| Titel: | Ueber Hydrochlor- (Kochsalz-) Säure-Fabrikation in Frankreich. | 
| Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LXVII., S. 421 | 
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                        LXVII.
                        Ueber Hydrochlor- (Kochsalz-) Säure-Fabrikation in Frankreich.
                        Aus dem Dictionnaire Technologique, in Gill's technical Repository. N. VIII. S. 135. N. IX. S. 150.
                        Ueber Hydrochlor-Säure-Fabrikation in Frankreich.
                        
                     
                        
                           Die Hydrochlor-Saͤure kommt im Handel unter dem
                              Namen Kochsalz-Saͤure, Salzgeist etc. vor. Die Bereitung dieser
                              Saͤure im Großen datirt sich in Frankreich von dem Beginnen der
                              Soda-Fabrikation her. Als man Le Blanc's
                              Verfahren, das Glaubersalz oder die schwefelsaure Soda in kuͤnstliche Soda zu
                              verwandeln, in Hrn. Payen's Laboratorium anwendete, wurde
                              Kochsalz durch Schwefelsaͤure von 55° in großen bleiernen Kesseln (von
                              3 Metres Laͤnge, 1,66 Metres Weite 34 Centimetres Tiefe), welche mit
                              Bleiplatten bedekt und verkittet waren, zersezt. Das salzsaure Gas, welches sich
                              entwikelte, wurde durch einen Kanal von glasirten Ziegeln, der 600 Metres lang war,
                              geleitet, und darin durch eine Schichte Wassers von einigen Millimetres Tiefe,
                              welches langsam und in entgegengesezter Richtung gegen die Stroͤmung des Gases
                              zuruͤk floß, so daß es bei einem Mette um 5 Millimetres Fall hatte,
                              verdichtet. Man fand, daß die Kochsalz-Saͤure an jenem Ende des
                              Kanales, welches dem Apparate am naͤchsten lag, so sehr als moͤglich
                              verdichtet, und ziemlich rein war, waͤhrend das verdichtende Wasser gegen das
                              andere Ende hin allmaͤhlich an Dichtheit abnahm, und nur wenig Saͤure
                              enthielt. Dieser Verdichtungs-Apparat war nun so ziemlich vollkommen; allein,
                              die Zersezung des Kochsalzes konnte in den bleiernen Kesseln nicht vollendet werden,
                              und man fand, daß das Feuer eines Reverberir-Ofens zur vollkommenen Zersezung
                              noͤthig war. Man verlor hiebei 50 Centimes Kochsalz-Saͤure. Die
                              große Menge Gases, welche sich entwikelte, waͤhrend die bleiernen Kessel
                              entleert wurden, erstikte die Arbeiter, und diejenigen, welche noch nahmen konnten,
                              spieen Blut, und man mußte ihnen Milch reichen, um sie zu erhalten.
                           Der Verbrauch von Kochsalz- oder Hydrochlor-Saͤure war damals
                              nicht sehr betraͤchtlich, und der Verlust den man an derselben erlitt, von
                              geringer Bedeutung, und, selbst spaͤter noch, vernachlaͤßigte man bei
                              der Soda-Erzeugung die Gewinnung der Kochsalzsaͤure gaͤnzlich.
                              Man bediente sich des Verfahrens der sogenannten Kneipen (des
                                 Bastringues); das Gas wurde in weite Gewoͤlbe unter der Erde
                              geleitet, wo es von stroͤmendem Wasser verdichtet wurde, Auf diese Weise
                              suchte man den Zerstoͤrungen der Vegetation in den Umgebungen vorzubeugen,
                              die ehevor so oft Statt hatte, penn Nebel das salzsaure Gas, das sich aus diesen
                              Fabriken erhob, aus des Luft auf die Erde niederdruͤkten, Zu Marseilles, wo
                              weit mehr Soda-Fabriken existiren, als man Kochsalzsaͤure braucht, ist
                              dieses Verfahren allgemein, und selbst in den neueren Zeiten hat Graf Chaptal seine
                              Fabrik zu Paris nach diesem Kneipen-Systeme erbaut. In den lezteren Jahren
                              ist jedoch die Nachfrage nach Kochsalzsaure haͤufiger geworden; man sucht jezt in den
                              Soda-Fabriken beide Producte zu gewinnen, und der Apparat zur Erhaltung der
                              Kochsalz-Saͤure wurde auf so mannigfaltige Weise abgeaͤndert,
                              daß es hier unmoͤglich ist, alle die verschiedenen Formen zu beschreiben. Wir
                              wollen hier bloß zwei derselben angeben, die die wichtigsten sind, und noch immer
                              angewendet werden, und hie Gruͤnde anfuͤhren, warum eine dritte
                              Vorrichtung bei der Fabrikation der Kochsalz-Saͤure, die wir
                              spaͤter angeben werden, den Vorzug verdient.
                           
                        
                           Beschreibung der sogenannten Kneipen-Vorrichtung (des Bastringues).
                           Am Ende des Soda-Ofens, eines sogenannten Reverberir-Ofens, ist ein
                              bleiernes Beken von der Weite des Ofens (1 Metre und 66 Cent.), 33 Centimetres tief,
                              und 2 Metres lang so eingemauert, daß die oberen Kanten, welche mit Platten von
                              Gußeisen bedekt sind, gleich hoch mit dem Durchzuge der Flamme stehen, welche aus
                              dem Ofen aufsteigt. Das aus Ziegeln gemauerte Gewoͤlbe, welches das Beten
                              dekt, ist wie an einem Reverberir-Ofen gebaut, und von der, selben
                              Hoͤhe. Die Flamme, welche aus dem Ofen kommt, tritt in das Gewoͤlbe,
                              und laͤuft uͤber die Oberflaͤche der gegossenen eisernen
                              Platten in einem 11 Centimetres hohen Zuge hin, und kehrt uͤber sich selbst
                              zuruͤk, wird hierauf, nachdem sie durch eine Oeffnung unter dem Boden des
                              Bekens durchgegangen ist, in zwei Theile getheilt, und zieht durch zwei
                              Seiten-Kanaͤle in den Schornstein. Dieses Beken, oder der Kessel, ist
                              so eingesezt, daß alle seine Theile in die Kanaͤle eingehuͤllt sind,
                              welche die aus dem Soda-Ofen kommende Hize leiten, so daß diese Hize noch
                              einmal benuͤzt wird. An dem Ende des Bekens oͤffnet sich eine
                              Thuͤre, durch welche das Koch- oder Seesalz in dasselbe gebracht
                              (– gewoͤhnlich besteht eine Fuͤllung aus 12 Saͤken,
                              jedem zu 100 Kilogrammen, oder aus 1200 Kilogrammen), und welche dann so genau als
                              moͤglich verkittet wird. Hierauf wird nicht concentrirte Schwefelsaͤure
                              (naͤmlich Schwefel-Saͤure von 54° Beaumé,
                              aͤquivalent von 57/100 trokner Saͤure, und von jener Saͤure 100
                              Theile auf 100 Theile Salz gerechnet) durch eine an dem oberen Theile des Bekens
                              angebrachte Oeffnung zugegossen. Es erfolgt Zersezung, die
                              Kochsalz-Saͤure entwikelt sich verbunden mit Wasserdaͤmpfen,
                              und geht durch vier irdene Roͤhren in
                              Abkuͤhlungs-Gefaͤße, wo sie sich verdichtet. Diese
                              Abkuͤhlungs-Gefaͤße bestehen aus 6 bis 8 in einer Reihe
                              senkrecht und umgekehrt uͤber einander stehenden, irdenen Gefaͤßen, so
                              daß der Hals des einen in den Boden des anderen eintritt. Das Gas laͤuft
                              durch alle vom obersten zum untersten, und muß, ehe es in das lezte tritt,
                              verdichtet werden.
                           Die Saͤure fließt von dem Boden aus, und fuͤllt nach und nach die
                              Flaschen, in welchen sie zu Markte gesendet wird. Wenn die Operation vollendet ist,
                              oͤffnet man die Thuͤre an dem Beken, und laͤßt den
                              Ruͤkstand in Form eines fluͤßigen Breies auf eine vierekige Platte von
                              Ziegelsteinen außen am Ofen ablaufen. Dieser Ruͤkstand erhaͤrtet bei
                              dem Abkuͤhlen, und wird dann zur Soda-Erzeugung in Stuͤke
                              zerschlagen. Die ungeheuere Menge von Gas, welche waͤhrend dieser Entleerung
                              des Bekens entwikelt wird, wacht diese Periode der Operation zur beschwerlichsten
                              fuͤr die Arbeiter. Es ist, wie wir oben sagten, hieraus klar, daß dieses
                              Verfahren sehr unvollkommen ist, vorzuͤglich, wenn man zugleich
                              Kochsalz-Saͤure gewinnen will. Die Schwierigkeit, die eisernen
                              Platten, welche das Beken bedeken, gehoͤrig zu verkitten; die
                              Unmoͤglichkeit, die Zersezung dieses Salzes vollkommen zu bewerkstelligen, in
                              dem der Ruͤkstand fluͤßig bleiben muß; und endlich der Verlust,
                              welcher durch das Schmelzen des Bleies und die Aenderung der Form desselben entsteht
                              etc., lassen nie mehr als 80–90 Hydrochlorsaͤure von 21°
                              Beaumé oder 1170° spec. Schwere, als Aequivalent von 25 wirklicher Saͤure, aus
                              100 Theilen angewendeten Salzes gewinnen. Dieß ist aber kaum zwei Dritthell von
                              demjenigen, was man gewinnen kann.
                           Der zweite Apparat, den man anwendete, und dessen sich einige Fabrikanten noch heute
                              zu Tage bedienen, besteht aus einet Gallerie.„Gallery“ heißt es im engl. Originale. Vielleicht
                                    sollte es Galeren-Ofen heißen. A. d. Ueb. welche 15–20 Kessel aus Guß-Eisen enthaͤlt, die 66
                              Centimetres im Durchmesser halten, und 40 Centimetres tief sind. Diese Kessel sind
                              mit bleiernen Dekeln bedekt, welche darauf aufgekittet, und an dem Rande eines jeden
                              Kessels mittelst einer Kappe, die mit eisernen Schrauben oder Bolzen versehen ist,
                              befestigt sind. Nachdem das Salz eingetragen ist, werden die Dekel ausgekittet, und
                              jeder dieser Kessel mittelst einer krummen Roͤhre mit einer Reihe von
                              7–8 irdenen, mit doppelter TubulirungTubalirung versehenen, Flaschen in Verbindung gebracht, welche zur Haͤlfte mit
                              Wasser angefuͤllt sind, und welche mittelst doppelter gekruͤmmter
                              Roͤhren unter sich in Verbindung stehen. Hierauf wird 66 graͤdige
                              Schwefelsaͤure durch eine Oeffnung in jedem bleiernen Dekel zugegossen, und
                              nach und nach das Feuer allmaͤhlich so lang verstaͤrkt, bis alles Gas
                              sich entwikelt hat, und der Boden der Kessel kirschroth gluͤht. Da die
                              Saͤure in den zwei oder drei lezten Flaschen viel zu schwach ist, so werden
                              diese endlich dadurch mit Gas gesaͤttigt, daß man sie bei den folgenden
                              Operationen in die erste Reihe bringt. Es scheint uͤberfluͤßig, bei
                              diesem Verfahren laͤnger zu verweilen, da es mit so vielen Unbequemlichkeiten
                              verbunden ist, daß es aufgegeben zu werden verdient. Eine der groͤßten
                              Schwierigkeiten bei demselben besteht darin, die Massen von Glaubersalz aus den
                              Kesseln zu bringen, die darin fest sizen. Brennmateriale, Arbeit, Verderben der
                              Gefaͤßmachen dieses Verfahren noch uͤberdieß kostspieliger, als der folgende.
                           
                        
                           Beschreibung des Apparates, den man „die Cylinder“ nennt.
                           Wir nehmen hier einen Ofen, der fuͤr 20 Cylinder von folgenden Dimensionen
                              gebaut ist: Laͤnge; 1 Metre 65 Cetimetres; Durchmesser: 50 Centimetres; Dike:
                              3 Centimetres. Das Gußeisen, aus welchem die Cylinder verfertigt werden, muß so viel
                              moͤglich gleichfoͤrmig, und die Pike der Cylinder gleich seyn, um die
                              ungleichmaͤßigen Ausdehnungen, denen das Eisen unterworfen ist, zu vermeiden.
                              Obschon ein und derselbe Ofen 20 Cylinder enthaͤlt, so sind sie doch
                              paarweise abgesondert, und jedes Paar hat sein Gewoͤlbe und seinen Feuerherd.
                              Diese Cylinder muͤßen an allen ihren Theilen gleichmaͤßig erhizt
                              werden, damit die Zersezung des Salzes auf einmal geschehen kann, und die
                              Saͤuren sie weniger anfressen. (Gußeisen wird weniger angegriffen, wenn es
                              sehr heiß ist, und hie Schwefelsaͤure wenig Wasser enthaͤlt.) Sehr
                              viele Fabrikanten bauen, um Brennmateriale zu ersparen, ihre Ofen, so, daß der
                              Flamme der Durchgang durch mancherlei Vorrichtungen versperrt, und dieselbe außen um
                              den Cylinder herum laufen muß. Dieses System ist schlecht, und gewaͤhrt die
                              Ersparung nicht, die man davon erwartet. Die engen Durchgaͤnge
                              schwaͤchen den Zug, sie fuͤllen sich sehr bald mit dem darin
                              herdichteten Rauche, der in einem freieren Raume sich auf eine vorteilhaftere Weise
                              verbrennen wuͤrde: die Zersezung geschieht ungleich und minder vollkommen,
                              und die Cylinder werden mehr angefressen. Es ist daher hoͤchst wichtig, die
                              Hize uͤberall und gleichfoͤrmig zu vertheilen, und beinahe frei
                              einwirken zu lassen. Um dieß zu bewirken, muß der Koͤrper des Cylinders nakt
                              in die Flamme. Es ist uͤbrigens gut, leztere unter dem Bogen hinlaufen zu
                              lassen, damit sie einen Theil ihres Waͤrmestoffes abgeben kann, ehe sie durch
                              den Schornstein entweicht.
                           
                           Jeder Cylinder wird an beiden Enden mit einer Platte von Gußeisen geschlossen, die 3
                              Centimetres dik ist, und mit der Hoͤhlung des Cylinders gleichen Durchmesser
                              besizt: sie tritt etwas in den Cylinder hinein, und wird von einem kleinen
                              kreisfoͤrmigen Rande gestuͤzt. Diese runden Platten haben an ihrer
                              Außenseite einen Griff von Gußeisen, der gehoͤrig angebracht ist, und kleine
                              Roͤhren, die sich von Außen, nach Innen neigen, und ander hoͤchsten
                              Stelle angebracht sind: durch diese wird die Saͤure auf einer Seite
                              eingelassen, und auf der anderen durch eine glaͤserne oder irdene
                              Roͤhre das Gas in den Verdichter geleitet. Beide Roͤhren maͤßen
                              gleich geneigt seyn, damit die Schwefelsaͤure bei einem Ende leicht
                              eingefuͤllt werden kann, und bei dem anderen weniger Schwefelsaͤure
                              waͤhrend der Destillation in den Recipienten uͤbergeht. Der erste
                              Cylinder steht mittelst einer gekruͤmmten Roͤhre mit einem hohen
                              irdenen Gefaͤße mit doppelter Tubulirung in Verbindung, wovon der zweite
                              durch eine gleichfalls gekruͤmmte Roͤhre das nicht verdichtete Gas in
                              ein anderes aͤhnliches Gefaͤß leitet, Dieses zweite Gefaͤß
                              nimmt das aus dem zweiten Cylinder entwikelte Gas auf, und leitet, durch eine dritte
                              Tubulirung und gekruͤmmte Roͤhre, das in den beiden ersten
                              Gefaͤßen nicht verdichtete Gas in ein drittes, welches das aus dem dritten
                              Cylinder entwikelte Gas aufnimmt, u.s.f. bis zum lezten Gefaͤße, welches das
                              Gas von allen uͤbrigen, und zugleich auch dasjenige, welches aus dem lezten
                              Cylinder entwikelt wird, aufnimmt, und alles nicht verdichtete Gas in eine zweite
                              Reihe von eben so vielen Gefaͤßen (20) fuͤhrt, in welcher es nach und
                              nach von einem Gefaͤße in das andere uͤbergeht, bis es ganz verdichtet
                              ist.
                           Die erste Reihe von Flaschen muß ganz in Wasser eingetaucht stehen, welches nach und
                              nach erneut wird, und an dem unteren Ende des Bekens, worin dasselbe enthalten ist,
                              dort, wo das lezte Gefaͤß steht, eintritt, und an dem anderen hoͤheren Ende des Bekens
                              erwaͤrmt austritt. In der zweiten Reihe dieser Gefaͤße sammelt sich
                              die reinste Hydrochlor-Saͤure: die in der ersten Reihe verdichtete
                              enthaͤlt etwas wenig Schwefelsaure, und zuweilen schwefelsaure Soda und
                              kochsalzsaures Eilen. Alle diese Flaschen maͤßen zur Haͤlfte mit
                              reinem Wasser gefuͤllt seyn, welches 2/5 seines Gewichtes kochsalzsaures Gas
                              verschlingt.
                           Dieser Verdichtungs-Apparat ist nur wenig bekannt, obschon er vielen anderen,
                              in den Laboratorien gewoͤhnlich gebraͤuchlichen, weit vorzuziehen ist,
                              und weder mehr kostet, noch schwieriger zu behandeln ist, und uͤberdieß noch
                              mehr und reichere Saͤure liefert. Man erhaͤlt mittelst desselben aus
                              200 Theilen Koch- oder Seesalz 130 Theile Hydrochlor-Saͤure von
                              23° Beaumé oder 1190° spec. Schwere, als Aequivalent von 30/100
                              oder beinahe 39 wirklicher Saͤure. Das Seesalz, so wie es im Handel vorkommt,
                              enthaͤlt, wegen der beigemengten Unreinigkeiten und des darin vorkommenden
                              Wassers, nur 95/100 Salz; folglich, 46/100 wirklicher Saͤure angenommen, 43:
                              nun erhaͤlt man aber auf diese Weise 39; eine Menge, die, wo man im Großen
                              arbeitet, schwerlich genauer erhalten werden kann. Wenn nun alles auf obige Weise
                              vorgerichtet ist, fuͤllt man jeden Cylinder mit 80 Kilogrammen See-
                              oder Kochsalz, kittet die Platte oder den Dekel aus Gußeisen auf, gibt Feuer, gießt
                              66 graͤdige Schwefel-Saͤure in dem Verhaͤltnisse von 80
                              auf 100 Theile Salz zu, und, wenn man 64 graͤdige
                              Schwefel-Saͤure anwendet, die weniger kostet, und das Salz besser
                              zersezt, nimmt man 83,25 auf 100 Theile Salz.
                           Man muß ein rasches Feuer anschuͤren, dasselbe aber wieder vermindern, sobald
                              die Destillation beginnt, und so lang, bis die Gas-Entwikelung
                              nachlaͤßt, maͤßig unterhalten; dann wird dasselbe wieder etwas
                              verstaͤrkt, um die Zersezung zu vollenden. Man, nimmt hierauf den Kitt ab, um
                              die schwefelsaure Soda
                              herauszuschaffen, und faͤngt die Operation wieder, von Vorne an. Diese
                              schwefelsaure Soda muß weiß, gleichfoͤrmig seyn, und darf beim Zerschlagen
                              kein unzerseztes Koch- oder Seesalz zeigen; sie muß 208 bis 210 p. C.
                              krystallisirte schwefelsaure Soda liefern. Alle 25 graͤdige Kochsalzsaure
                              wird mittelst glaͤserner Heber in große irdene Flaschen abgezogen, die 60
                              Litres halten, und diese werden mit Stroh in Weiden-Koͤrbe gepakt, und
                              dem Kaufmanne uͤberliefert.
                           Die tropfbare Kochsalz-Saͤure oder Hydrochlor-Saͤure ist
                              weiß, die im Handel vorkommende etwas gelblich, beinahe wie Franzbrantwein. Der Luft
                              ausgesezt stoͤßt sie weißliche Daͤmpfe aus, die sehr stark sauer sind,
                              und zum Husten reizen. Auf kohlensauren Kalk oder auf andere kohlensaure
                              Verbindungen getroͤpfelt, erregt sie lebhaftes Aufbrausen. Wenn sie zu
                              schwach waͤre, um jene weißen Dampfe merklich zu entwikeln, so koͤnnen
                              dieselben alsogleich hervorgerufen werden, wenn man etwas Ammonium auf einem
                              Stoͤpsel oder auf einem anderen Koͤrper uͤber die
                              Muͤndung der Flasche haͤlt. Die Hydrochlor-Saͤure
                              laͤßt sich, selbst mit einer großen Menge Wassers verduͤnnt, von
                              anderen Saͤuren leicht dadurch unterscheiden, daß, wenn man eine
                              Aufloͤsung von salpetersaurem Silber in dieselbe troͤpfelt, sie diese
                              zersezt, und einen weißen unaufloͤsbaren Niederschlag, hydrochlorsaures
                              Silber, bildet. Die Menge wirklicher Hydrochlor-Saͤure, welche in der
                              mit Wasser verduͤnnten Hydrochlor-Saͤure enthalten ist,
                              laͤßt sich durch Saͤttigung mit basischer kohlensaurer Soda bestimmen.
                              Die reine Hydrochlor-Saͤure besteht aus einem Theile Chlorine, und
                              einem Theile Wasserstoff, beide dem Volumen nach genommen.
                           Der Gebrauch der Kochsalz-Saͤure hat in neueren Zeiten bedeutend
                              zugenommen, vorzuͤglich seit man Schwefel-Saͤure in den
                              Chlorin-Fabriken so haͤufig anwendet. Sie dient zum Puzen der Metalle, zur
                              Bereitung des salzsauren Zinnes, zum Ausziehen der Gallerte aus den Knochen bei der
                              LeimbereitungVergl. dieses polyt. Journal S. 198.
                                    D.. Verbunden mit Salpeter-Saͤure bildet sie das
                              Koͤnigswasser oder die Hydrochlor-Salpeter-Saͤure, zum
                              Aufloͤsen des Goldes, der Platinna etc. Wir koͤnnen uns das, was bei
                              dieser Operation vorgeht, dadurch erklaͤren, daß das Kochsalz sich in einem
                              Zustande von kochsalz- oder hydrochlorsaurer Soda befindet; daß die
                              Schwefel-Saͤure sich der Soda bemaͤchtigt, und die
                              Kochsalz- oder Hydrochlor-Saͤure ausscheidet. Diese
                              Erklaͤrungs-Weise reicht fuͤr beinahe alle Erscheinungen an
                              derselben hin.
                           Die Schwefelsaͤure hat eine groͤßere Verwandtschaft zur Soda (oder zu
                              dem Sodium-Oxide) als die Chlorine in dem
                              Kochsalze oder der chlorsauren Soda, und, da hieraus schwefelsaures
                              Sodium-Oxid oder schwefelsaure Soda hervorgeht, so muß das Wasser zersezt
                              werden. Sein Sauerstoff verbindet sich mit dem Sodium, waͤhrend sein
                              Wasserstoff die Chlorine saͤuert, und die Hydrochlor-Saͤure
                              bildet, welche, so bald sie durch Verbindung der Schwefelsaͤure mit der Soda
                              frei geworden ist, in Gas-Gestalt davon geht. Obschon diese Zersezung auch in
                              der Kaͤlte Statt hat, so geschieht sie in der Waͤrme doch weit
                              lebhafter, und das Wasser befoͤrdert sie, durch Vermehrung der
                              Beruͤhrungs-Puncte, gar sehr. Um die lezten Theile der
                              Schwefel-Saͤure gegen das Ende der Operation zu entfernen, wird eine
                              sehr hohe Temperatur erfodert.