| Titel: | Ueber das Knallsilber und Knallqueksilber. Von Dr. Just. Liebig. | 
| Fundstelle: | Band 13, Jahrgang 1824, Nr. LXXXXVII. LXXXXVI. , S. 475 | 
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                              LXXXXVII.
                              LXXXXVI.
                              
                           
                        Ueber das Knallsilber und Knallqueksilber. Von
                           Dr. Just.
                              Liebig.
                        Aus den Annales de Chemie et de Physique. T. XXIV.
                              Decbr. 1823, S. 294.
                        Liebig, über das Knallsilber und Knallqueksilber.
                        
                     
                        
                           Das Knallsilber und das Knallqueksilber sind zwei der
                              merkwuͤrdigsten Koͤrper, die wir durch die Chemie kennen lernten; so
                              bekannt wir aber mit den physischen Eigenschaften des ersteren sind, so sehr
                              schweben wir noch uͤber die chemische Constitution desselben im Dunkeln: die
                              Analyse dieser Koͤrper, die wegen der Gefahr, die man bei ihrer Behandlung
                              laͤuft, so furchtbar ist, unterliegt jedoch keinen großen Schwierigkeiten. Da
                              ich Gelegenheit hatte Versuche mit diesen sonderbaren Koͤrper anzustellen, so erhielt ich sehr
                              wichtige Resultate, welche ich bekannt machen zu muͤssen glaube.
                           Ich habe vor einiger Zeit in einem deutschen Journale eine Methode angegeben, wie man
                              sich auf eine sichere Weise das Knallsilber verschaffen koͤnne, und beschrieb
                              auch einige seiner merkwuͤrdigsten Eigenschaften, vorzuͤglich die,
                              sich mit dem Kalke und der Pottasche zu verbinden, was Hrn. Hofrath Kastner zu glauben veranlaßte, dieser Koͤrper
                              moͤchte eine besondere Saͤure seyn. Ueber diese Meinung blieb durch
                              die Versuche, welche ich Gelegenheit hatte in Paris fortzusezen, kein Zweifel mehr
                              uͤbrig, und die Auseinandersezung derselben, so wie die genaue Bestimmung der
                              Bestandtheile der zwei knallenden Substanzen, sind der Zwek dieser Abhandlung.
                           In der angefuͤhrten deutschen Abhandlung gab ich das Silberoxid, Ammonium und
                              die Kleesaͤure als die Bestandtheile des Queksilbers an; aber ich gestehe
                              jezt, daß meine lezten Erfahrungen und Versuche dieser Voraussezung gaͤnzlich
                              widersprechen. Ich bemerkte damahls, daß, wenn man bei der Aufloͤsung des
                              Silbers in concentrirter Salpetersaͤure eine starke Hize anwendet, immer
                              Ammonium entsteht, welches ich bei der Untersuchung der Fluͤssigkeit, die
                              nach der Bereitung des Knallsilbers zuruͤk bleibt, und in welcher ich nichts
                              davon fand, fuͤr einen Bestandtheil dieses Koͤrpers hielt: ja, wenn
                              man das Knallsilber mit einer Pottasche-Aufloͤsung kochen
                              laͤßt, und man dem Dampfe ein von den Saͤuren geroͤthetes
                              Lakmußpapier aussezt, so wird dieses wieder blau, woraus ich natuͤrlich
                              schließen mußte, daß sich Ammonium entwikelte. Ich wagte es nicht zu glauben, daß
                              dieser nur ein Product der Wirkung der Salpetersaͤure auf den Alkohol sey;
                              denn durch die einfache Behandlung des Alkohols mit Salpetersaͤure in
                              denselben Verhaͤltnissen, aber ohne Silber, erhaͤlt man nie einen
                              Ruͤkstand von sauerkleesaurem Ammonium, was doch eine Folge meiner
                              Voraussezung haͤtte seyn muͤssen. Ich nahm die Gegenwart von
                              Sauerkleesaͤure darin an; denn eine gesaͤttigte Aufloͤsung von
                              Knallsilber in Pottasche gab mir mit den Kalksalzen einen unaufloͤslichen
                              Niederschlag.
                           Ich glaube nicht noͤthig zu haben hier die Geschichte des Knallsilbers und
                              Knallqueksilbers zu liefern; allein ich kann nicht umhin das anzufuͤhren, was
                              man in denselben zu finden glaubte.
                           
                           Howard, Berthollet, Fourcroy, Descotils und Thenard, beschaͤftigten sich mit dem Studium
                              dieser Koͤrper. Howard vermuthete darin
                              Sauerkleesaͤure in Verbindung mit Stikstoff-Deuteroxid und Aether; Berthollet wollte darin, außer diesen Bestandtheilen,
                              noch Ammonium gefunden haben; Fourcroy und Thenard vermuthen darin Ammonium und einen eigenen
                              Pflanzenstoff, dessen Elemente aͤußerst beweglich sind, oder der so leicht zu
                              zersezen ist, daß man ihn nicht getrennt erhalten konnte. Endlich zog auch Discotils diesen lezten Schluß aus seinen Versuchen.
                              Andere Theorien findet man in dem Woͤrterbuche der Chemie von Wolf und Klaproth, in dem von
                              John unter den Artikeln Knallsilber und
                              Knallqueksilber; der groͤßte Theil dieser Hypothesen bezieht sich jedoch auf
                              das Knallqueksilber. In Betreff des Knallsilbers schloß man lange der Analogie nach,
                              und ich wuͤßte nicht, daß es je besonderen Untersuchungen unterworfen worden
                              waͤre.Die HHrn. Figuir, Itner, Doͤbereiner und
                                    Descotils beschaͤftigten sich nach und
                                    nach mit diesem Koͤrper, bestimmten aber die Natur derselben nicht.
                                    A. d. O. Folgende Versuche werden besser als alles Raisonnement zeigen, in wiefern
                              diese verschiedenen Voraussezungen richtig sind.
                           Die Methode, nach welcher ich mir Knallsilber verschaffte, ist folgende: ich
                              loͤse in der Waͤrme Ein Quentchen feines Silber in einer halben Unze
                              Salpetersaͤure von 1,52 auf, gieße hierauf zwei Unzen Alkohol von 0,35 hinzu,
                              und erhize nach und nach das Ganze in einem Kolben bis zum Sieden. Bald nach dem
                              ersten Aufwallen erscheinen weiße kristallinischekristallisinische Floken; dann nehme ich das Gefaͤß sogleich vom Feuer herab, und
                              lasse es stehen, bis es ganz erkaltet ist. Das Sieden dauert noch einige Zeit fort,
                              und der Niederschlag vermehrt sich dabei bedeutend; man huͤthe sich das
                              Gefaͤß kuͤnstlich abzukuͤhlen, denn man wuͤrde dadurch
                              einen großen Verlust erleiden. Wendet man mehr Saͤure oder weniger Alkohol
                              an, als im angegebenen Verhaͤltnisse, so bildet sich das Knallsilber
                              schneller; allein die Vermehrung der Saͤure bringt eine theilweise Zersezung
                              hervor; denn man bemerkt kleine Explosionen, welche vom Boden des Gefaͤßes herkommen, und das
                              schon gebildete Knallsilber aus dem Gefaͤße hinaus schleudern.Fuͤr den technischen Gebrauch ist folgendes Verfahren, das Knallsilber
                                    zu bereiten, das vorteilhafteste. In einen weiten Glascylinder der
                                    ungefaͤhr 16 Unzen faßt, bringe man zwei Loch Silber, deren
                                    Loͤthigkeit von wenigstens 12 in der Mark betraͤgt, und gieße
                                    auf dasselbe 4 Loth Alkohol zu 36 bis 38 Grad nach Bek, und 2 1/2 Loth
                                    rauchende reine Salpetersaͤure zu 60 nach Bek, doch so, daß man noch
                                    ein wenig von der Salpetersaͤure zuruͤk behaͤlt. Beim
                                    Eingießen der Salpetersaͤure in den Weingeist entsteht
                                    gewoͤhnlich ein weisser Nebel uͤber der Fluͤssigkeit,
                                    und die Aufloͤsung des Silbers beginnt unter Entwikelung kleiner aber
                                    haͤufiger Luftblaͤschen. In Kurzem bilden sich weisse leichte
                                    Floken, welche sich zu etwas groͤßeren verbinden, und in der
                                    Fluͤssigkeit auf und ab schweben. Nach und nach wird die ganze Masse
                                    durch bestaͤndige Vermehrung der Floken dichter, die Luftblasen
                                    vergroͤßern sich, weil sie sich bei dem Widerstande der dikeren
                                    Fluͤssigkeit vereinigen, und es entsteht am Rande des Glases, da wo
                                    es mit der Fluͤssigkeit in Beruͤhrung kommt, ein weisser Ring,
                                    der wie Rahm aussieht. Dieses ist der Zeitpunct, wo sich die
                                    Salpetersaͤure und der Weingeist an denjenigen Stoffen, die zur
                                    Bildung, des Knallsilbers nothwendig sind, erschoͤpft hat. Man
                                    bedient sich nun eines auf einem glaͤsernen Trichter vorbereiteten
                                    Filtrums von weissem Filtrirpapier, um die Fluͤssigkeit von dem
                                    gebildeten Knallsilber, welches auf dem Filtrum zuruͤk bleibt,
                                    abzusondern. Hierauf waͤscht man has auf dem Filtrum
                                    zuruͤkgebliebene Knallsilber noch einigemahl durch Aufgießen von
                                    destillirtem Wasser aus, und troknet dasselbe, gut zugedekt, an der Luft.
                                    Daß man beim Troknen, Aufbewahren und Verwenden dieses Praͤparats
                                    alle erdenkliche Vorsicht gebrauchen muß, dieß wird keiner weiteren
                                    Erinnerung beduͤrfen. D.
                              
                           Das auf diese Weise bereitete Knallsilber bildet weiße und seidenartige,
                              kristallinische Nadeln, detonirt stark durch einen geringen Stoß, so wie auch durch
                              die Waͤrme, und durch die Beruͤhrung mit concentrirter
                              Schwefelsaͤure; es loͤst sich vollkommen in 36 Gewichttheilchen
                              kochenden Wassers auf, und die Aufloͤsung kristallisirt beim Abkuͤhlen
                              neuerdings; es hat einen unangenehmen metallischen Geschmak; es faͤrbt die
                              Haut so wie alle Silbersalze; der Luft ausgesezt wird es roͤthlich und dann
                              schwarz; es roͤthet das Lakmußpapier nicht, und verhaͤlt sich
                              uͤberhaupt wie ein neutrales Salz.
                           Ich suchte die Kristallisation des Knallsilbers durch Umruͤhren, waͤhrend es sich bildete
                              zu verhindern, und erhielt es auf diese Weise als feines Pulver, welches man besser
                              behandeln und theilen kann, als die Kristalle, die zaͤhe Gruppen bilden.
                           Das Knallqueksilber bereite ich nach Howard's Methode,
                              indem ich 100 Gran Queksilber in einer halben Unze concentrirter
                              Salpetersaͤure aufloͤse, zwei Unzen Alkohol zuseze, und
                              uͤbrigens wie beim Knallsilber verfahre. Anfangs sezt sich ein weisses Pulver
                              zu Boden, welches nur salpetersaures Queksilber ist, und welches sich bei
                              fortgeseztem Erhizen wieder aufloͤst; um diese Zeit wird die
                              Fluͤssigkeit ploͤzlich truͤbe und grau, was von der Reduktion
                              eines Theiles Queksilbers herkommt. Dieses Metall sezt sich als sehr feines Pulver
                              ab, vereinigt sich aber spaͤter zu Kuͤgelchen; von 100 Gran
                              Queksilber, welche ich anwendete, erhielt ich gewoͤhnlich 36–40 Gran
                              metallisches Queksilber.Vorschriften zur Bereitung dieses Praͤparats fuͤr den
                                    technischen Gebrauch findet man in diesem Journal Bd. XII. S. 462 u. 463. D.
                              
                           Die Aether-Daͤmpfe, welche sich entwikeln, bilden eine weisse und dike
                              Walke, waͤhrend jene, die sich bei der Bereitung des Knallsilbers entwikeln,
                              diese Eigenschaft nicht besizen. Ein Versuch uͤberzeugte mich, daß dieser
                              Unterschied daher komme, daß Queksilber von dem Aetherdampfe mit fortgerissen wird,
                              was auch ganz mit Howard's Meinung uͤbereinstimmt;
                              denn, wenn ich den Kolben schnell abkuͤhlte, wenn der obere Theil desselben
                              mit Daͤmpfen angefuͤllt war, verschwanden diese, und auf den
                              Waͤnden und an dem Halse des Gefaͤßes sah ich Kuͤgelchen von
                              metallischem Queksilber sich absezen, eine um so merkwuͤrdigere Erscheinung,
                              als sich die Temperatur nicht um 100 Grade verminderte. Nach einiger Zeit
                              faͤrbt sich die Fluͤssigkeit gelb, und es bilden sich darin
                              dendritische Kristalle, die sich beim Abkuͤhlen sehr vermehren. Diese
                              Kristalle sind bis gegen 6 Millimeter lang, graulich weiß, rauh anzufuͤhlen,
                              und besizen eine bedeutende specifische Schwere. Da diese Kristalle weniger zu
                              werden scheinen, wenn man sie mit destillirtem Wasser abwaͤscht, so brachte
                              ich einige davon in eine bestimmte Menge Wassers, welche ich bis zum Kochen erhizte;
                              sie loͤsten sich auf, gaben der Fluͤssigkeit eine schoͤne gelbe
                              Farbe, und ließen metallisches Queksilber zuruͤk.
                           
                           Beim Abkuͤhlen kristallisirte der groͤßte Theil in Nadeln von einem
                              glaͤnzenden Gelb. Diese loͤste ich wieder auf, und ließ sie nochmahl
                              kristallisiren; auf diese Weise erhielt ich vollkommen weisse Kristalle, die, nach
                              dem Troknen, ihren Seidenglanz behielten, sich sehr sanft anfuͤllten, einen
                              suͤßlichen metallischen Geschmak besaßen, bei einem etwas staͤrkeren
                              Schlage stark detonirten, wobei sie ein lebhaftes, gewoͤhnlich
                              roͤthliches Licht gaben, und an dem Orte, an welchem man sie detoniren ließ,
                              einen schwarzen metallisch glaͤnzenden Flek zuruͤk ließen.
                           Da ich diese leztereren Kristalle als vollkommen reines Knallqueksilber betrachtete,
                              so wendete ich sie bei allen folgenden Versuchen an.
                           Beim Abdampfen der ruͤkstaͤndigen Fluͤssigkeit erhielt ich
                              Kristalle von Knallsilber, welches in nichts von dem vorhergehenden verschieden war.
                              Wendet man eine groͤßere Menge Salpetersaͤure, als die
                              vorgeschriebene, an, so erhaͤlt man sauerkleesaures Queksilber, welches nicht
                              niederfaͤllt, sondern in der uͤberschuͤssigen
                              Salpetersaͤure aufgeloͤst bleibt.
                           Die Fluͤßigkeit, welche nach der Bereitung des Knallsilbers
                              zuruͤkbleibt, besizt eine schoͤne gruͤne Farbe, wenn das
                              angewendete Silber kupferhaͤltig war. Dampft man sie bis zur Haͤlfte
                              ab, so sezt sich daraus blaͤulich, weißes, kleesaures Kupfer ab. Die
                              zuruͤkbleibende Fluͤßigkeit ist sehr reich an Silber, enthaͤlt
                              kein Atom Kupfer mehr, und ist vollkommen rein; dampft man sie noch weiter ab, so
                              laͤßt sie ein Silbersalz von rother Farbe fallen, welches sich leicht im
                              Wasser aufloͤst, das ich aber nicht weiter untersucht habe.
                           Ich hielt es fuͤr nothwendig, dieser Abhandlung eine umstaͤndliche
                              Beschreibung alles Dessen vorauszuschiken, was auf die Bereitung der Materien, die
                              ich anwendete, Bezug hat, und zwar vorzuͤglich um die Auseinandersezung der
                              Versuche nicht Unterbrechen zu duͤrfen, und die Wiederholung und genaue
                              Bestaͤttigung derselben unternehmen zu koͤnnen. Ich fuͤhrte
                              schon weiter oben die Verbindungen an, welche das Knallsilber mit dem Kalke und der
                              Pottasche eingeben kann; die erste dieser Verbindungen brachte mich auf die Idee,
                              daß durch die Wirkung der Salpetersaͤure auf den Alkohol eine Saͤure
                              haͤrte gebildet werden koͤnnen. Als ich Kalkwasser auf das Knallsilber
                              goß, sah ich lezteres bald verschwinden, und ein schwarzes Pulver zu Boden fallen; die
                              Fluͤßigkeit, die dadurch entstand, und von welcher der schwarze Niederschlag
                              durch Filtriren getrennt worden war, wurde durch Zusaz von einigen Tropfen
                              Salpetersaͤure schnell weiß; dieser weiße Niederschlag detonirte, nachdem er
                              getroknet worden war, bei einem Schlage darauf oder in der Hize gerade so, wie
                              Knallsilber, welches keine Veraͤnderung erlitten haͤtte; er
                              loͤste sich in Kalkwasser neuerdings ohne Ruͤkstand auf, und konnte
                              daraus wieder gefaͤllt werden, ohne je dabei ein Zeichen von Zersezung zu
                              geben.
                           Bei einem anderen Versuche nahm ich Pottasche statt Kalk und zwar um das Knallsilber
                              zu zersezen und das Ammonium zu bekommen, welches ich darin enthalten glaubte. Bei
                              laͤngerem Kochen verband sich die detonirende Materie des Knallsilbers sehr
                              leicht mit der Pottasche; es blieb nur ein schwarzes Pulver zuruͤk, welches
                              sich bei besonderer Untersuchung als Silberoxid zeigte.
                           Ein Stuͤkchen von Saͤuren geroͤthetes Lakmußpapier wurde durch
                              den Dampf der kochenden Fluͤßigkeit schnell wieder blau, was die Entwikelung
                              von Ammonium anzudeuten schien; ein vergleichender Versuch, welchen ich anstellte,
                              uͤberzeugte mich aber von der Irrigkeit meines Schlusses; denn, bei
                              Wiederholung desselben Versuches mit dem Dampfe von reinem Wasser, erschien die
                              blaue Farbe des Papieres ebenfalls wieder. Ueberdieß erhielt ich bei einem Versuche,
                              den ich uͤber dem Queksilberapparate anstellte, weder Ammonium, noch irgend
                              ein anderes Gas, welches eine Veraͤnderung der Substanz haͤtte
                              anzeigen koͤnnen.
                           Es befindet sich also kein Ammonium in dem Knallsilber und der besondere Geruch,
                              welchen ich beim Kochen der Fluͤssigkeit bemerkte, kam von einem Theile
                              fester Koͤrper her, welche von dem Wasserdampfe mit fortgerissen wurde. Die
                              zuruͤk, bleibende Fluͤßigkeit war durchsichtig und gab mit
                              Salpetersaͤure einen weissen Niederschlag, der alle physischen Eigenschaften
                              des Knallsilbers besaß. Auf dieselbe Weise, wie sich das Knallsilber mit der
                              Pottasche und dem Kalke verbindet, verbindet es sich auch mit der Bittererde, mit
                              dem Baryte, dem Strontian, mit der Soda und mit dem Ammonium; und bei allen diesen
                              Verbindungen zeigen sich wieder dieselben Erscheinungen; bei allen scheidet sich Silberoxid
                              ab, ausgenommen bei der Behandlung mit Ammonium, wo sich nichts abscheidet. Die
                              Menge Silberoxides, welche durch die alkalischen Basen von dem Knallsilber
                              abgescheiden wird, betraͤgt 31,25 per Cent. Die Identitaͤt des
                              Knallsilbers mit einem zusammengesezten Salze schien also keinem Zweifel mehr zu
                              unterliegen; man sah deutlich, daß sich seine Saͤure mit den Alkalien
                              verband, und daß die Basis, welche hier das Silberoxid ist, dadurch gefaͤllt
                              wird. Allein das, was sich mit den Basen verband, war eine wahre Saͤure und
                              wußte mit diesen bestaͤndige Verbindungen bilden. Ich suchte also diese
                              Koͤrper vollkommen rein, d.h. kristallisirt, zu erhalten: dieß gelang mir
                              auch mit allen Basen; ich erhielt kristallinische Verbindungen, welche stark
                              detoniren und von welchen einige ausgezeichnet schoͤn sind. Da ich auf jedes
                              dieser Salze ins Besondere zuruͤk kommen muß, so will ich jezt in keine
                              umstaͤndlichere Beschreibung eingehen.
                           Nachdem ich eine unbestimmte Menge Knallsilber durch Kalk zersezt, und die filtrirte
                              Fluͤssigkeit hinlaͤnglich abgedampft hatte, faͤllte ich aus
                              derselben die Saͤure, die in der Kaͤlte sehr wenig aufloͤslich
                              ist, durch Salpetersaͤure, jedoch mit der Sorgfalt nicht zuviel von dieser
                              zuzusezen. Diese Saͤure bildet, wenn sie gut ausgewaschen ist, ein weißliches
                              Pulver, das sich in kochendem Wasser sehr leicht aufloͤst, das Lakmußpapier
                              roͤthet und beim Abkuͤhlen kristallisirt. Da mir nun kein Zweifel mehr
                              uͤber die Saure der detonirenden Substanz uͤbrig blieb, so mußte ich
                              nur noch die Natur derselben ausfindig machen.
                           Gießt man hydrochlorsaure Pottasche in knallsaure Pott-Asche (ich werde mich
                              des Ausdrukes knallsaurer Salze fuͤr alle
                              Verbindungen dieser Saͤure mit den Vasen bedienen), so bildet sich kein
                              Niederschlag von Silber-Chloruͤr und dampft man die
                              Fluͤssigkeit ein, und laͤßt sie kristallisiren, so erhaͤlt man
                              Kristalle von knallsaurer Pottasche, welche keine Veraͤnderung erlitten. Ein
                              vergleichender Versuch lehrte mich, daß das Silberchloruͤr im knallsauren
                              Silber unaufloͤslich ist.
                           Eine Aufloͤsung von knallsaurer Pottasche, welche
                              uͤberschuͤssige Pottasche enthielt, wurde mit Salzsaͤure
                              gesaͤttigt: bei jedem Tropfen, welchen man hinzugoß, bildete sich ein weisser
                              Niederschlag der sich in der Folge wieder aufloͤste; durch Zusaz von einem Ueberschusse dieser
                              Saͤure wurde die knallsaure Pottasche zerseztz es fiel Silberchloruͤr
                              zu Boden, und es entwikelte sich eine große Menge Hydrocyansaͤure und
                              Kohlensaͤure; die zuruͤkbleibende Fluͤssigkeit enthielt
                              salzsaures Ammonium.
                           Wenn man knallsaure Pottasche in eine Aufloͤsung von Eisen-Persulfat
                              gießt, so bildet sich kein Niederschlag, und zersezt man das knallsaure Satz mit
                              Salzsaͤure, so erzeugt sich kein blausaures Eisen.
                           Behandelt man die knallsaure Pottasche mit metallischem Kupfer, so faͤllt
                              alles Silber nieder, und eine Zinkplatte zeigt Kupfer in der Fluͤssigkeit an;
                              ein Ueberschuß von Pottasche ist nicht im Stande, dieses Metall davon zu trennen,
                              und die Fluͤssigkeit wird durch Zusaz von Ammonium nicht blau; zersezt man
                              aber dieses Salz hierauf mit Salzsaͤure, so kann man leicht durch andere
                              Reagentien die Gegenwart des Kupfers erkennen.
                           Die chromsauren, blausauren, kohlensauren Salze etc. faͤllen kein Silber aus
                              den alkalischen knallsauren Salzen.
                           Die Entwikelung von Hydrocyansaͤure waͤhrend der Zersezung der
                              knallsauren Salze durch Salzsaͤure und andere Erscheinungen veranlaßten mich
                              ganz natuͤrlich, diese Salze mit den Doppelsalzen zu vergleichen, welche die
                              Blausaͤure mit den Basen bildet, oder mit den
                              Eisen-Silber-Kupfer-blausauren Salzen, wenn man diese Metalle
                              als ein Element der Saͤure betrachtet. Die Verbindung der
                              Hydrocyansaͤure mit dem Silber- oder Kupfer-Oxide und der
                              Pottasche wird von den salzsauren alkalischen Salzen nicht zersezt.
                           Die concentrirte Salzsaͤure erzeugt immer eine vollstaͤndige Zersezung,
                              die Bildung von Silber-Chloruͤr und eine Entwikelung von
                              Hydrocyansaͤure und Kohlensaͤure; in der Fluͤssigkeit bleibt
                              salzsaures Ammonium zuruͤk. Ein Ueberschuß von aͤzender Pottasche ist
                              nicht im Stande das Silberoxid oder Kupfer-Oxid aus seiner Verbindung mit der
                              Hydrocyansaͤure und Pott-Asche niederzuschlagen; die chromsauren,
                              kohlensauren Salze etc. faͤllen weder das Silber, noch das Kupfer; die
                              Metalle schlagen sich wechselseitig, nach ihrer Ordnung, aus ihrer Verbindung mit
                              der Hydrocyansaͤure und Pottasche nieder.
                           
                           Dieselben Analogien findet man, wenn man die knallsauren Salze mit einigen
                              Verbindungen der Sauerkleesaͤure und der Weinsteinsaͤure vergleicht:
                              Verbindungen, welche unter gewissen Umstaͤnden mit jenen der
                              Hydrocyansaͤure Aehnlichkeiten darbiethen, uͤber welche Hr. Gay-Lussac (Annales de
                                 Chimie T. III. p. 281.) schon sehr
                              schoͤne Versuche anstellte, und die Hr. Rose (T. XXIII. p. 356) vollkommen
                              bestaͤtigte; allein die gewoͤhnlichen Reagentien, wie z.B. das
                              blausaure Eisen, die Gallaͤpfel etc., zeigen in den meisten dieser
                              Doppelsalze, die darin enthaltenen Metalloxide an; die knallsauren Salze
                              unterscheiden sich auch noch dadurch von den weinsteinsauren, daß die Saͤure
                              der knallsauren Salze ohne Silber oder Kupfer etc. nicht existiren kann; so daß bei
                              Entfernung dieser Oxide, die vielmehr als Elemente dieser Saͤure zu
                              betrachten sind, diese zerstoͤrt wird, waͤhrend man den
                              weinsteinsauren Doppelsalzen die Metalloxide nehmen kann, ohne daß die
                              Weinsteinsaͤure dadurch veraͤndert wird. Diese Oxide sind vollkommen
                              unabhaͤngig von der Weinsteinsaͤure, was bei den Metallen der
                              knallsauren Salze keineswegs der Fall ist; so daß sie sich in dieser Hinsicht sehr
                              den hydrocyansauren Salzen naͤhern.
                           Ich verschaffte mir durch Zersezung von 1–2 Unzen Knall-Silber mit Kalk
                              auf die oben angefuͤhrte Weise eine hinlaͤngliche Menge
                              Knallsaͤure.
                           Laͤßt man die auf diese Weise bereitete Saͤure mit schwarzem
                              Silberoxide kochen, so loͤst sie sich vollkommen auf und nach dem
                              Abkuͤhlen erhaͤlt man Kristalle von Knallsilber. Wenn man
                              Queksilberoxid auf dieselbe Weise mit dieser Saͤure behandelt, so verbindet
                              es sich gleichfalls damit und kristallisirt in kleinen glaͤnzenden
                              Blaͤttchen.
                           Da sich die Blausaͤure mit mehreren Metallen, mit dem Eisen, Silber, Golde
                              z.B. verbindet und eine eisen-, silberhaͤltige Blausaͤure etc.
                              bildet, so war man natuͤrlich geneigt, nachzuforschen, ob das Knallqueksilber
                              nicht eine besondere Saͤure enthaͤlt, welche von jener des
                              Knallsilbers darin verschieden waͤre, daß sie statt des Silbers Queksilber
                              unter ihren Elementen enthielte, waͤhrend alle uͤbrigen dieselben
                              blieben.
                           
                           Der Erfolg meiner Versuche bestaͤtigte meine Muthmassung; denn bei Behandlung
                              einer hinlaͤnglichen Menge vollkommen weisser Kristalle von Knallqueksilber
                              in kochender Aezpott-Asche, fand ich, daß sie sich darin aufloͤsen und
                              dabei Queksilberoxid fallen lassen. Bei dem Kochen mit Pottasche entwikelt sich kein
                              Ammonium und sezt man das Kochen lang fort, filtrirt dann die Fluͤßigkeit und
                              laͤßt sie ploͤzlich abkuͤhlen, so sezen sich gelbe Floken ab,
                              welche nicht detoniren und eine dreifache Verbindung von Saͤure,
                              Queksilberoxid und Pottasche zu seyn scheinen. Diese Fluͤßigkeit gibt mit
                              Salpetersaͤure einen weissen Niederschlag, welcher getroknet, bei einem
                              Schlage stark detonirt.
                           Mit dem Baryte, Strontian und Kalke bildet das Knall-Queksilber Verbindungen,
                              welche jenen analog sind, die das Knallsilber mit diesen Basen eingeht.
                           Die Abscheidung der Saͤure vom Knallqueksilber gelingt nicht immer und die
                              Bereitung der Verbindungen dieser Saͤure mit den Basen biethet
                              Schwierigkeiten dar, welche ich noch nicht vollkommen zu heben im Stande war. Bei
                              6–8 Versuchen, die ich machte, um mir Kristalle von ihrer Verbindung mit der
                              Pottasche zu verschaffen, erhielt ich nur 1 oder 2 Mahl detonirende, gelbe,
                              sternfoͤrmig gruppirte Kristalle. Ließ ich die Mutterlauge oder destillirtes
                              Wasser mit diesen Kristallen kochen, so loͤsten sie sich wieder; allein beim
                              Abkuͤhlen gab die vollkommen klare Fluͤßigkeit keine Kristalle mehr,
                              sondern wurde milchig, gelblich und ganz truͤbe.
                           Aus diesen Resultaten konnte matt schon auf eine Analogie zwischen den Bestandtheilen
                              des Knallsilbers und jenen des Knallqueksilbers schließen; folgender Versuch ist
                              aber ein augenscheinlicher Beweis ihrer Identitaͤt. Ich brachte eine
                              unbestimmte Menge Knallsilber und metallisches Queksilber in Wasser und ließ dieß
                              kochen; nach einiger Zeit wurde die Fluͤßigkeit truͤbe und grau; durch
                              Filtriren und Abkuͤhlen eines Theiles desselben erhielt ich blaͤttrige
                              Kristalle, die jenen ganz aͤhnlich waren, die ich durch die Verbindung der
                              von dem Knallsilber getrennten Saͤure mit Queksilberoxid bekam, und von
                              welchen ich weiter oben gesprochen habe.
                           
                           Den anderen Theil der Fluͤßigkeit ließ ich beilaͤufig eine Stunde lang
                              kochen: der graue Niederschlag bekam eine dunklere Farbe; als sich kein Niederschlag
                              mehr zu bilden schien, filtrirte ich die Fluͤßigkeit und ließ sie stehen.
                              Nach einigen Stunden hatten sich herrliche weisse, etwas gelbliche Kristalle
                              abgesezt, welche ich bei aufmerksamerer Untersuchung fuͤr vollkommen reines
                              Knallqueksilber erkannte: das am Boden des Gefaͤßes zuruͤkgebliebene
                              Queksilber hatte seine Fluͤßigkeit verloren und enthielt Silber.
                           Auf dieselbe Weise bereitete ich mit Knallqueksilber Knall-Silber, indem ich
                              eine gesaͤttigte Aufloͤsung des ersteren mit Silber kochen ließ; das
                              ich durch Kupfer aus dem salpetersauren Silber gefaͤllt hatte, und welchem
                              ich eine hinlaͤngliche Menge Platinna-Feile zusezte. Durch die
                              galvanische Wirkung, die durch die wechselseitige Beruͤhrung dieser beiden
                              Metalle entstand, wurde das Queksilber gefaͤllt und das Silber
                              aufgeloͤst. Dieser leztere Versuch verlangt eine schnelle Behandlung und ein
                              bloßes Abgießen der Fluͤßigkeit.
                           Ich versuchte auf eine aͤhnliche Weise Knallkupfer zu bereiten und ließ
                              destillirtes Wasser mit metallischem Kupfer und Knallsilber kochen. Nach einiger
                              Zelt truͤbte sich die Fluͤßigkeit, und es sezte sich
                              glaͤnzendes metallisches Silber zu Boden.
                           Die Fluͤßigkeit besaß nach dem Filtriren eine blaß blaͤuliche Farbe und
                              wurde durch Zusaz von einigen Tropfen Ammonium herrlich azurblau. Der andere Theil
                              der Fluͤßigkeit sezte nach einiger Zeit eine bedeutende Menge
                              gruͤnlich blauen Pulvers ab, welches sich wie eine wahre Verbindung des
                              Kupfer-Oxides mit der Saͤure des Knallsilbers verhielt, in der sich
                              aber Kupfer statt des Kupfers befand. Diese Verbindung detonirt, jedoch
                              schwaͤcher als das Knallsilber, wobei sie ein gruͤnliches Licht
                              erzeugt; in kochendem Wasser loͤst sie sich schwer auf. Faͤhrt man mit
                              dem Abdampfen der Fluͤßigkeit fort, so erhaͤlt man noch eine große
                              Menge dieses Knallkupfers.
                           Der Zink gab mir dieselben Erscheinungen, nur ging die Operation viel schneller von
                              Statten. Die Fluͤßigkeit, welche ich erhielt, war gelb und nachdem sie etwas
                              abgedampft worden war, fiel Knall-Zink von derselben Farbe nieder.
                           
                           Eben so behandelte ich das Knallsilber mit Eisen: die Aufloͤsung besaß eine
                              roͤthlich braune Farbe und gab nach dem Abdampfen kristallisirtes
                              Knall-Eisen. Ich faͤllte schwefelsaures Kupfer mit einer Verbindung
                              der Knallsaͤure mit Soda: der Niederschlag hatte eine schoͤne
                              gruͤne Farbe, detonirte aber nicht, obschon das Daseyn von
                              Silbersaͤure durch die Reagentien angezeigt wurde. Diesen Niederschlag ließ
                              ich in Wasser kochen und sezte waͤhrend des Kochens Knallsilber zu; darauf
                              filtrirte ich ihn, und ließ ihn abkuͤhlen. Nach einer Stunde sezte sich
                              freies knallsaures Silber zu Boden; allein hierauf bildeten sich herrliche Kristalle
                              von der Laͤnge einiger Millimeter, welche aͤußerst seine gruppirte
                              Faͤden bildeten. Die ruͤkstaͤndige Fluͤßigkeit war
                              roͤthlich. Auf dieselbe Weise, auf welche ich Knallqueksilber,
                              Kupfer-, Eisen- und Knallzink aus dem Knallsilber erhielt, suchte ich
                              auch aͤhnliche Zusammensezungen mittelst des Knall-Queksilbers zu
                              bereiten.
                           Zu diesem Zweke ließ ich eine Aufloͤsung von Knallqueksilber mit metallischem
                              Kupfer kochen; die Fluͤßigkeit veraͤnderte ihre Farbe und wurde
                              gruͤn. Als kein metallisches Queksilber mehr niederzufallen schien, ließ ich
                              die Fluͤßigkeit abkuͤhlen: bald bildeten sich schoͤne,
                              gruͤne Kristalle, die unter Entwikelung eines gruͤnen Lichtes stark
                              detonirten, sich schwer aufloͤsten, die aber in Hinsicht auf Zusammensezung
                              nicht von dem mit Knallsilber erhaltenen Knallkupfer verschieden waren.
                           Ganz auf dieselbe Weise behandelte ich den Zink mit Knall-Queksilber und
                              erhielt dadurch eine durchsichtige gelbe Fluͤßigkeit, welche nach dem
                              Abkuͤhlen flokige Kristalle von gleicher Farbe absezten, und welche ebenfalls
                              die Eigenschaft zu detoniren besaßen, welche alle diese Salze auszeichnet.
                           Die genaue Bestimmung der Bestandtheile schien jedoch die groͤßte
                              Schwierigkeit darzubiethen; denn aus dem Gesagten erhellt, daß die bis jezt
                              befolgten Methoden, statt die wahren Grundstoffe zu geben, nur Producte lieferten,
                              welche durch die Behandlung selbst und die bei der Analyse angewendeten Mittel
                              erzeugt werden; Producte, unter welchen man immer das Ammonium und die
                              Kleesaͤure angefuͤhrt findet, die mit den Reagentien, welche ich zu meinen Versuchen
                              anwendete, nie aufloͤsliche und kristallisirbare Verbindungen geben.
                           Die Anwendung der Salzsaͤure bei der Analyse der knallenden Substanzen
                              gewaͤhrte mir bei der Bestimmung der Verhaͤltnisse ihrer Bestandtheile
                              durchaus keinen Vortheil, sondern nur Ungewißheit.Wenn ich Knallsilber oder Knallqueksilber mit Sand oder einem Salze mischte,
                                    um sie auf trokenem Wege zu zersezen, so entstand immer eine
                                    fuͤrchterliche Detonation und dieß zwar von der zu schnellen Erhizung
                                    dieser Substanzen. A. d. O. Folgender Versuch brachte mich auf ein besseres Verfahren; denn, indem ich
                              eine bestimmte Menge Knall-Silber mit calcinirter Bittererde in destillirtem
                              Wasser kochen ließ, (um eine Verbindung derselben mit der Saͤure zu
                              erhalten), enthielt die Fluͤßigkeit nach dem Filtriren nur sehr wenig
                              Saͤure mehr; es mußte sich also der groͤßte Theil des Knallsilbers in
                              dem haͤufigen roͤthlichen Ruͤkstande befinden.
                           Ich warf etwas von diesem Ruͤkstande auf gluͤhende Kohlen, und bemerkte
                              statt einer heftigen Detonation nur ein schwaches Verknistern.
                           Ich brachte beilaͤufig eine halbe Unze dieses gut getrokneten
                              Ruͤckstandes in eine glaͤserne Retorte, welche mit einer mit
                              Queksilber gefuͤllten Vorlage in Verbindung stand und erhizte dieselbe
                              gradweise, nachdem ich, im Falle einer Detonation, alle moͤglichen Maßregeln
                              zu meiner Sicherheit getroffen hatte. Die Masse zersezte sich ohne Geraͤusch,
                              und schien wie eine Fluͤßigkeit zu kochen. In der Vorlage sammelte sich eine
                              Fluͤßigkeit und eine betraͤchtliche Menge Gas. Die Fluͤßigkeit,
                              welche mehreren Versuchen unterworfen wurde, verhielt sich wie kohlensaures Ammonium
                              in Verbindung mit Wasser. Das Gas wurde von Aezkalk absorbirt, und war folglich
                              Kohlensaͤure.
                           Erstaunt, daß ich kein freies Stikgas erhielt, wie ich erwartete, wiederholte ich
                              diesen Versuch oͤfter und uͤberzeugte mich, daß sich wirklich kein
                              anderes Gas entwikelte.
                           Nach diesen Versuchen unternahm ich die genaue Bestimmung der Producte, welche sich
                              entwikelten; ich bediente mich zu diesem Zweke folgenden Apparates: ich vermischte
                              so innig als moͤglich 100 Theile Knallsilber mit 400 Theilen stark calcinirter
                              BittererdeZu diesem Zweke ruͤhrte ich beide Koͤrper mit warmem Wasser an,
                                    welche ich dann mit dem pneumatischen Apparate und Schwefelsaͤure
                                    wegschaffte. A. d. O., und brachte das Gemisch in eine glaͤserne, gut verkittete Retorte,
                              weil bei den fruͤheren Versuchen die Retorten schmolzen.
                           Mit dem Halse der Retorte verband ich eine Glasroͤhre, deren Ende in ein
                              Gefaͤß untertauchte, welches 100 Theile destillirtes Wasser und 50 Theile
                              reine Salzsaͤure enthielt. Das Gefaͤß selbst wog 920 Theile. Von
                              diesem Gefaͤße aus tauchte eine andere Roͤhre in ein mit Kalkwasser
                              gefuͤlltes Gefaͤß unter. Hierauf erhizte ich die Retorte gradweise
                              beilaͤufig eine Stunde lang und brach dann den Hals der Retorte schnell mit
                              einer Feile weg, um der Absorbtion nach dem Abkuͤhlen vorzubeugen, vorher
                              aber brachte ich eine gluͤhende Kohle der Laͤnge nach unter den Hals
                              und die Roͤhre, um die Fluͤßigkeit zu vertreiben, welche sich darin
                              verdichtet hatte. Das erste Gefaͤß wog vor dem Versuche 1070 Theile und nach
                              demselben 1090,9 Theile. Es hatte folglich um 20,9 Theile zugenommen. Die
                              Fluͤßigkeit besaß nicht den geringsten Ammoniakgeruch. Ich dampfte sie mit
                              Vorsicht in demselben Gefaͤße ab, und erhizte den Ruͤkstand etwas
                              staͤrker, um ihn von der uͤberschuͤßigen
                              Hydrochlorsaͤure zu befreien. Nachdem das Gefaͤß abgekuͤhlt
                              war, untersuchte ich neuerdings das Gewicht desselben, und fand dasselbe 963,5
                              Theile. Die Materie, die es enthielt, wog also 43,5 ich hielt sie fuͤr
                              hydrochlorsaures Ammonium; allein 43,5 Theile Salmiak enthalten 13,7 Theile
                              Ammonium, welche, abgezogen von 20,9 Theilen, 7,2 Theile Wasser geben. In dem
                              Kalkwasser hatte sich ein sehr bedeutender Niederschlag gebildet, welcher, nach dem
                              Sammeln, Troknen und genau gewogen, 82,2 Theile kohlensauren Kalk gab; da nun 82,2
                              Theile kohlensaurer Kalk 35,5 Kohlensaͤure enthalten, so wurde diese zu den
                              Produkten gezaͤhlt. Der Ruͤkstand in der Retorte wog 441 Theile: die
                              Bittererde hatte sich also um 41 Theile vermehrt und diese Vermehrung muß dem
                              metallischen Silber zugeschrieben werden. Ich hatte also in Allem:
                           
                           
                              
                                 Kohlensaͤure
                                   35,5
                                 
                              
                                 Ammonium
                                   13,7
                                 
                              
                                 Wasser
                                     7,2
                                 
                              
                                 Silber
                                   41,0
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                   97,4
                                 
                              
                                 Verlust
                                     2,6
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Auf dieselbe Weise machte ich die Analyse des Knallqueksilbers; der Apparat war nur
                              darin verschieden, daß der horizontale Theil der ersten Roͤhre eine Kugel zur
                              Ansammlung des Queksilbers besaß. Ich erhielt:
                           
                              
                                 Kohlensaͤure
                                   25,8
                                 
                              
                                 Ammonium
                                   10,0
                                 
                              
                                 Wasser
                                     5,2
                                 
                              
                                 Queksilber
                                   56,9
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                   97,9
                                 
                              
                                 Verlust
                                     2,1
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 
                              
                           Diese Resultate sind das arithmetische Mittel von vier Versuchen. Was am meisten in
                              denselben verschieden war, ist die Kohlensaͤure; allein das
                              Verhaͤltniß der anderen Produkte zeigte sich bestaͤndig. Betrachten
                              wir diese Produkte einzeln, so lassen sich folgende Bestimmungen daraus ziehen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 13, S. 489
                              Knallsilber; Kohlensaͤure;
                                 Ammonium; Wasser; Silber; Knallqueksilber; Sauerstoff; Kohlenstoff; Stikstoff;
                                 Wasserstoff; Queksilber
                              
                           Ich gebe jedoch diese Analysen nicht als aͤußerst genau an; denn die große
                              Verwandtschaft der Bittererde zur Kohlensaͤure und zum Wasser mußte nothwendig
                              Irrthuͤmer in derselben veranlaßt haben.
                           Ich mußte mich mit der Analyse des Knallsilbers und Queksilbers begnuͤgen,
                              weil auf die angegebene Weise keine Zersezung der Saͤure versucht werden
                              konnte; denn so oft man sie mit der Bittererde vermischt und sie erhizt, so entsteht
                              eine Detonation, welche die Retorte zersprengt; und bei aller Vorsicht, welche ich
                              bei meinen Versuchen uͤber das Knallsilber anwendete, geschah mir dieß doch
                              zwei Mahl. Diese Detonation kam wahrscheinlich daher, daß das Knallsilber nicht
                              innig genug mit der Bittererde gemengt war. Vorzuͤglich der lezte Versuch,
                              welchen ich anstellte, lehrte mich, obschon ich die Eigenschaften der Substanz
                              vollkommen genau kannte, daß ich nicht ganz in Sicherheit war.
                           Ich gehe nun zur Beschreibung der Salze uͤber, welche ich schielt. Vorher muß
                              ich aber noch Einiges uͤber die Methode, welche ich zur Ausmittelung ihrer
                              Bestandtheile anwendete, anfuͤhren. Sie besteht darin, daß man das Salz mit
                              einer hinlaͤnglichen Menge Hydrochlorsaͤure behandelt; daß man das
                              sich bildende Silber-Chlorin genau kennt; daß man die
                              ruͤkstaͤndige Fluͤssigkeit bis zur Trokenheit eindampft, und
                              endlich die Menge der Basis bestimmt, welche in dem detonirenden Salze enthalten
                              ist. Vor allem ist aber eine Hize von 100° noͤthig, um das
                              Kristallisationswasser vollkommen zu vertreiben; es ist zu bewerten, daß diese Salze
                              unter dieser Temperatur nicht detoniren. Das Salz, welches den Ruͤkstand der
                              abgedampften Fluͤssigkeit bildet, muß stark erhizt werden, um es von allem
                              Salmiak zu befreien, mit welchem es verbunden ist. Im Vorbeigehen will ich erinnern,
                              daß man diese Salze durch Behandlung des Knallsilbers mit den verschiedenen Basen
                              erhaͤlt.Filtrirt man die Verbindung irgend eines Alkalk mit der Knallsaͤure,
                                    warm oder kalt, was gleichviel ist, so nimmt die Fluͤssigkeit, welche
                                    vorher vollkommen klar war, so wie die Kristalle sich bilden, eine
                                    braͤunliche Farbe an, die wieder verschwindet, wenn man die
                                    Fluͤssigkeit verduͤnnt, die Kristalle wieder aufloͤst,
                                    und dann einige Zeit kochen laͤßt, hierauf fallen aber schwarze
                                    Floken daraus nieder, welche eine Verbindung einer organischen Materie, die
                                    vom Papiere herkommt, mit etwas Silber zu seyn scheint. Scheidet
                                    man diese Floken durch Abseihen ab, so sezen sich vollkommen weisse
                                    Kristalle ab. A. d. O.
                              
                           
                           Vittererde-Salz. Die Bittererde verbindet sich in
                              zwei verschiedenen Verhaͤltnissen mit der Saͤure, von welcher wir
                              handeln; eine dieser Verbindungen bildet ein rosenfarbenes Pulver, ist
                              unaufloͤslich, detonirt nicht, sondern verknistert nur; die andere bildet
                              sehr schoͤne, weiße, fadenfoͤrmige Kristalle, welche man mit nichts
                              besser, als mit dem natuͤrlichen haarfoͤrmigen Silber vergleichen
                              kann, und welche sehr stark detoniren.
                           Baryt-Salz. Der Baryt verbindet sich leicht mit
                              der Saͤure, und wie es scheint, in zwei verschiedenen Verhaͤltnissen.
                              Die erste dieser Verbindungen kristallisirt in schmuzigweissen Koͤrnern,
                              welche sich schwer in Wasser aufloͤsen, und stark detoniren.
                           Strontian-Salz. Die Verbindung dieser Basis mit
                              der Saͤure verhaͤlt sich wie jene des Barytes.
                           Kalk-Salz. Dieses Salz bildet kleine, gelbe sehr
                              leicht, selbst in der Kaͤlte, aufloͤsliche, koͤrnige Kristalle
                              von betraͤchtlicher specifischer Schwere.
                           Pottasche-Salz. Dieses Salz kristallisirt leicht
                              in sehr schoͤnen, laͤnglichen, vollkommen weissen, und metallisch
                              glaͤnzenden Kristallen von unangenehmen metallischem Geschmake, es
                              faͤrbt, so wie alle uͤbrigen Salze dieser Familie, das von Essig
                              geroͤthete Lakmußpapier nicht wieder blau; es loͤst sich ist
                              beilaͤufig 8 Theilen kochendem Wasser vollkommen auf, und detonirt in der
                              Hize, oder bei einem Schlage darauf, sehr heftig. Es enthaͤlt:
                           
                              
                                 Saͤure
                                   85,08
                                 
                              
                                 Basis
                                   14,92
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Das mit Pottasche behandelte Knallqueksilber gibt ein gelbes Salz, von welchem ich
                              schon gesprochen habe.
                           Soda-Salz. Ich erhielt es immer in kleinen,
                              rundlichen, roͤthlich-braunen, metallisch-glaͤnzenden
                              Kristallen. Es ist specifisch leichter als das Vorhergehende, stimmt jedoch in allem Uebrigen mit
                              demselben uͤberein; nur ist es leichter aufloͤslich. Es besteht
                              aus:
                           
                              
                                 Saͤure
                                   83,66
                                 
                              
                                 Basis
                                   11,34
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Ammoniak-Salz. Ich bereitete es durch Behandlung des Knallsilbers in der
                              Waͤrme mit Aez-Ammonium. Die Verbindung dieser beiden Koͤrper
                              hat Statt, ohne daß ein Ruͤkstand bleibt. Dieß kommt daher, daß das
                              Silber-Oxid, welches bei Bereitung der uͤbrigen Salze
                              niederfaͤllt, sich hier mit dem Ammonium zu Berthollets Silber-Ammonium verbindet. Nach dem Abkuͤhlen
                              erhaͤlt man eine große Menge koͤrniger, glaͤnzendweisser
                              Kristalle, welche sich sehr leicht in Wasser aufloͤsen, und einen stechenden
                              metallischen Geschmak besizen.
                           Ich wagte es nicht dieses Salz zu analysiren; denn es ist gar nicht zu behandeln, und
                              detonirt selbst in der Fluͤssigkeit, wenn man es mit einem Glasstabe
                              beruͤhrt. Zum Gluͤke pflanzt sich die Zersezung in diesem Falle nicht
                              mit, wenn die Fluͤssigkeit einen Ueberschuß von Alkali enthaͤlt. Ein
                              Theil dieses Salzes detonirt so stark, wie eine drei Mahl so große Menge
                              Knallsilber.
                           Loͤst man bei gelinder Waͤrme Knallqueksilber in aͤzendem
                              Ammonium auf, so erhaͤlt man nach dem Abkuͤhlen koͤrnige gelbe
                              Kristalle, welche stark detoniren; laͤßt man aber die Aufloͤsung
                              einige Zeit kochen, so scheidet sich aus derselben eine große Menge eines
                              weißlichen, ins gelbe ziehenden Pulvers ab, welches nicht detonirt.
                           Auf diese Arbeit soll eine andere folgen, deren Zwek die Untersuchung der
                              uͤbrigen Verbindungen dieser Saͤure mit Metalloxiden seyn wird;
                              Verbindungen, von welchen ich mehrere schon in dieser Abhandlung genannt habe; ich
                              werde derselben auch die Bereitung und Analyse der mit dem Knallqueksilber
                              bereiteten Salze widmen. Am Schlusse der Auseinandersezung meiner Arbeit muß ich
                              Hrn. Thénard meinen Dank darbringen, welcher mich
                              bei meinen Versuchen mit seinem Rathe unterstuͤzte. Ich gestehe aufrichtig,
                              daß ich nur ihm die Moͤglichkeit, daß ich dieselben fortsezen konnte, zu
                              verdanken habe; ohne das Laboratorium des Hrn. de Claubry, welches er die Guͤte hatte mir zu verschaffen, haͤtte ich nichts machen
                              koͤnnen, und die Art und Weise, auf welche er mich, da ich ihm ganz fremd
                              war, aufmunterte, zeigt das Interesse, welches er an meinen Versuchen hatte, und den
                              Eifer, mit welchem er zur Befoͤrderung der Wissenschaft beseelt ist. Auch
                              Hrn. Gaultier de Claubry, welcher mir mit der
                              groͤßten Gefaͤlligkeit alle noͤthigen Instrumente zu Gebothe
                              stellte, bezeuge ich hier meinen Dank.