| Titel: | Bereitung der Erd-Orseille (Lichen parellus), und Verfahren, das sogenannte Cud-beard-Pulver daraus zu bereiten. Von den HHrn. Fleury und Bourget zu Lyon. | 
| Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. XXI., S. 80 | 
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                        XXI.
                        Bereitung der Erd-Orseille (Lichen parellus), und Verfahren, das sogenannte Cud-beard-Pulver daraus zu bereitenMan vergleiche auch hiemit die Notiz uͤber dieses Fabrikat im Bd. XXI. S. 189. dieses Journals. A. d.
                                 R.. Von den HHrn. Fleury und Bourget zu Lyon.
                        Aus dem XI. B. der Brevets d'invention; im Bulletin de la
                                 Société d'Encouragement. August. 1826. S.
                              265.
                        Fleury's, Bereitung der Erd-Orseille.
                        
                     
                        
                           Orseille ist ein Faͤrbestoff, dessen man sich bedient,
                              um Wolle und Seide roth oder violett zu faͤrben: diese Farben werden davon
                              mehr oder minder
                              schoͤn, haben viel Frisches und Glaͤnzendes, sind aber wenig haltbar.
                              Man bereitet sie aus Flechten, die man auf den Alpen, auf den Pyrenaͤen und
                              in der Auvergne sammelt, vorzuͤglich aus der sogenannten Erd-Orseille
                              (Lichen parellus), die man deßwegen so nennt,
                              weil sie viele fremdartige Theile beigemengt hat. Lichen Roccela von den Inseln des gruͤnen
                              Vorgebirges, und von den canarischen Inseln gibt gesaͤttigtere und
                              schoͤnere Farben: dieser auslaͤndische Faͤrbe-Stoff wird
                              aber durch Seekriege und andere Umstaͤnde oͤfters selten und theuer,
                              und daher versuchten die HHrn. Fleury und Bourget aus unseren inlaͤndischen Flechten eine
                              Orseille zu bereiten, die eben so gut ist, als jene von den canarischen Inseln. Ihre
                              Versuche wurden mit Erfolg gekroͤnt, und sie liefern gegenwaͤrtig ihre
                              Orseille mehreren Faͤrbern zu Paris, Amiens etc. Auch zu Lyon, Paris,
                              Clermont, Aurillac wurden aͤhnliche Fabriken errichtet. Man kann annehmen,
                              daß in Frankreich jaͤhrlich fuͤr Eine Million Franken Orseille
                              verbraucht wird. Um sie in der Faͤrberei anzuwenden, wird sie in ein trokenes
                              Pulver verwandelt, welches die Englaͤnder Cud-beard nennen. Hr. Bourget bedient
                              sich folgenden Verfahrens, um die zwei Arten von Orseille zu bereiten.
                           Bereitung des feinen Cud-beard (Cudbeard fin.) Die Flechte der canarischen
                              Inseln wird Stuͤk fuͤr Stuͤk ausgesucht, von allen Steinen und
                              von allem Staube sorgfaͤltig gereinigt, unter einem Mahlsteine zerbrochen und
                              zerrieben, und dann zur feinen Orseille verarbeitet. Man darf sie weder zu frisch,
                              noch zu alt nehmen. Man muß einen Punct der Farbe zu ergreifen wissen, den man nur
                              durch Uebung kennen lernen kann. Man muß sie langsam, im Schatten, entweder in
                              freier Luft, oder in Trokenstuben bei gemaͤßigter Hize, troknen, und sie
                              sorgfaͤltig von dem Staube reinigen, der sich immer erzeugt, wenn sie der
                              freien Luft ausgesezt war. Nachdem der daraus gebildete Teig so hart wurde, daß er
                              unter dem Steine bricht, wird er zermahlen, und durch verschiedene Siebe zu einem
                              feinen Pulver durchgeschlagen.
                           Bereitung der gereinigten Erd-Orseille. (Orseille de terre épurée), Da die
                              Berg-Flechte nicht unter dem Steine zermahlen werden kann, indem auch die
                              damit gemengten Steinchen und Sandkoͤrner gleichfalls zermahlen
                              wuͤrden, so wird sie durch ein großes eisernes Sieb durchgeschlagen. Die dadurch zerbrochene
                              Flechte faͤllt durch die Loͤcher des Siebes, und die Steine bleiben in
                              dem lezteren. Man laͤßt sie dann noch ein Mahl durch ein feines Sieb laufen;
                              der Sand faͤllt durch die kleinen Loͤcher durch, und die Flechte
                              bleibt in dem Siebe. Da sie aber mit einer Schichte thoniger oder anderer Erde
                              belegt ist, die der Entwikelung des Faͤrbestoffes mehr oder minder
                              nachtheilig ist, und die Farbe matt macht, muß man dieselbe von diesem fremdartigen
                              Stoffe zu befreien suchen. In dieser Hinsicht stuͤrzt man sie in eine weite
                              Kufe, die mit irgend einer Fluͤßigkeit, Harn und Wasser, oder einer
                              saͤuerlichen, oder mit Alaun versezten alkalischen Lauge, gefuͤllt
                              ist: das Wesentliche bei der Sache ist nur dieß, daß die Flechte gehoͤrig von
                              der Fluͤßigkeit durchdrungen wird. Man ruͤhrt sie darin stark um,
                              damit die Erde, der Sand, die Steinchen, die allenfalls daran haͤngen
                              geblieben sind, auf den Boden der Kufe fallen koͤnnen, und die Flechte oben
                              auf schwimmt. Man muß oft umruͤhren, damit die am Boden befindliche Flechte
                              emporsteigen, und mit einem Schaumloͤffel herausgeschoͤpft werden
                              kann, wenn die Fluͤßigkeit nach und nach ruhig wird. Aus der auf diese Weise
                              zubereiteten Flechte wird nun die gereinigte Erd-Orseille verfertigt.
                           Gemeiner Cud-beard (Cud-beard commun.). Man nimmt obige Erd-Orseille auf einem
                              gewissen Puncte ihrer Verfertigung, troknet sie, zerreibt und siebt sie durch, wie
                              die Canarien-Orseille, aus welcher man feinen
                                 Cud-beard verfertigt.