| Titel: | Ueber ein elektrisches Diagometer zur Entdekung der Verfälschung des Olivenöhles. Von M. Rousseau, Eigenthümer zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 13, Jahrgang 1824, Nr. XLV., S. 221 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XLV.
                        Ueber ein elektrisches Diagometer zur Entdekung
                           der Verfälschung des Olivenöhles. Von M. Rousseau, Eigenthümer zu
                           Paris.
                        Aus dem Journal de Pharmacie. November 1823. S.
                              587. (Im Auszuge).
                        Rousseau's Diagometer zur Entdekung der Verfälschung des
                           Olivenöhles.
                        
                     
                        
                           Es war bis jezt unmoͤglich, auf eine etwas genaue Weist
                              die elektrischen Einwirkungen auf eine innige Verbindung der meisten Koͤrper
                              kennen zu lernen, und zwar wegen des Mangels eines Maßstabes, mit welchem dieselben
                              meßbar geworden waͤren. Die Natur wirkt oͤfters nur in,
                              Molecular-Entfernungen, aber, mit geringen Kraͤften und auf eine
                              stetige Weise auf die Koͤrper; so wurden die voltaische Saͤule,
                              welcher die Wissenschaft so schoͤne Entdekungen verdankt, die Batterien der
                              Elektrisirmaschine, selbst die einfache Ladung eines Elektrophors in vielen Fallen
                              schon zu kraͤftige, in ihrer Wirkung zu ungleichmaͤßige Hebel; man
                              bedurfte also einer schwachen, aber gleichmaͤßigen, kurz der Art der Natur
                              angemessenen Elekitricitaͤt. Hiervon uͤberzeugt, und ganz dem
                              volcaischen Systeme zufolgt, daß zwei verschiedene Metalle durch die bloße
                              wechselseitige Beruͤhrung derselben Elektricitaͤt entwikeln, habe ich,
                              schon seit mehreren
                              Jahren, Saͤulen mit Metallplatten, Zink und Kupfer, oder Silber und Zink, von
                              der Dike einer 1/48 Linien errichtet. Die Plattenpaare dieser Saͤule sind nur
                              durch unvollkommene Leiter von einander getrennt (das gesaͤuerte Wasser z.B.
                              wuͤrde sie ganz unwirksam machen). Die Erfahrung bewies mir, daß diese
                              Saͤulen nichts von der Wirkung verloren, die sie gleich Anfangs besaßen. Dem
                              Elektrometer ausgesezt, zeigen sie denselben Grad von Spannung; nur, nach langer
                              Zeit, bemerkte ich, daß die Bewegung derselben langsamer wurde. Mittelst dieser, in
                              ihren Wirkungen gleichmaͤßigen, bewegenden Kraft suchte ich ein Mittel
                              ausfindig zu machen, wodurch man den Grad des elektrischen Durchstroͤmens
                              durch verschiedene Substanzen bestimmen koͤnnte. Der Apparat, welchen ich die
                              Ehre habe vorzuzeigen, wurde im vorigen Monate August der Academie des Sciences
                              vorgelegt. Heute besteht der Zwek, den ich mir vorgenommen habe, darin. Sie mit der
                              Anwendung desselben auf das Baum- oder Olivenoͤhl, deren
                              Verfaͤlschung er augenbliklich anzuzeigen im Stande ist, zu unterhalten: vor
                              Allem muß ich Sie aber in die Details der Zusammensetzung dieses Apparates
                              einweihen.
                           Ein Pol der galvanischen Saͤule beruͤhrt den Boden, und laͤßt
                              sie in ihrer ganzen Kraft spielen; der entgegengesezte Pol ist isolirt: am anderen
                              Theile des Apparates ist eine leichte Magnetnadel, die sich sehr leicht auf ihrem
                              Zapfen bewegt, und in der Ebene des magnetischen Meridians, welcher als Null eines
                              Gradbogens angenommen ist; wenn ich dieses System mittelst eines Erregers mit der
                              Saͤule in Verbindung bringe, so wird, indem die mitgetheilte
                              Elektricitaͤt zugleich auf die Nadel und auf eine in der Naͤhe sich
                              befindende Kupferplatte wirkt, die Nadel, die mit gleicher Elektricitaͤt
                              geladen, ist, sogleich eine Abweichung annehmen, welche mit der Kraft der
                              Saͤule selbst in, Verhaͤltnisse steht; wenn ich aber, statt die
                              Kupferscheibe zu beruͤhren, einen Koͤrper darauf bringe, dessen
                              Leitungsfaͤhigkeit, ich untersuchen will, so wird die Nadel ruhig bleiben,
                              oder nach der Natur der Substanzen, die man untersucht, abweichen; man wird also
                              nach der Schnelligkeit ihrer Entfernung und der Zeit, die sie brauchen wird, um auf
                              den Punct der Spannung zu gelangen, den Grad der Isolirung bestimmen
                              koͤnnen.
                           
                           Mittelst meines Instrumentes fand ich, daß von allen Oehlen, sowohl den animalischen
                              als vegetabilischen, das Olivenoͤhl, oder Baumoͤhl allein die
                              ausgezeichnete physische Eigenschaft besizt, sehr schwach zu
                                 leiten. Diese Grenzlinie ist so deutlich ausgesprochen, daß man, wenn man
                              ein Mittel annimmt, sagen kann, daß dieses Oehl 675 Mahl langsamer auf die Nadel
                              wirkt, als die uͤbrigen, einige Unterschiede abgerechnet. Zwei Tropfen
                              Buchen- oder Mohnoͤhl in 10 Gramme Olivenoͤhl gegossen, zeigen
                              auf dieser Nadel schon eine 4 Mahl schnellere Bewegung an, es ist dieß also ein
                              Mittel, den Betrug zu erkennen und die Gemische zu bestimmen.
                           Es war mir wichtig zu wissen, ob dieser Character von Isolirung von der
                              groͤßeren, in dem Olivenoͤhle enthaltenen, Menge Stearine herkomme.
                              Hr. Chevreul, der Verfasser der gelehrten Untersuchungen
                              der fetten Koͤrper verschaffte mir, da er wegen des zu warmen Wetters aus dem
                              Olivenoͤhle keine Stearine bekommen konnte, Stearine und Elaine aus
                              Hammelfett: leztere ließ das elektrische Fluidum sehr leicht durch, erstere hingegen
                              isolirte es beinahe vollkommen. Es scheint mir, daß man hieraus, der Analogie nach,
                              schließen koͤnne, daß die isolirende Ursache in der Stearine liege, oder
                              vielmehr in der Abwesenheit des waͤsserigen Grundstoffes; denn alle meine
                              Versuche brachten mich auf die Idee, daß das Wasser allein in den Koͤrpern
                              das Agens der elektrischen Leitungsfaͤhigkeit sey; daß, mit Ausnahme der
                              Metalle, welche wegen ihrer galvanischen Eigenschaft eine eigene Classe ausmachen,
                              alle Substanzen nur durch ihren hygrometrischen Zustand Leiter, und, wenn sie in der
                              Hize ihr Wasser verloren haben, vollkommen isolirend seyen.
                           Die Kohlen zeigen sich zwar als eine Ausnahme hiervon, denn sie leiten noch
                              bestaͤndig, auch wenn sie erhizt wurden; sie nehmen aber auch so schnell
                              wieder Feuchtigkeit aus der Luft auf, daß die Erfahrungen hieruͤber noch
                              nicht entscheidend sind: Die Kohlen des Spindelbaums weichen jedoch auch hierin ab,
                              und ich besize welche davon, welche ziemlich gut isoliren: haͤngt diese
                              Erscheinung von der Verkohlungsweise ab? In diesem Falle koͤnnte man sie zur
                              Verfertigung des Schießpulvers, welches dann weniger Feuchtigkeit anziehen wuͤrde,
                              benuͤzenEs ist bekannt, daß die Kohlen des Spindelbaumes, Enonymus europaeus, die beßten Kohlen zum Schießpulver sind. A. d.
                                    Ueb..
                           Koͤnnte man dieselben nicht auch vorzugsweise zum Bestreuen brandiger
                              Geschwuͤre benuͤzen? Die auf diese Weise untersuchte Kohle
                              muͤßte, indem sie die Wunde von der Beruͤhrung mit der Luft isolirt,
                              die Wirkungen der Irritation vermindern.
                           Ich bemerkte, daß alle Gummi das elektrische Fluidum sehr leicht durchlassen, die
                              natuͤrlichen Harze hingegen gar nicht. Koͤnnte mein Apparat nicht auch
                              ein Mittel zur Clasification jener Substanzen abgeben, die selten einfach sind, und
                              sich beinahe immer in Verbindung mit anderen befinden?
                           Es bleiben mir noch einige Versuche mit den Fetten ruͤksichtlich des Alters
                              der Individuen, und auch mit der Leitungsfaͤhigkeit des Menschen zu machen
                              uͤbrig. Wenn ich genaue Resultate hieruͤber erhalten habe, werde ich
                              mich beeilen, Ihnen dieselben bekannt zu machenWer hatte vermuthen sollen, daß Galvanismus und Magnetismus jemahls zur
                                    Entdekung der Verfaͤlschung des Baumoͤhles hatte
                                    fuͤhren koͤnnen, und daß folglich ein Kaufmann, der in seinem
                                    Oehl-Handel nicht betrogen seyn will, die Lehre des Galvanismus im
                                    ganzen Umfange kennen muß? Da das feine Baumoͤhl haͤufig mit
                                    Mohnoͤhl verfaͤlscht wird, so war man laͤngst
                                    bemuͤht, ein Mittel aufzufinden, um jene Verfaͤlschung zu
                                    entdeken. Hr. Poukt fand ein solches im salpetersauren Queksilber, das wir
                                    im 1sten Band des polytechnisch. Journals mittheilten. Da uns nun aber die
                                    Physik ein viel leichteres Mittel an Handen gibt, um das mit
                                    Koͤrneroͤhl verfaͤlschte Baumoͤhl zu entdeken,
                                    so hoffen wir, daß das Studium der physikalischen Wissenschaften auch immer
                                    mehr Interesse gewinnen werde. A. d. Ueb..