| Titel: | Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer. | 
| Autor: | Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 8, Jahrgang 1822, Nr. LIX., S. 489 | 
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                        LIX.
                        Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich von Kurrer.
                        (Fortsezung.)
                        v. Kurrer über das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen.
                        
                     
                        
                           Ueber das Bleichen der leinenen Lumpen (Hadern) zur weißen Papier-FabrikationDer Name
                                    Papier stammt urspruͤnglich von dem egyptischen Schilfrohr Papyrus,
                                    das auch unter dem Namen Byblos
                                    (Βυβλος) bekannt war, her, aus
                                    dessen innern Lagen die Egyptier Schreibpapier verfertigten.Die Kunst Papier zu machen, wurde aus dem Morgenlande zu uns gebracht. Im
                                    9ten oder 10ten Jahrhundert bereitete man daselbst Papier aus Baumwolle. Auf
                                    diese Papier-Bereitung gruͤndet sich ohne Zweifel die
                                    Erfindung des Papiers aus leinenen Lumpen (Hadern), nachdem die Kreuzfahrer
                                    das baumwollne Papier dort hatten kennen lernen.Die aͤlteste Papiermuͤhle in Europa, welche urkundlich
                                    angegeben werden kann, ist die bei dem Dorfe Fabriano in der Mark Ancona, deren
                                    Bartolus um's Jahr 1340 Erwaͤhnung thut a). Zu Nuͤrnberg wurde durch den Senator Ulmann Stromer im Jahr
                                    1390 die Erste in Deutschland errichtet b). Ein
                                    halbes Jahrhundert spaͤter entstand durch die Werkmeister Michael und
                                    Antonius aus Gallizien in Spanien eine Papiermuͤhle zu Basel, als die
                                    Erste in der Schweiz c). Hanns
                                    Schoͤnberger hatte 1482 eine eigene Papiermuͤhle zu
                                    Augsburg.England hatte die erste Papiermuͤhle einem Deutschen, Namens Spilmann
                                    zu verdanken; er legte sie unter der Regierung der Koͤnigin Elisabeth
                                    im Jahr 1588 zu Dartfort an, und wurde dafuͤr von dieser
                                    Koͤnigin zum Ritter gemacht d). Auch
                                    Rußland erhielt die erste Fabrik dieser Art durch einen Deutschen, Pfeifer,
                                    zu Moskowa, zur Zeit des Czaars Peter, welcher im Jahr 1712 auch
                                    Eigenthuͤmer der Schuchartischen Papiermuͤhle zu Dresden war
                                    e). Gegenwaͤrtig mag sich die Zahl
                                    der deutschen Papiermuͤhlen, gegen 500 belaufen. A. d. V.a) Bekmann Anleit. zur Technol. Goͤttingen
                                    1787. S. 118. Wehrs vom Papier 1789. S. 298. b)
                                    Kleine Chronik der Reichsstadt Nuͤrnberg, Altdorf 1790. S. 24. Von
                                    Murr Journal fuͤr Kunstgeschichte und allgem. Literatur 5 Thl. S.
                                    136–145. c) Joh.
                                       Jac. Hoffmanni Lex. univers. Basil. 1777. Fol. T. I. p. 557. d)
                                    Wehrs vom Papier S. 293. e) Wehrs S.
                                    229..
                           Die Kunst Papier zu bleichen erregte erst in der neuen Zeit
                              die Aufmerksamkeit mehrerer ausgezeichneten Chemiker. Die erste Veranlassung dazu
                              gab eigentlich die Entdekung der Chlorine (oxidirten Salzsaͤure), durch
                              welche Graf Berthollet den Weg bezeichnete, den spaͤter die Hrn. Chaptal,
                              O'Rreilly, Loysel, Pajot, Teuner u.a.m. mit einigem Erfolg betraten, indem sie
                              diesen hoͤchst wichtigen Gegenstand zur Vervollkommnung der
                              Papier-Fabrikation anwenden lehrten. Loysel legte in den Annales de Chimie T. XXXIX. S. 137 etc. ein Verfahren nieder, Papierzeug
                              durch Chlorine und deren Verbindungen zu bleichen; auch gibt das Repertory of arts. New
                                 series einige Verfahrungsarten an, fuͤr welche die Erfinder Patente
                              ausgewirkt haben. Campet und Cunningham in England bemuͤhten sich die
                              faͤrbenden Theile der Hadern durch Bleichen vermittelst Pottasche, Kalk und
                              Chlorine zu zerstoͤren. In der Schrift „Anleitung vermittelst der
                                 dephlogistisirten Salzsaͤure zu jeder Zeit schnell und schoͤn weiß
                                 zu bleichen, Leipzig 1793“ zeigt Tenner S.
                              235 etc. wie man Lumpen durch abwechselnde Behandlung in alkalischer Lauge und
                              Chlorine an Wasser gebunden bleichen koͤnne. Loschge, Papier-Fabrikant
                              zu Burgthan bei Nuͤrnberg, suchte dieß bei grauen leinenen Lumpen durch
                              kaustische Kali-Lauge zu bewirken.
                           Aber fast alle diese Verfahrungsarten sind mehr oder weniger mit Schwierigkeiten bei
                              der Ausfuͤhrung im Großen verbunden. Es wird daher dem deutschen
                              Papier-Fabrikanten sehr vortheilhaft, und dem Vaterlands-Freunde eben
                              so erfreulich seyn, wenn ich hier die moͤglichst vollkommene Produktion des
                              genannten Industriezweiges bekannt mache, wodurch bei ruͤhmlichem Wetteifer
                              unsere Papier-Fabrikanten die Einfuhr der hollaͤndischen, englischen,
                              franzoͤsischen und Basler Papiere sich vermindern, und mit der Zeit ganz
                              entbehrlich seyn wird.
                              Noch fehlt uns in Deutschland die zwekmaͤßige Bleiche zur Herstellung absolut
                              weißgebleichten Papiers, und noch bleiben wir deßwegen dem Auslands in dieser
                              Hinsicht zinsbar. Dieser Gegenstand ist also von großer Wichtigkeit, auch in
                              staatsoͤkonomischem Betracht, und er gehoͤrt zu den Bedingungen des
                              National-Wohlstandes. So ergreife ich mit Vergnuͤgen die Feder, um
                              meinen deutschen Bruͤdern in einer systematischen Reibenfolge die
                              Verfahrungsarten hier darzulegen, durch welche leinene Lumpen (Hadern) jeder Gattung
                              und Farbe fuͤr die weiße Papier-Fabrikation geschikt gemacht
                              werden.
                           In unseren Papiermuͤhlen pflegte man bis jezt damit zu beginnen, daß man die
                              verschiedenen leinenen Lumpen einer lange dauernden Fermentation durch Einweichen in
                              Wasser aussezte, wodurch die Waare den faulen Grad der Gaͤhrung anhaltend zu
                              bestehen hatte. Dieses sogenannte Faulen der Lumpen hat,
                              wenn die Faͤulniß einen zu hohen Grad erreicht, zwei schaͤdliche
                              Wirkungen; 1tens, daß die miasmatische
                              Ausduͤnstung nachtheilig auf die Gesundheit der Arbeiter einwirkt; 2tens, daß die Pflanzenfaser (Faden der Lumpen)
                              durch die allzugroße Faͤulniß angegriffen, und dadurch ein weniger
                              dauerhaftes Papier gewonnen wird. Am oͤftesten kann dieß in den warmen
                              Jahreszeiten sich ereignen, weil in unsern Papiermuͤhlen die Lumpen 5 bis 6
                              Wochen in Wasser geweicht bleiben. Nach der Faͤulung unterzieht man in diesen
                              Anstalten grobe und gefaͤrbte Lumpen der Behandlung mit Kalkwasser, um einen
                              Theil der Farbe zu zerstoͤren, was aber in den meisten Faͤllen der
                              Erwartung nicht genuͤgend entspricht.
                           Das Verfahren, die Lumpen fermiren zu lassen, trift man in allen
                              Papier-Fabriken von England, Holland, Frankreich, wie in dem uͤbrigen
                              Europa an; ich glaube aber, daß man in den drei genannten Laͤndern eine
                              groͤßere Sorgfalt darauf verwende, als bei uns. Es scheint mir auch außer
                              Zweifel zu seyn, daß in Großbritanien die Hadern vor der Anwendung zu weißem Papier
                              in den meisten Faͤllen kuͤnstlich gebleicht werden, wodurch die
                              eigentliche Faulung wegfaͤllt. Die fruͤheren Vorschlaͤge,
                              gestampfte Papiermaße (Papierteig) zu bleichen, verdienen ihrer
                              Unzulaͤnglichkeit wegen, gar keiner ErwaͤhnungWenn die Lumpen zu Teig gemacht sind, so ist
                                    der Zusammenhang dieses Teiges von der Art, daß er sich
                                    zusammendruͤkt, weßwegen die alkalische Lauge, die Chlorine, und das
                                    mit vielem Wasser verschwaͤchte schwefelsaure Bad nicht in alle
                                    Theile des Teiges eindringen kann, es entstehen dadurch in dem Papier Adern
                                    und verschiedene Abstufungen der Farbe, wie auch fruͤher schon Loysel
                                    in seiner Abhandlung a. a. O. bemerkte. A. d. V.. Wir kommen nun
                              zu den zwekmaͤßigsten Verfahrungsarten, leinene Hadern jeder Qualitaͤt und
                              Farbe fuͤr die Benuzung auf weißes Papier zu bleichen.
                           
                        
                           Sortiren und Zertrennen der Hadern (Lumpen).
                           Die erste Arbeit beim Bleichen besteht in dem sorgfaͤltigen Sortiren der
                              leinenen Hadern. Es geschieht dieses in der gewoͤhnlichen
                              Papier-Fabrikation durch Ausscheidung der a) ganz
                              feinen; b) feinen; c) mittel
                              feinen; d) ordinaͤren; e) groͤbern; f) ganz groben. Sie werden
                              dann wieder gesondert, a) in gebleichte; b) halbgebleichte; c)
                              ungebleichte, und d) gefaͤrbte von jeder Art der
                              Farbe. Diejenigen Lumpen oder Abfaͤlle der leinenen Fasern, die fuͤr
                              das Bleichen bestimmt sind, werden strenge sortirt, und alle schafwollene und
                              thierische Theile davon getrennt. Bevor das Bleichgeschaͤft beginnt,
                              muͤßen alle starke und uͤbereinander gehaͤufte Naͤthen,
                              Puffen und Pauschen weggenommen werden, weil sonst, die inneren Theile der Lumpen
                              nicht vollstaͤndig gebleicht wuͤrden, und daher in den Stampfen und
                              der hollaͤndischen Maschine (Hollaͤnder) ein desto farbiger Papierteig
                              zum Vorscheine kaͤme je dichter und uͤbereinandergehaͤufter
                              jene zusammengenaͤht waͤren. Dieß war zum Theil die Ursache, warum aus
                              der verweißen Papier-Fabrikation kein vollkommen guͤnstiges Resultat
                              hervorging. Bei geringern Sorten des weißen Papiers schaden Anhaͤngsel von
                              baumwollenen Geweben weniger; sie werden jedoch durch dieses Bleichverfahren eher
                              weißgebleicht, als leinene Stoffe.
                           
                        
                           Bleichen der weißen Lumpen (Hadern).
                           Wir verstehen unter weißen Hadern solche, welche in den Papiermuͤhlen sortirt
                              wurden, und von fruͤher gebleichten Dingen des haͤuslichen Gebrauches,
                              Kleidungsstuͤken u.s.w. herruͤhren. Dergleichen Lumpen sind, wenn sie
                              vom Schmuz durch Wasser gereiniget worden, mehr oder weniger weiß von Farbe,
                              behalten aber oͤfters Fleken, die sie durch Zufall angenommen haben; sehr
                              haͤufig findet man an ihnen sogenannte Rost- oder Eisenfleken. Alle
                              solche farbige Erscheinungen, so wie der festsizende Schweiß, den eine
                              gewoͤhnliche Wasche nicht wegzuschaffen vermag, verhindern die Verfertigung
                              eines ganz weißen Papiers; es wird aber hierauf in sehr vielen unsern deutschen
                              Papier-Fabriken noch zu wenig Ruͤksicht genommen. Um dergleichen
                              Lumpen schoͤn weiß, und daraus ein vollstaͤndiges Reusit zu erhalten,
                              verrichte man das Bleichen derselben auf folgende Art:
                           
                           
                              a) Eine große geraͤumige
                                 Buͤtte fuͤlle man bis 3/4 mit etwas eingedruͤkten Hadern
                                 an, gieße kochendes Flußwasser auf, und beschwere sodann die Lumpen mit einem
                                 durchloͤcherten Dekel, so daß die Fluͤßigkeit einige Zoll hoch
                                 daruͤber stehe. Nach 48 Stunden lasse man die Fluͤßigkeit durch
                                 den unten an der Buͤtte befindlichen Hahn ablaufen, bringe die Hadern in
                                 nicht zu enge geschlossenen Weidenkoͤrben in Bach- oder
                                 Flußwasser, und wasche sie so lange vermittelst hoͤlzerner Steken, bis
                                 die ablaufende Fluͤßigkeit ganz klar erscheint.
                              b) Ist dieses geschehen, so
                                 uͤbergieße man sie in einer andern Buͤtte mit einer kochenden
                                 1/4° nach Beks Areometer starken
                                 kaustisch-alkalischen Lauge, lasse sie bis zur gaͤnzlichen
                                 Erkaltung darin liegen, bringe sie in den Koͤrben wieder an den Fluß, und
                                 nach dem Auswaschen
                              c) in ein schwaches kaltes
                                 Chlorinbad. Hiezu kann man sich in den Bleichanstalten fuͤr baumwollene
                                 oder leinene Gewebe der schon mehrmals benuzten Bleichbaͤder bedienen. In
                                 einem solchen Bade werden die Lumpen alle zwei Stunden einmal
                                 aufgeruͤhrt, damit alle Theile derselben der
                                 Chlorin-Kalkaufloͤsung dargeboten werden, worauf man sie nach 24
                                 Stunden herausnimmt, in den Koͤrben am Fluß gut wascht, und
                              d) in ein schwaches ebenfalls schon
                                 gebrauchtes schwefelsaures Bad einlegtIn gut eingerichteten Bleichen, wo man sich des
                                       Chlorin-Kalks oder anderer Chlorin-Verbindungen beim
                                       Bleichen bedient, lassen sich die weißen und gefaͤrbten Hadern
                                       wohlfeil bleichen. Dieß gilt auch von der Anwendung der schwefelsauren
                                       Baͤder, weil man zum Bleichen der leinenen Lumpen diese bei der
                                       Baumwollen- und Leinen-Bleiche bereits benuzten
                                       Fluͤßigkeiten, die man alsdann als unbrauchbar bisher wegwirft,
                                       noch mit großem Vortheil verwenden kann. A. d. V., und darin
                                 gerade so, wie in dem Chlorin-Kalkbade behandelt. Nach
                                 sorgfaͤltigem Auswaschen und Abtroknen an der Sonne, erscheinen die
                                 Hadern blendend weiß in allen ihren Theilen, und das daraus verfertigte Papier
                                 laͤßt hinsichtlich der Weiße nichts zu wuͤnschen
                                 uͤbrig.
                              
                           Das Einweichen und das Uebergießen mit kochendem Wasser loͤst den Schmuz, die
                              alkalische Lauge, den Schweiß und andere Unreinigkeiten auf. Die
                              Chlorin-Kalkaufloͤsung, zerstoͤrt alle vorhandenen farbige
                              Erscheinungen wogegen das schwefelsaure Bad die zuruͤkgebliebenen
                              metallischen Oxide wegnimmt.
                           
                           Wenn das aus den gebleichten Hadern zu verfertigende weiße Papier einen rein
                              blaͤulichen Schein, gegen das Licht gehalten, bekommen soll, so rathe ich,
                              der Papiermaße von den im 8ten Bande dieses Journals, Seite 94, Anmerkung 42
                              beschriebenen blauen Indigoniederschlag in angemeßener Dosis zuzusezen.
                           
                        
                           Bleichen der halbgebleichten Hadern (Lumpen).
                           Wir verstehen unter halb gebleichten Hadern solche, welche fruͤher als
                              halbgebleichte Leinwand fuͤr den haͤuslichen Gebrauch verwendet, und
                              dann als zerrißene Stuͤke der Papier-Fabrikation zu Theil werden. Um
                              halbgebleichte Lumpen jeder Qualitaͤt vollkommen weiß zu bleichen, ist es
                              noͤthig die feine, mittelfeine, ordinaire und ganz grobe Waare, jede Gattung
                              seperat der Bleiche zu unterwerfen.
                           Den Anfang macht eine saure Gaͤhrung, wobei man also verfaͤhrt:
                           
                              „In eine geraͤumige Gaͤhrungs-Buͤtte werden
                                 die Lumpen unter stetem Zugießen von warmen Flußwasser eingetreten, bis erstere
                                 damit ganz angefuͤllt ist, und das Wasser einige Zoll hoch uͤber
                                 der Oberflaͤche der Waare steht. Um die Fermentation zu beschleunigen,
                                 seze man dem Wasser einige Haͤnde voll Kleien zu. Man applicire nun den
                                 durchloͤcherten Dekel, und beschwere denselben, damit die
                                 gaͤhrende Maße sich nicht in die Hoͤhe werfe. In diesem Zustande
                                 lasse man das Ganze im Sommer 6 bis 8 Tage ruhig stehen; im Winter oder bei
                                 feuchter und kalter Witterung wird dazu ein Lokal erfodert, dem man die
                                 Temperatur von 10–12° Reaum. geben
                                 kann. Nach Verlauf dieser Zeit laͤßt man das Wasser durch den unten an
                                 der Buͤtte angebrachten Hahn ablaufen, nimmt die Lumpen heraus, wascht
                                 sie in Weidenkoͤrben am Fluß oder BachWenn man sich in gut eingerichteten
                                       Leinwand- oder Baumwollen-Bleichen jaͤhrlich auf
                                       eine große Parthie Hadern zu bleichen Rechnung machen kann, so lohnt es
                                       sich der Muͤhe, statt der Weidenkoͤrbe,
                                       durchloͤcherte hoͤlzerne Kasten, gleich den Fischkasten,
                                       an dem Fluß oder Bach in den Bleich-Etablissement anbringen zu
                                       lassen. Solche Kasten muͤßen aber an den drei das Wasser
                                       beruͤhrenden Waͤnden viele Loͤcher haben, damit das
                                       unreine Wasser beim Auswaschen schnell ablaufen, und sich durch frischen
                                       Zugang stets ersezen koͤnne. In diesen Kasten werden die Hadern
                                       vermittelst hoͤlzerner Stoͤßel ausgestossen, und gut
                                       gewaschen. Auf solche Weise kann eine betraͤchtliche
                                       Quantitaͤt Hadern mit einem Male und schnell ausgewaschen werden.
                                       A. d. V., und disponirt sie fuͤr die erste
                                 kaustisch-alkalische Lauge.
                              
                           Das Auskochen in der kaustisch-alkalischen Lauge kann entweder in kupfernen Kesseln
                              verrichtet werden, oder im dampfartigen Laugen-Apparate. Lezterer faßt gegen
                              10 Centner Lumpen, die zusammen ausgelaugt werden. Die Staͤrke der
                              kaustisch-alkalischen Lauge richtet sich nach der Farbe der zu bleichenden
                              Waare, und steigt von 1 bis auf 4° nach Beks
                              Areometer. Im Kessel bleiben die Lumpen 6 bis 8 Stunden, waͤhrend welcher
                              Zeit die verdampfte Fluͤßigkeit durch frische Wasserzuspeisung ersezt wird;
                              im Apparat aber 10 Stunden, kockend. Im Lezteren laͤßt man sie so lange in
                              der Lauge liegen, bis diese auf 25–30°
                              abgekuͤhlt ist, zapft sodann die Fluͤssigkeit ab, nimmt die Lumpen
                              heraus, wascht sie am Fluß oder Bach in Weidenkoͤrben gut aus, und bringt sie
                              von da in ein Chlorin- oder Chlorin-Verbindungsbad.
                           Ich ziehe der Wohlfeile wegen den andern Chlorin-Verbindungsbaͤdern das
                              Chlorin-Kalkbad vor, in welchem die Lumpen alle zwei Stunden einmal gut
                              aufgeruͤhrt, und im Ganzen 24 Stunden lang darinen gelassen werden. Nun
                              werden sie herausgenommen, gewaschen und in ein schwefelsaures Bad 20–24
                              Stunden lang eingelegt. So wird mit dem Laugen in kaustischer Kalilauge, Durchnehmen
                              im Chlorin- und schwefelsauren Bade abwechselnd fortgefahren, bis die Lumpen
                              in allen Theilen vollkommen weiß gebleicht erscheinen. Hat man in den
                              Bleichanstalten einen geraͤumigen Wiesenplaz, so koͤnnen die Lumpen
                              darauf nach dem ersten schwefelsauren Bade, und Auswaschen in Wasser, einige Tage
                              ausgelegt, und nach dem zweiten schwefelsauren Bade das Auslegen wiederholt werden,
                              wodurch man etwas Bleichmaterial erspart.
                           
                        
                           Bleichen der rohen (ungebleichten) Hadern.
                           Rohe (ungebleichte) Hadern, von einer Leinwand, wie sie der Weber vom Stuhle
                              abliefert, sind, nach dem vorangegangenen Sortiren viel schwerer zu bleichen; auch
                              erfordern sie oͤftere abwechselnde Behandlung in den verschiedenen
                              Bleichbaͤdern.
                           Das Erste und Nothwendigste dabei ist eine kraͤftige Fermentation, die aber
                              nie den faulen Grad der Gaͤhrung erreichen darf. Sie geschieht in den
                              Gaͤhrungs-Buͤtten auf die oben angezeigte Art, nur daß man
                              wegen der vorhandenen Mehlschlichte keine Kleie noͤthig hat. Von der
                              sorgfaͤltig geleiteten Gaͤhrung der ungebleichten Hadern oder
                              Abfaͤlle leinener Stoffe haͤngt der gute Erfolg des uͤbrigen
                              Bleichprozesses ab. Rohe Hadern muͤßen zweimal gaͤhren, das erstemal
                              6–8 Tage lang, worauf die Fluͤßigkeit abgelassen, und wieder frisches warmes
                              Wasser aufgegossen wird, das man nach 8–10 taͤgigem ruhigen Stehen
                              ablaufen laͤßt. Die Hadern werden aus der
                              Gaͤhrungs-Buͤtte zum Auswaschen an den Fluß gebracht, und
                              dadurch zur ersten kaustisch-alkalischen Lauge vorgerichtet.
                           In dieser ersten 1 1/2° nach Beks Areometer
                              starken Lauge, kocht man sie in dem dampfartigen Laugen-Apparate 10–12
                              Stunden lang aus, bringt sie nach Ablaufen der Fluͤßigkeit an den Fluß oder
                              Bach, wascht sie aus, und unterwirft sie unmittelbar darauf einer zweiten Auskochung
                              in dem Apparate nur einer 2° starken Lauge.
                              Nach dem Waschen werden die Hadern 12–14 Stunden lang in ein
                              Chlorin-Kalkbad eingelegt, wieder ausgewaschen und in ein schwefelsaures Bad
                              gebracht, von da aber nach dem Auswaschen in einer 2 1/2° starken Lauge 10–12 Stunden lang gekocht, wieder
                              gewaschen, in das Chlorin-Kalkbad, und nach dem Auswaschen in das
                              schwefelsaure Bad eingelegt. Auf diese Weise wird so lange abwechselnd fortgefahren,
                              bis saͤmtliche Hadern eine ziemlich weiße Farbe zu zeigen beginnen; nun wird
                              die kaustisch-alkalische Lauge im Fortgange der Bleichoperation stets
                              verschwaͤchter an alkalischem Salze angewendet, wie bei der
                              Leinwand-Bleiche gelehrt worden. Bei großen Quantitaͤten zum Bleichen
                              thut man wohl, wenn man nach jedesmaliger Passage durch das alkalische Bad die
                              Lumpen sammt der anhaͤnden Lauge einige Tage auf die Bleichwiese ausstreut,
                              und bei heißer Witterung taͤglich einigemale mit Wasser begießet, wodurch in
                              dem Grade an Bleichmaterial erspart wird, in welchem die Luft- oder
                              Rasenbleiche von der farbigen Materie zerstoͤrt.
                           Es wuͤrde fuͤr unsere Papier-Fabriken in oͤkonomischer
                              Hinsicht von der hoͤchsten Wichtigkeit seyn, wenn im Verhaͤltniß zu
                              diesen Etablissementen gut eingerichtete
                              Baumwollen- oder Leinwand-Bleichen nach wissenschaftlichen Prinzipien
                              (wie wir sie bei der Baumwollen- und Leinen-Bleiche abgehandelt
                              haben,) vorhanden waͤren, um alle Hadern, sowohl weiße und halbgebleichte,
                              als rohe und gefaͤrbte in dergleichen Anstalten, nebenbei fuͤr einen
                              billigen Lohn, bleichen zu koͤnnen. In solchen Bleichanstalten kann man das
                              Material fuͤr die weiße Papier-Fabrikation mit sehr geringen
                              Auslage-Kosten vollkommen weiß gebleicht darstellen, durch Anwendung der
                              fuͤr die Baumwollen- und Leinen-Bleiche genuͤzten
                              alkalischen Lauge der Chlorin- und schwefelsauren Baͤder, die bis jezt
                              als unbrauchbar weggeworfen zu werden pflegenEs
                                    ist zu bedauren, daß die bei weitem groͤßere Zahl unserer deutschen
                                    Baumwollen- und Leinwand-Bleichen bis jezt noch ihren alten
                                    herkoͤmmlichen Schlendrian fortmachen; es wird daher auch noch
                                    lange dauern, bis der Wunsch, die Papier-Bleiche mit einer
                                    Leinwand- oder Baumwollen-Bleiche zu verbinden, sich in
                                    Wirklichkeit verwandeln wird. Nur durch eine Totalreform unserer
                                    mangelhaften Bleichen, oder besser noch dadurch, daß ein sachkundiger, dem
                                    Bleichgeschaͤft in seinem ganzen Umfange voͤllig gewachsener
                                    Mann an der Spize einer solchen Unternehmung tritt, kann die
                                    Papier-Bleiche nach jener Forderung in's Daseyn gelangen. Dieses
                                    waͤre dann ein mehrfacher Gewinn, indem dadurch Konkurrenz
                                    herbeigefuͤhrt, und der traͤge hinter dem Geist der Zeit
                                    zuruͤkbleibende Bleichinhaber durch den Drang der Selbsterhaltung
                                    gezwungen wuͤrde, gleichen Schnitt mit dem Zeitgeist zu thun. A. d.
                                    V..
                           
                           Das Bleichen geht zwar bei der Anwendung solcher Bleichabfaͤlle wegen
                              verminderter Kraft derselben etwas langsamer von statten; es wird aber der
                              Zeitverlust dadurch reichlich verguͤtet, daß außer der frisch gebrannten
                              Kalkerde, und dem Brennmaterial beim Auskochen in der kaustisch-alkalischen
                              Lauge nur noch der Arbeitslohn in die Kostenberechnung kommt, nachdem die
                              noͤthigen Geraͤthschaften einmal angeschaft worden sind.
                           Die fuͤr die Baumwollen- und Leinen-Bleiche untauglich gewordene
                              alkalische Lauge wird zur Papier-Bleiche mit frisch gebrannten Kalk wieder
                              aͤzend gemacht, wodurch der in dem Fluidum aufgeloͤste
                              Faͤrbestoff, und andere Unreinigkeiten groͤßtentheils
                              niedergeschlagen, und die Kohlensaͤure an die Kalkerde gebunden werden. Eine
                              auf solche Art regenerirte kaustisch-alkalische Lauge qualificirt sich
                              fuͤr das Bleichen der Hadern vollkommen gut.
                           Die fuͤr Baumwollen- oder Leinengewebe benuzten Chlorin- und
                              schwefelsauren Baͤder leisten bei dem Bleichen der Lumpen noch wesentliche
                              Dienste, wenn sie in derjenigen Beschaffenheit in Anwendung kommen, die wir
                              fruͤher bei der Baumwollen- und Leinen-Bleiche, als fuͤr
                              den fernern Gebrauch untauglich bezeichnet haben. Sollte es zuweilen geschehen, daß
                              das eine oder andere dieser Baͤder zu sehr an bleichender Kraft
                              erschoͤpft ist, so kann man durch einen geringen Zusaz von etwas frischem
                              Material ohne große Auslagskosten schnell nachhelfenBei dem Chlorin-Kalkbade, wenn dasselbe
                                    durch den Gebrauch noch eine Verbindung von unzersezter Chlorine und
                                    Kalkerde ausmacht, bewirkt ein verhaͤltnißmaͤßiger Zusaz von
                                    schwefelsaurem Wasser eine Zerlegung und Freiwerdung von Chlorine, wodurch
                                    die Wirkung auf das Bleichen der Hadern verstaͤrkt wird. Es ist dann
                                    unnoͤthig, frisch bereitete Chlorinkalk-Aufloͤsung
                                    hinzu zu fuͤgen, da eine hinzugeruͤhrte Portion des schon
                                    gebrauchten schwefelsauren Bades die gehoͤrige Bleichkraft wieder
                                    herzustellen vermag. A. d. V..
                           Es ist nicht zu verkennen, daß die Ausfuͤhrung dieses Vorschlages im Großen
                              fuͤr die Papier-Fabrikation hoͤchst wichtig sey. Die
                              uͤberaus großen Vortheile, welche daraus erwachsen, bestehen in
                              Folgendem:
                           
                              a) man kann der wohlfeilen Bleiche
                                 wegen die Kultur der weißen Papier-Fabrikation auf den hoͤchsten
                                 Gipfel der Vollkommenheit bringen, und ohne große Kosten selbst die ordinaire
                                 Schreibe- und Druk-Papiere in der gelungensten Weiße
                                 darstellen;
                              b) es zeigen sich, bei einem
                                 sorgfaͤltigen Sortiren, mittlere und groͤbere Hadern in weiß
                                 gebleichtem Zustande fuͤr die Darstellung feiner Papiersorten viel
                                 besser, als bei dem bisherigen Verfahren;
                              c) man erspart beim Bleichen des
                                 Papiermaterials gaͤnzlich das alkalische Salz, dessen Bedarf in ganz
                                 Deutschland eine große Quantitaͤt ausmacht, und bei Errichtung isolirter
                                 Papier-Bleichen die Kosten der Bleiche erhoͤht;
                              d) eben so wird die so
                                 nuͤzlich beim Bleichen wirkende Chlorine und ihre Verbindungen,
                                 und
                              e) Schwefelsaͤure
                                 erspart.
                              
                           Wenn wir den gegenwaͤrtigen Straßburger- und Basler-Papierhandel
                              in's Auge fassen, durch welchen bloß die Leipziger Buchhandlungen fast in jeder
                              Messe hundert und mehrere Ballen Drukpapier mit Aufopferung der Fracht und Spesen
                              schoͤner, qualitaͤtsreicher und billiger beziehen, als von uns; so
                              leuchtet das Unzureichende unserer vielen, durch ganz Deutschland verbreiteten
                              Papiermuͤhlen klar und deutlich ein. Moͤchte man doch einmal diesen
                              Gegenstand beherzigen, um mit andern Nationen in die Schranken zu treten, ja diese
                              noch an Guͤte der Waare zu uͤberbieten! Wir haben dieß in unserem
                              deutschen Vaterlande, (dem vorzuͤglichsten Leinwandlande der Welt) ganz in
                              unserer Gewalt; denn es kommt hauptsaͤchlich darauf an, daß
                           
                              a) von Seiten der
                                 Papier-Fabrikanten das Bleichgeschaͤft besser beachtet, und
                              b) unsere Regierungen die Ausfuhr
                                 aller leinenen Hadern bei strenger Ahndung verbieten.
                              
                           Die durch den fortschreitenden Geist der Zeit auf das Bleichwesen aufmerksam
                              gemachten Fabrikanten, werden unter solchen Praͤmissen nicht allein die
                              Konkurrenz mit den fremden Nationen herstellen, sondern selbst bei so
                              natuͤrlich vorwaltenden guͤnstigen Verhaͤltnissen das Ausland
                              noch zu uͤbertreffen suchen. Gehen nur erst einige sachkenntnißvolle
                              Maͤnner mit ihrem Beispiele voran, so werden Andere ihnen nachfolgen
                              muͤßen, und zulezt alle Papier-Fabrikanten Deutschlands sich ihrer
                              Selbsterhaltung wegen, genoͤthigt sehen, den alten Schlendrian zu verlassen,
                              und sich dem neuen Verfahren anzuschließen.
                           
                        
                           Bleichen der gefaͤrbten Hadern.
                           In der Papier-Fabrikation versteht man unter gefaͤrbten Hadern solche,
                              welche fruͤher fuͤr Kleidungsstuͤke aller Art ein- oder
                              mehrfarbig bedrukt worden. Um sie in den Papiermuͤhlen auf Papier zu
                              verwenden, pflegt man sie gewoͤhnlich in den Faulungs-Kasten zu
                              bringen, und von da mit Kalkwasser zu behandlen. Beim Weißbleichen derselben ist,
                              außer der Ausscheidung der feinen, mittlern und ordinairen Lumpen, der
                              Eigenthuͤmlichkeit der Farben wegen ein zweites Sortiren noͤthig; denn
                              diejenigen, welche Eisen als Grundlage ihrer Farben enthalten, muͤßen im
                              Bleichen anders behandelt werden, als jene, deren Farben an erdige Basen gebunden
                              sind.
                           In die Klasse der eisenhaltigen zaͤhlen wir die schwarze, graue, oliven und
                              braungefaͤrbten Hadern, welche am schnellsten und beßten auf folgende Weise
                              gebleicht werden.
                           
                              „Nachdem alle Naͤthe, Puffen und Pauschen aufgetrennt worden, werfe
                                 man sie in ein hoͤlzernes Faß, welches unten am Boden mir einem Hahnen
                                 versehen ist, und fuͤlle das Faß mit kochendem Wasser an. Einige Stunden
                                 hernach zapfe man die schmuzige Fluͤßigkeit ab, und gieße so lange
                                 kochendes Wasser nach, bis die Fluͤßigkeit nicht mehr truͤbe
                                 ablaͤuft. Durch dieses Verfahren werden die
                                 mechanisch-anhaͤngenden Unreinigkeiten, so wie der Staub von den
                                 Hadern abgewaschen. Man gieße nun eine kochende 1/2° starke kaustische Kalilauge auf, lasse sie mit den Hadern bis
                                 zur gaͤnzlichen Erkaltung stehen, zapfe die Fluͤßigkeit ab, und
                                 schaffe die Waare an den Fluß oder Bach zum Auswaschen. Die
                                 kaustisch-alkalische Lauge loͤst den Schweiß nebst allen fetten
                                 und erdigen Unreinigkeiten auf, und wirkt zugleich auf die gefaͤrbte
                                 Materie. Die Lumpen kommen jezt in ein Chlorin- und dann in ein
                                 schwefelsaures Bad, womit man so lange abwechselnd fortfaͤhrt, bis die
                                 Lumpen eine gelblichweiße Farbe zu zeigen anfangen. Nun erst tritt der Gebrauch
                                 der kaustisch-alkalischen Lauge ein, welche im Wechsel mit dem
                                 chlorinkalk- und schwefelsauren Bade so lange angewendet wird, (wie beim
                                 Bleichen der rohen Hadern gezeigt wurde,) bis die Waare vollkommen gebleicht
                                 erscheint. Nach dem jedesmaligen Herausnehmen derselben aus dem Chlorinkalk,
                                 schwefelsauren oder alkalischen Bade geschieht das Waschen am Fluß oder
                                 Bach.“
                              
                           Diese abgeaͤnderte Bleichmethode hat ihren Grund in der Natur der
                              gefaͤrbten Lumpen. Chlorine zerstoͤrt naͤmlich das mit dem Eisen verbundene
                              Pflanzen-Pigment; die Schwefelsaͤure loͤst die Eisenbasis auf;
                              und das spaͤter in Anwendung gebrachte Kali disponirt alle Schmuztheile und
                              Unreinigkeiten zur Loͤsung, worauf dieselben in den Chlorin- und
                              schwefelsauren Baͤdern ganz hinweggeschaft werden.
                           Die Klasse der Hadern mit erdigen Grundlagen umfaßt alle rothen, gelben,
                              gruͤnen und mit Indigo blau gefaͤrbten, beim Bleichen derselben
                              verfahre man also:
                           
                              „Nach dem Auswaschen der Lumpen in kochendem Wasser, nach der schwachen
                                 Alkalisirung und dem Chlorin- und schwefelsauren Bade, welche leztere
                                 jedoch nur zweimal noͤthig sind, um die gefaͤrbte oder aufgedrukte
                                 Farbe zu zerstoͤren, werden sie in der kaustischen Lauge ausgekocht, und
                                 wechselsweise in die Chlorin- und schwefelsauren Baͤder, so wie in
                                 die alkalische Lauge gebracht, bis sie dem Auge vollkommen weiß erscheinen. Die
                                 vorlezte Operation ist auch hier das Chlorinbad, die Allerlezte aber das
                                 schwefelsaure Bad; das Waschen am Fluß oder Bach versteht sich von
                                 selbst.“
                              
                           Die hiebei in's Spiel tretenden Agentien bewirken das Bleichen folgendergestalt: a) die Chlorine zerstoͤrt das an die Basis
                              gebundene Pigment; b) die Schwefelsaͤure thut
                              dieß bei den gelben, rothen und unaͤchten gruͤnen Farben, ohne jedoch
                              auf die Farbe des Indigos zu wirken; sie loͤst auch die erdigen und
                              metallischen Grundlagen auf, wenn das Pigment zuvor durch die Chlorine
                              zerstoͤrt ist. Das alkalische Salz wirkt wie bei dem Bleichen der
                              eisengrundhaltigen Hadern.
                           Eisenblau gefaͤrbte leinene Hadern kommen sehr selten, desto oͤfter
                              hingegen baumwollene mit eisenblauer Farbe in die Papiermuͤhlen. Dergleichen
                              blau gefaͤrbte Hadern von jeder Gattung der Pflanzenfaser lassen sich am
                              leichtesten nach dem Auswaschen in kochenden Wasser dadurch weiß bleichen, daß man
                              sie in einer kaustisch-alkalischen Lauge auskocht, welche den
                              eisenblaufaͤrbenden Stoff hinwegnimmt, und das Eisenoxid kalihaltig
                              zuruͤklaͤßt. Lezteres wird durch die Schwefelsaͤure in dem
                              schwefelsauren Bade hinweggeschafft, wenn die Lumpen einigemale in dasselbe
                              eingelegt werden. Um alle Eisentheile ganz zu beseitigen, und jeden Nachtheil
                              fuͤr ein absolut weißes Papier zu verhuͤten, gibt man am Ende der
                              Operation noch eine schwache alkalische Lauge, und bringt die Waare so lange in ein
                              schwefelsaures Bad, bis ein Tropfen eisenblausaure Kali oder Kalkaufloͤsung
                              auf einen ausgewaschenen Hader gebracht, denselben nicht mehr blau
                              faͤrbt.
                           
                           Chamois und rostgelb mit Eisensalzen gefaͤrbte Hadern, werden durch
                              schwefelsaure Baͤder am wohlfeilsten gebleicht, aber auch durch
                              Weinstein-Aufloͤsung vollkommen weiß gemacht, wenn man der
                              Weinstein-Aufloͤsung so lange Schwefelsaͤure zusezt, bis das
                              Kali des Weinsteins an die Schwefelsaͤure gebunden, und die Saͤure des
                              Weinsteins (Weinsteinsaͤure) in dem Fluidum aufgeloͤst
                              enthaͤlt. In einem solchen Bade kann auch Schwefelsaͤure
                              praͤdominiren.
                           Um mich in Ansehung der bleichenden Wirkung auf gefaͤrbte Hadern zu
                              uͤberzeugen, daß eigentlich nur die Oberflaͤche und diejenigen Theile,
                              welche auseinander getrennt sind, wirklich gebleicht werden, erbat ich mir von Herrn
                              Sieber, Papier-Fabrikanten in Augsburg, einen Zentner der
                              allergroͤbsten Bauernlumpen. Ich erhielt theils ganze, halbe und viertels
                              Kleidungsstuͤke, theils Fragmente, naͤmlich Westen, Hosen,
                              Struͤmpfe, Mieder, Jaken, Kammaschen etc. mir sehr stark uͤbereinander
                              genaͤhten Einschlaͤgen, Puffen, doppelt und dreifach aufeinander
                              genahten Fleken, in schwarzer, grauer, gruͤner, brauner und roher
                              Leinenstoff-Farbe. Der groͤßte Theil dieser Farben war auf rohen
                              ungebleichten Hanf- oder Werg-Grund gesezt.
                           Die erste Operation, die ich damit vornehmen ließ, bestund in einer
                              zwoͤlftaͤgigen Gaͤhrung in Wasser; die zweite in einem
                              kochenden Aufguße von einer schon fuͤr Baumwollen-Waare gebrauchten
                              alkalischen Lauge, ohne zuvor den Farbestoff durch aͤzenden Kalk
                              niederzuschlagen, und die Lauge kaustisch zu machen. In dieser Lauge ließ ich die
                              Lumpen, wegen Mangel an Zeit, 5 Tage liegen, alsdann auswaschen, und 12 Stunden lang
                              in ein ebenfalls ausgebrauchtes Chlorin-Kalkbad einlegen, und nun nach dem
                              Auswaschen in ein benuztes schwefelsaures Bad, auf 18 Stunden, bringen. Die zweite
                              Operation mit der alkalischen Lauge wurde wiederholt, die Lumpen blieben aber nicht
                              laͤnger als 12 Stunden darin liegen, und wurden wechselsweise viermal in dem Kali-Chlorinkalk und schwefelsauren
                              Bade behandelt. Sie befanden sich jezt in dem Zustand einer unvollstaͤndigen
                              Bleiche, indem zwar diejenigen Theile, die nicht aufeinander genaͤhet waren,
                              durchaus entfaͤrbt erschienen, jene hingegen, die Pauschen, Puffen,
                              uͤbereinander genaͤhte Fleken und Umschlaͤge hatten, nur
                              aͤußerlich gebleicht, innerlich aber noch sehr gefaͤrbt sich
                              darstellten.
                           Dieser Versuch bestaͤtigte die Vermuthung, daß, um Lumpen jeder Gattung und
                              Farbe fuͤr die weiße Papier-Fabrikation zu bleichen, alle
                              Naͤthe etc. auseinander getrennt werden muͤßen, weil sonst aus der
                              Stampfmuͤhle oder der hollaͤndischen Maschine ein Papierteig zum
                              Vorschein kommt, der in einer zum Theil farbigen Mischung besteht.
                           
                        
                           Bleichen der Drukmakulatur und des beschriebenen Makulatur-Papiers.
                           Die uͤberhand genommene Ausfuhr der guten leinenen Hadern, und der dadurch
                              erzeugte Mangel an hinreichender guter Papiermaße veranlaßte Claproth in
                              Goͤttingen, untern deutschen Papier-Fabrikanten den Vorschlag zu
                              machen, Drukmakulatur zu bleichen, und aus der gebleichten Maße neues Papier zu
                              fertigen. Er gab folgendes Verfahren hiezu an:
                           
                              „Das bedrukte Papier soll in heißes Wasser eingeweicht, hernach mit etwas
                                 Walkererde und Terpentinoͤl in's Papier-Geschirr gebracht, wie halbes Zeug verarbeitet, und sodann in der
                                 hollaͤndischen Maschine wie ganzes Zeug
                                 zugerichtet werden. Man gewinnt aber durch diese Behandlung nur ein Papier von
                                 grauer oder gelblicher Farbe. Um Drukmakulatur vollkommen weiß zu bleichen, muß
                                 man die Papiermaße nach der Behandlung mit Walkererde und Terpentinoͤl,
                                 in kaustisch-alkalischer Lauge, damit der noch vorhandene Oelfirniß der
                                 Drukerschwaͤrze weggetilgt werde, auskochen, hierauf in ein
                                 schwefelsaures Bad, und von da erst in die hollaͤndische Maschine
                                 bringen. Ist die Makulatur durch das Alter stark gelb gefaͤrbt, so wird
                                 vor dem schwefelsauren Bade das Durchnehmen durch ein Chlorinbad noͤthig,
                                 um ein rein weißes Produkt zu erhalten.
                              
                           Soll beschriebene Maculatur gebleicht, und in eine weiße
                              Maße fuͤr die Papier-Fabrikation verwandelt werden, so hat man zuerst
                              den Leim durch Einweichen in heißem Wasser aufzuloͤsen; worauf man die Farbe
                              der Tinte durch Chlorine zerstoͤrt, und das zuruͤkgebliebene gelbe
                              Eisenoxid mittelst schwefelsaurer Baͤder hinwegnimmt.
                           Es verdient jedoch solche Anwendung von bedrukter oder beschriebener Makulatur zu
                              weißem Papier nur in der hoͤchsten Noth die Aufmerksamkeit unserer
                              Papier-Fabrikanten, weil eine zu große Menge Makulatur erfodert wird, und
                              diese, wegen anderwaͤrtiger starker Nachfrage, theurer als gute leinene
                              Lumpen im Preise zu stehen kommt; uͤberdieß auch die Kosten des
                              Bleich-Prozesses nicht unbedeutend sind.
                           Ich bemerke noch, daß Strohpapier in der Bleiche andere Agentien bedingt, als
                              baumwollen oder leinene Stoffe. Um weißes Strohpapier darzustellen, wird das Stroh
                              zuvor vermittelst schweflichsaurer Daͤmpfe oder der liquiden schweflichen
                              Saͤure gebleicht; doch dieß soll bei dem Artikel der Strohbleiche naͤher auseinander gesezt werden.