| Titel: | Schreiben des Hrn. d'Aubuisson, Ingénieur en Chef des Mines, an Hrn. Arago, über die wirkliche Menge Luft, die bei einem Luftstrome durch eine Oeffnung aus dieser lezteren ausfließt. | 
| Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. XXXV., S. 129 | 
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                        XXXV.
                        Schreiben des Hrn. d'Aubuisson, Ingénieur en Chef des Mines, an Hrn. Arago, uͤber die wirkliche Menge Luft,
                           die bei einem Luftstrome durch eine Oeffnung aus dieser lezteren ausfließt.
                        Aus den Annales de Chimie. Juli 1826. S.
                              327.
                        D'Aubuisson, Schreiben, uͤber die wirkliche Menge Luft
                           etc.
                        
                     
                        
                           Da ich bei Gelegenheit der Errichtung eines Ventilators in dem
                              Bergwerke zu Rancié, (Arriegè) Versuche
                              uͤber den Widerstand anstellen mußte, den die Luft erleidet, wenn sie sich in
                              Leitungs-Roͤhren bewegt, so mußte ich, um aus meinen Beobachtungen
                              allen moͤglichen Vortheil zu ziehen, den absoluten Ausfluß (dépense) aus diesen Roͤhren kennen, und folglich das
                              Verhaͤltniß bestimmen, welches zwischen dem wirklichen und dem theoretischen
                              Ausflusse aus einer Oeffnung Statt hat, aus welcher ein Luftstrom unter einem
                              bekannten Druke ausstroͤmt; ein Verhaͤltniß, welches in der Hydraulik
                              unter dem Namen des Coefficienten der Zusammenziehung der
                                 fliessenden Ader bekannt ist.
                           Da ich weder in unseren franzoͤsischen noch in den auslaͤndischen
                              Werken, in sofern ich sie kenne, irgend eine Bestimmung dieses Verhaͤltnisses
                              fand (außer einem einzigen Versuche des Hrn. Girard im
                              XI. Bande Ihrer Annales), so mußte ich mich selbst daran
                              wagen, und habe hieruͤber mehr als 150 gasometrische Versuche angestellt,
                              deren Resultate mir eine Luͤke in der Dynamik der elastischen
                              Fluͤßigkeiten auszufuͤllen scheinen. Das Detail derselben wird
                              wahrscheinlich in der Folge in den Annales des Mines
                              erscheinen.
                           Mein Gasometer hatte 0,65 Meter im Durchmesser, und 0,8 Meter Hoͤhe. Es trug
                              ein Wasser-Manometer. An einer an dem oberen Boden desselben angebrachten
                              Oeffnung konnte man nach Belieben Muͤndungen oder Aufsaͤze von
                              verschiedener Form und Groͤße anbringen: ich hatte deren 19. Mittelst der
                              Gewichte, mit welchen man das Gasometer beschwerte, konnte man dasselbe schneller
                              oder langsamer niedersteigen machen. Diese Gewichte brachten das Manometer von 0,028
                              auf 0,144 Meter uͤber Zero, und gaben folglich dem Luftstrome, den sie bei
                              den Oeffnungen hin ausdruͤkten, eine Geschwindigkeit von 21 bis 48 Meter in
                              einer Secunde.
                           Jede Oeffnung oder jeder Ansaz gab eine Reihe von 10 bis 12 Versuchen unter
                              verschiedenen Belastungen.
                           Der Durchschnitt des Gasometers (0,331 □ Meter) multiplicirt mir der
                              Hoͤhe, um welche das Gasometer in derselben Zeit (= 1) herabstieg, gab den
                              wirklichen Ausfluß. Den theoretischen Ausfluß gab folgende Formel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 23, S. 130
                              
                           wo d, der Durchmesser der Oeffnung, h, die Hoͤhe des Manometers, b, die des Barometers, und, t, die des Thermometers ausdruͤkt. Der wirkliche Ausfluß, getheilt
                              durch den theoretischen, gab das Verhaͤltniß, oder den gesuchten
                              Coefficienten.
                           
                           Unsere Versuche stellen sich natuͤrlich unter drei Classen: 1ste jene an
                              Oeffnungen mit duͤnnen Wanden. 2te jene mit cylindrischen Aufsaͤzen.
                              3te jene mit kegelfoͤrmigen Aufsaͤzen.
                           Unsere Oeffnungen in duͤnnen Waͤnden waren kreisfoͤrmige
                              Loͤcher in Eisen-Blechen. Die walzenfoͤrmigen Aufsaͤze
                              waren drei Mahl hoͤher, als ihr Durchmesser. Die kegelfoͤrmigen
                              Aufsaͤze hatten an der Basis einen doppelt so großen Durchmesser, als an
                              ihrer oberen Oeffnung, und waren drei Mahl so hoch, als der Durchmesser dieser
                              oberen Oeffnung.
                           Folgende Tabelle gibt das mittlere Resultat jeder Reihe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 23, S. 131
                              Oeffnung; Mittlerer Coefficient;
                                 Art; Durchmesser; der Reihe; der Classe; Duͤnne Wand; Meter;
                                 Walzenfoͤrmiger Aufsaz; Kegelfoͤrmiger Aufsaz
                              
                           Sie werden sich erinnern, daß die Coefficienten der Zusammenziehung fuͤr nicht
                              zusammendruͤkbare Fluͤßigkeiten
                           
                              
                                 bei duͤnnen Waͤnden
                                 
                                 0,62
                                 
                              
                                 bei walzenfoͤrmigen
                                    Aufsaͤzen
                                 
                                 0,82
                                 
                              
                                 bei kegelfoͤrmigen
                                    Aufsaͤzen
                                 0,85 bis
                                 0,95 sind.
                                 
                              
                           Ich wollte noch wissen:
                           1) welchen Einfluß die Laͤnge der Aufsaͤze auf den Coefficienten der
                              Zusammenziehung hat. Ich nahm daher vier walzenfoͤrmige Roͤhren von
                              verschiedener Laͤnge, aber von demselben Durchmesser, 0,015 Meter, und ich
                              erhielt folgende Resultate:
                           
                              
                                 Fuͤr
                                 die
                                 Roͤhre
                                 von
                                 0,022
                                 Meter 
                                 war der 
                                 Coefficient
                                 0,927
                                 
                              
                                   –
                                  –
                                   –
                                 –
                                 0,045
                                   –
                                 –
                                 –
                                 0,924
                                 
                              
                                   –
                                  –
                                   –
                                 –
                                 0,160
                                   –
                                 –
                                 –
                                 0,832
                                 
                              
                                   –
                                  –
                                   –
                                 –
                                 0,325
                                   –
                                 –
                                 –
                                 0,738
                                 
                              
                           2) Welchen Einfluß die Erweiterung bei den kegelfoͤrmigen Aufsaͤzen
                              hat. Ich ließ solche Aufsaͤze von 0,015 Durchmesser an der Muͤndung,
                              aber von verschiedenem Durchmesser an der Basis und von verschiedener Hoͤhe, verfertigen.
                              Folgende Tabelle zeigt die Resultate, und zugleich die Groͤße der
                              Abweichungen bei Versuchen derselben Reihe. Sie werden uͤbrigens finden, daß
                              die Coefficienten der Zusammenziehung unabhaͤngig von der Belastung sind, was
                              bei dem Wasser nicht ganz so ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 23, S. 132
                              Kegelfoͤrmiger Ansaz;
                                 Hoͤhe d. Manometers in Metern; Mittler Coͤeffict.; Laͤnge;
                                 Durchmesser; unten; oben
                              
                           Aus diesen Versuchen folgt, daß die kegelfoͤrmige Form vor der
                              walzenfoͤrmigen wenig voraus hat, und daß sie sich davon nicht bedeutend
                              entfernen darf, was bei den nicht zusammendruͤkbaren Maͤßigkeiten
                              nicht derselbe Fall ist.
                           Ich schließe mit der Bemerkung, daß, wenn die Luft aus einem Behaͤlter in
                              Folge irgend eines Drukes entweicht, das Verhaͤltniß zwischen der Menge, die
                              wirklich ausfließt (dépense reelle) und die nach
                              der Theorie ausfließen soll (dépense
                                 théorique)
                           0,65 ist, wenn der Ausfluß durch eine Oeffnung in einer sehr duͤnnen Wand
                              Statt hat;
                           0,93, wenn er durch einen kurzen walzenfoͤrmigen Aufsaz geschieht;
                           0,95, wenn er durch einen kurzen kegelfoͤrmigen wenig ausgeschweiften Aufsaz
                              Statt hat;
                           und in Beziehung auf den Fall, der die Praxis am meisten interessirt, fuͤge
                              ich bei, daß, wenn man etwas kegelfoͤrmige Ansaͤze nimmt, der
                              wirkliche Ausfluß um 6 per Cent geringer ist, als der theoretische.
                           Toulouse den 30. Jul. 1826.Es waͤre der Muͤhe werth, aͤhnliche Versuche
                                    uͤber das Ausstroͤmen des Dampfes anzustellen. A. d. U.