| Titel: | Beschreibung einer Camera - obscura mit einem Menisk - Prisma. Nach der Erfindung des Hrn. Vinc. Chevalier, d. ält., Optikers, quai de l'Horloge, n. 69 à Paris. | 
| Fundstelle: | Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXXVI., S. 304 | 
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                        LXXVI.
                        Beschreibung einer Camera
                           								-
                           								obscura mit einem Menisk
                           								-
                           								Prisma. Nach der Erfindung des Hrn. Vinc. Chevalier, d. ält.,
                           								Optikers, quai de l'Horloge, n. 69 à Paris.
                           							
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
                                 										pour l'industrie nationale. N. 233. S. 297.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VII.
                        Chevalier's Camera obscura mit einem
                           									Menisk-Prisma.
                        
                     
                        
                           Hr. Chevalier hat der
                              									Société d'Encouragement im November 1819
                              									ein convexes Prisma vorgelegt, welches in einer Camera-obscura das Bild der
                              									aͤußeren Gegenstaͤnde, die man als beleuchtet voraussezt, darstellt,
                              									und folglich den Spiegel und die Linse, deren man sich bisher bedient, vertritt.
                              									Eine Special-Commission wurde mit Untersuchung dieses Instrumentes
                              									beauftragt, und am 19ten December erstattete Hachette
                              									einen sehr vorteilhaften Bericht uͤber dasselbe, nach welchem das convexe
                              									Prisma folgende Vorzuͤge besizt:
                           1) Ist das Bild der Gegenstaͤnde lebhafter und reiner, als bei dem
                              									Spiegel- und Linsen-Sisteme.
                           2) Durch die Refraction auf der Oberflaͤche des Prisma vermeidet man die
                              									Unbequemlichkeit der doppelten Reflexion auf die beiden parallelen Seiten eines
                              									Spiegel-Glases von gewisser Dike.
                           3) Ist ein Prisma dauerhafter, als ein Spiegel, dessen Belegung durch Feuchtigkeit
                              									und andere zufaͤllige und haͤufige Ursachen leiden kann.
                           4) Der Kuͤnstler oder Liebhaber kann lang und bequem unter dem Vorhange der
                              										Camera-obscura
                              									arbeiten, weil die Luft frei durch denselben durch kann.
                           5) Ein convexes Prisma ohne Fassung, das wie Spiegel und Linse zugleich wirkt, kostet
                              									nur 15 Franken, waͤhrend Spiegel und Linse das Dreifache kosten
                              									wuͤrden, da flache Spiegel, selbst von kleinem
                              									Flaͤchen-Inhalte, sehr schwer zu verfertigen sind.
                           
                           Seit jenem Berichte des Hrn. Hachette hat Hr. Chevalier sein Instrument noch mehr vervollkommnet. Statt
                              									des convexen Prisma nimmt er ein Menisk-Prisma,
                              									wodurch das Instrument eine ganz neue Einrichtung, und den wichtigen Vortheil
                              									fuͤr eine Camera obscura erhaͤlt, daß das
                              									Bild ohne alle Aberration und gleich nett in allen seinen Theilen dargestellt wird.
                              									Auch in der Fassung hat Hr. Chevalier einige
                              									Veraͤnderungen angebracht, und das Instrument einfacher, tragbarer und
                              									bequemer gemacht.
                           Das neue Prisma ist auf Tab. VII. Fig. 36 und 37
                              									dargestellt. Seine Basis unterscheidet sich von jener eines rechtwinkeligen
                              									gleichschenkeligen Dreiekes nur dadurch, daß die beiden Seiten des rechten Winkels
                              									durch zwei Bogen gebildet werden, deren Sehnen diese Seiten sind. Die große, flache,
                              									Seite des Prisma bildet ein ParallelogrammParallelelogramm, und laͤuft durch die Hypothenuse der beiden Dreieke, als Basen des
                              									fuͤnfteiligen Prisma, wovon zwei Seiten sphaͤrisch sind, die eine
                              									convex, die andere concav. Dieser Kruͤmmungen wegen nennt Hr. Chevalier dieses Prisma Menisk-Prisma.
                           Bei dem Gebrauche wird die convexe Flaͤche gegen den Gegenstand, die große
                              									ebene Flaͤche unter einem Winkel von 45° und die concave
                              									Oberflaͤche gegen das Papier gekehrt.
                           Die Dimensionen des Prisma sind willkuͤrlich, sie muͤssen jedoch nach
                              									der Laͤnge des Brennpunctes berechnet seyn.
                           Fig. 36 zeigt
                              									das Menisk-Prisma gefaßt und von vorne.
                           Fig. 37 im
                              									vertikalen Durchschnitte, wo das Spiel und die Lage des Instrumentes dargestellt
                              									ist.
                           Fig. 38 das
                              									Prisma von vorne.
                           Fig. 39 von
                              									der Seite.
                           Fig. 40 den
                              									ganzen Apparat zum Gebrauche fertig, auf die Camera
                                 										obscura aufgesezt von vorne, und in etwas kleinerem Maßstabe.
                           A, das Prima; B, die Fassung
                              									in Kupfer CC, geschweifte Schrauben um das Prisma
                              									in der gehoͤrigen Lage zu erhalten.
                           Das Menisk-Prisma bringt folgende Wirkungen
                              									hervor. Ein horizontaler Strahlen-Buͤschel faͤllt auf den
                              									Mittelpunct der convexen Flaͤche, laͤuft durch das Prisma, tritt auf
                              									die unter einem Winkel
                              									von 45° (Fig. 39) geneigte ebene Flaͤche und davon zuruͤkgeworfen;
                              									faͤllt dann auf die horizontale concave Flaͤche, und tritt aus dem
                              									Prisma in die Luft. Das Bild des Gegenstandes, von welchem der
                              									Strahlenbuͤschel ausging, wird auf einem Blatte Papier aufgefangen.
                           Ueberhaupt wird ein Lichtstrahl, der aus der Luft kommt, und sich in einem Glase
                              									blicht, wieder aus dem Glase in die Luft zuruͤckgebrochen; es gib. aber
                              									Einfallswinkel, durch welche die Zuruͤkbrechung in eine bloße
                              									Zuruͤkwerfung sich verwandelt. Der Lichtstrahl, der aus dem Glase in die
                              									Luft, als weniger dichtes Mittel, tritt, entfernt sich von der auf die
                              									Einfalls-Flaͤche gezogenen Senkrechten, und wenn die Brechbarkeit der
                              									Art ist, daß der Winkel der Senkrechten und zuruͤk gebrochenen Strahles
                              									groͤßer ist, als ein rechter Winkel so tritt dieser Strahl nicht mehr aus dem
                              									Glase; er schlaͤgt sich in dem Inneren des Prisma auf die Einfalls.
                              									Flaͤche zuruͤk welche, in diesem Falle, als Spiegel wirkt.
                           Diese Camera obscura auf welche Hr. Chevalier sich ein brevet d'invention geben
                              									ließ, ist viel einfacher, als jene, die er der Société d'Encouragement
                              									im J. 1819 vorlegte. Sie besteht bloß aus 3 leichten Stangen, die gegen einander
                              									geneigt sind, und einen hoͤlzernen Kreis halten, auf welchem der Apparat
                              									aufgestellt wird. In gehoͤriger Entfernung tragen sie einen kleinen Tisch.
                              									Die Stangen werden mit schwarzem Taffet umhuͤllt, damit eine vollkommne
                              									Dunkelheit erzeugt wird.
                           Nach dem das Instrument aufgestellt ist, sezt der Zeichner sich in der Camera obscura, mit dem Ruͤken gegen den
                              									Gegenstand gekehrt nieder, und nimmt auf einem auf dem Tische ausgebreiteten Blatte
                              									Papier das Bild der aͤußeren Gegenstande mit aller Reinheit des Umrisses und
                              									der Farbenmischung auf. Man kann auf diese Weise die genauesten Zeichnungen
                              									erhalten, da man nur dem Hilde nachfahren darf.
                           Da die Prismen eine große Glas-Masse bilden, so ist es sehr schwer sich
                              									vollkommen fehlerfreie, ohne Blasen und Farbenstreifen, zu verschaffen. Hr. Chevalier sucht sich die dazu noͤthigen
                              									Glasstuͤke selbst in den Spiegelglas-Fabriken aus, und findet oft
                              									unter 1000 kaum 20. Er erweicht diese Stuͤke in einer Kapelle, und gibt ihnen in einem
                              									Model die noͤthige Form. Auf diese Weise, die er das Sezen, (refoulage) nennt, erhaͤlt er aus einem
                              									Stuͤke Spiegel-Glas von 10–12 Millimetern Dike Prismen die zehn
                              									Mahl so dik sind.
                           Die Erfindung dieses Sezens (refoulage), des einzigen
                              									Mittels, fehlerfreies Glas von bedeutender Dike zu erhalten, gehoͤrt dem sel.
                              									Hrn. Feret an, der im J. 1787 die Glaͤser zur
                              									großen Wasserlinse biegen mußte, mit welcher Hr. de Bernières seine Versuche
                              									im Garten de l'Infante anstellte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
