| Titel: | Ueber goldfarbige Firnisse oder Lake, und über Entwässerung des Alkoholes zur Firniß-Bereitung. Von dem sel. Dr. Wilhelm Lewis. M. D. F. R. S. | 
| Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XLV., S. 371 | 
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                        XLV.
                        Ueber goldfarbige Firnisse oder Lake, und über Entwässerung des Alkoholes zur Firniß-Bereitung. Von dem sel. Dr. Wilhelm Lewis. M. D. F. R. S.
                        Aus dessen Commercium Philosophico-Technicum. S. 223. und 624. in Gill's technical Repository. Mai. S. 331.
                        Lewis über goldfarbige Firnisse oder Lake.
                        
                     
                        
                           Wenn man Silber mit einem durchscheinenden goldfarbigen
                              Firnisse uͤberzieht, so sieht es in einigen Faͤllen dem Golde so
                              vollkommen aͤhnlich, daß man diese Versilberung an einigen Geraͤthen
                              fuͤr Vergoldung gelten lassen kann. Die Basis dieses Firnisses, oder das, was
                              denselben ankleben macht, und dem Farbestoffe in demselben Glanz gewaͤhrt ist
                              eine Aufloͤsung von Lak in Weingeist.
                           Lak oder Lacca ist eine von gewissen Insekten in Ost-Indien eingetragene
                              Substanz, mit welcher man Aeste und Zweige uͤberzogen findet, an welchen sie
                              in zerreiblichen dunkel rothen Klumpen haͤngt, die, wenn sie in Form von
                              kleinen Koͤrnern
                              gebracht, und durch Aufgießen von Wasser ihres Faͤrbestoffes beraubt wurden,
                              unter dem Namen Koͤrner-Lak (Seed-lac,
                                 Lacca in granis) vorkommt. In diesem Zustande kann dieses Lak zu Firnissen
                              gebraucht werden; denn das, was man Shell-Lak nennt, oder die mittelst
                              Schmelzens in siedendem Wasser in Blaͤttchen geformten Koͤrner taugen
                              nicht so gut dazu.
                           Der Weingeist muß hoͤchst rektifizirt, oder von allem beigemischten Wasser
                              vollkommen befreit seyn; denn sonst loͤst er das Lak nicht auf. Der bequemste
                              und leichteste Weg, den Weingeist in dieser Hinsicht zuzubereiten, ist, demselben
                              etwas trokene Pottasche oder feuerfestes Laugensalz zuzusezen: dieses Salz saugt den
                              waͤsserigen Bestandtheil des Weingeistes auf, loͤst sich in demselben
                              auf, und bildet mit diesem zugleich eine abgeschiedene Fluͤßigkeit am Boden
                              des Gefaͤßes, aus welchem sodann der obere rein geistige Weingeist abgegossen
                              werden kann. Je nachdem der Weingeist mehr oder minder Wasser haͤlt, wird
                              auch mehr oder minder Salz zu seiner Entwaͤsserung erfodert; wenn die anfangs
                              hinein geschuͤttete Quantitaͤt Salz, nachdem man das Glas einige
                              Stunden uͤber stehen ließ, und oͤfters ruͤttelte, sich
                              gaͤnzlich aufgeloͤset hat, muß neue Pottasche zugesezt, und von Neuem
                              geruͤttelt werden.
                           Nachdem der Weingeist auf diese Weise entwaͤssert wurde, wird etwas fein
                              gepuͤlvertes Koͤrner-Lak in denselben gethan, und zwar im
                              Verhaͤltnisse von ungefaͤhr drei Unzen auf eine PinteEine Pinte Wein-Maaß ist 0,3341 Wiener
                                    Maß. A. d. Ueb.. Man stellt das Gefaͤß auf 24 Stunden an
                              einen maͤßig warmen Ort, und schuͤttelt dasselbe oͤfters, wo
                              sodann ein Theil des Lakes sich aufloͤsen wird: der jezt roth-braun
                              gefaͤrbte Weingeist wird von dem noch unaufgeloͤsten Theile abgesihen,
                              und auf ein paar Tage bei Seite gestellt, damit er sich sezen kann. Diese Digestion
                              muß in einem weitmuͤndigen Gefaͤße geschehen, das so geschlossen ist,
                              daß auch nicht die mindeste Verduͤnstung des Weingeistes moͤglich
                              wird. Das unaufgeloͤste Lak erweicht sich zu einer klebrigen Masse, welche
                              durch eine enge Muͤndung eines Gefaͤßes kaum durchzubringen ist.
                           In verschiedenen Abtheilungen der obigen Aufloͤsung, die man nach dem Abseihen
                              und Sezen klar abgegossen hat, wird einiges Gummiguttaͤ und Orlean einzeln
                              aufgeloͤst. Gummiguttaͤ ist ein gelber Saft, der aus gewissen
                              ostindischen BaͤumenVorzuͤglich
                                    aus der Cambogia Gutta Linn, oder wie diese
                                    jetzt heißt, Garcinia Cambogia Desrouss. A. d.
                                    Ueb. quillt, und durch die Hize der Sonne zu Klumpen vertroknet. Orlean wird
                              kuͤnstlich aus den rothen Haͤuten der Saamen eines amerikanischen
                              BaumesDer Bixa Orellana. A. d. Ueb. bereitet,
                              indem man dieselben in Wasser weicht, und umruͤhrt, bis sie ihren
                              Faͤrbestoff der Fluͤßigkeit mitgetheilt haben. Wenn die abgeseihte
                              Fluͤßigkeit gesotten wird, wirft sich, wie man sagt, der Faͤrbestoff
                              auf die Oberflaͤche in Form eines Schaumes, den man nach und nach fuͤr
                              sich selbst troken werden laͤßt, und zu Massen bildet, welche, so wie sie zu
                              uns kommen, mittelmaͤßig hart und troken, außen braun, und innenwendig
                              dunkelroth sind. Diese beiden Substanzen loͤsen sich sehr leicht in Weingeist
                              auf; das Gummiguttaͤ gibt demselben eine hochgelbe, und der Orlean eine
                              dunkelrothe Farbe. Die Gummiguttaͤ-Aufloͤsung wird mit
                              ungefaͤhr so viel Orlean Aufloͤsung vermengt, und diese Mischung auf
                              einem Silber-Blaͤttchen probiert. Je nachdem die Farbe zuviel in das
                              Gelbe oder in das Rothe zieht, muß von der einen oder von der anderen
                              Aufloͤsung mehr genommen werden, bis endlich die wahre Goldfarbe hervortritt.
                              Es gibt noch verschiedene andere Materialien, durch deren gehoͤrige Mischung
                              man eine aͤhnliche Farbe erhalten kann, z.B. Curcuma, Saffran, Drachenblut
                              etc.
                           Nachdem nun die Silber-Blaͤttchen auf dieselbe Weise, wie die
                              Goldblaͤttchen, auf den zu vergoldenden Gegenstand mittelst eines
                              gehoͤrigen Leimes aufgeklebt wurden, wird der Firniß mittelst einer
                              Buͤrste oder eines Pinsels aufgetragen, und nachdem der erste Ueberzug troken
                              wurde, wird ein zweiter u.s.f. aufgelegt, bis endlich die Farbe gesaͤttigt
                              genug zu seyn scheint.
                           Das sogenannte vergoldete Leder, und viele Bilder-Rahmen haben keine andere,
                              als diese falsche Vergoldung. Man darf sie nur mit etwas rektifizirtem Weingeiste
                              waschen, um sich hievon zu uͤberzeugen: der Weingeist waͤscht den
                              Firnist weg, und laͤßt das Silber-Blaͤttchen in seiner
                              urspruͤnglichen Weiße zuruͤk.
                           Bei glatten Rahmen kann dike Zinn-Folie statt des Silbers gebraucht werden.
                              Diese Folie wird, nachdem sie aufgeleimt wurde, geglaͤttet, mit Schmergel und
                              feiner Leinwand, poliert, und endlich auch noch mit Glaspolitur (Putty kolkothar), dann 5 bis 6 mal mit Firniß
                              uͤberstrichen, wodurch die Rahmen das Ansehen gewinnen, als ob sie vergoldet
                              waͤren.
                           
                           Derselbe Firniß, nur mit etwas weniger Farbe, laͤßt sich auch bei
                              Geraͤthen von Messing anbringen, sowohl um die Farbe dieses Metalles zu
                              erhoͤhen, und dem Golde naͤher zu bringen, als auch um dasselbe vor
                              dem Anlaufen, und vor dem Gruͤnspane, dem es in der freien Luft ausgesezt
                              ist, zu schuͤzen.
                           Die Komposition eines goldfarbigen Firnisses, dessen sich die englischen
                              Kuͤnstler auf Messing und Silber bedienen, ward im Jahr 1720 von Hrn. Scarlet, und im Jahr 1738 von Hrn. Graham, den franzoͤsischen Akademikern mitgetheilt, und in dem
                              Jahrgange 1761 der Abhandlungen derselben bekannt gemacht. Obschon ich kaum glaube,
                              daß dieser Firniß in irgend einer Hinsicht besser ist, als der so eben beschriebene,
                              so will ich doch denselben meinen Lesern hier mittheilen: „Nimm zwei Unzen
                                 Gummi-Lak, zwei Unzen gelben Bernstein, vierzig Grane Drachenblut in
                                 Thraͤnen, eine halbe Drachme Saffran, und vierzig Unzen guten Weingeist:
                                 infundire und digerire auf die gewoͤhnliche Weise, und seihe dann durch
                                 ein Leinen-Tuch. „Der Gegenstand, welcher uͤberfirnißt
                                    werden soll, muß, ehe diese Fluͤßigkeit auf denselben aufgetragen
                                    werden darf, erhizt werden. Er erhaͤlt sodann von demselben die Farbe
                                    des Goldes, die nur wenig von der Queksilber-Vergoldung abweicht, und
                                    die man, wo sie schmuzig wird, mit warmen Wasser abwaschen kann.“
                                 Man kann annehmen, daß der Bernstein in dieser Mischung von nicht gar besonderem
                                 Nuzen ist, indem er nur sehr wenig vom Weingeiste aufgeloͤst
                                 wird.
                           Da der Weingeist, den man zu Firnissen brauchen will, vollkommen entwaͤssert
                              seyn muß, und da dieß am beßten durch feuerbestaͤndige Alkalien geschehen
                              kann, so rieth ich, den Weingeist mit so viel Alkali zu schuͤtteln, als
                              hinreichen mag, um alles Wasser einzusaugen. In Meyer's sehr geistreicher deutschenEs ist
                                    doch wunderbar, daß die Englaͤnder uns Deutschen noch Geist zutrauen,
                                    da sie uns vor wenigen Jahren stuͤkweise
                                    bei unseren Seelenverkaͤufern kauften. A. d. Ueb.
                              Abhandlung uͤber den aͤzenden Kalk, die im Jahr 1764 erschien, heißt
                              es, daß der mit diesen Salzen rektifizirte Weingeist nicht zu Firnissen taugt, und
                              vorzuͤglich nicht zu solchen, die zu Vergoldungen gebraucht werden, indem der
                              Weingeist einen Theil dieses Salzes aufnimmt, wodurch die Farbe verdunkelt, und das
                              schnelle Vertroknen desselben verhindert wird. Dieß scheint jedoch nur von jenem
                              Weingeiste zu gelten, der nicht durch bloßes Stehen uͤber dem Alkali in der Kaͤlte, und
                              durch gelegentliches Schuͤtteln, sondern durch Anwendung einer bedeutenden
                              Hize entwaͤssert wurde, wo dann der Weingeist bekanntlich einen Theil des
                              Alkali in sich aufnimmt. Wenn indessen der Weingeist doch auf was immer fuͤr
                              eine Art etwas von Alkali in sich aufgenommen haben sollte, so kann er durch etwas
                              Alaun, der gehoͤrig getroknet und gepuͤlvert wurde, leicht davon
                              befreit werden. Das Alkali wird von der Saͤure des Alaunes aufgenommen, und
                              bildet mit demselbem eine vom Weingeiste unaufloͤsbare Verbindung. Einige
                              entwaͤssern den Weingeist, wenn dieser vollkommen wasserfrei seyn soll,
                              dadurch, daß sie ihn zuerst mit alkalischen Salzen behandeln, und dann von dem darin
                              allenfalls vorkommenden Alkali mittelst einer neuen Distillation uͤber Alaun
                              befreien: vielleicht ist bloßes Aufgießen auf Alaun, und Schuͤtteln
                              uͤber demselben eben so gut, wenigstens in Hinsicht auf Firnisse, als die
                              weit muͤhevollere neue Distillation.