| Titel: | Ueber Fabrikation der schwefeligen Säure in Frankreich und den Gebrauch derselben. | 
| Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LIII., S. 343 | 
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                        LIII.
                        Ueber Fabrikation der schwefeligen Säure in Frankreich und den Gebrauch derselben.
                        Aus dem Dictionaire Technologique in Gill's technical Repository. VII. S. 41.
                        Ueber Fabrikation der schwefeligen Säure in Frankreich.
                        
                     
                        
                           Diese Saͤure, die man bereits in den fruͤhesten
                              Zeiten kannte, und die Stahl zuerst beschrieb, wurde von Pristley untersucht, und
                              vor einigen Jahren von Gay-Lussac und Berzelius analysirt. Man findet sie
                              selten in der Natur und dieß nur augenbliklich durch Verbrennung des Schwefels und
                              der Schwefelkiese in der Nahe der Vulcane.
                           Wenn man sie in Gasgestalt anwenden will, so erhaͤlt man sie unmittelbar in
                              dieser Form durch Verbrennung des Schwefels in der atmosphaͤrischen Luft.
                              Mittelst einer Saug- und Drukpumpe oder eines doppelten Gasometers, der an
                              beiden Enden eines beweglichen Balkens aufgehaͤngt ist, kann ein Luftstrom
                              erzeugt werden, welcher die zur vollkommenen Entzuͤndung des Schwefels
                              noͤthige Menge Luft auf denselben leitet: die Produkte dieser Verbrennung
                              werden dann durch Wasser, Aufloͤsungen etc. durchgefuͤhrt, und auf
                              diese Weise verdichtet. Dieses Verfahren ist weit oͤkonomischer, als das
                              gegenwaͤrtig gebraͤuchliche, wodurch man sie in demselben Zustande
                              erhaͤlt. Man muß indessen gestehen, daß, da diese Verbindungen bisher noch
                              nicht im Großen angewendet wurden, die Ersparung, welche durch irgend eine besondere
                              Methode bei Erzeugung derselben Statt haben mag, nicht von großer Bedeutung ist.
                           Man erhaͤlt Schwefelsaͤure im Großen durch schwefelige Saͤure:
                              ein Kilogramm Schwefel liefert bei seiner Verbrennung 693 Litres schwefelige
                              Saͤure, oder, dem Gewichte nach, ein Kilogramm 930 Gramme, welche sich in 19 Kilogrammen
                              Wasser verdichten laͤßt.
                           Wenn man schwefelige Saͤure mit Wasser oder irgend einem anderen Mittel
                              verbinden will, wird sie gewoͤhnlich durch Zusezung der Schwefelsaure
                              mittelst Hize und Holz, Kohlenstaub oder Saͤgespanen erzeugt.
                              Saͤgespaͤne oder Holz-SpaͤneHolzspaͤne sind besser, in dem sie sich nicht so zusammen halten und
                                    eine harte Maße bilden, was bei den Saͤgespaͤnen so oft der
                                    Fall ist. A. d. D. sind in dieser Hinsicht besser, in dem die Bestand-Theile derselben,
                              Kohlenstoff und Wasserstoff, sich nach und nach in einem mehr vollkommen vertheilten
                              Zustande der Einwirkung der Schwefelsaure darbiethen, und eine weit groͤßere
                              Flaͤche von Kohlenstoff, als Holzkohle, derselben bloß stellen, auf welche
                              leztere wegen der Zusammenhaͤufung ihrer Grund-Theilchen die
                              Saͤure nicht so leicht einwirken kann. Man gibt in einen glaͤsernen in
                              einem Sandbade befindlichen, Ballon Saͤgespaͤne und gießt darauf,
                              mittelst einer 8 foͤrmig gekruͤmmten Roͤhre oder mittelst einer
                              Sicherheitsroͤhre, drei Theile concentrirte Schwefelsaͤure. Die
                              Saͤgespane und die Schwefelsaͤure duͤrfen nicht mehr als zwei
                              Drittel des ganzen Raumes des Ballons einnehmen, und dieser muß, mittelst einer
                              gekruͤmmten Roͤhre, mit einem Woulfe'schen Apparate in Verbindung
                              gebracht werden, dessen Flaschen zu zwei Dritteln mit jener Fluͤssigkeit
                              gefuͤllt sind, in welcher sich das schwefeligsaure Gas verdichtet. Die
                              Schwefelsaͤure und die Saͤgespaͤne werden dann bis zum gelinden
                              Sieden erhizt, und waͤhrend der ganzen Operation in dieser Temperatur
                              erhalten. Auf diese Weise kann man schwefelige Saͤure und schwefeligsauren
                              Kalk zugleich, oder jedes derselben einzeln erhalten. Fluͤßige, schwefelige
                              Saͤure erhaͤlt man in der Flasche, in welcher reines Wasser
                              vorgeschlagen ist; dieses verschlingt naͤmlich zu seiner Saͤttigung 37
                              mal so viel schwefelige Saͤure dem Umfange nach, oder beinahe ein Zehntel
                              seines Gewichtes: vollkommene Saͤttigung hat dann Statt, wenn die schwefelige
                              Saͤure aus der Flasche entweicht, was man leicht aus dem Geruche erkennt. 100
                              Theile Schwefelsaure geben 54 schwefelige Saͤure, welche in den 340 Theilen
                              saurer Fluͤßigkeit enthalten sindDiese Verhaͤltniße sind nach dem Maximum der Producte berechnet; sie
                                    weichen aber, nach dem zufaͤllig waͤhrend der Operation
                                    erlittenen Verluste, immer etwas von einander ab. A. d. D..
                           Die schwefeligsaure Soda bildet sich in der Flasche, in welcher 200 Theile einer
                              Aufloͤsung von basischer, kohlensaurer Soda vorgeschlagen wurden. – 40 Theile Soda sind
                              das Aequivalent fuͤr 100 Theile angewendeter SchwefelsaͤureWenn die Aufloͤsung der schwefeligsauren Soda mehr concentrirt seyn
                                    soll, so macht die krystallisirte basische Kohlensaͤure in bereits
                                    gesaͤttigtes Wasser gebracht werden. Da die schwefeligsaure Soda mehr
                                    aufloͤsbar ist als die basisch kohlensaure, so werden die Krystalle
                                    bei ihrer Zersezung durch die schwefelige Saͤure bald verschwinden:
                                    A. d. D.. Auch den schwefeligsauren Kalk wird man bald in der Flasche finden, in
                              welcher der Kalk mehr oder minder dik, vorgeschlagen wurde, und 100 Theile
                              Schwefelsaͤure werden 115 schwefeligsauren Kalk geben, welcher nicht weniger
                              als 800 mal sein Gewicht Wasser zur Aufloͤsung fodert. Beinahe alle anderen
                              schwefeligsauren Salze koͤnnen auf aͤhnliche Weise erhalten werden; da
                              sie aber nur in Laboratorien gebraucht werden, wollen wir nicht bei denselben
                              verweilen. Zum Gebrauche des Laboratoriums bereitet man schwefelige Saͤure
                              und die schwefeligsauren Verbindungen, in dem man in einem glaͤsernen Ballon,
                              der mit einem Woulfe'schen Apparate in Verbindung steht, sieben Theile concentrirte
                              Schwefelsaͤure auf einen Theil Queksilber einwirken laͤßt.
                           Man kann schwefeligsauren Kalk in fester Gestalt, in groͤßerer Menge und
                              leichter als auf obige Weise erhalten, wenn man, statt des Woulfe'schen Apparates,
                              ein mit eisernen Reifen stark beschlagenes und mit einem doppelten Boden versehenes
                              Faß nimmt, und in dieses das Ende des Ballons leitet, in welchem die
                              Schwefelsaͤure mit den Spaͤnen enthalten ist. Die schwefelige
                              Saͤure wird hier in Gasgestalt durch eine Roͤhre in den unteren Theil
                              des Faßes zwischen die beiden Boͤden geleitet, aus welchen sie keinen anderen
                              Ausweg als durch die Loͤcher findet, welche in dem oberen Boden eingebohrt
                              sind. Hier geht sie durch kohlensauren Kalk, der in Stuͤke gebrochen und
                              angefeuchtet ist, und den ganzen oberen Theil des Fasses fuͤllt. Dieser Kalk
                              muß leicht und in kleinen Stuͤken eingelegt seyn, damit Zwischenraum zum
                              Durchgange des Gases durch dieselben uͤbrig bleibt. Durch die große
                              Oberflaͤche, welche dieser Kalk, der die Entweichung des schwefeligsauren
                              Gases hindert, demselben darbiethet, wird es vollkommen verdichtet; die Hize, welche
                              waͤhrend der Zersezung des Kalkes entsteht, verdampft alles Wasser, mit
                              welchem derselbe befeuchtet war, und der auf diese Weise erhaltene schwefeligsaure
                              Kalk bleibt hart und troken zuruͤk. Die relativen Verhaͤltniße des
                              Kalkes (wovon 100 Theile
                              beinahe 50 Theilen kaustischen Kalkes gleich kommen) der schwefeligen Saͤure,
                              der Saͤgespaͤne etc. sind dieselben, wie bei dem vorigen Prozesse.
                           Man braucht die schwefelige Saͤure in Gasgestalt zum Bleichen der Wolle,
                              Seide, Hausenblase etc. zum Ausbringen der Obstfleken; zur Heilung galliger und
                              verschiedener Haut-Krankheiten; zum Klaͤren und zum Unterbrechen der
                              Gaͤhrung der Weine etc. etc. Wir haben mit Vortheil saure schwefeligsaure
                              Soda zum Bleichen des Lindenholzes und anderer Holzarten, deren sich die
                              Korbflechter bedienen, und zum Bleichen der weissen Strohhuͤte angewendet.
                              Saurer schwefeligsaurer Kalk wurde haͤufig zum Unterbrechen der
                              Gaͤhrung des Traubenmostes, aus welchem man Zuker oder Syrup machen wollte,
                              gebraucht. Eben so wendeten einige Runkelruͤben-Zukerfabrikanten
                              denselben an, um die Gaͤhrung des Saftes der Ruͤben zu
                              verhuͤten. Auch zum Aufhalten der geistigen und sauren Gaͤhrung bei
                              dem Brantweinbrennen macht man von schwefelsaurem Kalke Gebrauch: ein
                              Fuͤnfhundertel des Gewichtes der gaͤhrenden Fluͤßigkeit reicht
                              von diesem Kalke hin. Die Wirkung der schwefeligen Saͤure und ihrer
                              Verbindungen laͤßt sich leicht erklaͤren: sie ziehen den Sauerstoff
                              an, und gehen dadurch in den Zustand von Schwefelsaͤure und von
                              schwefelsauren Verbindungen uͤber.
                           Die schwefelige Saͤure wird, bei Verbrennung des Schwefels, dadurch erzeugt,
                              daß der Schwefel sich mit dem Sauerstoffe der atmosphaͤrischen Luft in dem
                              Verhaͤltnisse von 93 Sauerstoff zu 100 Schwefel verbindet. Wenn man aber
                              dieselbe aus Schwefelsaͤure bereitet, so wird leztere zersezt; ein Drittel
                              des Sauerstoffes derselben vereinigt sich mit dem Kohlenstoffe, und bildet
                              kohlensaures Gas; der Sauerstoff, welcher zuruͤkbleibt, bildet die
                              schwefelige Saͤure. Wenn man Saͤgespaͤne oder Holzspaͤne
                              dazu genommen hat, bildet dieselbe Menge Sauerstoffes der Schwefelsaͤure mit
                              Kohlenstoff und Wasserstoff Wasser und Kohlensaͤure; der Wasserstoff wird
                              frei, und die Kohlensaͤure, welche, so bald sie fluͤchtig wird, sich
                              mit dem Wasser, mit der Soda oder mit dem Kalke verbindet, wird durch die
                              schwefelige Saͤure wieder aus diesen Verbindungen entbunden.
                           Reine schwefelige Saͤure ist ein vollkommen unsichtbares Gas, welches heftigen
                              Husten erregt, und dessen Geruch von den brennenden Schwefelkerzchen her
                              hinlaͤnglich bekannt ist. Die schwefeligsauren Verbindungen zerstoͤren
                              die blauen Pflanzenfarben, und dadurch erkennt man auch das Daseyn derselben in der
                              im Handel vorkommenden, getrokneten, basischen kohlensauren Pottasche:
                              uͤberschuͤßig damit gesaͤttigte Soda, so wie die schwefelige
                              Saͤure selbst, bringt alle blaue Fleken von Malven, Veilchen, und Lakmus aus.
                              Die fluͤßige schwefelige Saͤure ist weiß, riecht sehr stark und eben
                              so, wie das Gas. Sie muß in wohl zugestoͤpselten Flaschen aufbewahrt werden,
                              was gleichfalls bei ihren Verbindungen beobachtet werden muß, damit der Sauerstoff
                              der Atmosphaͤre nicht auf dieselben einwirken kann. Der schwefeligsaure Kalt
                              ist so, wie die schwefeligsaure Soda, weiß; ersterer ist nur etwas wenig, leztere
                              sehr aufloͤsbar, und beide zeichnen sich, so wie alle uͤbrigen
                              schwefeligsauren Verbindungen, durch den Geruch nach schwefeligsaurem Gase aus,
                              welchen sie bei ihrer Zersezung durch Schwefel-Salpeter oder
                              Kochsalzsaͤure etc. von sich gebenSchwefelige Saͤure und die schwefeligsaure Salze sind in billigem
                                    Preis bei mir zu haben. D..