| Titel: | Ueber Zusammensezung und Bereitung des Kalk-Chlorides, oder oxygenirt salzsauren Kalkes (des sogenannten Bleichpulvers), und über das atomische Gewicht des Braunsteines. Von Andr. Ure, M. D. F. R. S. Professor an dem Anderson'schen Institute zu Glasgow etc. | 
| Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. LVIII., S. 451 | 
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                        LVIII.
                        Ueber Zusammensezung und Bereitung des Kalk-Chlorides, oder oxygenirt salzsauren Kalkes (des sogenannten Bleichpulvers), und
                           über das atomische Gewicht des Braunsteines. Von Andr. Ure, M. D. F. R. S. Professor an dem Anderson'schen Institute zu Glasgow etc.
                        Aus dem Quarterly Journal of Science, Literature et the Arts. Im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXLI. Junius 1822. S. 39. Juli-Heft S. 105, und August-Heft S. 168.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VII.
                        Ure über Zusammensezung und Bereitung des Kalk-Chlorides.
                        
                     
                        
                           Der pulverige oxygenirt-salzsaure Kalk, oder das
                              Kalk-Chlorid, eine fuͤr die Wissenschaft eben so interessante als
                              fuͤr die Kuͤnste wichtige Verbindung, wurde zuerst von Charles Tennand, Esqu., einem sehr geistreichen und großen
                              chemischen Fabrikanten zu Glasgow, erfunden. Er erhielt im Jahr 1799 ein Patent,
                              welches ihm das ausschließliche Recht zur Erzeugung dieses Artikels zusicherte.
                              Außer der Erklaͤrung seines Verfahrens bei Bereitung dieses Artikels in dem
                              Patente selbst wurden noch mehrere interessante Aufsaͤze uͤber diesen
                              Gegenstand geschrieben. Hr. Dalton war der erste, der in
                              der ersten Nummer der Annals of PhilosophyUebersezt in Schweiggers Journal fuͤr
                                    Chemie und Physik Bd. 10. S. 445, und in Dingler's neuem Journal fuͤr
                                    die Druk-, Faͤrbe- und Bleichkunde, mit Anmerkungen von
                                    Dingler. Bd. 1. S. 291. Man vergl. auch hiemit „Beitrag zur
                                       naͤhern Kenntniß der Eigenschaften der oxydirt-salzsauren
                                       Alkalien, von Prof. Dr. Doͤbereiner in Dinglers angezeigtem
                                       Journal S. 307. D., und spaͤter in dem zweiten
                              Bande derselben, diesen
                              Gegenstand wissenschaftlich behandelte. Sein erster Aufsaz beschaͤftigt sich
                              mit einem Muster von Bleichpulver von Herrn Tennant
                              selbst, welches aber wahrscheinlich auf seinem Transporte nach Manchester, und durch
                              die Art, wie dasselbe aufbewahrt wurde, etwas litt. Im zweiten AufsazeAus den Annals of
                                       philos. Juli 1813 uͤbersezt in Schweigger's Journal
                                    fuͤr Chemie und Physik Bd. 11. S. 36. D. untersucht er
                              einen oxygenirt-salzsauren Kalk, den Dr.
                              Henry frisch, und dadurch bereitete, daß er Chlorin
                              uͤber Proto-Hydrat von Kalk so lang hinziehen ließ, bis dasselbe mit
                              diesem Gas vollkommen gesaͤttigt war. Hr. Dalton
                              fand, daß 100 Theile dieses Chlorides aus 23 Theilen oxygenirt-salzsaurem
                              Kalke, 38 Theilen Kalk und 39 Theilen Wasser bestanden. „Fuͤhrt man
                                 dieß“ sagt dieser geistreiche Philosoph, „auf das
                                 atomistische System zuruͤk, um eine klare Ansicht uͤber diese
                                 Verbindungen der orygenirten Salzsaͤure mit Kalk zu haben, so erhellt,
                                 daß der trokene oxygenirt-salzsaure Kalk, oder, wie er eigentlich heißen
                                 sollte, hyperoxygenirt-salzsaure Kalk aus
                                 einem Atom Saͤure, zwei Atomen Kalk, und sechs Atomen Wasser besteht,
                                 naͤmlich:
                           
                              
                                 
                                    Ein Atom oxygenirte Salzsaͤure
                                      29 oder   23,2
                                    
                                 
                                    Zwei Atome Kalk
                                      48    –     38,4
                                    
                                 
                                    Sechs Atome Wasser
                                      48    –     38,4
                                    
                                 
                                    
                                    ––––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    125    –   100,0.
                                    
                                 
                              
                           
                              Wenn das Salz in Wasser aufgeloͤst wird, so wird die Haͤlfte des
                                 Kalkes niedergeschlagen, und die Fluͤßigkeit enthaͤlt eine
                                 Aufloͤsung von oxygenirt-salzsaurem Kalke. Die
                                 Verhaͤltnisse der Elemente der Saͤure und der Basis sind dann:
                              
                           
                              
                                 
                                    Ein Atom Saͤure
                                    29 oder   54,7
                                    
                                 
                                    Ein Atom Kalk
                                    24    –     45,3
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    53    –   100,0.“
                                    
                                 
                              
                           
                           Diese atomischen Zahlen des Hrn. Dalton lassen sich, wenn
                              sie durch 7 getheilt werden, auf die Oxygen-Wurzel
                              zuruͤkfuͤhren. Die Mittel, deren sich Hr. Dalton bei seiner Analyst vorzuͤglich bediente, waren eine
                              Aufloͤsung von gruͤnem schwefelsauren Eisen, welchem er ein gewißes
                              Gewicht von oxygenirt-salzsaurem Kalke so lang zusezte, als man noch durch
                              den Geruch Chlorin wahrnehmen konnte, oder, bis alle Kraft der Chlorine in
                              Umwandlung des Protoxydes des Eisens in Peroxyd erschoͤpft war.
                              „Wenn zu wenig schwefelsaures Eisen da ist“ sagt er
                              „so riecht die Mischung sehr stark nach oxygenirter Salzsaͤure;
                                 es muß daher noch mehr und so lang schwefelsaures Eisen zugesezt werden, bis,
                                 unter gehoͤrigem Ruͤtteln, die Mischung keine Daͤmpfe von
                                 oxygenirter Salzsaͤure mehr ausstoͤßt; sollte zu viel
                                 schwefelsaures Eisen zugesezt worden seyn, so muß mehr von der sauren
                                 Fluͤßigkeit“ (der oxygenirt-salzsauren
                              Kalk-Aufloͤsung) „zugegossen werden, bis der derselben
                                 eigenthuͤmliche Geruch sich entwikelt.“ Dr. Thomson sagt, daß er dieses Reagens versuchte, daß er
                              aber dasselbe unzulaͤnglich gefunden habe. Auch ich versuchte dasselbe, und
                              fand es nicht bloß unzulaͤnglich, sondern zugleich auch hoͤchst
                              ungesund, indem das Beriechen dieser Mischung, wenn man sich von der vollkommenen
                              Neutralisation derselben uͤberzeugen will, ohne Einathmen der Chlorin nicht
                              moͤglich istDurch vielen Umgang
                                    mit diesem Gase, gewoͤhnt man sich nach und nach daran.
                                    D.. Im Verfolge dieser Abhandlung raͤth Hr. Dalton dem Bleicher ein Tri-Hydrat von Kalk anzuwenden, d.i., eine
                              Mischung von beinahe gleichen Theilen von Kalk und Wasser, statt des
                              Protohydrates.
                           Dieß wird indessen im Großen, wie ich glaube, schwerlich ausfuͤhrbar seyn,
                              indem die Oberflaͤche des Kalkes dadurch etwas zusammenhaͤngend
                              werden, und das Innere desselben hindern wuͤrde, die gehoͤrige Dosis von
                              Chlorin mit Leichtigkeit aufzunehmen, wenn man anders nicht die Arbeit bis auf einen
                              bedeutenden Grad von Muͤhe erhoͤhen will. Ein weit entfernt wohnender
                              Bleicher wird ferner nicht gar zu gern fuͤr ein solches Extra-Wasser Fuhrlohn bezahlen. Hr. Dalton bemerkt ferner, daß „der oxygenirt kochsalzsaure
                                 Kalk“ (so wie er im Handel vorkommt) „in jeder Form mit
                                 einem Theile kochsalzsauren Kalk verbunden ist, und daß dieser Theil mit dem
                                 Alter des oxygenirten kochsalzsauren Kalkes zunimmt, und auf dessen Kosten
                                 entsteht. Es ist daher Hauptsache, bei der Analyse zu bestimmen, wie viel in
                                 irgend einem gegebenen Muster kochsalzsaurer, und wie viel
                                 oxygenirt-kochsalzsaurer Kalk enthalten ist, indem der erstere zu dem
                                 Zweke, den man mit dieser Mischung vor hat, durchaus nichts taugt.“
                              Das Resultat seiner mit Hrn. Tennant's Bleichsalze
                              angestellten Analyse druͤkt er mit folgenden Worten aus: „wir
                                 koͤnnen hieraus schließen, daß dieß die Saͤttigung ist, welche
                                 durch das Verfahren bei Erzeugung des trokenen oxygenirt-kochsalzsauren
                                 Kalkes hervorgebracht wird, wenn naͤmlich Ein Atom Saͤure mit zwei
                                 Atomen Kalk verbunden wird: so daß man dieses Salz einen basischen
                                 oxygenirt-salzsauren Kalk (sub-Oxymuriate
                                    of lime) nennen kann. Wenn man dasselbe in Wasser aufloͤset,
                                 schlaͤgt sich die Haͤlfte des Kalkes nieder, und man
                                 erhaͤlt eine Aufloͤsung von einfachem
                                 oxygenirt-kochsalzsaurem Kalke.“
                           In dem zweiten Aufsaze, uͤber Dr. Henry's oxygenirt
                              kochsalzsauren Kalk, wo er zeigt, daß der kochsalzsaure Kalk ein zufaͤlliger
                              und nicht wesentlicher Begleiter des Anderen ist, finden wir eine andere
                              Analysir-Methode vorgeschlagen. „Man loͤse eine gegebene
                                 Menge oxygenirt-salzsauren Kalkes in einer geringen Menge Wassers auf,
                                 stelle die Aufloͤsung in einer graduirten Roͤhre uͤber
                                 Queksilber, und entwikle das Gas durch eine Saͤure; auf diese Weise kann
                                 man dasselbe messen, und die von der Fluͤßigkeit zuruͤckgehaltene Menge kann
                                 beilaͤufig auf das Doppelte des Umfanges der Fluͤßigkeit
                                 geschaͤzt werden. Das Gas kann, wie ich sehe, unter diesen
                                 Umstaͤnden eine Woche lang aufbewahrt werden, ohne daß es von 150 Theilen
                                 seines Umfanges mehr als 40 oder 50 Theile verloͤre, so daß es sich also,
                                 wenn es nicht geruͤttelt wird, nur langsam mit Queksilber verbindet.
                                 Indessen ziehe ich im Ganzen doch das gruͤne schwefelsaure Eisen als
                                 Pruͤfungsmittel in Hinsicht auf Genauigkeit vor.“ Allein,
                              oxygenirter salzsaurer Kalk ist eine im Wasser nicht leicht aufloͤsbare
                              Mischung, und wird daher „von einer geringen Menge Wassers“
                              nicht leicht aufgenommen werden. Die Idee, die Chlorin durch eine Saͤure
                              auszuscheiden, ist indessen gut, und, wenn sie gehoͤrig, und so
                              ausgefuͤhrt wird, wie ich weiter unten zeigen werde, gibt sie die beßte und
                              leichteste Methode zur Analyse. Wenn er dem Eisen-Vitriole, als
                              Pruͤfungs-Mittel, den Vorzug gibt, so muͤßen seine
                              Geruchsnerven mehr ertragen koͤnnen, als die meinigen. Im Ganzen genommen
                              muͤßen wir seine beiden Aufsaͤze als hoͤchst ruhmvoll
                              fuͤr diesen beruͤhmten Chemiker betrachten. Seine
                              Untersuchungs-Methoden zeigen von dem ihm eigenen Scharfsinne, und seine
                              Schluͤsse sind von der Art, daß spaͤtere Untersucher sich damit
                              begnuͤgten, sie als ihre eigenen zu wiederholen.
                           Zunaͤchst wurde hierauf, so viel mir bekannt ist, das Kalk-Chlorid in
                              den Annales de Chimie et de Physique, im
                              April-Stuͤke 1818 in einem in praktischer Hinsicht gut geschriebenen
                              Aufsaze von J. J. Welter behandelt. Seine Verfahrungsart
                              bestand darin, zu versuchen, wie viel verduͤnnte
                              Indigo-Aufloͤsung in Schwefelsaͤure durch eine gewisse Menge
                              gesaͤttigten Kalk-Chlorides (dem Gewichte nach) entfaͤrbt
                              werden kann. Da er diese Menge von Kalk-Chlorid durch vorlaͤufige
                              Versuche bereits kannte, konnte er hiernach auf die Menge von Chlorin schließen, die
                              sich in dem Kalkhydrate befand. Aus diesen Versuchen, welche mit so vieler Genauigkeit, als die
                              Entfaͤrbungs-Methode gestattet, durchgefuͤhrt worden zu seyn
                              scheinen, schließt er, daß die gesaͤttigte Verbindung des Kalkes mit Chlorin
                              ein Halb-Chlorid ist; d.i. eine Verbindung von 46,78 (Ein Atom von
                              Kalk-Hydrat) + 44,1/2 = 22,05 (halbes Verhaͤltniß der Chlorin). Aus
                              eben diesen Gruͤnden schließt er, daß, wenn Kalk oder Pottasche dem mit einer
                              bestimmten Menge Chlorin geschwaͤngerten Wasser zugesezt wird, das daraus
                              hervorgehende Chlorid von Chlorsaͤure frei wird, indem eben so viel von dem
                              Faͤrbestoffe des Indigo dadurch zerstoͤrt ist, als die freie Chlorin
                              zu zerstoͤren vermochte. „Wenn man“ sagt Hr. Welter
                              „Wasser auf obiges Halb-Chlorid gießt, so hat eine Zersezung Statt;
                                 das Wasser loͤst alle Chlorin zugleich mit einigem Kalke auf, und was
                                 uͤbrig bleibt, ist Kalk-Hydrat. Es ist hoͤchst
                                 wahrscheinlich, daß die aufloͤsliche Verbindung ein neutrales Chlorid
                                 ist, das nur die Haͤlfte des Kalkes des Halb-Chlorides
                                 enthaͤlt.“ Hrn. Welter's Anleitung,
                              den Indigo als Pruͤfungs-Mittel auf das Bleichpulver anzuwenden, ist
                              sehr sinnreich, und wird in der Folge beruͤksichtigt werden. Uebrigens glaube
                              ich an die Richtigkeit jener atomistischen Theilung, welche Hr. Welter nach Hrn. Dalton hier
                              wiederholt, nicht. Ich finde, daß Ein Theil im Handel vorkommenden
                              Kalk-Chlorides, wenn er mit 19 Theilen Wassers gut abgerieben wird, eine
                              bedeutende Menge von Chlorin in dem unaufgeloͤsten Theile zuruͤk
                              laͤßt, waͤhrend die Aufloͤsung nicht aus einer atomischen
                              Chloride besteht.
                           Spaͤter noch hat Hr. Thomson zwei Aufsaͤze
                              uͤber Kalk-Chlorid mitgetheilt. Der erste scheint so ziemlich in Eile
                              geschrieben, und scheint nur wegen der Anwendung von salpetersaurem Silber bei der
                              Analyse eines im Handel vorkommenden Salzes merkwuͤrdig, welches bekanntlich
                              aus Kalk-Chlorid und Calcium-Chlorid besteht, und wo es sich
                              vorzuͤglich darum
                              handelt, die Verhaͤltnisse beider zu bestimmen. Da nun
                              Calcium-Chlorid, welches der Bleicher gar nicht brauchen kann, mit
                              salpetersaurem Silber einen haͤufigeren Niederschlag gibt, als
                              Kalk-Chlorid, so ist es offenbar, daß, je schlechter das Bleichsalz wird,
                              desto besser es, nach Dr. Thomson's
                              Pruͤfungs-Mittel, zu seyn scheinen muͤße. In derselben
                              Abhandlung sagt Dr. Thomson: „wahrscheinlich
                                 koͤnnte man ungeloͤschten Kalk mit Chlorin verbinden, wenn man
                                 denselben in einer niedrigen Temperatur halten koͤnnte.“ Nun
                              heißt es aber in einem Aufsaze, welchen ich in seinen Annals im
                              September-Hefte 1815 einruͤken ließ: es ist ausgemacht, daß, wenn
                              kohlensaures Gas und Chlorin dem trokenen ungeloͤschten Kalke bei der
                              gewoͤhnlichen Temperatur ausgesezt werden, keine Verbindung Statt hat; daß
                              aber beide sich sehr leicht mit Kalk-Hydrat verbinden. Und wirklich, wenn
                              Chlorin zu Hydrat gebracht wird, erhoͤht sich die Temperatur; es entsteht
                              aber keine Hize, wenn sie auf trokenen Kalk wirkt, weil keine chemische Einwirkung
                              auf denselben Statt hat.
                           Der zweite Aufsaz des Drs. Thomson ist weit mehr
                              ausgearbeitet, biethet gesuͤndere Grundsaͤze zur Analyse dar, und
                              zeigt auch von achtenswerther Geschiklichkeit im Experimentiren. Der Gegenstand der
                              Untersuchung ist hier ein Muster von Bleichpulver, das zu Belfast fabricirt wurde,
                              und das, wie er glaubte, auf dem Transporte gelitten hat. „Ich
                                 bin“ sagt er „geneigt zu glauben, daß dieser Ueberschuß von
                                 Wasser irgend einem zufaͤlligen Naßwerden auf dem Transporte von Belfast,
                                 (wo es verfertigt wurde) nach Glasgow zuzuschreiben istGut bereiteter Chlorin-Kalk ist
                                       sehr hycroskoptisch, daher wahrscheinlich die Feuchtigkeit.
                                       D., wo ich dasselbe analysirte.“ Seine neue
                              Analysir-Methode, welche schon im vorigen Aufsaze angedeutet war, bestand darin, daß er das
                              Bleichpulver in einer glaͤsernen Retorte in einem Sandbade hizte. Er
                              verwandelte auf diese Weise das Kalk-Chlorid in ein Calcium-Chlorid,
                              und entwikelt den Sauerstoff. Dieses Gas, welches in graduirten glaͤsernen
                              Gefaͤßen aufgefangen wurde, die, mit Wasser gefuͤllt, auf der
                              pneumatischen Wanne standen, zeigte durch seinen Umfang die Menge Chlorin an, welche
                              zu seiner Entwikelung verwendet wurde: denn ein Maß Sauerstoff war, in diesem Falle,
                              gleich zwei Maßen Chlorin. Hieraus wurde nun, den Umfang der vorhandenen Chlorin
                              gleich gesezt dem doppelten Umfange des entwikelten Sauerstoffes, und diesen im
                              Verhaͤltnisse von 100 Kubik-Zollen zu 76 1/4 Granen in Gewicht
                              verwandelt, das Verhaͤltniß der mit dem Kalkhydrate verbundenen Chlorin
                              bekannt. Ueber dieses Verfahren bemerkt Hr. Gay-Lussac, daß, wenn Kalk-Chlorid auf irgend eine Weise in
                              chlorsauren und kochsalzsauren Kalk uͤbergeht, noch immer derselbe Umfang von
                              Sauerstoff erhalten wird, obschon jezt das Bleichpulver seine bleichende Kraft
                              gaͤnzlich verloren haben muß. Es ist indessen noch zweifelhaft ob auf diese
                              Weise irgend ein chlorsaurer Kalk gebildet werden kann, obschon gemeiner salzsaurer
                              Kalk, wie Dalton richtig bemerkte, allmaͤhlich
                              gebildet wird. Der Ruͤkstand in der Retorte besteht aus lebendigem Kalke und
                              Calcium Chlorid, wovon lezteres, da es sich durch seine große Aufloͤsbarkeit
                              im Wasser abscheidet, bis zur Trokenheit abgeraucht und gewogen wird. Das Resultat
                              seiner Analyse ist folgendes: „Die wahre Mischung des Bleichpulvers ist,
                                 in 100 Theilen,
                           
                              
                                 
                                    Kalk-Subbichlorid (basischer oxygenirtsalzsaurer Kalk des Hrn. Dalton)
                                      51,91
                                     20,31 Chlorin.31,60 Kalk.
                                    
                                 
                                    Salzsaurer Kalk
                                      15,46
                                    
                                    
                                 
                                    Wasser
                                      27,86
                                    
                                    
                                 
                                    Unverbundener Kalk
                                        4,77
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    ––––––––
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    100,00
                                    
                                    
                                 
                              
                           
                           so, daß also mehr als die Haͤlfte des Bleichpulvers
                                 aus reinem Kalk-Subbichlorid besteht, waͤhrend aller
                                 uͤbrige in demselben auf das Bleichen keinen Einfluß hat.“ Er
                              haͤlt das von ihm auf diese Weise untersuchte Pulver fuͤr ganz
                              außerordentlich kraͤftig und gut zur Bleiche, und glaubt, daß seine
                              Staͤrke „hoͤchst wahrscheinlich davon herruͤhrt, daß
                                 es von der Oberflaͤche des, in dem Boden der Vorlage vorgeschlagenen,
                                 Kalkes hergenommen wurde, welcher immer dem Saͤttigungspunkte viel
                                 naͤher kommt, als jeder andere Theil desselben.“
                              „Ich habe aber auch“ faͤhrt er fort, „einen
                                 Theil Bleichpulver der Analyse unterzogen, welches, wie ich glaube, ein ziemlich
                                 gutes Muster von Bleichpulver mittlerer Staͤrke ist, so wie es
                                 naͤmlich gewoͤhnlich im Handel vorkommt. Es bestand aus
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    (14,29 Chlorin.
                                    
                                 
                                    Kalk-Subbichlorid
                                      36,52,
                                    (22,23 Kalk.
                                    
                                 
                                    Kochsalzsauren Kalk
                                      18,50,
                                    
                                    
                                 
                                    Wasser
                                      16,93,
                                    
                                    
                                 
                                    Unverbundenen Kalk
                                      28,05.
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    ––––––––
                                    
                                    
                                 
                                    
                                    100,00“
                                    
                                    
                                 
                              
                           Herrn Dalton's erstes, im Handel vorkommendes,
                              Bleichpulver, bestand aus
                           
                              
                                 
                                 
                                 (14,5 oxygen. Salzsaͤure.
                                 
                              
                                 Basischem oxygenirt salzsauren Kalk
                                   44,5
                                 (30,0 Kalk.
                                 
                              
                                 Salzsauren Kalk
                                   13,5
                                 
                                 
                              
                                 Wasser
                                   42,3So heißt es im Originale. Es sollte
                                          wahrscheinlich 0 statt 3 seyn. A. d. Ueb.
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                                 
                              
                           Sein zweites, von Dr. Henry bereitetes, enthielt, wie er
                              sagt, keinen salzsauren Kalk. Es bestand, wie fruͤher angegeben wurde,
                              aus
                           
                              
                                 oxygenirter Salzsaͤure
                                   23,2
                                 
                              
                                 Kalk
                                   38,4
                                 
                              
                                 Wasser
                                   38,4
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           
                           Nun muͤßen nothwendig Hrn. Dalton's eigene Atome
                              mit einander uͤbereinstimmen, oder die Mischung, die er eine basische
                              oxygenirt-salzsaure Verbindung (sub oxymuriate)
                              nennt, muß ein bestimmtes Verhaͤltniß seyn. Allein, seine erste und zweite
                              oxygenirt-salzsaure Verbindung (abgesehen von Salzsaͤure und Wasser)
                              scheinen so ziemlich abweichend: denn 23, 2: 38, 4:: 14,5: 24, und nicht wie 30, wie
                              er es angegeben hat. Dr. Thomson richtete seine Zahlen
                              nach dem atomistischen Systeme ein, und warf, in dieser Hinsicht, die passende Menge
                              von „unverbundenem Kalke“ weg. Der Hauptfehler bei allen diesen
                              Angaben ist, nach meiner Ansicht, durch die ultra-atomistischen Ideen der
                              Auctoren entstanden. Sie beweisen durchaus nicht, daß, wenn Chlorin dem
                              gepuͤlverten geloͤschten Kalke dargebothen wird, 22,23 Theile dieser
                              alkolischen Basis sich mit 14,29 Theilen Chlorin verbinden, um 36,52 Theile eines
                              Subbi-Chlorides zu bilden, waͤhrend in derselben Mischung 28,05 Theile
                              Kalk, die doch eben so gierig nach Chlorin sind, neben ihren Gefaͤhrten
                              gaͤnzlich dieses kraftvollen Elementes beraubt bleiben. Dr. Thomson's lezte Angabe ist indessen auf diese
                              Gruͤnde gebaut. Ich glaube im Gegentheile, und ich hoffe, daß ich es sogleich
                              erweisen werde, daß alle Theile des Kalk-Hydrates sich eine gewiße Menge von
                              Chlorin aneignen, und zwar in dem Verhaͤltnisse, als die Menge und der Druk
                              des auf sie wirkenden Gases groß ist, aufsteigend bis zu ihrem
                              Saͤttigungs-Punkte, welcher Ein Atom Chlorin auf Ein Atom
                              Tri-Hydrat von Kalk zu seyn scheint, und daß es folglich keine Mischung von
                              atomischem Kalk-Subbichlorid und freiem Kalke in diesem Pulver gibt.
                           Ehe ich aber meine eigenen Versuche anfuͤhre, muß ich, auf einen Augenblik,
                              auf Hrn. Grouvelle's
                              „Untersuchungen uͤber die Verbindungen mit Oxiden von Chlorin,
                                 Jodin, und Cyanogen „in den Annales de Chimie
                                       et de Physique“
                              Mai 1821 aufmerksam
                              machen, in welchen dieser Herr behauptet, daß Hr. Welter,
                              so viel er weiß, der erste ist, der sich mit Analyse des Kalk-Chlorides
                              beschaͤftigte. Wir haben oben gezeigt, daß Hrn. Welter's Untersuchungen 5 Jahre spaͤter kamen, als jene Dalton's, der zugleich auch allen atomistischen
                              Schluͤssen der franzoͤsischen Chemiker zuvor gekommen ist. Hrn. Grouvelle's Verfahren bei Untersuchung des
                              Kalk-Chlorides scheint mir ganz ausgezeichnet unschiklich, und kann mit der
                              lezten Verfahrungs-Weise des Drs. Thomson, auf
                              welche er gar nicht Ruͤksicht nimmt, obschon er die erstere anfuͤhrt,
                              durchaus nicht verglichen werden. „Ich behandelte“ sagt er
                              „das Kalk-Chlorid bei gelinder Hize mit reinem, mittelst
                                 Alkohol bereiteten, Kali. Ich rauchte es ab, und calcinirte das erhaltene Salz,
                                 um das Chlorat zu zersezen, und schlug mit salpetersaurem Silber die Chlorin des
                                 Kali-Chlorides nieder. Der Kalk wurde in schwefelsauren Kalk verwandelt.
                                 In einem anderen Versuche calcinirte ich das Kalk-Chlorid unmittelbar,
                                 und schlug es mit salpetersaurem Silber nieder. Es entwikelte sich nur eine
                                 geringe Menge von Chlorin waͤhrend der Calcination. Die erhaltenen
                                 Resultate gaben, als Bestandtheile des Kalk-Subbichlorides,
                           
                              
                                 
                                    Kalk-Hydrat,
                                    1 Atom
                                      936,22,
                                      67,914
                                    
                                 
                                    Chlorin,
                                    1 Atom
                                      442,65,
                                      32,086
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    ––––––––
                                    ––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    1379,57,
                                    100,000.
                                    
                                 
                              
                           
                              Und als Bestandtheile des aufgeloͤsten neutralen Chlorides:
                              
                           
                              
                                 
                                    Kalk-Hydrat,
                                    1 Atom
                                      51,416
                                    
                                 
                                    Chlorin    –
                                    2 Atome
                                      48,584
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    ––––––––
                                    
                                 
                                    
                                    
                                    100,000.“
                                    
                                 
                              
                           Ein Verfahren, wie dieses, beleuchten zu wollen, waͤre hoͤchst
                              uͤberfluͤßig. Aus dem ferneren Verlaufe seiner Abhandlung scheint zu
                              erhellen, daß er nicht weiß, daß Kalk-Chlorid-Aufloͤsung durch langes Sieden,
                              durch Sieden bis zur Trokenheit, wie er hier vornahm, in salzsauren und kohlensauren
                              Kalk uͤbergeht.
                           Bei den Untersuchungen, welche ich zu mehreren verschiedenen Malen uͤber die
                              Natur des Kalk-Chlorides anstellte, suchte ich immer die Resultate der
                              Synthesis mit jenen der Analysis zu verbinden, d.h., ich verwandelte zuerst eine
                              gegebene Menge von Kalk-Hydrat in Bleichpulver, und unterzog dasselbe hierauf
                              der Analyse. Unter den Resultaten meiner Versuche finde ich in meinem
                              Notaten-Buche vom Jahr 1815 folgendes: 500 Grane ungeloͤschten Kalk,
                              aus Carrara-Marmor fein gepuͤlvert, wurden in einer glaͤsernen
                              Kugel einem starken Strome von Chlorin (welche vorher durch etwas kaltes Wasser
                              ging) vier Tage lang ausgesezt. Die Zunahme an Gewicht wurde von Zeit zu Zeit
                              aufgezeichnet, und betrug, am Ende des Versuches, nur 30 Grane: diese
                              Gewichts-Zunahme ruͤhrte, wie die hieruͤber angestellte
                              Untersuchung zeigte, von etwas Hydrat-Chlorid her: die wenigen zur Bildung
                              desselben noͤthigen Grane Wassers ließen sich aus der großen Menge des
                              ungetrokneten Gases herleiten, welches man durchstroͤmen ließ. Im Mai 1817
                              hatte ich einen Versuch aufgezeichnet, in welchem 400 Grane
                              Carrara-Kalk-Hydrat, als Aequivalent von 291,28 Gran trokenen Kalkes,
                              zwei Tage lang einem Strome von Chlorin ausgesezt wurden, welche in Wasser von
                              50° Fahrenheit gewaschen ward. Als kein Gas mehr aufgenommen wurde, fand man
                              eine Gewichts-Zunahme von 270,5 Granen. Nimmt man an, daß diese
                              Gewichts-Zunahme Chlorin ist, so haͤtten wir, durch Synthese folgende
                              Bestandtheile des Bleichpulvers:
                           
                              
                                 
                                 Chlorin
                                 
                                   40,34.
                                 
                              
                                 Trokenen Kalk
                                 43,46)
                                 Hydrat
                                   59,66.
                                 
                              
                                 Wasser
                                 16,20)
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Dieses Pulver wurde nun in einem birnenfoͤrmigen Glase mit verduͤnnter
                              Salzsaͤure analysirt. Man sorgte dafuͤr, daß die ganze entwikelte
                              Chlorine beseitigt wurde, ohne daß man irgend eine Fluͤßigkeit entweichen
                              ließ. Der Kalk wurde, mittelst kohlensauren Ammoniums, in kohlensauren Kalk
                              verwandelt. Folgendes ist das Resultat zweier, nach obigen Grundsaͤzen
                              angestellter, analytischer Versuche:
                           
                              
                                 
                                 I. Versuch.
                                 II. Versuch.
                                 
                              
                                 Entwikelte Chlorin
                                   40,60
                                   39,40
                                 
                              
                                 Kalk
                                   42,27
                                   42,22
                                 
                              
                                 Wasser
                                   17,13
                                   18,38
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Ich habe Grund zu vermuthen, daß der zweite Versuch genauer ist, als der erste, und,
                              wenn man das Resultat der Synthese damit vergleicht, so wird man sich zu dem
                              Schlusse geneigt finden, daß die große Menge ungetrokneten Chlorines, welche
                              uͤber den Kalk stroͤmte, 2 p. C. Wasser absezte. Ich habe mich auch
                              durch andere Versuche uͤberzeugt, daß verduͤnnte Kochsalzsaͤure
                              nichts als reines Chlorin ausscheidet; denn das ganze entwikelte Gas wurde durch
                              Schuͤtteln mit Queksilber eingesogen. Es scheint nicht moͤglich, obige
                              Chloride mit irgend einer bestimmten atomistischen Zusammensezung zu vereinigen.
                           Folgende Versuche wurden im vorigen Fruͤhlinge mit vieler Sorgfalt
                              angestellt.
                           200 Grane atomischer Proto-Hydrates des reinsten Kalkes wurden in eine
                              glaͤserne Kugel gethan, welche durch Einsenkung in Wasser von 50°
                              Fahrenh.= + 8° Reaum.
                                    A. d. Ueb. kuͤhl erhalten wurde. Ein Strom von Chlorine,
                              welche in Wasser von derselben Temperatur in einer anderen glaͤsernen Kugel
                              vorlaͤufig gewaschen wurde, die mittelst einer engen glaͤsernen
                              Roͤhre mit der vorigen Kugel in Verbindung stand, wurde uͤber das
                              Kalk-Hydrat geleitet. Die Kugel mit dem Kalke wurde von dem uͤbrigen Apparate von Zeit
                              zu Zeit abgenommen, damit der Proceß unterbrochen werden konnte, sobald die Zunahme
                              an Gewicht aufhoͤrte. Dieses geschah, sobald 200 Grane Hydrat, welche 151,9
                              Kalk enthielten, 130 Grane Chlorine verschlukt hatten. Bei einem analytischen
                              Versuche ergab es sich, daß verduͤnnte Kochsalzsaͤure aus 50 Granen
                              des Chlorides 20 Grane Chlorine; oder 40 p. C. ausschied, und bei einem anderen
                              erhilt man aus 40 Granen 16,25 Gas, welches 40,6 p. C. gibt. Aus dem
                              Ruͤkstande des ersteren erhielt man durch kohlensaures Ammonium 39,7 Grane
                              kohlensauren Kalk; aus dem des zweiten 36,6 gegluͤhten kochsalzsauren Kalk.
                              Die Resultate sind also im Ganzen folgende:
                           
                              
                                 
                                 Synthesis.
                                 I. Analysis.
                                 II. Analysis.
                                    Mittel.
                                 
                              
                                 Chlorine
                                   39,39
                                   40,00
                                   40,62
                                   40,31
                                 
                              
                                 Kalk
                                   46,00
                                   44,74
                                   46,07
                                   45,40
                                 
                              
                                 Wasser
                                   14,60
                                   15,26
                                   13,31
                                   14,28
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Obschon die durch die Einwirkung der verduͤnnten Saͤure erzeugte Hize
                              bei den analytischen Versuchen einen geringen Antheil von Feuchtigkeit mit der
                              Chlorine zugleich entfuͤhrte, so stimmen diese Versuche doch mit dem
                              synthetischen hinlaͤnglich genau, um als Bestaͤtigung der allgemeinen
                              Resultate zu dienen. Obiges Pulver scheint ein reines Chlorid, ohne irgend eine
                              Beimischung von Salzsaͤure, gewesen zu seyn: allein es gewaͤhrt keine
                              atomische Constitution in seinen Verhaͤltnissen.
                           Zu 200 Granen dieses Kalk-Hydrates wurden 30 Grane Wasser zugesezt, und das
                              Pulver einem Strome von Chlorine auf obige Weise so lang ausgesezt, bis
                              Saͤttigung Statt hatte. Die Gewichts-Zunahme betrug 150 Grane. Man muß
                              hier bemerken, daß bei diesem und bei dem vorhergehenden Versuche kein bedeutender
                              pneumatischer Druk angewendet wurde, um die Verdichtung der Chlorine zu
                              beguͤnstigen. Wir sehen in diesem lezten Falle, daß die 30 Grane Wasser den
                              Kalk in den Stand sezten, 20 Grane Chlorine mehr zu verschlingen; eine Menge Gases,
                              die beinahe jener des trokenen Kalkes gleich kommt. Es scheint also ein Atom Kalk
                              mit sieben Neuntel Atom von Chlorine verbunden, was die Analyse durch
                              Kochsalzsaͤure bestaͤtigte. Sie gab:
                           
                              
                                 Chlorine
                                   39,5 = 51,8 Kubik-Zoll.
                                 
                              
                                 Kalk
                                   39,9
                                 
                              
                                 Wasser
                                   20,6
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Ich sezte hierauf etwas von diesem Pulver der Hize in einer kleinen glaͤsernen
                              Retorte aus, und verband diese mit dem hydro-pneumatischen Apparate. Bei
                              einer Temperatur, die noch weit unter der Gluͤhhize war, entwikelte sich Gas
                              sehr haͤufig. Von dem ersten bei der Temperatur des siedenden Wassers
                              entwikelten, und aufgesammelten Gase wurden 100 Maße mit Wasser in einer Temperatur
                              von 50° Fahrenh. geschuͤttelt, 63 Maße wurden verschlungen, und die
                              uͤbrigen 37 waren beinahe reiner Sauerstoff. Der Geruch des zuerst
                              entwikelten Gases war noch Chlorine; hierauf kam aber Geruch von Euchlorine, und
                              endlich, wie das Produkt Sauerstoffgas ward, verschwand der Geruch beinahe
                              gaͤnzlich. Nachdem ich auf diese Weise die Produkte im Allgemeinen
                              dargestellt hatte, unterzog ich jezt 100 Grane desselben zulezt beschriebenen
                              Pulvers in einem schiklichen Apparate derselben Behandlung. 30 Kubik-Zolle
                              Gas wurden aus demselben erhalten, und in einer Reihe von Glaͤsern, die
                              uͤber Wasser von 50° Fahrenh. standen, aufbewahrt. Das zuerst
                              erhaltene Gas war Chlorine, beinahe in reinem Zustande; gegen das Ende aber, als die
                              Hize der Gluͤhehize nahe kam, oder wirklich solche war, war Sauerstoff das
                              Haupt-Produkt. Der zuruͤkgebliebene feste Ruͤkstand gab, mit Wasser, eine
                              Aufloͤsung von kochsalzsaurem Kalke, welche 30 Grane trokenen Salzes
                              enthielt, was beinahe 15 Granen Kalkes gleich kommt. Das Chlorid schien aber sowohl
                              bei der Synthese als bei der Analyse in 100 Granen 51,8 Kubik-Zoll Chlorine
                              (was mit 25,9 Sauerstoff correspondirt) und 39,9 Kalk zu enthalten. Die Menge des
                              entwikelten Gases beweiset, abgesehen von allen anderen Betrachtungen, daß eine
                              bedeutende Menge von Chlorine ohne Trennung des Sauerstoffes vom Calcium
                              uͤberging; und da man bei spaͤteren Versuchen fand, daß diese Mengen
                              des Gases nach der verschiedenen Staͤrke des Pulvers, und nach den
                              verschiedenen Graden von Hize sehr verschieden waren, so ward diese ganze
                              Analysir-Methode zur taͤuschenden Taͤndelei. Die Richtigkeit
                              dieses Schlusses wird noch mehr erhellen, wenn man bedenkt, daß eine unbestimmbare
                              Menge von Chlorine in dem Wasser der Wanne des pneumatischen Apparates verdichtet
                              wird, und daß wahrscheinlich waͤhrend der Periode, wo das gasfoͤrmige
                              Produkt von dem Zustande der Chlorine in jenen des Sauerstoffes uͤbergeht,
                              etwas Euchlorine sich bildet. So scheinen von den 39,9 Granen des in dem Chloride
                              enthaltenen Kalkes kaum 24,9 ihre Chlorine verlassen zu haben, waͤhrend die
                              uͤbrigen 15 ihren Sauerstoff verloren, der 12 2/3 Kubik-Zoll oder 4,3
                              Gran gleich kommt, und die uͤbrigen 10,7 Calcium, verbunden mit 19,3
                              Chlorine, 30 Grane gegluͤhten kochsalzsauren Kalk geben. Nun bilden aber 19,3
                              Gran Chlorine 25,3 Kubik-Zolle; folglich ist 51,8 – 25,3 = 26,5, das
                              Volumen der durch das Feuer entwikelten Chlorine, und wenn wir diesem 12 2/3
                              Kubik-Zoll Sauerstoffgas zusezen, die Summe 39,16 der ganze Umfang des Gases,
                              welchen man haͤtte erhalten sollen. Der Abgang von 9,16 Kubik-Zoll ist
                              der Einsaugung von Chlorine (und vielleicht von Euchlorine) zuzuschreiben, die in
                              dem Wasser der pneumatischen Wanne Statt hatte. Im obigen Falle kam ungefaͤhr
                              die Haͤlfte der ganzen Chlorine in Gasgestalt heruͤber, und die andere
                              Haͤlfte mit der Basis des Kalkes und im Ausschluͤsse des Sauerstoffes.
                              Ich habe bemerkt, daß das Verhaͤltniß der Chlorine zu jenem des durch die
                              Hize freigewordenen Sauerstoffes so, wie man sich natuͤrlicher Weise die
                              Sache vorstellen kann, zunimmt; naͤmlich nach der Staͤrke des
                              Bleichpulvers. Wenn dieses nur schwach mit Chlorine geschwaͤngert ist, wie es
                              bei mehreren solchen kaͤuflichen Pulvern der Fall ist, dann besteht das
                              entwikelte Gas aus einer großen Menge von Sauerstoff.
                           Bevor ich die Bereitung des uͤbersauren kochsalzsauren Kalkes im Großen
                              beschreibe, und die mittlere Guͤte dieses Produktes, so wie es im Handel
                              vorkommt, nebst den bequemsten Mitteln, die Bleichkraft desselben zu pruͤfen,
                              angebe, wird man mir erlauben, einige theoretische Bemerkungen uͤber den
                              Zustand der chemischen Verbindung zwischen dem Kalke und der Chlorine an obigem
                              Bleichpulver zu machen. Wir haben gesehen, daß das atomische Kalk-Hydrat bei
                              einem leichten pneumatischen Druke in dem ersten Versuche 33 Theile Chlorine bis
                              35,5, = dem ersten Kalk-Aequivalente, verschlang. In dem zweiten Versuche
                              verschlang es, ohne Druk, 30,4; in dem dritten, mit Beihuͤlfe von 13 p. C.
                              Wasser mehr in dem Hydrate, 35,2 Chlorine. Wenn wir aber so viel Wasser zu dem Kalke
                              zusezen, daß ein Trihydrat daraus wird, das ist, auf 100 Theile Kalk 95 Theile
                              Wasser, und dieses Hydrat bei einer Temperatur von 50° F. einem Strome von
                              Chlorine aussezen, so koͤnnen wir ohne Schwierigkeit an 35,5 Kalk 45 Chlorine
                              verdichten, und selbst noch etwas mehr. Dieses Verhaͤltniß sollte nun den
                              wahren Zustand atomischer Saͤttigung und Ruhe zu bilden scheinen; denn es ist
                              gerade so viel Chlorine vorhanden, als noͤthig ist, um allen Sauerstoff aus
                              dem Calcium zu
                              verbannen, und das Bleichpulver ganz in kochsalzsauren Kalk zu verwandeln. Die
                              innige Vereinigung, welche zwischen Sauerstoff und Calcium Statt hat, und die daraus
                              folgende innige Beruͤhrung ihrer Molekuͤln muß indessen dem ersteren
                              dieser beiden Elemente, wenn man so sagen darf, einen chemischen Vortheil
                              uͤber die mehr entfernt stehenden Molekuͤln der Chlorine
                              gewaͤhren, welche, bei den vereinten Verwandtschaften des Wassers und des
                              Kalkes nur sehr lose um das Hydrat zusammengehaͤuft sind. Der
                              Schwaͤche dieser losen Verbindung, welche mit jedem Grade der
                              Schwaͤngerung zunimmt, ist es zuzuschreiben, daß die geringste Hize sodann im
                              Stande ist, der angehafteten Chlorine, wie wir gesehen
                              haben, wieder Elasticitaͤt zu geben. Indessen, in dem Verhaͤltnisse
                              als die Masse des Hydrates in Hinsicht auf die Chlorine zunimmt, uͤbt sie
                              eine groͤßere Anziehungs-Kraft aus, zieht die Chlorine in eine
                              scheinbar engere Verbindung, wodurch die Adhaͤsion des Sauerstoffes
                              geschwaͤcht wird. Damit nun die Atome eine neue bestimmte Stellung nach Zerstoͤrung der bereits vorhandenen
                              annehmen koͤnnen, wird eine gewiße Staͤrke von Anziehungs-Kraft
                              erfodert, und dieser Staͤrke scheint in dem gegenwaͤrtigen Falle durch
                              die Abstossungs-Kraft zwischen zwei Glas-elektrischen Elementen,
                              Sauerstoff und Chlorine, entgegengearbeitet zu werden, waͤhrend die
                              schwaͤchere Verwandtschaft des ersteren mit Calcium durch Naͤhe der
                              Beruͤhrung ersezt, und derselbe dadurch in den Stand gesezt wird, bei
                              niedriger Temperatur auf seiner Stelle zu bleiben. Hize erhoͤht die
                              Verwandtschaft zwischen Calcium und Chlorine, und gibt zu gleicher Zeit dem
                              Sauerstoffe Elasticitaͤt. Diese Schwaͤche von Verwandtschaft zwischen
                              den Bestandtheilen des Kalk Chlorides ist es, die die Mengen beider unbestimmt
                              laͤßt, und sie vielmehr einer Mischung (oder hoͤchstens einer
                              Salz-Aufloͤsung) aͤhnlicher macht, als einer wahren atomischen
                              Zusammensezung. Sie ist wirklich in ihren Verhaͤltnissen eben so unbestimmt,
                              als unbestaͤndig in ihrem Gleichgewichte.
                           
                        
                           Ueber Verfertigung des Bleich-Pulvers im Großen.
                           Man hat nach und nach eine Menge von Apparaten ausgedacht, um die Verbindung der
                              Chlorine mit gebranntem Kalke zur Handelswaare zu beguͤnstigen. Eine der
                              sinnreichsten Formen war die eines Cylinders oder eines Fasses, das innenwendig mit
                              schmalen hoͤlzernen Stellchen versehen ist, und an einer hohlen Achse
                              haͤngt, durch welche die Chlorine in dasselbe geleitet wurde, und um welche
                              das Gefaͤß sich dreht. Durch dieses Drehen wurde dem Kalkstaube die
                              moͤglich groͤßte Oberflaͤche gegeben, und derselbe schnell im
                              gehoͤrigen Grade mit dem Gase geschwaͤngert. Diese Vorrichtung sah ich
                              bei den Hrn. Overkampf und Widmer in ihrer beruͤhmten Fabrik von gedrukten
                              Zeugen (fabrique des toiles peintes) zu Jouy bei
                              Versaille im Jahr 1816. Allein diese verfeinerte Vorrichtung ist kostbar, und taugt
                              fuͤr die groͤßeren englischen Fabriken nicht. Die einfachste, und nach
                              meiner Ansicht beßte, Vorrichtung um Kalk-Staub der Einwirkung der Chlorine
                              auszusezen, ist eine acht oder neun Fuß hohe Stube aus Kiesel-Sandstein,
                              welche mit einem Moͤrtel aus gleichen Theilen Pech, Harz und trokenem Gypse
                              aufgemauert ist. An einem Ende dieser Stube ist eine Thuͤre angebracht,
                              welche mittelst Streifen von Tuch und Thon-Beschlag luftdicht geschlossen
                              werden kann. Ein Fenster zu jeder Seite laͤßt den Fabrikanten durch die Farbe
                              der Luft in dieser Stube beurtheilen, wie es mit der Schwaͤngerung des Kalkes
                              voran geht, und gibt zugleich Licht, um vor dem Beginnen des Prozesses die
                              noͤthigen Anstalten in derselben zu treffen. Da Wasser-Kitt ohne
                              Vergleich besser ist, als jeder andere, wo immer der pneumatische Druk gering ist,
                              so wuͤrde ich eine große Klappe oder eine Thuͤre vorschlagen, die, nach diesem
                              Grundsaze, an der Deke angebracht werden koͤnnte, und zwei Kufen von
                              bedeutender Weite unten an jeder Seite der Mauer. Die drei Dekel koͤnnten auf
                              einmal durch Seile gehoben werden, die uͤber eine Rolle laufen, ohne daß der
                              Arbeiter noͤthig haͤtte, sich dem toͤdtlichen Gase zu
                              naͤhern, wenn die Stube geoͤffnet werden muß. Eine große Menge
                              hoͤlzerner Stellen, oder vielmehr Mulden, acht oder zehn Fuß lang, zwei Fuß
                              breit, und einen Zoll tief, sind zur Aufnahme des durchgesiebten geloͤschten
                              Kalkes vorgerichtet und enthalten ungefaͤhr zwei Atome Kalk auf drei Atome
                              Wasser. Diese Stellen sind in der Stube eine uͤber der anderen fuͤnf
                              bis sechs Fuß hoch aufgeschlagen, und durch Quer-Latten ungefaͤhr
                              einen Zoll weit von einander entfernt, so daß das Gas freien Spielraum findet, um
                              uͤber das Kalk-Hydrat oder den ungeloͤschten Kalk
                              hinzuspielen.
                           Die Retorten zur Erzeugung der Chlorine, die gewoͤhnlich kugelfoͤrmig
                              sind, sind in einigen Faͤllen ganz aus Blei, in anderen bestehen sie aus zwei
                              in ihrer Mitte vereinigten Halbkugeln, wovon die untere aus Gußeisen, die obere aus
                              Blei ist. Die erste Art derselben ist bis auf zwei Drittel von ihrem Boden weg in
                              einem bleiernen oder eisernen Gehaͤuse eingeschlossen, und der Zwischenraum
                              zwischen diesen beiden Gefaͤßen ist zur Aufnahme des Dampfes aus einem nahe
                              stehenden Kessel bestimmt. Diejenigen Retorten, welche unten aus Gußeisen sind,
                              werden mit dem Untertheile unmittelbar einem maͤßigen Feuer ausgesezt: rings
                              um die aͤußere Kante der eisernen Hemisphaͤre ist eine Vertiefung
                              gegossen, in welche die untere Kante der bleiernen Hemisphaͤre einsizt: die
                              Verbindung selbst wird mit roͤmischen oder mit Patent-Kitt luftdicht
                              gemachtEine Mischung aus
                                    Thon, Kalk und Eisenoxid, wovon jedes besonders calcinirt und fein
                                    gepuͤlvert wird. Man muß diesen Kitt in verschlossenen
                                    Gefaͤßen aufbewahren, und bei dem Gebrauche mit einer
                                    gehoͤrigen Menge Wasser mischen. A. d. Ueb.. An dieser
                              bleiernen Kuppel
                              befinden sich vier Oeffnungen, deren jede mit Wasserkitt verstrichen ist. Die erste
                              derselben hat ungefaͤhr zehn oder zwoͤlf Zoll im Gevierte, und ist mit
                              einer bleiernen Klappe geschlossen, deren Kanten eingebogen sind, und in der
                              Wasserfurche am Rande der Oeffnung sizen. Sie dient dazu, um, wenn irgend eine
                              Stoͤrung an dem Umdrehungs-Apparate eintreten sollte, oder wenn die
                              harten salzartigen Concretionen von dem Boden abgestoßen werden muͤßen, dem
                              Arbeiter den noͤthigen Zugang zu verschaffen. Die zweite Oeffnung befindet
                              sich in dem Mittelpunkte der obersten Woͤlbung. Es ist daselbst eine bleierne
                              Roͤhre angebracht, die beinahe bis auf den Boden hinabsteigt, und durch
                              welche die verticale Achse laͤuft, an deren unterem Ende Querstangen von
                              Eisen oder von Holz, mit Blei uͤberzogen, befestigt sind, und durch deren
                              Umdrehung die Materialien gehoͤrig umgeruͤhrt werden koͤnnen,
                              so daß der dichte Braunstein sich mit der Schwefelsaͤure und dem Kochsalze
                              gehoͤrig vermengen kann. Diese Achse kann entweder dadurch in Bewegung gesezt
                              werden, daß der Arbeiter von Zeit zu Zeit eine oben angebrachte Kurbel mit der Hand
                              dreht, oder daß man die Achse mit einem Raͤderwerke verbindet, welches vom
                              Wasser oder durch eine Dampf-Maschine getrieben wird. Die dritte Oeffnung ist
                              zur Aufnahme eines hebelfoͤrmigen Trichters bestimmt, durch welchen die
                              Schwefelsaͤure zugegossen wird, und die vierte ist fuͤr die
                              Abzugs-Roͤhre bestimmtDiese
                                    Vorrichtung ist mit vielen Beschwerden fuͤr die Arbeiter verbunden,
                                    daher dieß vorbeschriebene Verfahren der Hrn. Oberkampf und Wittmer in Jouy,
                                    das in fast allen franzoͤsischen Kattundruk-Manufakturen zur
                                    Gewinnung des fluͤßigen Chlorin-Kalks angewendet wird, den
                                    Vorzug verdient. Am beßten scheint mir noch immer das von mir
                                    vorgeschlagene Verfahren, der Chlorine in Toͤpfe die mit zerfallenem
                                    Kalk gefuͤllt sind, zu leiten; ein Verfahren bei dem die Arbeiter
                                    ihre Gesundheit nicht aufopfern, und wodurch man den moͤglichst beßt
                                    gesaͤttigten, und daher beinahe ganz aufloͤslichen
                                    Chlorin-Kalk erhaͤlt. Dieses Verfahren findet man in Dingler's
                                    neuem Journal fuͤr die Druk-, Faͤrbe- und
                                    Bleichkunde 1 Bd. S. 330 so wie im
                                    3 Bd. S. 408 dieses
                                    polytechnischen Journals, nebst Abbildung des Apparates, beschrieben. Zur
                                    Vermeidung der Erwaͤrmung muß man die Toͤpfe in kaltes Wasser
                                    stellen. D..
                           
                           Das Verhaͤltniß der Materialien zur Erzeugung der Chlorine ist in
                              verschiedenen Fabriken sehr verschieden. Gewoͤhnlich nimmt man, dem Gewichte
                              nach, 1000 Theile Salz, und mengt sie mit 1000 oder 1400 Theilen Braunstein, und
                              sezt dieser Mischung, nachdem man sie in die Retorte eingetragen hat, 12–14
                              Schwefelsaͤure in kleinen Mengen nach und nach zu. Diese
                              Schwefelsaͤure (Vitriol-Oel) muß vorher so mit Wasser verduͤnnt
                              werden, daß die specifische Schwere derselben ungefaͤhr 1,5 wird. Diese
                              Verduͤnnung geschieht indessen wirklich nur selten, indem die meisten
                              Bleichpulver-Fabrikanten sich die zu ihrem Pulver noͤthige
                              Schwefelsaͤure selbst bereiten, und, in dieser Hinsicht, dieselbe nie
                              hoͤher in ihren Blei-Apparaten, als bis auf, 1,65 concentriren, was,
                              nach meiner Tabelle uͤber Schwefelsaͤure, ein Viertel ihres Gewichtes
                              an Wasser anzeigt, weßwegen auch von dieser Saͤure ein Drittel mehr
                              angewendet werden muß.
                           Die vierte Oeffnung ist, wie ich gesagt habe, fuͤr die
                              Abzugs-Roͤhren bestimmt. Diese Roͤhre wird in einen bleiernen
                              Kasten oder Cylinder geleitet, in welchem sich alle uͤbrigen
                              Abzugs-Roͤhren gleichfalls enden. Sie werden alle bloß mit Wasserkitt
                              mit demselben verbunden, indem sie nur zwei bis drei Zoll hydrostatischen Druk
                              erleiden. In diesem allgemeinen Behaͤlter wird die Chlorine von der ihr noch
                              anhaͤngenden Kochsalzsaͤure abgewaschen, indem sie durch etwas weniges
                              Wasser
                              laͤuft, in welches jede Roͤhre getaucht ist, und aus diesem
                              Behaͤlter wird das Gas durch eine ziemlich weite bleierne Roͤhre in
                              die Verbindungs-Kammer gefuͤhrt.
                              Gewoͤhnlich tritt sie in diese oben an der Deke ein, und stroͤmt von
                              dort aus ihr schweres Gas nach allen Seiten umher aus.
                           Nach der gewoͤhnlichen Rechnung sind vier Tage erfoderlich, um gutes kaufbares
                              Bleichpulver zu verfertigen. Eine schnellere Bereitung wuͤrde die Gefahr
                              einer Erhoͤhung der Temperatur herbeifuͤhren, wodurch auf Kosten der
                              Bleichkraft nur kochsalzsaurer Kalk entstuͤnde. Geschikte Fabrikanten
                              bedienen sich indessen hier eines abwechselnden Verfahrens. Sie stellen, vor allem
                              und zuerst, die hoͤlzernen Mulden nur in abwechselnden Stellen an jeder
                              Saͤule auf. Nach zwei Tagen wird die Destillation unterbrochen, und die
                              Verbindungs-Kammer geoͤffnet. Zwei Stunden darauf geht der Arbeiter in
                              dieselbe, um in die leer gebliebenen Stellen Mulden mit frischem Kalkhydrate zu
                              stellen, und zugleich das bereits halb gebildete Chlorid in den fruͤher
                              daselbst eingesezten Mulden umzukehren. Hierauf wird die Thuͤre wieder
                              zugekittet, und die Verbindungs-Kammer, nachdem sie wieder zwei Tage lang mit
                              Chlorine gefuͤllt wurde, neuerdings geoͤffnet, um die zuerst
                              eingesezten Mulden herauszunehmen, und andere mit frischem Kalk-Hydrate
                              gefuͤllte an die Stelle derselben einzusezen. Auf diese Weise wird der Proceß
                              abwechselnd fortgesetzt, nach meiner Erfahrung ganz vortreffliches Bleichpulver
                              erzeugt, und die Chlorine stets in einem ziemlich gleichfoͤrmigen Strome
                              zugelassen. Da aber, so wie die Schwaͤngerung des Kalk-Hydrates
                              zunimmt, die Einsaugungs-Faͤhigkeit derselben abnimmt, so ist es bei
                              diesem sehr verstaͤndig angelegten Plane noͤthig, auch die Entbindung
                              der Chlorine allmaͤhlich zu vermindern, denn sonst muͤßte man den
                              Ueberschuß derselben entweder zu großem Verluste des Fabrikanten, oder, was noch verderblicher
                              waͤre, zum hoͤchsten Schaden der Gesundheit des Arbeiters, entweichen
                              lassen.
                           Der Fabrikant rechnet, bei obigem Verfahren, gewoͤhnlich auf anderthalb Tonnen
                              guten Bleichpulvers aus einer Tonne Kochsalz. Folgende Analyse des Verfahrens wird
                              aber beweisen, daß er eigentlich zwei Tonnen erhalten sollte.
                           Die Wissenschaft hat ihre Schuldigkeit nur zur Haͤlfte gethan, wenn sie den
                              beßten Apparat, und das beßte Verfahren bei einem Prozesse beschreibt. Sie muß
                              zeigen, wie der Fabrikant, der den hoͤchsten Grad von Vollkommenheit
                              erreichen will, mit dem geringsten Aufwande oder mit dem Minimum von Zeit, Arbeit und Materialien die hoͤchste Menge, oder
                              das Maximum des Produktes zu erzielen vermag. In dieser
                              Hinsicht habe ich folgende Untersuchungen angestellt. Ich untersuchte zuerst Muster
                              von frisch bereitetem kaͤuflichen Bleichpulver; 100 Grane desselben gaben von
                              28 bis 22 Gran Chlorine. Zwischen diese beiden Extreme fielen alle uͤbrigen
                              Resultate, und diese Extreme stehen, ohne Zweifel, weit genug von einander ab; denn
                              das Erstere verhaͤlt sich zu dem Lezteren, wie 100: 78,6. Ersteres gab, mit
                              Kochsalzsaͤure gesaͤttigt, 82 Gran Calcium-Chlorid, was
                              ungefaͤhr 41 Kalk gleich kommt, und enthielt noch uͤberdieß 26 p. C.
                              Wasser, und etwas leicht gebildete gemeine Salzsaͤure in sehr geringer Menge.
                              Durch Erhizung in einem glaͤsernen Apparate gab dieses Pulver zuerst etwas
                              weniges Chlorine, dann ziemlich reinen Sauerstoff. Der Umfang der Chlorine betrug
                              nicht uͤber ein Zehntel des ganzen gasartigen Produktes. Frisch bereitetes
                              Pulver eines anderen Fabrikanten entwikelte durch Aufloͤsung in Saͤure
                              aus 100 Granen 23 Gran Chlorine, und nach dem Abdampfen und maͤßigen
                              Gluͤhen blieben 92 Grane kochsalzsaurer Kalk, was ungefaͤhr 46 Kalk
                              gleich kommt. Nehmen wir an, daß dieses Pulver beinahe frei vom Muriate war (und die Fabrikanten geben
                              sich alle Muͤhe, dem Zerfließen, das dadurch entstehen wuͤrde,
                              vorzubeugen), so erhalten wir, als seine Bestandtheile:
                           
                              
                                 Chlorine
                                   23
                                 –        –        –
                                 3,5
                                 
                              
                                 Kalk
                                   46
                                 ein Atom 3.5 × 2 =
                                 7,0
                                 
                              
                                 Wasser
                                   31
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100
                                 
                                 
                                 
                              
                           Dieses Pulver, mit verschiedenen Mengen von Wasser zu 60° F. gehoͤrig
                              abgerieben, gab, filtrirt, bei derselben Temperatur, Aufloͤsungen von
                              folgender Dichtigkeit:
                           
                              
                                 
                                 Bleichpulver.
                                 Specifische Schwere.
                                 
                              
                                 95 Wasser
                                 +   5
                                     1,0245
                                 
                              
                                 90   –
                                 + 10
                                     1,0470
                                 
                              
                                 80   –
                                 + 20
                                     1,0840
                                 
                              
                           Das auf dem Filtrum zuruͤkgelassene Pulver enthielt, selbst im zweiten
                              Versuche, eine bedeutende Menge von Chlorine, so, daß das Chlorid sich nur wenig
                              aufloͤsbar in Wasser zeigt; ich konnte auch nie jene von dem Wasser bewirkte
                              Absonderung der Elemente dieses Pulvers beobachten, von welcher Hr. Dalton und Hr. Welter
                              sprechen. Von der Aufloͤsung 80 + 20 entwikelten 500 Grane, die
                              wahrscheinlich 100 Granen des Pulvers gleich kommen, durch Saͤttigung mit
                              Kochsalzsaͤure, 19 Grane Chlorine, und die Fluͤßigkeit gab, nach dem
                              Abrauchen und Ausgluͤhen, 41,8 Grane Calcium-Chlorid, was
                              ungefaͤhr 21 Granen Kalk gleich kommt. Es scheinen hier 4 p. C. Chlorine
                              unaufgeloͤst in dem Kalkpulver zuruͤk geblieben zu seyn, welches, bei
                              genauerer Untersuchung, auch wirklich diese Menge ungefaͤhr gegeben hat. Das
                              aufgeloͤste Kalk-Chlorid bestand aber aus 19 Theilen Chlorine auf 21
                              Theile Kalk; oder aus 4,5 Atomen des Ersteren auf beinahe vollkommen 5 Atome des
                              Lezteren, was kein atomisches Verhaͤltniß ist. Die zwei Drittel Gran Kalk,
                              welche in dem Kalkwasser in der 500 Grane betragenden Aufloͤsung waren,
                              koͤnnen keine wesentliche Veraͤnderung in dieser Angabe hervorbringen.
                              Obiges Bleichpulver muß sehr wenig kochsalzsauren Kalk enthalten haben, denn es
                              zerfloß nicht.
                           Nachdem ich mich auf diese Weise uͤberzeugte, daß sowohl durch Pruͤfung
                              des reinen von mir selbst bereiteten, als des kaͤuflichen Chlorides keine
                              atomischen Verhaͤltniße in der Konstitution wahrzunehmen waren, und dieß zwar
                              aus den oben angegebenen Gruͤnden, so gab ich alle weiteren Untersuchungen in
                              dieser Hinsicht auf. Wenn wir das Verhaͤltniß zwischen Chlorid und
                              essigsaurem Kalke im Bleichpulver genau kennen lernen wollen, so koͤnnen wir
                              reinen Essig als die saͤttigende Saͤure anwenden. Nachdem wir auf
                              diese Weise die Chlorine ausgeschieden haben, rauchen wir bis zur Trokenheit ab,
                              gluͤhen aus, und verwandeln auf diese Weise den essigsauren Kalk in
                              kohlensauren, welcher sich von dem urspruͤnglichen kochsalzsauren durch
                              Aufloͤsen und Filtriren abscheiden laͤßt. Sollte man fuͤrchten,
                              daß durch die Einwirkung der Chlorine auf die wasser-kohlenstoffige Basis der
                              Essigsaͤure etwas Kochsalzsaͤure erzeugt wuͤrde, so kann man
                              kohlensaures Gas statt derselben anwenden. Man fuͤllt in dieser Hinsicht eine
                              große glaͤserne Flasche mit dieser gasartigen Saͤure, und bringt 20
                              bis 50 Gran Bleichpulver in dieselbe, schuͤttelt dieses in dem Gase
                              gehoͤrig, und man wird finden, daß 10 Gran Kalk 17,2 Kubik-Zoll
                              kohlensaures Gas, oder 8 Grane dem Gewichte nach aufnehmen. Wenn also in 50 Granen
                              des Chlorid-Theiles des Bleichpulvers (mit Ausschluß des kochsalzsauren) 20
                              Grane Kalk vorhanden sind, so werden sie 86 Kubik-Zoll, oder, dem Maße nach,
                              drei Wein Pinten kohlensauren Gas fordern. Oder es wird eben so bequem seyn, in das,
                              in etwas Wasser verbreitete, Pulver eine Glasroͤhre einzusenken, welche aus
                              einer anderen mit kohlensaurem Kalk und verduͤnnter Schwefelsaͤure
                              gefuͤllten Flasche kohlensaures Gas zufuͤhrt. Wird das Bleichpulver und das Wasser
                              etwas warm in einer kleinen glaͤsernen Kugel gehalten, in welche die
                              Roͤhre eintaucht, so wird der Augenblik, wo das Chlorid zersezt, und der Kalk
                              kohlensauer geworden ist, dadurch bezeichnet, daß die Fluͤßigkeit
                              aufhoͤrt, irgend eine dauerhafte Wirkung auf das Lakmus-Papier
                              hervorzubringen. Der kochsalzsaure Kalk wird durch Aufloͤsung im Wasser
                              entzogen. Nun muß das Gewicht des kochsalzsauren Kalkes mit jenem der, durch
                              verduͤnnte Kochsalzsaͤure aus einer anderen gleich großen Menge dieses
                              Pulvers entwikelten, Chlorine verglichen werden. Die Menge des in dem Pulver
                              enthaltenen Wassers kann endlich durch Destillation aus einer Retorte gefunden
                              werden. Auf diese Weise wird die Analyse mit wenig Muͤhe und ohne alle Irrung
                              vollbrachtIch fand bei der
                                    Anwendung dieses Verfahren mit Kohlensaͤure außerordentlich langsam
                                    und ungenuͤgend. Nachdem ich einen Strom von diesem Gase einen ganzen
                                    Tag lang durch das in lauem Wasser verbreitete Chlorid durchziehen ließ, sah
                                    ich die Fluͤßigkeit noch immer im Stande, die Farbe des
                                    Lakmus-Papieres mit Leichtigkeit zu veraͤndern. Die Lehre der
                                    Aequivalente liefert aber an der Essigsaͤure ein sehr elegantes
                                    Theorem, von dessen Brauchbarkeit und Genauigkeit bei der Anwendung ich mich
                                    durch Erfahrung uͤberzeugte. So wird ein scheinbar verwikeltes und
                                    sehr wichtiges Problem der praktischen Chemie in den Bereich des
                                    gewoͤhnlichen Fabrikanten gebracht! Da die Geseze erlauben, daß
                                    gemeiner gegohrener Essig eine gewisse Menge von Schwefelsaͤure
                                    enthalten darf, die der Kraͤmer jedoch, vom Geize verfuͤhrt,
                                    oft zusehr vergroͤßert, so koͤnnen wir denselben hier nicht
                                    gebrauchen. Starker Essig aber, aus brenzeliger Holzsaͤure bereitet,
                                    so wie jener, mit welchem die Hrn. Turnbull und
                                    Ramsay lange Zeit uͤber den Markt zu
                                    London versahen, taugt hierzu sehr gut, da er von Schwefelsaͤure
                                    vollkommen frei ist. Mit solcher in einer taxirten Flasche enthaltenen
                                    Saͤure saͤttige man ein gegebenes Gewicht (z.B. 100 Gran)
                                    Bleichpulvers in einer kleinen glaͤsernen Retorte vollkommen, wende
                                    am Ende noch etwas Hize dabei an, und neige das Gefaͤß,
                                    damit die anhaͤngende Chlorine hinaus kann. Man schreibe die durch
                                    die Entweichung des Gases entstehende Gewichts-Verminderung auf. Wenn
                                    man vermuthet, daß Kohlensaͤure gegenwaͤrtig waͤre,
                                    kann man das Gas auf oben beschriebene Weise uͤber Queksilber
                                    auffangen. Die Aufloͤsung, welche aus essigsaurem und aus
                                    kochsalzsaurem Kalke besteht, rauche man bei gehoͤrig unterhaltener
                                    Hize bis zur Trokenheit ab, und bemerke das Gewicht dieses
                                    Salz-Gemenges. Man calcinire hierauf dasselbe bei gelinder
                                    Rothgluͤhhize, bis alle Essigsaͤure zersezt ist, und schreibe
                                    den Verlust am Gewichte auf. Hierdurch sind nun alle zur Bestimmung des
                                    Verhaͤltnisses der Bestandtheile erfoderlichen Daten gegeben, ohne
                                    daß irgend ein Aufloͤsen, Filtrieren, oder Niederschlagen durch
                                    Reagentien noͤthig gewesen waͤre.I. Aufgabe. Man soll den urspruͤnglich mit
                                    Chlorine, oder wenigstens nicht mit Kochsalzsaͤure verbundenen, und
                                    daher in essigsauren Kalk verwandelten, Kalk finden. – Aufloͤsung. Man ziehe von obigem Verluste
                                    am Gewichte den zwanzigsten Theil desselben ab; der Rest ist die von dem
                                    Essige aufgenommene Menge Kalkes.II. Aufgabe. Man soll die im Bleichpulver
                                    vorhandene Menge kochsalzsauren Kalkes finden. Aufloͤsung. Man multiplicire obigen
                                    Gewichts-Verlust mit 1,7; das Produkt ist die Menge kohlensauren
                                    Kalkes in dem calcinirten Pulver: diese, von dem gesammten Gewichte des
                                    Ruͤkstandes abgezogen, gibt als Rest, den kochsalzsauren Kalk. Wir
                                    kennen nun das Verhaͤltniß des chlorsauren und kochsalzsauren Kalkes
                                    in hundert Theilen: das, was hieran noch abgeht, ist das im Bleichpulver
                                    enthaltene Wasser. Ich fand z.B. daß 100 Grane kaͤuflichen Chlorides
                                    21 Grane Chlorin durch Aufloͤsung in Essigsaͤure abgaben. Die
                                    Aufloͤsung ward zur Trokenheit abgeraucht, und ich erhielt 125,6 Gran
                                    Salz-Masse, welche, calcinirt, 84,3 gab, also 41,3 Gran verlor. 41. 3
                                    – 41.3/25 = 39,65 = dem vorhandenen mit Kochsalzsaͤure nicht
                                    verbundenen Kalke. Und 41,3 × 1,7 = 70,2 = dem kohlensauren Kalke in
                                    dem Ruͤkstande von 84,3 Gran calcinirter Salz-Masse, also 84
                                    – 3 – 70,2 = 14,1 kochsalzsaurer Kalk. Nun erhielt ich aber
                                    durch Aufloͤsung des kochsalzsauren Kalkes, und Abdampfen desselben
                                    14 Gran, und der ruͤkstaͤndige kohlensaure Kalk war 70,3 Gran.
                                    Dieses Pulver bestand demnach aus 21 Theilen Chlorine; 39,65 Kalk; 14
                                    kochsalzsauren Kalk; 25,35 Wasser = 100. A. d. O.. In Hinsicht auf Handel und Gewerbe
                              wird indessen folgendes noch einfacheres Verfahren im Allgemeinen hinreichen. Man
                              nehme eine Glasroͤhre von ungefaͤhr fuͤnf Kubik-Zoll
                              Inhalt, die, wie in Fig. 50 Tab. VII. gestaltet, und in Kubik-Zolle und deren Zehntel
                              abgetheilt ist. Sie muß oben mit einer Schrauben-Kappe von Messing, und unten
                              mit einem guten Korke geschlossen seyn. Bei der oberen Oeffnung gieße man Queksilber
                              ein, bis die Roͤhre beinahe voll, und kaum noch Raum ist, um 10 Gran
                              Bleichpulver zu fassen, das mit einem Tropfen Wasser zu einem Kuͤchelchen
                              geformt wird. Man schraube den Kappen-Pfropf ein, und mache denselben mit
                              Leder luftdicht, nehme hierauf den Kork von dem unteren gleichfalls mit Queksilber
                              vollgefuͤllten Ende ab, und erseze etwas von dem fluͤßigen Metalle mit
                              verduͤnnter Kochsalzsaͤure (sp. Schw. 1, 1). Neigt man nun die Roͤhre
                              geschikt, so fließt die Saͤure durch das Queksilber hinauf. In dem
                              Augenblike, als die Saͤure mit dem Kuͤchelchen in Beruͤhrung
                              kommt, entwikelt sich die Chlorine, und das Queksilber fließt in eine zur Aufnahme
                              desselben in Bereitschaft stehende Schale, waͤhrend das aus dem
                              kochsalzsauren Kalke entstehende Haͤutchen die Oberflaͤche des
                              Metalles gegen das Gas beinahe vollkommen schuͤzt. Mit einem Apparate dieser
                              Art, (dessen ich mich auch lange Zeit uͤber bei der Analyse von Kalksteinen
                              und Mergelarten bediente, siehe den Artikel Carbonate in
                              meinem Chemical Dictionary) erhielt ich ziemlich genau
                              mit dem Verluste des Gewichtes uͤbereinstimmende Resultate, den dieselbe
                              Quantitaͤt Chlorides erlitt, wenn sie in verduͤnnter
                              Kochsalzsaͤure aufgeloͤst wurde. Da ein Kubik-Zoll Chlorine in
                              runden Zahlen auf drei Viertel Gran geschaͤzt werden kann, so koͤnnen wir annehmen,
                              daß 10 Gran Bleichpulver drei bis vier Kubikzoll dieses Gases entwikeln, oder, dem
                              Gewichte nach, 20 bis 30 p. C.; ein weiter Spielraum fuͤr die Kraft des
                              Bleichpulvers, deren genauere Bestimmung allerdings die Zeit werth ist, die der
                              Bleicher oder Papier-Macher darauf verwendet. Vermuthet man das Daseyn von
                              kohlensaurem Gase, so darf man bloß das Queksilber durch das Gas schuͤtteln,
                              und von Zeit zu Zeit, so wie dasselbe verschlukt wird, etwas Queksilber nachgießen.
                              Die Kohlensaͤure wird oben unverdichtet zuruͤk bleiben, und kann auf
                              die gewoͤhnliche Weise geschaͤzt werden.
                           Schwefelsaurer Indigo, reichlich mit Wasser verduͤnnt, wurde seit langer Zeit
                              zur Schaͤzung der Bleichkraft des chlorsauren Kalkes angewendet, und gibt
                              allerdings ein gutes Vergleichungs-Mittel, nicht aber, da der Indigo zu sehr
                              verschieden ist, einen absoluten unwandelbaren Maßstab. So fand ich, daß drei Theile
                              ostindischen Indigos eben so viel Bleichpulver saͤttigten, als vier Theile
                              guten spanischen Indigos.
                           Hrn. Welter's Methode ist folgende. Er bereitete eine
                              Indigo-Aufloͤsung in Schwefelsaͤure, welche er so
                              verduͤnnte, daß der Indigo 1/1600 der ganzen Fluͤßigkeit bildete. Er
                              uͤberzeugte sich durch Versuche, daß 14 Litres (854,4 Kubik-Zoll oder
                              3,7 Wein-Gallonen, engl. Maßes) Chlorine, welche 651 1/2 Gran engl. Gewichtes
                              wiegen, die Farbe von 164 Litres obiger blauer Aufloͤsung zerstoͤren.
                              Er bemerkt sehr richtig, daß Chlorine diese blaue Tinctur mehr oder minder
                              entfaͤrbt, je nachdem man auf verschiedene Weise damit verfaͤhrt, daß
                              ist, je nachdem man die Tinctur auf die waͤsserige Chlorine gießt, und je
                              nachdem man zu verschiedenen Zeiten in großen Zwischenraͤumen arbeitet. Wenn
                              die waͤsserige Chlorine oder die Chlorid-Aufloͤsung sehr
                              concentrirt ist, so hat die Entfaͤrbung im Minimum- und wenn sie sehr schwach ist, im Maximum Statt. Er sagt, daß eine Indigo-Aufloͤsung, welche
                              1/1600 Indigo enthaͤlt, unwandelbare Resultate bis auf 1/40 gibt, und daß
                              diese noch genauer ausfallen, wenn man die Chlorin-Aufloͤsung so
                              verduͤnnt, daß sie beinahe die Haͤlfte des Volumens der blauen Tinctur
                              bildet, welche sie zu entfaͤrben vermag; wenn man die Vorsicht hat, die
                              Chlorin-Aufloͤsung und die Tinctur in zwei besonderen Gefaͤßen
                              aufzubewahren, und wenn man endlich beide in einem dritten Gefaͤße zusammen
                              gießt. Zu gleicher Zeit muß ein Versuch an einem anderen Muster von Chlorine gemacht
                              werden, dessen Staͤrke bekannt ist, um mit Praͤcision uͤber die
                              Farbe urtheilen zu koͤnnen. Er glaubt, im Allgemeinen, daß vierzehn Maß
                              Chlorin-Gas 164 Maß der obigen Indigo-Aufloͤsung zu
                              entfaͤrben vermoͤgen: ein Verhaͤltniß von ungefaͤhr Eins
                              zu Zwoͤlf. Der Vortheil, welcher bei einer sehr verduͤnnten
                              Aufloͤsung Statt hat, besteht offenbar darin, daß der Ueberschuß von Wasser
                              die durch Schwefelsaͤure abgeschiedene Chlorine verdichtet, und die ganze
                              Kraft derselben auf die Fluͤßigkeit beschrankt, waͤhrend von
                              concentrirten Aufloͤsungen Vieles in die Luft entweicht. Obschon ich viele
                              Versuche mit der Indigo-Aufloͤsung als Pruͤfungs-Mittel
                              machte, war es mir doch niemals moͤglich, solche Staͤtigkeit in den
                              Resultaten zu erhalten, wie Hr. Welter dieselben
                              beschreibt. Wenn die blaue Farbe anfaͤngt zu verschwinden, erscheint ein
                              gruͤner Ton, der durch unmerkliche Schattirungen allmaͤhlich in ein
                              Braungelb uͤbergeht. Man muß daher auf einen Fehler von 1/20, und selbst noch
                              mehr rechnen, wo gewoͤhnliche Beobachter mit dieser Sache sich befassen.
                           Es bleibt nun nichts mehr uͤbrig, als den mittleren Zustand und das
                              aͤquivalente Gewicht des Braunstein-Peroxides zu bestimmen, so daß der
                              Bleichpulver-Fabrikant in den Stand gesezt wird, seine Ingredienzen in
                              gehoͤrigem Verhaͤltniße zu mischen. Meine ersten Versuche waren in
                              dieser Hinsicht darauf berechnet, die Menge von Chlorine zu zeigen, welche aus einer gewißen
                              Quantitaͤt von gutem im Handel vorkommenden Braunstein durch einen Ueberschuß
                              von fluͤßiger Kochsalzsaͤure entwikelt werden kann. Man ließ das
                              Chlorin-Gas in die Luft entweichen, nachdem es zuerst durch etwas Wasser, und
                              dann durch eine mit trokenem kochsalzsauren Kalke gefuͤllte Roͤhre
                              ging. Ich fand daß 30 Gran Braunstein, auf diese Weise behandelt, bei einem Versuche
                              einen Gewichts-Verlust an dem Apparate von 17,8 Granen Chlorine, in einem
                              anderen von 17,5 gaben. 100 Gran Braunstein waͤren demnach ungefaͤhr
                              59 Chlorine gleich. Spaͤter fand ich bei einer unvollkommenen Analyse, daß
                              100 Grane desselben Braunsteines 10 Grane Kieselerde, 4 Grane Wasser, und etwas
                              weniges Eisen enthielten, in allem wahrscheinlich 16 Grane, weil 84 Grane
                              Braunstein-Oxid uͤbrig blieben. Auf diese Weise wuͤrden
                              wahrscheinlich 100 Grane reines Braunstein-Peroxid 70 Grane Chlorine mit
                              Kochsalzsaͤure geben. Wir werden aber alsogleich sehen, daß, bei einem
                              anderen und genaueren Verfahren, 100 Grane Braunstein nicht weniger als 81,80
                              Chlorine gleich kommen. Ist dieser Unterschied dem Umstaͤnde zuzuschreiben,
                              daß das natuͤrliche Braunstein-Oxid einen Theil Protoxides oder irgend
                              etwas anderes erhielt, was dasselbe verschlechterte, und worauf ich keine
                              Ruͤksicht nahm? Ich werde mich bemuͤhen, diese Frage durch
                              kuͤnftige Versuche zu loͤsen, und lasse sie einstweilen dahin gestellt
                              seyn. So viel ist gewiß, daß wir obige 59 Gran Chlorine erhielten, deren Umfang 77
                              1/3 Kubik-Zoll betrug. 100 Grane von diesem Braunsteine gaben demnach 19,526
                              Gran-Maße. Hr. Welter sagt, daß er 61 Gramme
                              seines Braunstein-Oxides noͤthig hatte, um 14 Litres, oder 14,000
                              Grammen-Maße Chlorine zu erhalten, was ein Verhaͤltniß von 100 zu
                              22,900 gibt. Sein Braunstein muß daher viel besser gewesen seyn, als der meinige.
                              Das reine Peroxid
                              gibt aus 100 Granen 27,090 Gran-Maße.
                           Sowohl aus schwefelsaurem, wie aus kochsalzsaurem Braunsteine, der nach Hrn. Hatchett's eleganter Methode gereinigt ward, erhielt ich
                              durch eine Aufloͤsung krystallisirter Soda Proto-kohlensauren
                              Braunstein. Dieser wurde gehoͤrig gewaschen, und in einem Dampfbade von
                              190° Fahr. getroknet. Die Menge von Kohlensaͤure, welche dieses Salz
                              enthielt, wurde durch den Gewichts-Verlust bestimmt, der bei der
                              Aufloͤsung desselben in verduͤnnter Schwefelsaͤure Statt hatte,
                              und auch dadurch, daß man das waͤhrend des Rothgluͤhens aus demselben
                              entweichende Gas uͤber Queksilber auffing. Man fand auf diese Weise, daß 100
                              Grane 35,4 Kohlensaͤure enthielten. Aus anderen 100 Granen dieses
                              kohlensauren Braunsteines erhielt ich durch Destillation in einer glaͤsernen
                              Retorte 7,3 Grane Wasser, und 92,7 Grane blieben als trokener
                              proto-kohlensaurer Braunstein zuruͤk, und enthielten 35,4
                              Kohlensaͤure und 57,3 Braunstein-Protoxid. Nun ist aber 35,4: 57,3::
                              2,75: 4,42; welches die Zahl ist, die das erste Aequivalent des
                              Braunstein-Protoxides fuͤr 2,75 Kohlensaͤure darstellt. Wir
                              werden indessen nach einem anderen auf Richter's Grundsaze der wechselseitigen
                              Salz-Saͤttigung, den Dr. Thomson neulich wieder aufleben machte,
                              beruhenden Versuche sehen, daß 4,5 die wahre Zahl ist, welche mit der lezten
                              atomistischen Bestimmung dieses Chemikers in genauestem Einklange steht. Wir
                              haͤtten also statt 35,4 Gran Kohlensaͤure 35,2 erhalten sollen; ein
                              Fehler, der noch im Bereiche eines sorgfaͤltigen Experimentators liegt. Das
                              oben gebildete proto-kohlensaure Braunstein-Oxid besteht demnach
                              aus
                           
                              
                                 Kohlensaͤure
                                 2,75
                                   35,2
                                 
                              
                                 Braunstein-Protoxid
                                 4,50
                                   57,6
                                 
                              
                                 Wasser 1 Atom auf
                                 2 Atome Kohlensaͤure
                                     7,2
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           
                           Schwefelsaurer Braunstein, bei einer Hize von 212° Fahrenh. getroknet, besteht
                              aus einem Atom Wasser, und aus einem Atome schwefelsauren Braunstein. Von diesem,
                              einer maͤßigen Gluͤhung ausgesezten Salze nahm ich neun und einen
                              halben Gran (= 5 Saͤure + 4,5 Oxid), loͤste dasselbe in Wasser auf,
                              und goß zu dieser Aufloͤsung eine andere von 13,25 kochsalzsaurer Schwererde
                              (= 45 Chlorine + 8,75 Barium). Nachdem die schwefelsaure Schwererde sich zu Boden
                              gesezt hatte, zeigte die daruͤber stehende Aufloͤsung von salzsaurem
                              Braunsteine keine Spur mehr weder von Schwefelsaͤure, noch von Schwererde. Es
                              sind demnach 5 Theile Schwefelsaͤure aͤquivalent fuͤr 4,5
                              Braunstein-Protoxid; und folglich, 2,75 Kohlensaͤure fuͤr
                              dasselbe Gewicht des Oxides.
                           Dreißig Grane proto-kohlensauren Braunsteines, welche, wie oben, 17,31
                              Protoxid enthielten, gaben durch Ausgluͤhen in einem Platinna-Tiegel
                              21 schwarzen Peroxides. Aber 17,31 : 4,5 :: 21 : 5,46; eine Zahl, welche deutlich
                              5,5 als das atomistische Gewicht dieser Substanz andeutet, welche demnach ein
                              Deuteroxid ist. Das erste Aequivalent des Metalles ist folglich 3,5; das mittlere
                              Oxid, von welchem Dr. Forschammer spricht, scheint mir
                              das Resultat einer Verbindung der beiden obigen zu seyn, oder es steht in demselben
                              Verhaͤltniße wie Minium zur Bleiglaͤtte oder zu dem
                              puͤcefarbenen Blei-Oxide.
                           Wir koͤnnen nun schließen, daß 5,5 Theile reinen
                              Braunstein-Deuteroxides, wenn Kochsalzsaͤure darauf wirkt, 4,5
                              Chlorin-Gas geben; oder 100 Grane des ersteren geben 81,8 Grane des Lezteren,
                              was einem Volumen von 107,28 Kubik-Zollen gleich kommt. Um diese Menge von
                              Chlorine zu liefern, muͤßen zwei Atome Kochsalzsaͤure auf ein Atom
                              Peroxid wirken: ein Atom Wasserstoff verlaͤßt die Kochsalzsaͤure, um
                              sich mit einem Atome Sauerstoff in dem Oxide zu verbinden, und bildet ein Atom
                              Wasser; das correspondirende Atom Chlorine wird entwikelt, waͤhrend das dadurch
                              entstehende Atom metallischen Protoxides das zweite Atom Kochsalzsaͤure
                              anzieht und neutralisirt. Oder, in Zahlen ausgedruͤkt. 5,5 Theile
                              Braunstein-Peroxid nehmen 4,625 × 2 = 9,250 kochsalzsaures Gas auf,
                              welche, nach obiger Tabelle in 100 Granen saurer Fluͤßigkeit von 1,045 spec.
                              Schwere gegenwaͤrtig sind. So fodern also 10 Grane Braunstein-Peroxid
                              16,8 kochsalzsaures Gas, was 100 Granen saurer Fluͤßigkeit von 1,082
                              gleichkommt.
                           Wenn eine Mischung von Schwefelsaͤure, gemeinem Kochsalze und schwarzem
                              Braunstein-Oxide, wie bei der Bleichpulver-Bereitung
                              gewoͤhnlich der Fall ist, gebraucht wird, so sind die absoluten
                              Verhaͤltniße der Bestandtheile derselben
                           
                              
                                 1 Atom kochsalzsaure Soda
                                   7,5
                                   29,70
                                 100,0
                                 
                              
                                 1 Atom Braunstein-Peroxid
                                   5,5
                                   21,78
                                   73,3
                                 
                              
                                 2 Atome Vitrioloͤl von 1,846
                                 12,25
                                   48,52
                                 163,3
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 25,25
                                 100,00
                                 
                                 
                              
                           Und die erhaltenen Produkte muͤßen seyn:
                           
                              
                                 Entwikelte Chlorine
                                 1 Atom,
                                   4,5
                                   17,82
                                 
                              
                                 Schwefelsaure Soda
                                 1 Atom,
                                   9,0
                                   35,64
                                 
                              
                                 Proto-schwefelsaurer Braunstein
                                 1 Atom,
                                   9,5
                                   37,62
                                 
                              
                                 Wasser
                                 2 Atome
                                   2,5
                                     8,92
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 25,25
                                 100,00
                                 
                              
                           Diese Verhaͤltnisse weichen indessen gar sehr von denjenigen ab, welche von
                              vielen, ja ich glaube sogar von allen, Bleichpulver-Fabrikanten angewendet
                              werden; ja sie muͤßen sogar abweichen, wegen der Unreinheit ihres
                              Braunstein-Oxides. Wenn wir sie aber auch in dieser Hinsicht entschuldigen,
                              so fuͤrchte ich doch noch, daß mehrere von ihnen große Fehler in Hinsicht auf
                              die relativen Mengen ihrer Materialien begehen. So sagt mir ein achtbarer Fabrikant,
                              daß er 10 Theile Salz, 12 Theile Schwefelsaͤure von 1,846 spec. Schw. (oder
                              vielmehr das Aequivalent in verduͤnnter Schwefelsaͤure, 1,65) und 14 Theile Braunstein
                              nimmt. Andere nehmen noch viel weniger Braunstein; ungefaͤhr 70 oder 80 auf
                              100 Salz. Es ist indessen sehr leicht, durch Annaͤherung gute und fuͤr
                              die Praxis brauchbare Verhaͤltnisse zu finden. Meine Versuche uͤber
                              die Menge Chlorine, welche man aus einer gewißen Menge guten englischen Braunsteines
                              erhalten kann, gaben 59 Grane der Ersteren auf 100 Grane des Lezteren. Nun sind aber
                              59 Theile Chlorine aͤquivalent fuͤr 98 1/3 gemeinen
                              Kuͤchen-Salzes; folglich wuͤrden, in runden Zahlen, 100 Theile
                              solchen Braunsteines 100 Theile gemeinen Kuͤchensalzes erfodert haben. Das
                              gehoͤrige Verhaͤltniß wird also hier 100 Theile gemeinen
                              Kuͤchensalzes, 100 Theile Braunstein, 81 2/3 Vitrioloͤl zur
                              Saͤttigung der Soda im Kochsalze, und 95 3/4 Vitrioloͤl zur
                              Saͤttigung von 86 Theilen Metall-Oxid in 100 Theilen
                              Braunstein-Erz, was 177,4 Theile fluͤßige Saͤure auf 100 Theile
                              von jedem der anderen Artikel betraͤgt. Da Eisen-Oxid, welches so oft
                              mit Braunstein gemengt ist, beinahe dasselbe erste Aequivalent hat, so brachten wir
                              seine Saͤttigungs-Kraft in obiger Rechnung als beinahe eben so hoch in
                              Anschlag. Mehr Kochsalz, als das Aequivalent von Braunstein und Vitrioloͤl,
                              zusezen wollen, ist unklug; es nimmt seinen Plaz in der Retorte umsonst ein, und
                              hindert die wechselseitigen Einwirkungen des Braunsteines und der
                              Kochsalzsaͤure auf einander. Und wenn das Vitrioloͤl nicht im Stande
                              ist, aus dem Salze so viel Kochsalz-Saͤure auszuscheiden, als der
                              vorhandene Braunstein in Chlorine zu verwandeln vermag, so ist das Verfahren
                              unverstaͤndig und verschwenderisch. Die Menge des bei der Verfertigung des
                              Bleichpulvers noͤthigen Braunsteines laͤßt sich,
                              annaͤherungsweise, leicht durch die oben beschriebene, zur Analyse bestimmte,
                              krumme Roͤhre findenFuͤr den
                                    Chemiker duͤrfte es eine der verdienstlichsten Untersuchungen seyn, das
                                    richtigste Verhaͤltniß von Schwefelsaͤure, Braunstein und
                                    Kochsalz zur Gewinnung der groͤßtmoͤglichsten Menge Chlorine
                                    auszumitteln. Dabei waͤre auf eine, in gehoͤriger Menge zu
                                    beziehenden Sorte Braunstein vorzuͤglich Ruͤksicht zu nehmen.
                                    Eben so auf reine Schwefelsaͤure, denn ich habe gefunden, daß mit
                                    schwefelsaurem Kali verunreinigter Schwefelsaͤure, die leider so
                                    haͤufig im Handel vorkoͤmmt! die zu erwartende Menge Chlorine
                                    nicht gewonnen werden kann. D.. Das Haͤutchen von dichtem kochsalzsauren
                              Braunsteine, welches sich schnell erzeugt, schuͤzt das Queksilber; oder man
                              kann auch die aus 100 Granen mit Kochsalzsaͤure in einer Retorte
                              uͤbergossenen Braunstein erhaltene Chlorine mittelst einer glaͤsernen
                              Roͤhre in eine verduͤnnte Aufloͤsung eines bekannten
                              schwefelsauren Indigo leiten.
                           Aus obigen Rechnungen erhellt, daß eine Tonne Kochsalz mit einer Tonne obigen
                              natuͤrlichen Braunstein-Oxides, gehoͤrig behandelt, 0,59 Tonne
                              Chlorin geben muͤße, welche hinreicht, um 1,41 Tonne geloͤschten
                              Kalkes zu schwaͤngern, und zwei Tonnen Bleichpulver zu erzeugen, das
                              staͤrker ist, als die Mittel-Sorte des im Handel vorkommenden
                              Bleichpulvers; oder, um auch etwas fuͤr den hier unvermeidlichen Verlust
                              abzuschlagen, zwei Tonnen gewoͤhnliches ordinaͤres Bleichpulver mit
                              etwas mehr geloͤschtem Kalke.
                           Seit ich Obiges schrieb, bereitete ich kohlensauren Braunstein dadurch, daß ich
                              kohlensaure Soda dem schwefelsauren Braunsteine zusezte, und nach vollkommener
                              Aussuͤßung, den Niederschlag in einem luftleeren Recipienten, der
                              uͤber Schwefel-Saͤure stand, austroknete. Es besteht genau aus
                              zwei Atomen kohlensaurem Braunstein + einem Atom Wasser, wie oben angegeben
                              wurde.
                           Am Ende muß ich noch bemerken, daß einige Fabrikanten die Chlorine zur Verfertigung
                              des oxigenirt kochsalzsauren Kalkes dadurch bereiten, daß sie einen Strom von
                              kochsalzsaurem Gase, das
                              sich aus Kochsalz und Vitrioloͤl entwikelte, uͤber eine Menge von
                              Braunstein hinziehen ließen. Auf diese Weise wird die entstehende schwefelsaure Soda
                              nicht mit schwefelsaurem Eisen und schwefelsaurem Braunsteine verunreinigt, wie dieß
                              bei der gewoͤhnlichen Methode der Fall istWenn man das schwefelsaure Natron rein
                                    erhalten will, so wird es immer besser seyn, die Kochsalzsaͤure aus
                                    der Mengung von Schwefelsaͤure und Kochsalz rein darzustellen, und
                                    diese Saͤure dann uͤber das gehoͤrige Quantum
                                    Braunstein zu gießen, um die Chlorine daraus zu entbinden. Das
                                    Durchstroͤmen der Kochsalzsaͤure durch Braunsteinpulver kann
                                    nie reine, sondern stets mit Kochsalzsaͤure vermegte Chlorine geben.
                                    D..
                           Glasgow den 7. Dezember 1821.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
