Stoff durch ein mit Gas geschwaͤngertes
                              Wasser: nur der mit dem Druk-Model gedrukte Dessein allein faͤrbte
                              sich, der Grund blieb rein weiß.
                           Essigsaures Kupfer, auf aͤhnliche Weise auf Zeuge niedergeschlagen, gab andere
                              Nuͤancen, die uns aber weniger fest schienen als jene, die wir durch Pas Bley
                              erhielten. Seide, zum Beispiele, die auf diese Weise gefaͤrbt ist, gibt eine
                              schoͤne Nuͤance von dunkelgelb, die in amerikanisch Gruͤn
                              uͤbergeht, wenn man sie durch ein siedend heises Seifenbad durchzieht. Diese
                              Farbe behaͤlt indessen ihren vollen Glanz. Wir haͤtten auch noch
                              andere Metalle versuchen koͤnnen, ließen es aber fuͤr dießmal dabei
                              bewenden.
                           
                           Diese neue Art zu faͤrben kommt sehr wohlfeil; wenige Gramme von essigsaurem
                              Bleye reichen zur Beize auf ein Pfund Wolle hin, und das Bad ist dadurch noch nicht
                              erschoͤpft. Wir bereiteten unser geschwefeltes Wasserstoffgas aus einer
                              Mischung von zwei Theilen Eisenfeile und einem Theile Schwefel und schmelzten sie in
                              einem Tiegel: dieses Schwefeleisen wurde gepuͤlvert, in eine Retorte gethan,
                              und mittelst Schwefelsaͤure, welche mit Wasser verduͤnnt wurde, bei
                              gelinder Hize das Gas ausgetrieben.
                           Von kaltem Wasser wird dieses Gas reichlich verschlukt. Im Großen koͤnnte man
                              denselben Apparat, wie bei der Chlorbereitung, anwenden.
                           Man wuͤrde dieselben Resultate erhalten, wenn man die so gebeizten Stoffe in
                              einer Atmosphaͤre von geschwefeltem Wasserstoffgas hielte; man koͤnnte
                              also mit einer unsichtbaren Materie faͤrben und druken; ich fand aber die
                              Anwendung der tropfbaren Fluͤssigkeit bequemer, weil die Farbe dadurch mehr
                              gleichfoͤrmig wirdEs ist gewiß, daß die Reduktion der Metalloxide auf Zeugen einer neuen Kunst
                                    das Daseyn geben kann. Das Werk der Frau Fulham, welches ich vor 15 Jahren
                                    uͤbersezte, ist die Basis dieser Kunst. Ich hatte im Sinne, das von
                                    dieser Englaͤnderinn angegebene Verfahren fabrikmaͤßig
                                    anzuwenden, und es ist ungefaͤhr zwei Monate, daß ich einem
                                    Zoͤglinge Bauguelin's rieth, sich damit zu beschaͤftigen, indem
                                    ich diesen Gegenstand fuͤr sehr wichtig halte. Es ist sechs Monate,
                                    daß ich Hrn. Ternaux
                                    Muster von Tuͤchern schikte, die auf aͤhnliche Weise vergoldet
                                    und versilbert wurden. Es scheint mir hoͤchst nuͤzlich, die
                                    Versuche des Hrn. Bosc
                                    in dem Bulletin bekannt zu machen. Anm. d. Hrn. d'Arcet..
                           Ich habe, vorzuͤglich seit einigen Monaten, versucht, statt des Alaunes, in
                              der Faͤrberey wie bei dem Druken, hydrochlorsaure Thonerde zu gebrauchen. Die
                              zahlreichen Versuche, die ich angestellt habe, werden der Gegenstand einer eigenen Abhandlung seyn,
                              in welcher ich die Vortheile dieser neuen Beize erweisen werde; wenn ich
                              gegenwaͤrtig davon spreche, so geschieht es nur um Datum davon zu nehmen.
                           Ich beschraͤnke mich hier bloß zu bemerken: 1) daß dieses Salz, in Gestalt
                              eines Pulvers, nicht hoͤher zu stehen kommen wuͤrde, als der im Handel
                              vorkommende gereinigte Alaun. 2) Daß es sich mit eben so vieler Bequemlichkeit als
                              Ersparniß verwenden ließe; man braucht nur heißes Wasser darauf zu gießen, mehr oder
                              weniger, nach der Staͤrke, welche man der Beize geben will, und dann die
                              klare Fluͤssigkeit abzuseihen. 3) Daß diese klare Beize eben so wohl zum
                              Faͤrben als zum Druken dient; daß jedoch bei dem Druken die
                              Fluͤssigkeit mehr concentrirt seyn, und nach der gewoͤhnlichen Methode
                              der Druker verdicht werden muß: sie gibt dieselbe Wirkung, wie essigsaure Thonerde.
                              4) Daß diese Aufloͤsung kein Eisen, wenigstens auf keine bemerkbare Weise,
                              enthaͤlt, und nur sehr wenig Saͤure im Ueberschusse; daß sie folglich,
                              auf Seide und Baumwolle, sehr reine, sehr glaͤnzende, und weit haltbarere
                              Farben gibt, als der Alaun. Auf Wolle scheint ihre Einwirkung weniger ausgezeichnet,
                              und wenig verschieden von Alaun und Weinstein. Daß endlich 5) Seide und Baumwolle,
                              mittelst dieser Beize mit Farbehoͤlzern roth, violet, amaranth und gelb
                              gefaͤrbt, den Einfluͤssen der Atmosphaͤre waͤhrend eines
                              ganzen Monates widerstanden ist, ohne daß der Ton der Farbe dabei merklich gelitten
                              haͤtte, und daß sie auch dem Essige widerstanden ist. Ich werde die Ehre
                              haben der Gesellschaft einige Kilogramme dieses Salzes zu uͤbersenden, um
                              diese Resultate bestaͤtigen zu koͤnnen.