| Titel: | Ueber eine neue Art von perennirendem Kohle, Woburn-Kohl genannt (Woburn perennial Kale), eine Abart der Brassica oleracea acephala fimbriata. Von Hrn. Georg Sinclair, Gärtner bei dem Herzoge von Bedford. | 
| Fundstelle: | Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXIII., S. 251 | 
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                        LXIII.
                        Ueber eine neue Art von perennirendem Kohle, Woburn-Kohl genannt (Woburn perennial Kale), eine Abart der Brassica
                              									oleracea acephala fimbriata. Von Hrn. Georg Sinclair, Gärtner bei dem Herzoge von
                           								Bedford.
                        Aus dem V. B. 3. Th. Transactions of the London Horticultural
                                 										Society in Gill's technical Repository. Februar. 1824. S.
                              									103. (Im Auszuge.)
                        Sinclair's neue Art von perennirendem Kohle.
                        
                     
                        
                           Hr. Sinclair bemerkt, daß diese
                              									Abart der Brassica oleracea acephala fimbriata, die er
                              										Woburn perennial Kale nannte, in Hrn. De Candolle's interessanter Abhandlung uͤber die
                              									Arten und Abarten der Gattung Brassica nicht
                              									vorkommt.
                           
                           Er findet diese, auch im Winter immer gruͤnende, Abart, die man noch wenig
                              									kennt (indem nur wenige Pflanzen und Sezlinge aus dem Garten des Herzoges zu
                              									Woburn-Abbey vertheilt wurden, und eine aͤhnliche Abart, obgleich
                              									selten, nur in den Gaͤrten von Norfolk vorkommt) der allgemeinen
                              									Aufmerksamkeit werth.
                           Man zog diese Pflanze im Garten zu Woburn vom J. 1808 bis 1814 als
                              									Zierde-Pflanze, wegen ihres fein getheilten Blattes und ihrer dunkel rothen
                              									Farbe, und dachte nicht daran, daß sie genießbar ist. Sieben Jahre lang blieb sie,
                              									in Toͤpfen, im Grunde und in der Orangerie gezogen, ohne zu bluͤhen.
                              									Im J. 1817 bluͤhte das Individuum, das man zuerst erhielt, brachte aber
                              									keinen Samen. Gluͤklicher Weise hatte man sich vorher uͤberzeugt, daß
                              									jeder Schnittling, den man von dieser Pflanze in die Erde brachte, unter
                              									gehoͤriger Pflege sich so leicht entwikelte, wie aus Samen gezogener Kohl.
                              									Man versuchte sie als Gemuͤse, und fand sie so gut, wie den besten
                              									Winter-Kohl.
                           Im Jahre 1815 wurden in dem Kuͤchen-Garten 150 □ YardsEin Yard ist 3 englische □ Fuß.A. d. Ueb. mit Schnittlingen von diesem Kohle bepflanzt, und seit dieser Zeit gab
                              									derselbe, ohne allen Duͤnger und ohne alle andere Pflege, als daß das Unkraut
                              									weggeschafft wurde, jaͤhrlich im Durchschnitte doppelt soviel Ertrag, als
                              									andere Winter-Kohl-Arten. Er lieferte auf 10 □ Yards 144 Pfund
                              									20 Loth, waͤhrend der gruͤne Broccoli (Borecole) auf eben so viel Grund nur 28 Pfund 6 Loth, und rothe Broccoli
                              										(purple Borecole) 30 Pfund 2 Loth geben. Und diese
                              									Woburn-Kale-Pflanzen standen, wie gesagt, bereits 8 Jahre im Grunde
                              									ohne allen Duͤnger. Bei obigen vergleichenden Versuchen wurden alle
                              									Kohl-Pflanzen 3 Zoll uͤber der Erde abgeschnitten, und die
                              									Staͤngel derselben im Gewichte mitgerechnet: der Boden, die Lage, die
                              									Jahreszeit waͤren dieselben. In Hinsicht auf die nahrhaften Bestandtheile
                              									kommt dieser Kohl so ziemlich den Broccolis gleich.
                           
                           
                              
                                 
                                 Nahrungsstoff,
                                 Holzfaser,
                                 Wasser.
                                 
                              
                                 1750 Gr. Woburn-Kale gaben
                                   109 Gr.
                                 233 Gr.
                                 1408 Gr.
                                 
                              
                                   d°  
                                    											Gr. gruͤne Broccoli
                                   110 Gr.
                                 220 Gr.
                                 1420 Gr.
                                 
                              
                                   d°  
                                    											Gr. rothe Broccoli
                                   112 Gr.
                                 230 Gr.
                                 1358 Gr.
                                 
                              
                           Obige Versuche wurden unter gleichen Umstaͤnden mit den fuͤr den Tisch
                              									bestimmten Spizen und Sprossen vorgenommen.
                           Hr. Sinclair fand folgende Methode der Wartung und Pflege
                              									fuͤr diesen Woburn-Kohl als die beste: Anfangs Aprils, oder sobald die
                              									Zeit fuͤr den Winterkohl voruͤber ist, werden die Staͤngel nahe
                              									an der Erde bis auf ein Paar Wurzelknospen niedergeschnitten, der Grund mit der
                              									kleinen Haue (dem Heinl) aufgelokert und mit demselben Werkzeuge immerdar rein vom
                              									Unkraute gehalten: dieß ist alles, was bei einer bereits angelegten Pflanzung zu
                              									thun noͤthig ist. Wenn man eine neue Pflanzung anlegen will, werden diese im
                              									Maͤrz oder April abgeschnittenen Staͤngel zu Stuͤken von
                              									6–7 Zoll Laͤnge geschnitten, die dann sehr bald einwurzeln: die
                              									Seiten-Sprossen, und die Schnittlinge mit Kronen geben spaͤter (im
                              									ersten Jahre bemerkt man diesen Unterschied noch nicht) die staͤrksten
                              									Stoͤke. Man kann diese Sezlinge entweder alsogleich an jene Stelle
                              									verpflanzen, wo sie fuͤr immer zu bleiben haben, und dann muͤssen sie
                              									in Reihen, die 20–24 Zoll von einander entfernt sind, gepflanzt, und bis sie
                              									fest eingewurzelt sind, so oft es noͤthig ist, begossen werden, oder man kann
                              									sie in ein Beet von leichter fruchtbarer Erde drei bis vier Zoll weit von einander
                              									sezen und spaͤter auf ihren bleibenden Standort verpflanzen, nachdem sie
                              									bereits gehoͤrig Wurzeln gebildet haben. Die Sezlinge muͤssen auf ein
                              									Drittel ihrer Laͤnge in die Erde kommen. Ein Boden, der zwischen nassem und
                              									trokenem Boden das Mittel haͤlt, ist der beste: uͤbrigens liebt dieser
                              									Kohl, so wie alle Kohlarten, vorzuͤglich fuͤr das erste Jahr, einen
                              									fruchtbaren Boden; er kommt zwar auch auf sandigen Boden fort, gibt aber dann
                              									geringeren Ertrag.
                           Dieser Kohl bringt wegen mangelhaften Baues seiner Blume wenig Samen; da er sich aber
                              									so leicht durch Schnittlinge vermehrt, und da er aus Samen leicht ausartet, so ist
                              									es besser ihn durch Schnittlinge fortzupflanzen.
                           
                           Hr. Sinclair baute vier Loch Samen, den er von
                              									Stoͤken dieser Kohl-Sorte erhielt, die entfernt von allen anderen
                              									Kohl-Arten, ja sogar von allen anderen schotentragenden Gewachsen, gezogen
                              									wurden. Die Pflanzen, die aus diesen Samen aufgingen, gaben nicht weniger als zehn
                              									verschiedene Abarten von Kohl, von welchen nur eine einzige mit der
                              									Mutter-Abart vollkommen uͤberein kommt: alle uͤbrige welchen in
                              									Form und Farbe der Blaͤtter ab, und halten das Mittel zwischen dem
                              									sogenannten York-Fluͤhkohl, (Carly Yorc)
                              									und dem Kaiser-Kohl (Imperial Cabbage) und dem
                              									wahren Woburn-Kohle.