| Titel: | Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XXIV., S. 155 | 
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                        XXIV.
                        Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer.
                        Fortsezung.
                        v. Kurrer über das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen.
                        
                     
                        
                           Von dem Bleichen der vegetablischen Stoffe vermittelst Wasserdaͤmpfe. (Chaptals Bleich-Methode).
                           Das Verfahren, mit Wasserdaͤmpfen in Mitwirkung alkalischer Salze
                              vegetabilische Stoffe zu bleichen, kam gleich nach Einfuͤhrung der
                              tuͤrkischen Rothfaͤrberei in das suͤdliche Frankreich, es blieb
                              hier aber so lange ein Geheimniß, bis Graf Chaptal das Verfahren vermittelst milder
                              und aͤzender Sode oͤffentlich bekannt machteChaptal, la chimie
                                       appliquée aux arts, V. III.. Man sagt, es stamme
                              aus dem Orient. Bawens, Eigenthuͤmer der großen
                              Baumwollen-Spinn- und Weberey zu aux bons
                                 hommes bei Passy, bediente sich zuerst der kaustisch-alkalischen
                              WasserdaͤmpfeEs ist eine
                                    unrichtige Vorstellung, welche Graf Chaptal, Bosc, Bourlier und alle
                                    brittische Manufakturisten mit einander gemein haben, daß die alkalische
                                    Lauge im Dampfkessel bei erhoͤhter Temperatur sich
                                    verfluͤchtige, und die Faser der vegetabilischen Stoffe penetrire.
                                    Die elastischen Daͤmpfe, welche bei einer Temperatur von
                                    hoͤchstens 230 Grad Fahrenheit oder 88 Grad Reaumur bei dergleichen
                                    Dampfapparaten in den verschlossenen Kasten aufsteigen, sind reine Wasserdaͤmpfe, welche die mit dem
                                    Stoffe impregnirte alkalisch-salzige Theile disponiren, die Faser
                                    aufzulokern, den Extraktivstoff so wie andere Unreinigkeiten
                                    aufloͤsen, und sich bei Anhaͤufung und Kondensation der
                                    Daͤmpfe in tropfbare Fluͤssigkeit hinwegwaschen. Aus dieser
                                    Ursache kommt es bei dem Prozeß des Bleichens mittelst verdichteter
                                    Wasserdaͤmpfe auf folgende Umstaͤnde an:1) Daß die Waare, bevor man sie in dem Bleichkasten der
                                       Einwirkung der Daͤmpfe aussezt, durch Fermentation von der
                                       Schlichte und einem Antheil des Extraktivstoffes moͤglichst
                                       befreit werde;2) Daß man zum Impregniren derselben eine kaustische
                                       Kali- oder Natronlauge, bei Baumwollen Stoffen von 2 Grad, bei
                                       leinener Waare hingegen von 6 Grab nach Becks Areometer, anwende, weil
                                       die Wasserdaͤmpfe durch Verdichtung
                                       und Bildung tropfbarerer Fluͤßigkeit, die alkalische Lauge bald
                                       verduͤnnt, und in kurzer Zeit mit dem aufgeloͤsten
                                       faͤrbigen Stoff abgespuͤhlt wird;3) Daß eine Wiederholung mit kaustischer Lauge von
                                       derselben Staͤrke erfolge;4) Daß durch abwechselndes Auslegen auf die Bleichwiese
                                       und Behandeln im Dampfbade die Waare so lange manipulirt werde, bis sie
                                       den absoluten Grad der moͤglichsten Weiße erreicht habe. Bei
                                       Substituirung der Chlorine oder der Verbindung dieser Saͤure mit
                                       Kali, Natron oder Kalkerde wird die Luftbleiche entbehrlich dagegen aber
                                       schwefelsaure Baͤder noͤthig.5) Die Zeit, welche die Waare im Dampfkasten
                                       zuzubringen hat, richtet sich nach der Staͤrke der alkalischen
                                       Lauge, womit sie vorher impregnirt wird; zwei bis drei Stunden sind bei
                                       dem angezeigten Grade derselben hinreichend, um durch die sich tropfbar
                                       bildende Fluͤßigkeit der Wasserdaͤmpfe vollkommen mit dem
                                       ausgezogenen Farbestoff abzuspuͤhlen. Soll die Operation
                                       fortgesetzt werden, so wird die Waare nach Verlauf dieser Zeit wieder
                                       mit frischer Lauge getraͤnkt. Das franzoͤsische und
                                       englische Verfahren mit schwachen alkalischen Laugen zu impregniren ist,
                                       und bleibt mangelhaft. Eben so unzureichend ist das zu lange Verweilen
                                       der Waaren im Dampfkessel; denn wenn die mit dem aufgeloͤsten
                                       Extraktivstoff verbundene Lauge abgespuͤhlt ist, und kein
                                       alkalisches Salz mehr vorwaltet, gehen die Daͤmpfe
                                       nuz- und wirkungslos verloren, da die elastische
                                       Wasserdaͤmpfe an und fuͤr sich keine bleichende Wirkung
                                       besizen, und durch zu langes Daͤmpfen der Faden in seiner
                                       Dauerhaftigkeit leidet. Es entsteht derselbe Nachtheil, wenn die mit
                                       Kali penetrirte Leinwand der Wirkung elastischer Wasserdaͤmpfe,
                                       ohne leztere bald tropfbar fluͤßig zu erhalten, dargeboten wird.
                                       Man hat Beyspiele, daß Leinwand mit reinen Kalien getraͤnkt und
                                       der Wirkung kochender Wasserdaͤmpfe 6–8 Stunden hindurch
                                       ausgesezt, ihre Dauerhaftigkeit gaͤnzlich verlieren. Chaptal
                                       scheint selbst in der lezten Zeit diese Ueberzeugung gewonnen zu haben,
                                       da er die Abaͤnderung des Herrn Bardel genehmigte, durch welche
                                       die Wirkung der heißen Daͤmpfe beseitiget wird. Die Vorrichtung
                                       Bardel's besteht darin, daß die alkalische Lauge in einem verschlossenen
                                       Kessel vermittelst einer Roͤhre in die zugedekte
                                       Bleichbuͤtte uͤbergeleitet wird, und eine zweite
                                       Roͤhre den Kessel wieder von selbst speiset. Diese Vorrichtung
                                       gleicht unserem dampfartigen Laugenapparate. –Es ist dennoch ganz uͤberfluͤßig, den Dampfkessel mit
                                    alkalischer Lauge vorzurichten; reines Flußwasser macht denselben Effekt,
                                    leztere wird durch das abgespuͤhlte alkalische Salz, womit die Waare
                                    penetrirt worden, alkalisirt. Anmerk. d. Verf., und bleichte nach Chaptals
                              Methode 2–3000 Ellen Baumwollen-Zeug, so leicht und wohlfeil, daß kein
                              anderes Bleichverfahren, verfahren, wie er behauptet, damit verglichen werden kann.
                              Der erste Versuch wurde mit 1500 Ellen Baumwollen-Zeug fuͤr den
                              Kattundruk gemacht. Bawens war mit dem Erfolg im nachmaligen Druken und
                              Faͤrben der Waare vollkommen zufriedenWir Deutsche
                                    moͤchten diese franzoͤsische Behauptung nur relativ
                                    fuͤr einzelne Faͤlle im Druk- und Faͤrben
                                    anerkennen, und Herr Bawens duͤrfte in der Folge auf Schwierigkeiten
                                    gerathen, die ihn auf's Neue auf eine andere Ueberzeugung leiten. Ohne
                                    Auslegen auf die Bleichwiese oder Passage durch Chlorin- oder
                                    Chlorinverbindungsbaͤder und nachherigem schwefelsauern Bade ist wohl
                                    schwerlich nach Bawens Verfahren ganz gebleichte Waare fuͤr den
                                    Krappkessel zu erhalten. Anmerk. d. Verf.. Bei seinem
                              Dampfapparate bediente er sich des Haspels oder der Winde, einer neuen Vorrichtung,
                              welche Chaptal in seinem Apparate nirgend angegeben hat. Die Versuche, welche mit
                              Hamf gemacht wurden, berechtigten Bawens zu der Ueberzeugung, daß das neue Verfahren
                              zu Bleichen auch auf feine Stoffe anwendbar sey. Es wurden daher zur Probe 130
                              Stuͤke sehr schmuziger Leinwand in einer schwachen Lauge, welche aus 200
                              Pfund Wasser und einem Pfund Soda bereitet war, eingeweicht, 6 Stunden in den
                              Dampfapparat gebracht, und dann noch zweimal eben so behandelt. Bei dem
                              darauffolgenden Waschen war nur 1/4 Pfund Seife noͤthig, ihnen die
                              gehoͤrige Weiße zu geben. Ein zweiter Versuch ward auf gleiche Weise
                              angestellt, außer daß die Lauge 5 Pfund Seife in geloͤstem Zustand erhielt.
                              Mit der von diesen Versuchen uͤbrig gebliebenen Lauge, die man mit etwas
                              frischer Lauge vermischt hatte, konnten noch 140 Stuͤke Leinwand mit dem
                              guͤnstigsten Erfolge behandelt worden. Es waren auf diese Art 400
                              Stuͤke Leinwand mit geringen Kosten und in Zeit von zwei Tagen gereiniget
                              wordenOhne Zweifel war
                                    diese Leinwand nicht mehr im rohen ungebleichten Zustande, sondern
                                    fruͤher schon weiß gebleicht, und nur durch den Gebrauch schmuzig
                                    geworden; aber ein solches Wegschaffen des Schmuzes ist kein eigentliches
                                    Bleichen, sondern ein Waschen. Anmerk. d. Verf.. Chaptal bleichte
                              200 Leinentuͤcher aus dem Hospital Hôtel-Dieu mit einer Ersparniß gegen die gewoͤhnliche
                              Art, wie sich 4 zu 7 verhaͤlt. Die Wasserdaͤmpfe zerstoͤrten
                              wegen ihrer erhoͤhten Temperatur allen Krankheitsstoff. Es koͤnnen auf
                              diese Weise alle Miasmate und Krankheitsstoffe, die sich an vegetablische
                              Kleidungsstuͤke anhaͤngen, mit leichter Muͤhe, weggeschaft
                              werdenDieses Verfahren
                                    moͤchte nicht uͤberall ausreichen. Die Zerstoͤrung
                                    aller gefaͤhrlichen Krankheitsstoffe, womit die baumwollene und
                                    leinene Wasche infizirt ist, erfolgt um so sicherer, wenn man die
                                    Kleidungsstuͤke der Kranken oder Verstorbenen nach dem Dampfbade in
                                    ein Chlorinbad, und von da in ein schwefelsaures Bad einlegt. Nur nach einer
                                    solchen Behandlung kann man sie mit gutem Gewissen, und ohne alle Gefahr dem
                                    Lazarethe wieder zuruͤkgeben. A. d. V.. O'ReillyO'Reilly. Essai sur le Blanchiment. konstruirte
                              fuͤr die
                              Dampfbleiche einen eigenen Apparat, der aber nicht die Vortheile darbot, welche man
                              sich von der Anwendung desselben beim Bleichen der Leinwand im Großen davon
                              versprochen hatte.
                           Bourlier suchte die neue Methode dadurch zu vervollkommen, daß er Mittel angab, die
                              Stoffe im Dampfaparate ohne viele Muͤhe zu wenden, um alle Theile der Wirkung
                              der Daͤmpfe auszusezenMan wird
                                    immer mit vielen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen haben, wenn man Parthien
                                    von 3–4 bis 500 Schok Leinwand nach dieser neuen Methode durchaus schoͤn und gleichfoͤrmig
                                    weiß bleichen will. Die gleiche Einwirkung und Beruͤhrung der
                                    verdichteten Wasserdaͤmpfe auf die Waare, was absolute Bedingung zur
                                    Realisirung eines guten Bleichprozesses ist, laͤßt sich bei so
                                    ansehenlichen Parthien selbst durch Auf- und Abrollen uͤber
                                    die Winden, so schwer bewirken, daß ich geneigt bin, in Bleichanstalten, wo
                                    jaͤhrlich 10,000 bis 20,000 Stuͤke Leinwand gebleicht werden,
                                    den andern vortheilhaft bekannten Bleichmethoden den Vorzug
                                    einzuraͤumen. In Frankreich und England ist auch gar wenig mehr von
                                    der Dampfbleiche die Rede. Anders verhaͤlt es sich bei Fabriken
                                    fuͤr Muͤzen, Struͤmpfe, Garne u. d. m., welche in der
                                    Dampfkammer ohne viele Muͤhe parthienweise neben einander
                                    aufgehaͤngt werden, wo die Wasserdaͤmpfe die mit alkalischen
                                    Laugen penetrirte Waaren uͤberall durchziehen koͤnnen, und
                                    eine gleichfoͤrmige Einwirkung statt findet. A. d. V.. Er
                              reiste in dieser Absicht nach Flandern, wo Versuche uͤber das Bleichen der
                              dort verfertigten Leinwand angestellt wurden. Nach seiner Versicherung bedarf das
                              Leinengarn nur einer schwachen Lauge; es muß aber beim Bleichen die
                              atmosphaͤrische Luft (Auslegen auf die Wiese) abwechseln, um eine vollkommene
                              Weiße zu erlangenVergleiche Anmerkung
                                    63 Seite 155..
                           Bosc bleichte zu Troyes innerhalb 8–9 Monaten 2000 Duzend gestrikte Zeuge, die
                              6000 Pfund wogen, und
                              200–300 Stuͤke Leinwand, vermittelst der Wasserdaͤmpfe. Er ist
                              mit Chaptal gleicher Meinung, daß das Bleichen mit der Chlorine ohne Nuzen sey, wenn
                              man nicht zuvor mit alkalischen Laugen die Zeuge zu reinigen suchtMan vermißt hier den kraͤftig
                                    einwirkenden Gaͤhrungsprozeß, der den alkalischen Laugen vorausgeht.
                                    Es scheint, es sey derselbe den Franzosen zu der Zeit, als Bosc und Chaptal
                                    schrieben, der Wirkung nach noch wenig bekannt gewesen. A. d. V..
                              Den Gebrauch der Daͤmpfe in verschloßenen Gefaͤßen suchte er in
                              besondere Aufnahme zu bringen. Sein Verfahren, gestrikte Sachen nach dieser Methode
                              zu bleichen, besteht wesentlich in Folgendem:
                           
                              Erste Operation. – Kochen in weißer oder schwarzer Seife.
                              Die Struͤmpfe oder Muͤzen, die vom Stuhle kommen, werden an solche
                                 Stangen geheftet, die der Lauge und der Chlorine widerstehen. Es ist eine Art
                                 Schmiere die sie bedekt, welche nur durch die staͤrkste
                                 Seifenausloͤsung angegriffen wirdNatuͤrlicher Extraktivstoff mit fetten und oͤligen
                                       Substanzen, welch' leztere beim Spinnen und Verarbeiten der Garne hiezu
                                       gebraucht werden. Anmerk. d. Verf.. Gewoͤhnlich nimmt
                                 man an Seife den 15ten Theil Gewichtes des zu bleichenden Stoffes, was sehr
                                 kostbar ist, daher man die Menge vermindert, und statt des reinen Wassers,
                                 dessen man sich zur Aufloͤsung der Seife bedient, eine schwache
                                 Aufloͤsung der kaustischen Soda anwendet, wodurch man außer der guten
                                 Wirkung der Seife noch den Vortheil gewinnt, daß sich eine vorbereitende Lauge
                                 darbietet, die die Baumwolle vollkommen reinigt, und fuͤr die
                                 nachfolgenden Operationen geschikt macht. Nach dem Kochen muß man die gestrikte
                                 Waare im Wasser klopfen, um sie gaͤnzlich zu reinigen, und dann
                                 tuͤchtig ausspuͤhlen. Diese lezte Operation des Waschens und
                                 Spuͤhlens empfiehlt Bosc, weil die vollkommene Weiße davon abhaͤngen soll.
                                 Wenn die Witterung es erlaubt, troknet man das Zeug in der freien Luft abVergleiche das Bleichen der Muͤzen,
                                       Struͤmpfe etc. durch saponifizirte kaustische Kalilauge S. 94 des
                                       vorhergehenden Heftes dieser Abhandlung..
                              
                           
                              Zweite Operation; Chlorinbad.
                              Man legt die gestritten Sachen 7–8 Stunden lang in eine schwache
                                 Chlorinfluͤßigkeit oder javell'sche Lauge, wascht sie nach dem
                                 Herausnehmen sorgfaͤltig aus, und troknet sie.
                              
                           
                              Dritte Operation; Dampflaugung.
                              Die Dampfkammer besteht aus einem vierekigen, fest aus Quadersteinen gebauten
                                 Thurm. Dieser ruht auf dem Rande eines Kochkessels von Kupfer, welcher den Boden
                                 einnimmt. Dieser Kochkessel hat 15–18 Zoll Tiefe. Auf dem Rande, der
                                 innerhalb 5–6 Zoll hervorragt, bringt man einen starken Rost von weichem
                                 Holze an, der ohne Nagel und Eisen befestigt ist. 6 Zoll uͤber diesem
                                 Rost, und so weiter alle 6 Zoll, gibt man auf den gerade uͤberstehenden
                                 Seiten bis an die Spize des Thurmes durch Steine Einschnitte, um Stuͤzen
                                 anzubringen, welche die Lage der gestrikten Waaren, die man nach und nach
                                 aufhangt, tragen. Den Thurm verschließt ein Dach, in dessen Mitte eine Oeffnung
                                 von 18 Zoll im Durchmesser sich befindet, die man mit einem genau einpassenden
                                 Quadersteine ausfuͤllen kann. Der Dampf hat keinen andern Ausgang, als
                                 durch eine kleine Oeffnung, deren Durchmesser 6–8 Linien betraͤgt,
                                 und die mit einer Sicherheitsklappe versehen ist. Diese Kammer kann 300 Duzend
                                 Stuͤke von gestrikter Waare, welche etwas mehr als 900 Pfund wiegen,
                                 aufnehmen. Man bereitet die Waare vor, indem man sie stark mit einer
                                 Aufloͤsung der kaustischen Soda impraͤgnirt, die 1–2 Grad
                                 nach Beaumés Aereometer anzeigt. Sie wird sodann in der Kammer
                                 auf Rahmen, die mit nezfoͤrmig geflochtenen Steken uͤberzogen
                                 sind, gebracht, und so uͤber einander gewunden, daß sie Lagen von
                                 5–6 Zoll dik bildet. Man faͤngt mit der untern Lage an, und
                                 unterlaͤßt nicht, bei jeder Lage das Zeug durch frische Lauge zu
                                 befeuchten. Wenn so die ganze Kammer bis oben zu garnirt ist, verschließt man
                                 sie Luftdicht, zuͤndet unter dem Kessel Feuer an, und unterhaͤlt
                                 denselben 3 Stunden lang im kochendem Zustande. Nun wird die Kammer
                                 geoͤffnet, die Waare wieder mit frischer Lauge befeuchtet, dann abermals
                                 die Kammer geschlossen, und das dreistuͤndige Kochen wiederholt. Durch
                                 eine zum Ausleeren bestimmte Roͤhre wird eine Quantitaͤt alter
                                 Lauge, so viel als man durch die obere Oeffnung hineingegossen hat, abgezogen,
                                 weil sonst der Kessel uͤberlaufen, und die Waare auf dem Rost
                                 ersaͤuft wuͤrde. Diese Operation wiederholt man 24–30
                                 Stunden lang, wobei man stets dafuͤr sorgt, daß die Wirkung des Dampfes
                                 bei hoher Temperatur und starkem Druk abwechseln, um die Waare mit der frischen
                                 alkalischen Lauge nach jeder dritten Stunde wieder befeuchten zu koͤnnen.
                                 Nach dieser Behandlung sind die Muͤzen und Struͤmpfe ganz
                                 ausgekocht und vollkommen weiß. Man zieht sie jezt aus der Kammer heraus, wascht
                                 sie sorgfaͤltig, und laͤßt sie troknen.
                              
                           
                              Vierte und lezte Operation.
                              Das Weiß ist nach der Heransnahme aus der Kammer noch nicht glaͤnzend
                                 genug fuͤr den Verkauf; um der Waare den erfoderlichen Glanz zu
                                 ertheilen, taucht man sie in ein mit Schwefelsaͤure leicht
                                 gesaͤuertes Bad. Da hiebei große Vorsicht noͤthig ist, damit das
                                 Zeug nicht zerstoͤrt werdeWenn
                                       die Waare nach dem schwefelsauern Bade sorgfaͤltig gewaschen
                                       wird, so ist eben so wenig Nachtheil fuͤr die Dauerhaftigkeit der
                                       Farbe, als bei der javell'schen Lauge, zu befuͤrchten. Im
                                       fluͤßigen Zustande wirkt die mit vielem Wasser
                                       verschwaͤchte Schwefelsaͤure gar nicht schaͤdlich
                                       auf die Pflanzenfaser. A. d. V., so substituirt man ein
                                 leichtes Bad der javell'schen Bleichlauge; waͤscht das Zeug
                                 sorgfaͤltig in reinem Wasser, und laͤßt es in der Sonne
                                 troknenIch wuͤrde
                                       stets bei der lezten Operation im Bleichen der Schwefelsaͤure den
                                       Vorzug vor der javell'schen Bleichlauge zugestehen, weil leztere immer
                                       etwas Geruch nach Chlorine zuruͤk laͤßt, und die Waare im
                                       Magazin mehr Disposition zeigt, einen gelblichen Schimmer anzunehmen. A.
                                       d. V..
                              In England und Irland fand man die von Chaptal angegebene Vorrichtung zum
                                 Bleichen der Waare mittelst Wasserdaͤmpfe nicht zureichend. Man gab daher
                                 dem Dampfapparate folgende Einrichtung:
                              
                                 »Man stelle sich den Kessel einer Feuersprize von laͤnglicher
                                    Form vor, der einen ledernen Sauger, eine Klappe und eine Roͤhre hat,
                                    die mit dem Boden des Kessels verbunden, und mit lezterm von gleicher
                                    Hoͤhe ist. An dieser Roͤhre sind zwei Hahnen angebracht, und
                                    zwischen diesen ein glaͤserner Tubus, durch welchen man die
                                    Fluͤßigkeit beobachten kann. Von Außen ist der Kessel, um dem Druk
                                    des Dampfes besser widerstehen zu koͤnnen, mit Mauerwerk umgeben.
                                 
                              Innwendig im Apparat befinden sich sechs Haspel, und zwar auf jeder Seite drei,
                                 die wechselweise umgedreht werden. Ein hoͤlzernes Zahnrad steht mit einer
                                 Achse, an der sich ein Getriebe befindet, in Verbindung. Dieses Getriebe theilt
                                 dem Zahnrad eine langsame und gleiche Bewegung mit. Die Achse, welche durch den
                                 Rand des Kessels geht, ist mit einer ledernen Buͤchse verschießen, damit
                                 die Daͤmpfe nicht durchdringen koͤnnen. Oben ist eine sechzehen
                                 Zoll weite Oeffnung mit unterlegtem Rande, auf welche ein genau passender Dekel
                                 eingeschraubt wird. Zwischen den Rand und Dekel wird feuchtes Leder gelegt, damit
                                 auch hier kein Dampf entweichen koͤnne. Durch diese Oeffnung bringen die
                                 Arbeiter die Walzen mit dem aufgewickelten Zeuge in den Kessel hinein und wieder
                                 heraus. Jede Rolle hat 20 Stuͤke. Die Lauge wird aus Soda bereitet, und
                                 durch Kalk aͤzend gemacht.
                              In dieser LaugeVergleiche
                                       Anmerkung 63 S. 155. kocht man vorher die Zeuge, und versezt
                                 sie noch heiß in den Kessel, dessen Boden 5–6 Zoll hoch mit solcher Lauge
                                 bedekt wirdKlares Flußwasser
                                       thut dieselben Dienste. A. d. V.. Ist die Waare auf den
                                 Walzen gehoͤrig geordnet, so wird die Oeffnung verschloßen, Feuer unter
                                 den Kessel gegeben, und wenn die Fluͤßigkeit kocht, die Kurbel
                                 herumgedreht, und das Zeug wechselweise von einer Walze auf die andere
                                 gehaspelt, bis es gehoͤrig gebleicht ist. Bei dieser Art zu bleichen
                                 kommt mit allem, was die Kosten fuͤr Appretur, Feuerung und Arbeitslohn
                                 betragen, die Elle nicht einmal auf einen Pfenning.
                              Spaͤter erhielt die Dampfbleiche wesentliche Verbesserungen durch
                                 Curnbuͤll und Croock. Diese englischen Manufakturisten entziehen der
                                 rohen Waare durch Einweiweichen und Walken alle Schlichte, und behandeln sie mit
                                 siedend heißer Aezlauge aus Pottasche oder aus Soda. Nachdem die Waare von der
                                 Lauge ganz durchzogen ist, bringt man sie in eine Buͤtte mit doppeltem
                                 Boden, deren innerer Boden wie ein Gitter durchloͤchert ist, damit die
                                 uͤberfluͤßige Lauge ablaufen koͤnne.
                              Jezt legt man die Waare in eine Beuchbuͤtte, welche groß genug ist, die zu
                                 bearbeitende Menge aufzunehmen. Die Beuchbuͤtte hat einen doppelten
                                 Boden; der obere bildet einen gegitterten Rahmen zum Aufnehmen der Lauge, und ist mit
                                 Schnuͤren versehen, damit man ihn mittelst eines uͤber der
                                 Buͤtte angebrachten Krahnes, sammt dem darauf liegenden Zeuge herausheben
                                 koͤnne, nachdem es der Wirkung des Dampfes ausgesezt worden ist. Die
                                 obere Oeffnung der Buͤtte wird noch mit einem dunstdichten Dekel
                                 verschlossen, an welchem ein Ventil angebracht ist, um dem Daͤmpfen bei
                                 zunehmender Elastizitaͤt derselben einen Ausweg zu bahnen, und das
                                 Zerspringen des Apparats zu verhindern.
                              Ein außerhalb der Buͤtte befindlicher Dampfkessel, von dessen Dekel eine
                                 Dampfleitungsroͤhre ausgeht, welche mit dem untern hohlen Theile der
                                 Beuchbuͤtte in Verbindung steht, aber durch einen Hahn davon
                                 abgeschnitten wird, dient zur Bildung der Daͤmpfe. Der Dekel des
                                 Dampfkessels ist mit einem Sicherheits-Ventil versehen, das sich bei
                                 starker Elastizitaͤt der Daͤmpfe hebt, und vor Zerspringen des
                                 Dampfkessels sichert.
                              Der Kessel wird mit schwacher Lauge gefuͤllt, die Leitungsroͤhren
                                 mit dem innern Raum der Beuchbuͤtte in Verbindung gesezt, der in diesem
                                 Leitungsrohr angebrachte Dampfhahn geoͤffnet, der Kessel gefeuert und
                                 in's Kochen versezt. Bei solcher Vorrichtung erhaͤlt die
                                 Fluͤßigkeit eine hoͤhere Temperatur, als in offenen
                                 Gefaͤßen, und die sehr heißen und elastischen Wasserdaͤmpfe
                                 dringen in die Beuchbuͤtte ein, durchdringen die uͤbereinander
                                 geschichteten Waaren, erhizen sie, und bewirken, daß die in Beruͤhrung
                                 mit denselben gekommenen alkalischen Theile sich in Wirksamkeit sezen. Die
                                 Daͤmpfe verdichten sich in der Beuchbuͤtte zu tropfbarer
                                 Fluͤßigkeit, nehmen den durch die alkalischen Salze aufgeloͤsten
                                 Firniß der Waare in sich auf, und fließen mit demselben in den untern leeren
                                 Raum der Buͤtte ab.
                              Das Dampfbad wird nach solcher Vorrichtung acht Stunden ununterbrochen
                                 unterhalten, worauf man das Feuer erloͤschen und den ganzen Apparat erhalten
                                 laͤßt. Die Waare wird nun herausgenommen, gewalkt, wieder mit Aezlauge
                                 impraͤgnirt, und wie das erstemal acht Stunden lang der Einwirkung
                                 kochender Wasserdaͤmpfe ausgesezt. Wenn diese Operation bei leinenen
                                 Stoffen einigemal verrichtet worden, so bringt man sie theils in saure
                                 Baͤder, theils auf die Bleichwiese, theils wieder in den Dampfapparat,
                                 und wiederholt dieses so lange, bis sie vollstaͤndig gebleicht sindHiebei bedienen sich die Englaͤnder
                                       keiner Chlorine oder Chlorine-Verbindung als Substituirung, um
                                       den Bleichprozeß zu befoͤrdern. A. d. V..
                              Der um die technisch-chemischen Gewerbe hoch verdiente geheime Rath
                                 Hermbstaͤdt gibt einen Apparat an, mittelst dessen die Bleichwaare
                                 waͤhrend der Dampfoperation durch die alkalische Lauge gezogen werden
                                 kann, ohne den Apparat zu oͤffnen. Diese Vorrichtung mag ihr Gutes
                                 fuͤr wissenschaftliche Versuche im Kleinen haben. In großen Bleiche
                                 anstalten ist sie unausfuͤhrbar. Die Beschreibung derselben findet man in
                                 Hermbstaͤdts »allgemeine Grundsaͤze der Bleichkunst etc.
                                    S. 289–304. Berlin, Realschulbuchhandlung 1804«Bald nach Bekanntmachung des Bleichens
                                       mittelst elastischer Wasserdaͤmpfe, wurden zu Troyes in
                                       Frankreich auch in einer Muͤnzfabrik Versuche gemacht, um die
                                       Muͤnzen hell und klar zu bekommen. Man legte sie uͤber
                                       Rahmen, welche mit Kanavas bedekt und vier Zoll von einander entfernet
                                       waren. So brachte man sie in die Daͤmpfe, welche beim Aussteigen
                                       aus dem Kessel, von allen Seiten sie beruͤhren, den grauen
                                       faͤrbenden Stoff zerstoͤren, und sie vollkommen bleichen
                                       konnten. A. d. V..
                              
                           
                        
                           Von dem Bleichen der baumwollenen Stoffe vermittelst Schwefelkalkes. (Higgins Bleichmethode).
                           Kirvans interessante Entdekung, daß Schwefelalkalien die Eigenschaft besizen, den
                              natuͤrlichen Firniß (Extraktivstoff) und andere farbige Unreinigkeiten der Leinwand eben so
                              gut, ja fast schneller aufzuloͤsen, als reine Alkalien es vermoͤgen,
                              veranlaßte Higgins bei dem theuren Preise der Pottasche
                              in Irland zu den Gedanken, die Verbindung des Schwefels mit der Kalkerde zum
                              Bleichen der Leinwand im Allgemeinen einzufuͤhren. Die damit angestellten
                              Versuche fielen nach seiner Versicherung uͤber alle Erwartung gut aus. Diese
                              Verbindung steht dem Schwefelkali und Schwefelnatron in bleichender Wirkung nicht
                              nach, und soll die Pottasche beim Bleichen der Leinwand im Großen vollkommen
                              vertreten. Ich werde, wenn vom Bleichen der Leinwand die Rede seyn wird, auf dieses
                              Verfahren zuruͤkkommen. Den Gebrauch der geschwefelten Kalkerde zum Bleichen
                              der baumwollenen Gewebe sezte ich bald nach der oͤffentlichen Bekanntmachung
                              der Higgin'schen Methode im Jahre 1805 außer ZweifelHermbstaͤdts Magazin fuͤr
                                    Faͤrber etc. B. 2. S. 25 und 33. Hermbstaͤdts Grundriß der
                                    Faͤrbekunst etc. 2te durchaus verbesserte und vermehrte Auflage, 2ter
                                    Band S. 25, 1807.. Ich habe seit jener Zeit durch
                              Abaͤnderung in dem Verfahren selbst das Mittel aufgefunden, baumwollene
                              Gewebe fuͤr den Druk und das Faͤrben absolut zu bleichen, so, daß sich
                              die Waare, nach dieser Methode behandelt, fuͤr alle Fabrikate in der
                              Kattundrukerei qualificirt. Das Verfahren besteht in Folgendem:
                           25 Stuͤke 5/4 breite und 46 Ellen lange Calico werden nach der Fermentation
                              gut gewaschen, zweimal gewalkt und fuͤr das Bleichbad vorbereitet.
                           
                              Bereitung der Schwefel-Lauge.
                              6 Pfund fein gepulverter Schwefel.
                              30 Pfund frisch gebrannter Kalk, der zuvor mit wenig Wasser befeuchtet zum
                                 feinsten Kalkmehl zerfallen ist, und gesiebt wird, werden mit 150 Pfund
                                 Flußwasser in einem
                                 eisernen Kessel, unter bestaͤndigen Umruͤhren eine halbe Stunde
                                 lang gekocht, und abgeklaͤrt, worauf man das helle Fluidum in einem gut
                                 verschlossenen hoͤlzernen Gefaͤß bewahrt. Den
                                 ruͤkstaͤndigen Saz laugt man mit 150 Pfund Wasser aus, und bringt
                                 nach dem Abklaͤren die Fluͤßigkeit zur ersten Auslaugung. In
                                 diesem Zustande besizt die aufgeloͤste geloͤste Schwefelkalkerde
                                 die Farbe eines duͤnnen Weißbiers. Sie wird bei der Anwendung mit 250
                                 Pfund Wasser verduͤnnt, und stellt so die Bleichlauge fuͤr die
                                 baumwollenen Gewebe dar.
                              
                           
                              Behandlung der Waare.
                              Die fermentirte und gut gereinigte Waare haspelt man vermittelst der Winde in die
                                 kalte Bleichfluͤßigkeit, und wiederholt
                                 das Hin- und Wiederhaspeln in dem Bade, damit sie von der Lauge
                                 gleichfoͤrmig durchdrungen werde, einigemale, sodann druͤkt man
                                 sie, aber nicht zu fest, unter die Fluͤßigkeit, und laͤßt sie 20
                                 Stunden wohl zugedekt darin liegen. Vor dem Herausnehmen treibt man sie hin und
                                 wieder uͤber die Winde, windet die Waare auf, daß die ablaufende
                                 Fluͤßigkeit in die Wanne zuruͤklauft, und schaft die Waare an den
                                 Fluß oder Bach. Sie wird jezt gut gewaschen, 2 mal gewalkt, und 4 bis 5 Tage auf
                                 die Bleichwiese ausgelegt, von da wieder gewaschen, gewalkt und in einer
                                 schwachen kaustischen Kalilauge, welche aus 6 Pfund guter Pottasche und dem dazu
                                 erfoderlichen Kalk bereitet worden, 4 Stunden lang ausgekocht. Hierauf bringt
                                 man sie nach dem Waschen und Walken wieder 16 Stunden lang in das geschwefelte
                                 Kalkbad, worin man sie wie das erstemal behandelt, wascht und walkt sie nach dem
                                 Herausnehmen 2 mal gut durch, kocht sie unmittelbar darauf in einer
                                 kaustisch- alkalischen Lauge, die aus 5 Pfund Pottasche, und der
                                 benoͤthigten Quantitaͤt Kalk dargestellt wurde, wascht und walkt
                                 sie abermals, und legt sie 6 Tage hindurch der Einwirkung der Luft und des Lichts auf der
                                 Bleichwiese aus. In diesem Zustande wird sie abgetroknet 20 Stunden lang in ein
                                 Chlorinbad gelegt, hernach gewaschen, gewalkt und in ein schwefelsaures Bad auf
                                 20 Stunden gebracht. Nach dem Waschen und Walken kommt sie fuͤr einige
                                 Tage auf die Bleichwiese, und erhaͤlt zulezt ein nochmaliges
                                 schwefelsaures Bad. Dieses Verfahren liefert mir eine Bleichwaare, die sich
                                 fuͤr alle Fabrikate des Drukes und Faͤrbens eignet.
                              Bei dem Bleichen mit der geschwefelten Kalkerde ist darauf auf zu sehen:
                              1) Daß die Waare nach dem geschwefelten Kalkbade durch Waschen und Walken
                                 moͤglichst von der Lauge gereinigt werde, damit die
                                 atmosphaͤrische Luft bei der Rasenbleiche keine Schwefelhaut abseze, die
                                 sich nur schwer durch kaustisch-alkalische Baͤder wegschaffen
                                 laͤßt.
                              2) Daß die geschwefelte Kalkaufloͤsung vor dem Zutritte der
                                 atmosphaͤrischen Luft bewahrt bleibe, weil der Sauerstoff derselben die
                                 Fluͤßigkeit zersezt, und den Schwefel niederschlaͤgt.
                              3) Daß auf der Bleichwiese bei heißer Witterung die Waare den Tag uͤber
                                 oͤfters mit Wasser begossen werde.
                              
                           
                        
                           Ueber die Buntbleiche, oder die Verfahrungsart, die baumwollenen- und leinenen Waaren nach dem Faͤrben so zu reinigen, daß
                              die ungedrukten Stellen vollkommen weiß erscheinenDie Buntbleiche habe ich schon vor mehreren
                                    Jahren in einer Abhandlung ziemlich deutlich auseinander gesezt. Diese
                                    Abhandlung befindet sich in Schweigger's Journal der Chemie und Physik. B.
                                    8. 1813. und in Dinglers neuem Journal fuͤr die Druk-,
                                    Faͤrbe- und Bleichkunst. B. 1. S.
                                    271–281..
                           Unter der Bunt- oder Schekenbleiche versteht man in den Manufakturen und
                              Faͤrbereien diejenigen Verfahrungsarten, mittelst deren gedrukte und
                              gefaͤrbte Waaren von dem in den weißen Grund eingeschlagenen Pigmente
                              vollkommen gereinigt
                              werden, wodurch die farbigen Stellen geschoͤnt und der weiße Grund, oder
                              diejenigen Objekte, welche mit keinem Bindungsmittel fuͤr die Pigmente
                              impraͤgnirt sind, wieder hergestellt werden.
                           Die Buntbleiche, welche einen wichtigen Gegenstand der Kattundrukerei ausmacht,
                              beruht auf eben den Grundsaͤzen, die beim Bleichen der rohen Waare statt
                              finden. Sie unterscheidet sich davon nur darin, daß man statt der alkalischen Salze,
                              des Schwefelkalks und der liquiden Chlorine, das Weizenkleien- und
                              Lerchenschwammbad, die Baͤder von gesaͤuertem Getreidemehl,
                              Seifenwurzel, Kuhmist und Seife, so wie das oxidirtsalzsaure Kali- und
                              insbesondere oxidirtsalzsaure Natronbad anwendet, und die Waare durch Auslegen auf
                              die Bleichwiese der Einwirkung und Zersezung der atmosphaͤrischen Luft, des
                              Lichts und des Wassers unter wechselseitiger Anwendung der Weißmachbaͤder so
                              lange unterwirft, bis die Farben vollkommen geschoͤnt, und die weißen Objekte
                              ganz klar und hell erscheinen.
                           In ganz heißen Sommertagen entzieht man die Waare den heftig wirkenden Sonnenstrahlen
                              zur Mittagszeit, was bei vielen Farben wesentlich noͤthig ist, um sie lebhaft
                              und feurig zu erhalten. Die zum gewoͤhnlichen Weißbleichen noͤthigen
                              Stoffe wuͤrden die Farben zum Theil ganz zerstoͤren, und zum Theil,
                              wenn man ein alkalisches oder gesaͤuertes Bindungsmittel zur Fixirung der
                              gewaͤhlten Farbe angewendet hat, modifiziren und schwaͤchen; das
                              Sonnenlicht aber wuͤrde in ganz heißen Tagen auf die mit den Zeuge
                              oͤrtlich in Verbindung getrettenen Pigmente, einen nachtheiligen Einfluß
                              durch Desoxidation, die dem Lichte eigen ist, oder durch aufgeregte allzugroße
                              Waͤrme ausuͤben.
                           Die Baͤder der Kleien, des Lerchenschwamms, der gesaͤuerten
                              Getreidearten und der Seifenwurzel wirken nur schwach auf das an erdige und
                              metallische Basen gebundene Pigment des Krapps, Campechenholzes, Brasilienholzes,
                              Wau's, der Scharte, des Gelb- und Fisetholzes, der Querzitronrinde u.s.w. Sie
                              aͤußern dagegen große Wirkung auf die in den weißen Grund abgesezten, und
                              nicht chemisch damit verbundenen Theile.
                           In den Druk- und FaͤrbereienDas
                                    Pigment des Krapps schlaͤgt sich bei einer gut gebleichten Waare gar
                                    nicht in den weißen Grund ab, wenn der Krapp einen Tag vor dem
                                    Faͤrben, mit etwas Kleien eingeteigt, einer gelinden Fermentation
                                    unterworfen wird. Es geschieht dieses am beßten in einem hoͤlzernen
                                    Gefaͤße. Das hiebei anzuwendende laue Wasser darf nicht uͤber
                                    35° Reaum. erwaͤrmt seyn. A. d. V. ist eine
                              durchaus reine und weißgebleichte Waare nicht genug zu empfehlen, um ein
                              guͤnstiges Resultat beim Faͤrben zu gewinnen. Die Farben, welche durch
                              erdige oder metallische Basen in der Faser fixirt werden, erscheinen viel
                              lebendiger, intensiver und dauerhafter, weil der Verbindung keine Materie entgegen
                              strebt, sobald die Waare absolut rein gebleicht war. Es lassen sich dadurch die
                              weißgebleichten Stellen viel leichter von dem sich anhaͤngenden Pigmente
                              reinigen. Eine minder rein gebleichte, und nicht durch alle Theile der innersten
                              Faser durchaus entfaͤrbte Waare, die also noch verborgene farbige Materien
                              enthaͤlt, bietet vermoͤge derselben dem Pigmente ein Anziehungsmittel
                              dar, und das Pigment sezt sich durch eine solche Verbindung fester in den Stellen
                              an, welche weiß erhalten werden sollen. In diesem Zustande laͤßt sich eine
                              solche gefaͤrbte Waare viel schwerer und nur mit Verlust an
                              Farbenlebhaftigkeit der gedrukten Objekte vollkommen weiß darstellen; denn je mehr
                              es bei der Bundbleiche Zeit erfodert, der Waare die gewuͤnschte Weiße zu
                              geben, um so mehr muͤßen auch die Farben, durch die wiederholten Operationen
                              leiden, und an Intensitaͤt verlieren. Es kann indessen eine Waare beim
                              Einkaufe vor dem Druken und Faͤrben schoͤn weiß gebleicht sich darstellen, ohne jedoch so
                              vollkommen gebleicht zu seyn, daß sie sich fuͤr das Faͤrben eigne,
                              wenn naͤmlich die zum Theil noch uͤbrig gebliebenen Farbetheilchen,
                              die gewoͤhnlich bei einer Seifenbleiche dem Auge entgehen, nicht durch die
                              gehoͤrigen Mittel aufgeloͤst und bei Seite geschaft worden sind. Eine
                              solche Erscheinung gruͤndet sich auf die Bleichmethode selbst, wenn entweder
                              mit Seife, saponificirter Kalilauge, oder mit Wasserdaͤmpfen ohne Auslegen
                              auf den Bleichplan oder Passage durch Chlorine gearbeitet wurde.
                           Was hier uͤber die Buntbleiche bemerkt worden, gilt jedoch nur fuͤr
                              solche Fabrikate, welche gemusterte weiße Stellen enthalten, die durch
                              Ausfaͤrben erzielt werden. Zum Druken mit Applikations-Farben
                              (Tafeldruk-Farben, topischen Farben) und uni zu faͤrbenden
                              Gruͤnde, wird keine absolut rein gebleichte Waare erfodert, zumal wenn die
                              Gruͤnde dunkel erscheinen, wo eine halbe Bleiche schon ausreicht.
                           Das zwekmaͤßigste Verfahren beim Reinigen der Waare nach dem Faͤrben
                              oder der sogenannten Buntbleiche ist:
                           A) Durchnehmen im Kleienbade und
                              Auslegen auf die Bleichwiese;
                           B) Durchnehmen im gesaͤuerten
                              Erbsenmehlbade und Auslegen auf die Bleichwiese;
                           C) Durchnehmen im Lerchenschwammbade
                              und Auslegen auf die Bleichwiese;
                           D) Durchnehmen im Kuhmistbade und
                              Auslegen aus die Bleichwiese;
                           E) Durchnehmen durch ein
                              Seifenwurzelbad;
                           F) Durchnehmen in einem mit vielem
                              Wasser verschwaͤchten Bade von Chlorinkali (Javellscher Lauge);
                           G) Durchnehmen in einem mit vielem
                              Wasser verschwaͤchten, erwaͤrmten chlorsauren Sodabade;
                           
                           H) Durchnehmen durch ein Seifenbad zur
                              Belebung der verschiedenen krapprothen Farbenschattirungen.
                           
                              A) Von dem Kleienbade.
                              Das Kleienbad zum Durchnehmen der gefaͤrbten Waare wird bald lau, bald
                                 heiß, bald kochend zum Reinigen der Waare angewendet, nach der Natur der Farbe,
                                 welche man mit der vegetabilischen Faser verbunden hat. Waare, welche mit
                                 Querzitronrinde, Kreuzbeeren, Aepfelbaumrinde etc. gelb gefaͤrbt worden,
                                 wird in ein maͤßig heißes Bad von 60–65 Grad Reaum. gebracht;
                                 Waare in Wau gefaͤrbt aber behandelt man kochend, besonders wenn die
                                 Umrisse schon fruͤher durch Krapp oder ein anderes solides Pigment
                                 dargestellt wurde. Ein in der Temperatur zu hohes Bad wuͤrde hier das
                                 Querzitrongelb in eine braͤunliche oder roͤthliche spielende Farbe
                                 modificieren. Olivenfarben, welche eine Eisen- und Thonerden-Basis
                                 haben, erfodern mit denselben gelbfaͤrbenden Pigmenten dargestellt, ein
                                 heißeres Kleienbad, das bei der Querzitronfaͤrberei 70–75°
                                 hat, und bei Wau stark kochend ist. Diese Farben verlieren nicht nur nichts
                                 durch die erhoͤhte Temperatur, sondern es scheint vielmehr ihre
                                 Intensitaͤt dadurch durch zu gewinnen. Solche Fabrikate bekommen durch
                                 das Bad eine solche Weiße, daß sie nicht der Bleichwiese beduͤrfen,
                                 welche nur nachtheilig seyn wuͤrde, indem durch die Einwirkung des Lichts
                                 das Querzitrongelb bald ins Braune sich zoͤge, und die Farbe ihren
                                 Luͤster verloͤre. Um bei den verschiedenen mit Krapp oder
                                 Campechenholz gefaͤrbten Waaren den weißen Grund zu reinigen, ist dem
                                 Bade eine Hize von 75 bis 78° Reaum. zu geben; am allerheißesten aber,
                                 78–80° R., muß dasselbe bei einer Waare seyn, welche mit
                                 Fernambuk, Rothholz oder Brasilienholz gefaͤrbt worden. Die Waare wird
                                 darin in einzelnen Stuͤken einigemale schnell
                                 hin und wieder gehaspelt, weil ein laͤngeres Verweilen im Bade den Farben
                                 die Lebhaftigkeit
                                 benimmt. Bei Carmoisin-Farben aus diesen Pigmenten gefaͤrbt, sezt
                                 man dem Kleienbade hin und wieder etwas kohlenstoffsaures Natron hinzu, wodurch
                                 die Farbe einen Stich in's Blaͤuliche annimmt.
                              Alle diese verschiedenen individuellen Behandlungsarten sind Gegenstaͤnde,
                                 welche jeder praktische Kolorist und Faͤrber, durch eigene Erfahrung
                                 belehrt, den Eigenschaften der Farben gemaͤß anwenden muß; sie richten
                                 sich nach den gewaͤhlten Basen und den Farben selbst; es kann daher nicht
                                 genau, bei den differenten Zusammensezungen der Farben, wo die eine mehr, die
                                 andere minder dauerhaft erhalten wird, angegeben werden, wie hoch der Grad der
                                 Temperatur seyn, und wie lange das Verweilen im Weißmachkessel dauern
                                 muͤsse. Hauptabaͤnderungen finden nur bei einer vorangegangen
                                 schlechten oder fehlerhaften Weißbleiche statt. Ich habe nur noch zu bemerken,
                                 daß man die Waare, insbesondere die gelbgefaͤrbte, gleich nach dem
                                 Reinigen im Kleienbade im fließenden Wasser zu waschen habe, weil sonst eine
                                 Abaͤnderung des Farbenausdruks zu befuͤrchten waͤre.
                              Bereitet wird das Kleienbad, indem man einen Kessel mit Wasser beinahe
                                 anfuͤllt, das Wasser mittelst Heizung in die erfoderliche Temperatur
                                 sezt, und kurz zuvor, ehe man die Waare uͤber die Winde in's Bad dreht,
                                 die Kleien zusezt, und alsdann das Fluidum wohl untereinander ruͤhrt. Vor
                                 dem Einbringen der Waare in dasselbe, laͤßt man sie gleich nach dem
                                 Faͤrben waschen und walken. Die vermittelst gelbfaͤrbender
                                 Pigmente dargestellten Farben, die Fernambuk-Rothholz- und
                                 Campechenholz-Farben, die braunen, violeten und Lilas-Farben aus
                                 Krapp gefaͤrbt, werden gleich darnach in das Kleienbad gebracht, und
                                 erstere, nachdem sie weiß sind, getroknet, leztere aber auf die Bleichwiese
                                 ausgelegt. Alle rothe mit Krapp bewirkten Farben werden nach dem Waschen und
                                 Walken der Einwirkung der Luft und des Lichts auf der Bleichwiese ausgesezt, dann erst in
                                 Kleien weiß gemacht und wieder ausgelegt, womit man so lange abwechselnd
                                 fortfaͤhrt, bis die Farben die gewuͤnschte Nuancen angenommen
                                 haben, und der weiße Grund vollkommen hergestellt ist. Bei dergleichen
                                 Fabrikaten werden nach dieser Behandlung die rothen Farben geschoͤnt, und
                                 das falbe Pigment des Krapps wird ausgeschieden, wogegen das rothe rein
                                 zuruͤk bleibt; das Fabrikat ist nun als vollkommen zu betrachten.
                              Erscheint die Waare nach dem Reinigen mit Kleien und Waschen im Fluß noch nicht
                                 vollkommen weiß, so pflegt man sie auf die Bleichwiese auszulegen. Die rechte
                                 Seite, wo das Muster aufgedrukt ist, kommt auf den Grasboden so zu liegen, daß
                                 die linke Seite oben ist, und das Licht nebst der Luft darauf wirken kann. So
                                 ausgebreitet wird die Waare auf den Seiten der Laͤnge nach benadelt, und
                                 an den 4 Enden mit Bleichnaͤgeln, welche in die Erde eingestekt werden,
                                 befestigt. Man begießt sie nun taͤglich 2 bis 3 mal mit Wasser, und
                                 laͤßt sie so lange auf der Bleichwiese liegen, bis sie vollkommen weiß
                                 gebleicht ist.
                              Zur Verhuͤtung des Zusammenrollens der Waare auf der Wiese bedient man
                                 sich geschaͤlter Stanzen von Tannenholz, welche quer uͤber die
                                 ausgebreiteten Stuͤke gelegt werden. Sie werden alle 2 Stunden auf der
                                 Waare fortgeruͤkt, damit die Luft und das Licht alle Theile
                                 gleichmaͤßig beruͤhre. Ist die Waare vollkommen gebleicht, so wird
                                 sie am Bach recht rein gewaschen, gewalkt, aufgehangen und getroknet.
                              Zum Bleichen bunter feiner Weißzize waͤhlt man gern eine reine und heitere
                                 Witterung. Es ist auch nicht wohlgethan, diese Zeuge bei heftigem Gewitterregen
                                 und Schneeflokenwetter auszulegen, weil der weiße Grund dadurch leicht einen
                                 Stich in's Gelbliche annimmt.
                              Bei der Buntbleiche kann man sich der Kleie des Weizens, Dinkels, Fesens und Roggens
                                 bedienen. Die Kleie ist um so wirksamer, wenn sie nicht ganz ausgemahlen ist,
                                 und noch mehligte Theile enthaͤlt, welche ihre Guͤte entscheiden.
                                 Die Hauptwirkung der Kleie gruͤndet sich auf eine vorangegangene
                                 saͤuerliche Fermentation, denn sie eignet sich am beßten fuͤr das
                                 Bleichen. Um die Kleie fuͤr den Fabrik-Bedarf bei
                                 betraͤchtlichen Quantitaͤten derselben gut zu erhalten, bringt man
                                 sie auf luͤftige trokene Boͤden, haͤuft sie nicht zu dik
                                 aufeinander, und sticht sie woͤchentlich, wie das Getreide, mit der
                                 Schaufel einigemale um, damit sie nicht durch Erhizung und faule Gaͤhrung
                                 sich verschlechtere. Hr. Dr. Dingler schlaͤgt vor, die frische Kleie bei
                                 der Anwendung mit Sauerteig zu saͤuern; indem man 25 Pfund Kleien mit
                                 warmen Wasser einteigt, diesem Teige ein halb Pfund Sauerteig zusezt, und das
                                 hoͤlzerne Gefaͤß mit einem Tuche bedekt. Die Masse wird in eine
                                 leichte Gaͤhrung uͤbergehen, und am andern Tage sich in demjenigen
                                 Zustande befinden, in welchem sie sich fuͤr das Weißmachen
                                 gefaͤrbter Waare am wirksamsten zeigt. Ich habe diese Versuche
                                 oͤfters im Großen angestellt, und Hrn. Dr. Dinglers Rath vollkommen
                                 bestaͤtigt gefunden.
                              
                           
                              B) Von dem gesaͤuerten Erbsenbade.
                              Den Gebrauch des gesaͤuerten Erbsenmehls, welches noch wirksamer als die
                                 gesaͤuerte Kleie ist, verdanke ich meinem Freunde Hrn. Dr. Dingler. Die
                                 Erbsen werden wie Getreide gemahlen, und eben so wie die Kleie in Fermentation
                                 gesezt. Zwar sind die Erbsen im Ankaufe viel theurer, als die Kleie, aber sie
                                 geben desto mehr aus, so daß man davon kaum den vierten Theil gegen das
                                 noͤthige Quantum an Kleie bedarf, und man bringt damit nicht nur eine
                                 gleiche, sondern in mehreren Faͤllen eine noch vorzuͤglichere
                                 Wirkung hervor.
                              
                           
                              
                              C) Von dem Lerchenschwammbade.
                              Noch wirkungsvoller, als die Kleie und das gesaͤuerte Erbsenmehl, ist die
                                 reinigende Eigenschaft des Lerchenschwamms (Agaricus
                                    albus). Die in einem solchen Bade behandelte, gefaͤrbte Waare
                                 nimmt eine vorzuͤglich schoͤne Weiße an. Bereitet wird dieses Bad,
                                 wenn der Lerchenschwamm fein gestoßen in das Bad kommt, und man mit der
                                 Vorrichtung der Waare und Manipulation, wie bei dem Reinigen mit Kleien
                                 verfaͤhrt.
                              Den beßten Lerchenschwamm liefert Aleppo und Trient. Er ist ein ungestielter
                                 Lerchenschwamm, faustgroß, und zuweilen noch groͤßer. Je groͤßer,
                                 um so besser ist er. Im frischen Zustande bedekt ihn eine glatte, farbige,
                                 abwechselnd weiße, gelb und braun geringelte Haut, und unten ist er
                                 durchloͤchert; getroknet hingegen hat er eine schoͤne weiße Farbe,
                                 und ist leicht, zart und zerreibbar, jedoch zaͤh und geruchlos. Sein
                                 Geschmak ist anfangs suͤße, nachher aber ekelhaft, zusammenziehend,
                                 scharf und bitter.
                              Eine geringere Sorte, welche aus der Levante kommt, wird in Marseille unter dem
                                 Namen Cocumulo verkauft. Der in Tirol wachsende ist von geringer Guͤte.
                                 Der italienische wird in Agarico fino und Mezzano eingetheilt; Rasura dell Agarico sind bloße Abschnizlinge, womit
                                 man den in Handel vorkommenden Lerchenschwamm haͤufig zu
                                 verfaͤlschen pflegt.
                              
                           
                              D) Kuhmistbad.
                              Das Kuhmistbad wird in der Buntbleiche mit großem Vortheil bei feinen Zizen,
                                 welche viele Abstufungen von rothen, braunen, violetten und lilas Farben zeigen,
                                 angewendet. Es wirkt nicht angreifend auf die Farben selbst, sondern disponirt
                                 sie, wenn sie der Luft, dem Licht und Wasser auf der Bleichwiese ausgesezt sind,
                                 sich lebhaft und mit vielem Feuer abzuschoͤnen, waͤhrend dadurch der
                                 weiße Grund rein hergestellt wird.
                              Man bereitet das Kuhmistbad auf folgende Weise: Es werden die frischen Exkremente
                                 mit heißen Wasser in einem Kuͤbel angeruͤhrt, worauf man von
                                 denselben durch ein Sieb dem kochenden Wasserbade so viel gibt, daß lezteres
                                 eine gruͤne Farbe annimmt. In diesem Bade kocht man die Waaren 8. 12 bis
                                 30 Minuten lang, je nach der Gattung der Fabrikate, spuͤhlt sie nach dem
                                 Herausnehmen am Fluß ab, und legt sie, ohne sie auszuwalken, auf die Bleichwiese
                                 aus.
                              Ich muß hier noch bemerken, daß selbst das reine Wasserbad eine wirkende Kraft
                                 auf die Farben aͤußert. Gefaͤrbte Waaren, welche durch laue
                                 Behandlung im Faͤrben mit den verschiedenen Pigmenten erzeugt werden,
                                 sind in der Regel nie so dauerhaft, als wenn die Temperatur des Bades
                                 stufenweise erhoͤht wird. Dergleichen zarte Farben koͤnnen durch
                                 kochende Wasserbaͤder, ohne dadurch an Lebhaftigkeit und
                                 Intensitaͤt zu verlieren, mehr befestigt werden, bei solchen Fabrikaten
                                 reicht das kochende Wasserbad in den meisten Faͤllen auch hin, einen
                                 vollkommen weißen Grund hervorzubringen.
                              
                           
                              E) Seifenwurzelbad.
                              Die im Handel vorkommende Seifenwurzel stellt im fein gepulverten Zustande ein
                                 wirkendes Agens fuͤr die Buntbleiche dar. Das Seifenwurzelbad nimmt die
                                 verunreinigenden Theile hinweg, ohne auf die Farben einzuwirken. Es wird bald
                                 fuͤr sich, bald in Gesellschaft mit der Kleie zum Weißmachen der
                                 gefaͤrbten Waaren angewendet. Die Manipulation ist wie bei dem
                                 Kleienbade.
                              
                           
                              F) Chlorinkalibad.
                              Das Chlorinkali (oxidirt salzsaure Kali) mit vielen Wasser geschwaͤcht
                                 gibt eine Bleichfluͤssigkeit, welche zum Bleichen der bunten Waare
                                 geeignet ist.
                              
                              Die gefaͤrbte Baumwollen- und Leinenzeuge werden, bevor man
                                 dieselben in das Chlorinkalibad bringt, recht gut gewaschen und gewalkt, um alle
                                 anhaͤngenden Theile, welche sich in dem Farbenbade angesezt hatten,
                                 hinwegzuschaffen. So vorgerichtet kommt die Waare in die kalte
                                 Bleichfluͤßigkeit, worin man sie nach Gutbefinden laͤngere oder
                                 kuͤrzere Zeit liegen laͤßt. Sie wird sodann am Fluße gewaschen,
                                 gewalkt und uͤber Nacht auf die Bleiche ausgelegt. Durch diese Behandlung
                                 werden die verunreinigt gewesenen Stellen, die weiß bleiben sollen, ganz
                                 entfaͤrbt.
                              Es fodert aber die Buntbleiche mit dem Chlorinkali viele Behutsamkeit und einen
                                 geuͤbten Arbeiter, weil das geringste Versehen den Verlust der
                                 Lebhaftigkeit der Farbe nach sich zieht. Wird das Chlorinkali nicht mit vielem
                                 Wasser geschwaͤcht in Anwendung gebracht, so laͤuft man Gefahr,
                                 daß die durch die erdigen und metallischen Basen gebundene Farben von der sich
                                 in Freiheit sezende Chlorine angegriffen werden, und nach dem Auswaschen in
                                 Wasser und Abtroknen mager und fahl erscheinen. Eine aͤhnliche
                                 unangenehme Wirkung kann auch durch ein zu langes Verweilen in einem mit vielen
                                 Wasser verduͤnten Bade erfolgen.
                              Bei der Buntbleiche ist Chlorinkalk-Aufloͤsung nicht zu empfehlen,
                                 weil sich durch die Zersezung dieser Verbindung immer etwas Kalkerde in die
                                 innersten Fasern der vegetabilischen Gewebe absezt; und da eine nach dieser
                                 Methode gebleichte Waare zur Bildung der verschiedenen Muster noch andere
                                 erdig- oder metallische Basen noͤthig hat, die zum Theil
                                 aufgedrukt und wieder gefaͤrbt werden, so sezt sich das Pigment um so
                                 mehr beim zweiten Faͤrben in dem weißen Grunde ab, und ist um so schwerer
                                 daraus hinwegzuschaffen, weil es an eine Basis fixiert, und nicht mehr
                                 mechanisch auf der Faser abgeschieden erscheint. Ein Gegenstand von der
                                 hoͤchsten Wichtigkeit beim Bleichen bunter Waaren.
                              
                           
                              
                              G) Chlorinnatronbad.
                              Beim Bleichen der bunten Waare ist dem Chlorinkalibade das Chlorinnatronbad
                                 vorzuziehen, und es wird in den beruͤhmtesten Kalicodrukereien Englands
                                 und Schottlands angewendet, scheint aber in den deutschen Manufakturen noch
                                 nicht in seiner Wirkung bekannt zu seyn.
                              Diese neue Entdekung macht sich dadurch wichtig, daß man zu allen Jahreszeiten
                                 das langsame Ausbleichen auf der Wiese ganz entbehren, und die gefaͤrbten
                                 Stoffe sehr schnell mit geringen Kosten weiß bleichen kann. Die Anwendung der
                                 Chlorinnatron-Aufloͤsung erfodert aber so wie die des Chlorinkali
                                 große Behutsamkeit und erfahrne Arbeiter, welche mit den Gesezen der Chemie
                                 vertraut sind. Um mit diesem Agens Waare von dem in den weißen Grund
                                 geschlagenen Pigment vollkommen zu reinigen, muß man folgendergestalt
                                 verfahren:
                              
                                 „Man wasche und walke die Waare gleich nach dem Ausfaͤrben so
                                    lange, bis das Wasser farbenlos davon ablaͤuft. In eine große Menge
                                    heißes Flußwasser, das eine Temperatur von 60 bis 70° Reaum. hat,
                                    bringe man von der bleichenden Fluͤßigkeit nur so viel, daß auf 10
                                    Pfund Wasser nicht mehr als 2, 4 bis 6 Loth
                                    Chlorinnatron-Aufloͤsung kommen, hasple dann in diesem Bade
                                    die Waare, breit auseinandergehalten, mittelst der Winde so lange hin und
                                    wieder, bis die weißen Stellen vollkommen hergestellt sind. Die Waare wird
                                    nun schnell herausgenommen, gewaschen, gewalkt, uͤbernacht auf die
                                    Bleichwiese ausgelegt, wieder gewaschen und an der Luft abgetroknet.
                                 
                              Es laͤßt sich uͤbrigens bei dieser Art zu bleichen, das
                                 quantitative Verhaͤltniß der bleichenden Fluͤßigkeit zum Wasser so
                                 wenig, wie die Temperatur derselben, fuͤr die verschiedenen Fabrikate
                                 genau bestimmen. Man muß sich dabei nach der Schwaͤche oder Starke des
                                 eingesalbten Grundes und nach der Intensitaͤt der Farben richten, wozu viele
                                 Uebung gehoͤrt. Es ist hoͤchst wichtig, die Konzentration der
                                 Bleichfluͤßigkeit vor der Anwendung sorgfaͤltig durch
                                 Indigpraͤzipat zu pruͤfen, und sie bei mehr freier Chlorine in der
                                 Verbindung eher zu schwach, als zu stark anzuwenden, weil sonst die Farben nach
                                 dem Auswaschen, Walken und Abtroknen fahl, mager und
                                 ohne Luͤster zum Vorschein kommen, ein Uebel, welches an der nassen Waare
                                 weit schwerer, als an der trokenen zu erkennen ist. Sehr haͤufig findet
                                 man diese durch fehlerhafte Manipulation entstandene Eigenschaft an den
                                 großbritannischen Calico-Mustern im weißen Grunde mit rothen Dessein.
                              Bei einer sachgemaͤßen, genauen und sorgfaͤltigen Behandlung nehmen
                                 die rothen mit Krapp gefaͤrbten Waaren in dem Chlorinnatronbade einen
                                 besondern das Auge ansprechenden Farbenton an, welcher den meisten englischen
                                 und schottischen rothen weißboden Calicos eigen ist, und darin besteht, daß sich
                                 die Farbe ohne sonderlichen Glanz in's Rosafarbige
                                 neigt, wodurch sich der Karakter der eigentlichen Krappfarbe verlaͤugnet.
                                 Dieser Umstand veranlaßte in Deutschland viele und mancherlei Versuche, um sich
                                 jene Nuancen zu verschaffen, aber die Resultate entsprachen nie der Erwartung.
                                 Die Ursache des Mißlingens war der falsche Weg, auf welchem man das Gesuchte zu
                                 finden glaubte. Man glaubte, daß die Britten sich anderer Bindungsmittel
                                 fuͤr den Druk bedienten, oder durch Melange verschiedener
                                 rothfaͤrbender Pigmente ihren Zwek erreichten, und da man von dieser
                                 Meinung bei den Versuchen ausgieng, so mußte man sich in dem Erfolge
                                 getaͤuscht sehen. Durch die Anwendung des Chlorinnatron beim Bleichen der
                                 krapprothen Farben enthuͤllte sich mir das Geheimniß der englischen und
                                 schottischen Manufakturen, indem ich dieselben Resultate erhielt.
                              Das Chlorinnatron bereite ich mir also:
                              
                              
                                 „Zur Entwiklung der Chlorine beschike ich den
                                    Entwiklungs-Ballon mit
                                 
                              10 Pfund trokenem Kochsalz, 4 1/2 Pfund Braunstein, 7
                                 Pfund franzoͤsischer Schwefelsaͤure, 7 Pfund Wasser.
                              Zur kaustischen Natronlauge nehme ich 10 Pfund fein gepulverte Soda, die so lange
                                 mit kochendem Wasser ausgelaugt wird, bis die ablaufende Fluͤßigkeit
                                 keinen alkalischen Geschmak mehr erzeugt. In dieser Sodalauge lasse ich 6 Pfund
                                 frisch gebrannten Kalks loͤschen, das Ganze wohl untereinander
                                 ruͤhren, in den Laugenapparat gießen, und die helle kaustische Sodalauge,
                                 welche 24 Maaß (á 2 Pfd. Fluͤßigkeit) betraͤgt, in den
                                 Vorlage-Ballon bringen. Wenn die Entwiklungsroͤhre in die Vorlage
                                 auf einen halben Zoll vom Boden eingestekt, und von der Vorlage aus eine andere
                                 Roͤhre in einen steinernen mit Kalkhidrat angefuͤllten Hafen
                                 eingefuͤgt ist, lutire ich das Ganze, und gieße in den
                                 Entwiklungs-Ballon auf das Gemenge von Braunstein und Kochsalz die mit
                                 Wasser geschwaͤchte Schwefelsaͤure in zwei gleichen Portionen ein.
                                 Die Entwiklung der Chlorine wird 24 Stunden kalt unterhalten, und hernach Feuer
                                 gegeben, so lange, bis keine Chlorine mehr uͤbergebt. Nun lasse ich den
                                 Apparat auseinander legen, und es zeigt sich nur die Fluͤßigkeit in der
                                 Vorlage als Chlorinnatron (chlorsaure Soda). Den Kalkhafen kann man noch
                                 einigemale, um das Kalkhidrat vollkommen mit Chorine zu saͤttigen, bei
                                 der naͤchstfolgenden Operationen vorsezen, und das gesaͤttigte
                                 Produkt als Chlorinkalk benuzen.
                              
                           
                              H) Seifenbad zur Belebung der krapprothen Farben.
                              Zur Belebung und angenehmen Abaͤnderung der krapprothen Farben in den
                                 Kattundrukereien und Faͤrbereien eignet sich kein Agens besser, als die
                                 Seife, sowohl Oel- als Fettseife. Man pflegt damit folgendergestalt zu
                                 verfahren:
                              
                              
                                 „Wenn die gefaͤrbte Waare mittelst eines der Baͤder A) B) C) D) oder E) und des Ausliegens auf der Bleichwiese, von
                                    dem in den weißen Grund abgesezten Pigment vollkommen befreit ist, so, daß
                                    sie ganz als Kaufmannsgut zu betrachten ist, werden zu 16 Stuͤken 5/4
                                    breiter und 46 Ellen langer Waare 2 Pfund gewoͤhnlicher Seife klein
                                    geschnitten in einen großen glasurten Topf gethan, kochendes Wasser
                                    daruͤber gegossen, und mit einem Quirl so lange gedreht, bis die
                                    Seife vollkommen zergangen ist, und mit dem Wasser eine homogene
                                    Fluͤßigkeit bildet. Man richtet nun den Kessel mit dem erfoderlichen
                                    Wasser vor, so, daß die Fluͤßigkeit eine Temperatur von
                                    70–78° Reaum. erreicht, schuͤttet die Haͤlfte
                                    der Seifenloͤsung hinzu, ruͤhrt das Fluidum gut um, und bringt
                                    8 Stuͤke uͤber den Haspel in das Bad. Hier wird die Waare 3,
                                    4, 5, 6 bis 8 mal hin und wieder getrieben, je nachdem die rothe Farbe
                                    weniger oder mehr in's Braͤunliche sich neigt, alsdann
                                    herausgenommen, und in Flußwasser von dem anklebenden Seifenwasser gut
                                    gereiniget. Man bringt nun in den Kessel die andere Haͤlfte der
                                    Seifenloͤsung und verfaͤhrt mit den uͤbrigen
                                    Stuͤken eben so.
                                 
                              Soll das Weiß gegen das Licht gehalten einen blaͤulichen Schein erhalten,
                                 so gebraucht man hiezu ein indigo-blaugefaͤrbtes Wasser, wie S.
                                 42. Anm. 94. angegeben wurde.
                              Die Modifikation der krapprothen Farbe durch das Seifenbad gruͤndet sich
                                 auf die Einwirkung des alkalischen Salzes in der Seife. Leztere wird zum Theil
                                 zersezt, und das alkalische, in Beruͤhrung mit den farbigen Theilen
                                 gekommene Salz bewirkt die erwaͤhnte Veraͤnderung.
                              Eine aͤhnliche Erscheinung findet bei der tuͤrkisch
                                 rothgefaͤrbten Waare durch die Avivage und Rosage statt, wo die Oelseife
                                 und die Salze des Zinns eine so wichtige Rolle spielen.
                              
                                 (Die Fortsezung, welche
                                    die Leinwand-Bleiche behandelt etc. folgt im naͤchsten Hefte.)