| Titel: | Ueber die Bestandteile des gemeinen Grünspanes. Von Rich. Philipps, F. R. S. L. u. E. | 
| Fundstelle: | Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LXXXII., S. 480 | 
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                        LXXXII.
                        Ueber die Bestandteile des gemeinen Grünspanes. Von Rich. Philipps, F. R. S. L. u. E.
                        Aus den Annals of Philosophy. Nr. XXI. September 1822. S. 161.
                        Philipp, über Bestandteile des gemeinen Grünspanes.
                        
                     
                        
                           Ich habe in den Annals of Philosophy 1. B. S. 417. (New Series
                              Vergl. Polytechn. Journal. B. 5. S.
                                       377.) Analyse des krystallisirten Gruͤnspans, der zuweilen, jedoch
                              uneigentlich, auch destillirter Gruͤnspan genannt wird, gegeben. Nach den
                              daselbst entwikelten Versuchen scheint er aus 2 Atomen Essigsaͤure, einem
                              Atome Kupfer-Peroxid, und drei Atomen Wasser zu bestehen, oder mit anderen
                              Worten, aus einem Atome sauren essigsauren Kupfer (binacetas
                                 Eupri) mit 3 Atomen Krystallisations-Wasser.
                           Bald nach Vollendung dieser Analyse fing ich an, den gemeinen Gruͤnspan zu
                              untersuchen, den man gewoͤhnlich basisches essigsaures Kupfer nennt, stieß
                              aber auf solche Schwierigkeiten, daß ich meine Versuche aussezte. Man weiß, daß wenn
                              man auf ein Stuͤk gemeinen Gruͤnspan etwas Wasser fallen laͤßt,
                              der Gruͤnspan das Wasser einsaugt, weich wird, und davon aufschwillt, und,
                              daß wenn man noch mehr Wasser zusezt, eine blaue Aufloͤsung entsteht, und ein
                              Theil Gruͤnspan unaufgeloͤst bleibt.
                           Anfangs schien es mir wahrscheinlich, daß der gemeine Gruͤnspan eine Mischung
                              aus saurem essigsauren Kupfer und aus basischem essigsauren Kupfer ist; daß ersteres
                              sich aufloͤst, und die blaue Aufloͤsung gibt, lezteres aber
                              unaufgeloͤst bleibt. Bei genauerer Untersuchung fand ich jedoch, daß dieß
                              nicht der Fall war. Wenn man den gemeinen Gruͤnspan genau untersucht, so
                              sieht man, daß er kleine Krystalle enthaͤlt, welche, statt deutlich geformt
                              und gruͤn zu seyn, nadelfoͤrmig, lichtblau und von Seidenglanz sind.
                              So wie der Gruͤnspan gewoͤhnlich vorkommt, ist es, wegen der
                              ausserordentlichen Dichtheit desselben, schwer zu sagen, ob er vorzuͤglich
                              aus solchen blauen Krystallen besteht oder ob diese mit irgend einem anderen
                              essigsauren Kupfer oder mit Kupferhydrat gemengt sind.
                           
                           In Birmingham zeigte mir Hr. Badams,
                              Gruͤnspan-Fabrikant einige lichtblaue Kupfer-Krystalle von
                              essigsaurem Kupfer, die, wie er mir sagte, gemeiner, nur nicht in den Saͤken
                              gepreßter, Gruͤnspan waren. Er hatte die Gefaͤlligkeit, mir einen
                              Vorrath hievon zur Analyse zu geben, und ich theile hier die Resultate derselben, so
                              wie der des gemeinen Gruͤnspanes mit.
                           Obschon diese blauen Krystalle ganz zu seyn schienen, so waren sie doch zu klein, als
                              daß ihre Form genau bestimmt werden konnte; sie blieben an der Luft
                              unveraͤndert, und waren so leicht, daß 100 Grane, wo sie nicht gepreßt
                              wurden, den Raum einer Unze Wassers einnahmen. Gab man etwas Wasser zu diesen
                              Krystallen, so sogen sie dasselbe ein, wie der gemeine Gruͤnspan. Um zu
                              sehen, was eine groͤßere Menge Wassers darauf vermochte, gab ich 100 Grane
                              dieser Krystalle in eine Pinte Wasser, und nachdem ich sie darin zuweilen
                              geschuͤttelt hatte, goß ich die helle Aufloͤsung ab. Auf den
                              unaufloͤsbaren Ruͤkstand goß ich noch eine halbe Pinte Wasser: er ward
                              nach und nach braun, und sah in drei Tagen so aus, als ob er vollkommen zersezt
                              waͤre.
                           Die blauen Krystalle lassen sich also im Wasser in ein aufloͤsliches
                              essigsaures Kupfer und in ein unaufloͤsliches scheiden, welches leztere sich
                              selbst durch kaltes Wasser zersezen laͤßt.
                           Ich versuchte nun gerade zu die Menge Wassers zu bestimmen, welche diese Krystalle
                              enthalten, und hizte in dieser Hinsicht 100 Theile in einem Platinna-Tiegel
                              bis zur Siedehize. Sie wurden gruͤn und verloren 24 Theile: da indessen ein
                              Theil dieses Verlustes auch der verfluͤchtigten Essigsaͤure
                              zuzuschreiben war, so war es unmoͤglich, die Menge Wassers direct zu
                              bestimmen.
                           Um die Menge der Essigsaͤure zu finden, lochte ich hundert Theile in Wasser
                              mit Kalk. Ich ließ kohlensaures Gas, welches vorlaͤufig durch das Wasser
                              gelassen wurde, auch in die filtrirte Aufloͤsung, um den
                              uͤberschuͤßigen Kalk niederzuschlagen, und da diese in der Folge
                              erhizt wurde, um die uͤberschuͤßige Kohlensaͤure wegzutreiben,
                              ward sie vollkommen neutraler essigsaurer Kalk, und wurde durch kohlensaure Soda
                              zersezt: der kohlensaure Kalk wurde niedergeschlagen, hierauf gewaschen, und
                              getroknet, und wog 28, 3 Theile. Dieser Versuch wurde mehrere Male, ohne bedeutende
                              Abweichung wiederholt.
                           Um das Verhaͤltniß des Kupfer-Peroxides auszumitteln, wurden 100 Theile
                              blaue Krystalle in einem Platinna Tiegel mit verduͤnnter
                              Salpeter-Saͤure gehizt, und nachdem das hierdurch gebildete
                              Kupfer-Oxid durch Roth-Gluͤhhize zersezt wurde, wog das
                              uͤbrig gebliebene Peroxid 43, 2 Theile. Dieser Versuch in einer Flasche,
                              statt in einem Tiegel widerholt, gab 43, 3 Theile: also, im Mittel, 43,25
                              Kupfer-Peroxid.
                           Nach Dr. Thomson lezten Versuchen ist, wenn die Zahl 1 den Wasserstoff bezeichnet, 50
                              diejenige, welche die Essigsaͤure ausdruͤkt, und da der kohlensaure
                              Kalk auch 50 ist, wird die in den oben entwikelten Versuchen erhaltene Menge die
                              Menge Essigsaͤure in 100 Theilen der blauen Krystalle, oder 28,3 andeuten,
                              welche zu 43,25 Kupfer-Peroxid addirt, folgendes Verhaͤltnis
                              fuͤr diese Krystalle geben:
                           
                              
                                 Essig-Saͤure
                                   28,
                                 30
                                 
                                 
                              
                                 Kupfer-Peroxid
                                   43,
                                 25,
                                 welches fuͤr
                                 
                              
                                 Wasser
                                   27,
                                 45
                                 uͤbrig laͤßt.
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 –––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,
                                 00.
                                 
                                 
                              
                           Da nun ein Atom Essigsaure 50 ist, ein Atom Kupfer-Peroxid 80, und Ein Atom
                              Wasser 9, so scheinen diese blauen Krystalle, der Theorie nach, zu bestehen aus
                           
                              
                                 
                                 
                                 in Hundert-Theilen
                                 
                              
                                 1 Atom Essig-Saͤure
                                   50
                                   27,17
                                 
                              
                                 1 Atom Kupfer-Peroxid
                                   80
                                   43,47
                                 
                              
                                 6 Atomen Wasser
                                   54
                                   29,36
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 184
                                 100,00
                                 
                              
                           Ich habe bereits bemerkt, daß diese Krystalle leicht durch Wasser zersezt werden, und
                              die Wirkungen desselben auf dieses Salz verdienen besondere Aufmerksamkeit: wenn man
                              nur wenig Wasser auf 100 Grane dieser Krystalle gießt, so wird die ganze Maße zu
                              Brei. Vermehrt man diese Menge bis auf eine Pinte, so erhaͤlt man eine blaue
                              Aufloͤsung, und einen gruͤnen Niederschlag. Die blaue
                              Aufloͤsung zeigte sich bei genauer Untersuchung als saures essigsaures Kupfer
                              (binacetas cupri) und der gruͤne Niederschlag
                              als basisches essigsaures Kupfer, bestehend aus einem Atome Saͤure und zwei
                              Atomen Oxid. Es ist also offenbar, daß außer dem bereits beschriebenen essigsauren
                              und saurem essigsauren Kupfer noch ein basisches essigsaures Kupfer aus
                           
                              
                                 Einem Atome Essig-Saͤure
                                     50,
                                 und
                                 
                              
                                 Zwei Atomen Kupfer-Peroxid, 80 × 2
                                   160
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                   210
                                 besteht.
                                 
                              
                           Dieses basische essigsaure Kupfer, mit neuem Wasser verduͤnnt, ward in einigen
                              Tagen braun: ob es aber ganz zum Peroxid zersezt, oder ein anderes basisches Salz
                              wurde, habe ich nicht untersucht.
                           Nachdem ich nun gefunden habe, daß eine Mischung aus einem Atome Essigsaͤure
                              und Kupfer-Oxid wirklich vorhanden war, untersuchte ich weiter, ob der
                              gemeine Gruͤnspan ganz daraus besteht, oder eine Mischung von verschiedenen
                              Verbindungen ist.
                           In dieser Hinsicht puͤlverte ich 100 Theile gemeinen franzoͤsischen
                              Gruͤnspan, und kochte ihn mit uͤberschuͤßigem Kalke, filtrirte
                              die Aufloͤsung, ließ Kohlensaͤure durch, zersezte sie mit kohlensaurer
                              Soda, und sammelte den kohlensauren Kalk auf die bereits beschriebene Weise. Die
                              beiden angefuͤhrten Versuche gaben im Durchschnitte 20,3 kohlensauren Kalk
                              als Aequivalent fuͤr eben so viel Essigsaͤure.
                           Die Menge Kupfer-Oxides wurde durch Kochung von 100 Theilen Gruͤnspan
                              in verduͤnnter Schwefelsaͤure bestimmt. Zwei Theile
                              unaufloͤsbarer Unreinigkeit blieben als Ruͤkstand, und das
                              schwefelsaure Kupfer gab, nachdem es durch Hizung mit uͤberschuͤßiger
                              Pottasche zersezt wurde. 43,5 Kupfer-Peroxid. Dieser Versuch gab immer
                              dasselbe Resultat. Der franzoͤsische Gruͤnspan besteht demnach aus
                           
                              
                                   29,3
                                 Essig-Saͤure,
                                 
                              
                                   43,5
                                 Kupfer-Peroxid,
                                 
                              
                                   25,2
                                 Wasser,
                                 
                              
                                     2,0
                                 unaufloͤsbaren Stoffes.
                                 
                              
                                 –––––
                                 
                                 
                              
                                 100,0
                                 
                                 
                              
                           Daß dieß das wahre Verhaͤltnis des gemeinen Gruͤnspanes ist, und daß er
                              wesentlich aus den bereits beschriebenen Krystallen besteht, bestaͤtigte sich
                              ferner durch die Analyse des gepreßten Gruͤnspanes aus Hrn. Badams Fabrik. Ich fand, daß dieser aus
                           
                              
                                   29,62
                                 Essig-Saͤure,
                                 
                              
                                   44,25
                                 Kupfer-Peroxid,
                                 
                              
                                   25,51
                                 Wasser,
                                 
                              
                                     0,62
                                 unaufloͤsbaren Stoffes bestand.
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                              
                                 100,00.
                                 
                                 
                              
                           Die Einwirkung des Wassers auf diese beide Arten von Gruͤnspan kommt ganz
                              derjenigen auf die blauen essigsauren Kupfer-Krystalle gleich, und die Menge
                              Wassers abgerechnet, die von dem verschiedenen Grade der Trokenheit
                              herruͤhrt, kommen die blauen Krystalle, der franzoͤsische
                              Gruͤnspan und der Gruͤnspan der HHrn. Tyrell und Badams einander so nahe als
                              moͤglich, wie man aus obigen Angaben ersehen kann.
                           Hr. Chaptal erwaͤhnt in seiner Chimie appliquèe
                                 aux Arts der seidenartig glaͤnzenden blauen Krystalle, die sich bei
                              Bereitung des franzoͤsischen Gruͤnspanes auf der Oberflaͤche
                              der Platten bilden. Soviel ich weiß, wurden diese Krystalle bisher nicht analysirt,
                              was um so merkwuͤrdiger ist, als sie als Anzeige der Vollendung des
                              Fabrikates dienen.