| Titel: | Ueber Pflanzen-Cultur. Von J. C. Curwen, Esq. zu Workington Hall, Cumberland. | 
| Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. LXXV., S. 371 | 
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                        LXXV.
                        Ueber Pflanzen-Cultur. Von J. C. Curwen, Esq. zu
                           Workington Hall, Cumberland.
                        Aus den Transactions of the Sociéty for the
                                 Encouragement of Arts etc. in Gill's
                           technical
                                 Repository. N. 54. S. 365.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Curwen, uͤber Pflanzen-Cultur.
                        
                     
                        
                           Ich versuchte durch Erfahrung 1) die beste und
                              vortheilhafteste Weise den Duͤnger anzuwenden, 2) die vortheilhafteste
                              Entfernung der
                              Stekloͤcher in der Drill-Wirthschaft zu bestimmen, indem es scheint,
                              daß dieselbe ohne Nachtheil vergroͤßert werden kann.
                           Ich bin sehr geneigt zu glauben, daß, wo der Grund troken ist, der Duͤnger
                              nicht leicht zu tief gelegt werden kann, indem dadurch das Verduͤnsten
                              desselben vermindert, und den Pflanzen eine laͤngere Zeit uͤber
                              Nahrung durch den Duͤnger zugefuͤhrt wird.
                           Vermehrung der Abstaͤnde der Stekloͤcher erlaubt die
                              Moͤglichkeit, das Umkehren des Bodens laͤnger fortzusezen, wodurch
                              nicht bloß der Boden besser bearbeitet, sondern auch mehr Feuchtigkeit durch die
                              Ausduͤnstung erhalten wird, als man von einem so hart gewordenen Boden, wie
                              derjenige ist, der den ganzen Sommer uͤber unangeruͤhrt liegen blieb,
                              nicht leicht erwarten kann. Diese Ausduͤnstung ist, obgleich unsichtbar
                              fuͤr das Auge, doch ganz ungeheuer, wie auch Bischof Llandaff durch sehr sinnreiche Versuche erwiesen hat.
                           Die Versuche, die ich anstellte, erweisen den doppelten Vortheil, den man gewinnt,
                              wenn man den Grund gehoͤrig bearbeitet und rein haͤlt: man befreit
                              naͤmlich dadurch denselben von allem Unkraute, und man vermehrt die Ernte.
                              Sie liefern ferner einen deutlichen Beweis, daß man den Duͤnger frisch
                              anwenden muͤsse, wodurch man nicht bloß die Auslage fuͤr die
                              Errichtung der Duͤngerhaufen erspart, sondern auch um ein Drittel Land mehr
                              duͤngen kann.
                           Die meisten Gruͤnde, die ich uͤbernahm, waren so verwildert, daß, nach
                              der herkoͤmmlichen Weise und Meinung, mehrere Brachen noͤthig gewesen
                              waͤren, um dieselben zu reinigen. Ich wollte nicht so viel verlieren, und
                              entschloß mich, einen Theil derselben dadurch zu reinigen, daß ich gruͤne
                              Ernte baute, und in groͤßerer Entfernung der Stekloͤcher drillte. Ich
                              baute zuerst Kohl, und zwar im Verbande, eine Pflanze vier und einen halben Fuß von
                              der anderen, damit der Pflug in allen Richtungen durch konnte, um das Feld zu
                              reinigen. Auf einem Acre (4840 □ Yards, den Yard zu 3 Fuß engl.) kamen nur
                              2350 Pflanzen, da man deren sonst 8000 auf den Acre rechnet. Jede Pflanze hatte
                              Einen Stein (14 Pfund Duͤnger), etwas weniger als 14 Tonnen (die Tonne zu
                              2000 Pfund) auf den Acre, fuͤr welchen man sonst zwischen 30 und 40 Tonnen
                              Duͤnger rechnet. Der Duͤnger wurde so tief gelegt, als der von 4 Pferden gezogene Pflug
                              eindringen konnte, und die Pflanze alsogleich darauf gesezt.
                           Der Pflug und die Egge (die so vorgerichtet waren, daß sie zwischen den Reihen der
                              Pflanzen durch konnten), wurden den ganzen Sommer uͤber fleißig gebraucht,
                              und das Feld ward so rein, als bei nakter Brache. Ich erntete im Oktober die
                              ungeheuere Last von 35 1/2 Tonnen von meinem Acre Landes, und mehrere meiner
                              Kohlkoͤpfe, die 55 Pfund wogen, wurden von allen, die sie sahen, bewundert.
                              Der Boden war hoͤchst mittelmaͤßig; armer kalter Thonboden; der
                              Duͤnger wie gewoͤhnlich, nur sehr sparsam; die Pflanzen, die gesezt
                              wurden, waren nicht die besten: ich hatte keinen Grund, eine solche Ernte zu
                              erwarten, und fand nichts, wodurch ich mir meine Zweifel, wie ich zu einer solchen
                              Ernte kam, haͤtte loͤsen koͤnnen. Zufaͤllig stieß ich
                              auf Bischof Llandaff's Versuche uͤber die große
                              Ausduͤnstung der Erde, in dessen Treatise of
                                 Chemistry, die, sonderbar genug, durch dreißig Jahre fuͤr den
                              Akerbau unbenuͤzt blieben. Es schien mir sehr wahrscheinlich, daß der starke
                              Wachsthum nach dem Beharken des gedrillten Feldes der Einsaugung der
                              Ausduͤnstung der Erde zuzuschreiben ist. Ich baute im folgenden Jahre meinen
                              Kohl auf dieselbe Weise, und auch meine Erdaͤpfel, die ich, aus Mangel eines
                              besseren Bodens, auf einen starken nassen Grund bauen mußte. Ich hatte 60 bis 70
                              Acres solchen Bodens fuͤr die Erdaͤpfel. Ich legte sie in 3 Fuß lange
                              und 2 Fuß breite Beete, und ließ 4 1/2 Fuß zwischen jedem Beete der Laͤnge
                              nach, und 3 Fuß der Breite nach, ganz leer. Die gelegten Erdaͤpfel, nach der
                              gewoͤhnlichen besten Methode, in Reihen von 3 Fuß, 9 Zoll von einander,
                              mochten ungefaͤhr 20,000 betragen. Ersparung beim Legen der Erdaͤpfel
                              ist immer gut, so wie es auch gut ist, sie und ihren Duͤnger vor
                              Naͤsse zu schuͤzen. Ich litt in dem lezten nassen Jahre (1807) wenig
                              mehr, als meine Nachbarn bei den trokensten Gruͤnden.
                           Ich konnte aber erst spaͤt die Erdaͤpfel legen, der Frost trat
                              fruͤh ein, und ich konnte dieß Mahl kein bestimmtes Resultat uͤber den
                              Ertrag Eines Acre erhalten. Den Kohl pflanzte ich fruͤh im April. Da es aber
                              bis in den Mai hinein taͤglich regnete, und dann scharfe Ostwinde kamen,
                              wurde die Erde so hart und fest, daß die Pflanzen nur wenig gediehen, und der Pflug
                              in der ersten Woche des Junius kaum durchdringen konnte. Obschon indessen diese
                              ganze Woche uͤber brennender Sonnenschein und troknender Ostwind herrschte,
                              kannte man am Sonnabende kaum mehr die Pflanzen: so sehr hatten sie in 6 Tagen
                              zugenommen.
                           Meine Versuche mit Glaͤsern zur Bestimmung der Menge der Ausduͤnstung
                              des frisch umgebrochenen Landes gaben mir 950 Pfund in Einer Stunde fuͤr den
                              Acre, waͤhrend auf nicht umgebrochenen Grunde das Glas auch nicht einmahl
                              truͤb ward, zum deutlichen Beweise, daß keine Feuchtigkeit aufstieg. Nach dem
                              ersten und zweiten Tage nahm die Ausduͤnstung schnell ab, und hoͤrte
                              nach 5 bis 6 Tagen gaͤnzlich auf. Diese Versuche wurden mehrere Monate lang
                              fortgefuͤhrt. Am Ende Julius nahm die Ausduͤnstung ab, zum Beweise,
                              daß, obschon die Waͤrme der Atmosphaͤre dieselbe war, die Luft nicht
                              mehr so dicht war. „(?)“ Nach den staͤrksten Regen war
                              die Ausduͤnstung nicht so groß, als wenn die Erde frisch umgebrochen wurde.
                              Der schnelle Wuchs meiner Erdaͤpfel correspondirte genau mit den
                              vorlaͤufig angestellten Versuchen, und ihr Wachsthum war in trokenem Wetter
                              offenbar staͤrker, als an jenen Stellen, wo die Erde nicht umgebrochen wurde.
                              Woraus diese Ausduͤnstung besteht, dieß muß noch untersucht werden: die
                              vortheilhafte Wirkung derselben kann nicht gelaͤugnet oder bezweifelt werden:
                              ob sie aber von einer oder von mehreren Ursachen abhaͤngt, dieß muß noch erst
                              bestimmt werden.
                           Koͤnnte hier nicht dasselbe Statt haben, was geschieht, wenn bei dem Begießen
                              das Wasser der Einwirkung der Luft ausgesezt wird? Ist es zuviel vermuthet, wenn man
                              annimmt, daß irgend etwas in der Erde vorgeht, wodurch der Sauerstoff in der Luft
                              von dem Wasserstoffe waͤhrend der Abwesenheit der Sonne getrennt, und bei dem
                              Wiedererscheinen der Sonne in einem der Vegetation sehr guͤnstigen Zustande
                              entwikelt wird? Sauerstoff ist mit Kohlenstoff verbunden: koͤnnten nicht die
                              Pflanzen diesen lezteren aus der Luft einziehen, und koͤnnte man nicht das
                              Daseyn dieses lezteren in den Gewaͤchsen hieraus erklaͤren?
                              koͤnnte nicht die groͤßere Menge Sauerstoffes in verschiedener Erde
                              den verschiedenen Grad voll Fruchtbarkeit derselben erklaͤren? Sollten die
                              Vortheile, die durch das Auflokern des Grundes entstehen, nicht davon
                              herruͤhren, daß der Boden dadurch mehr Luft einsaugen kann? Brachfelder
                              werden bald so hart, daß sie weder ausduͤnsten noch einsaugen koͤnnen
                              Duͤnger
                              duͤnstet 5 Mahl mehr aus, als Erde, und seine Ausduͤnstung
                              betraͤgt auf der Flaͤche Eines Acre an 5000 Pfund in Einer Stunde: man
                              kann mit frischem Duͤnger um ein Drittel mehr Land duͤngen, als mit
                              trokenem. Wir verwuͤsten eine Menge Duͤnger dadurch, daß wir ihn auf
                              die Oberflaͤche hinwerfen. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß in jedem
                              leichten Boden, wenn der Duͤnger in die Furchen eingeschlagen, und Turnips
                              darauf gebaut wird, man eine reichlichere Ernte erhaͤlt. Wenn man mit dem
                              Pfluge die Erde reinigt, wird die Ausduͤnstung der lezteren die Ernte mehren.
                              Man kann auch heißen Duͤnger brauchen. Durch Gaͤhrung sizt der
                              Duͤnger auf die Haͤlfte seines Volumens zusammen, und seine
                              Guͤte verliert noch weit mehr. Der Duͤnger, den man jezt auf Einen
                              Acre braucht, der aus freier Hand besaͤet wird, wird fuͤr vier Acres,
                              die gedrillt werden, hinreichen, wenn man ihn warm in die Loͤcher bringt.
                           Die Glaͤser, deren ich mich zu Versuchen bediente, waren glaͤserne
                              Gloken, die mit ihrem offenen Ende auf die Erde gestellt wurden. Ich wog das Werk,
                              mit welchem ich die Gloken an ihrer inneren Seite, nachdem sie angelaufen waren,
                              troknete, auf das Genaueste, und nachdem es durch das Troknen der Gloken naß
                              geworden war, wog ich es wieder.
                           Hr. Curwen fuͤhrt eine Menge Zeugnisse fuͤr
                              die Wahrheit seiner Angaben an, und erhielt von der Gesellschaft die große goldene
                              Medaille.
                           Hr. Arthur Young fand, daß Ein Acre Landes in einem Tage
                              zwischen 2 und 3000 Gallons Feuchtigkeit ausduͤnstet, und daß die Menge
                              dieser Feuchtigkeit nach der mehr oder minder feinen Bearbeitung des Bodens
                              verschieden ist. Man darf daher nicht fuͤrchten, daß, bei einer solchen
                              Ausstroͤmung aus der Erde, der Duͤnger zu tief begraben wird. Ich habe
                              gefunden, sagt er, daß drei Fuß tief eingegrabener Duͤnger in einem von dem
                              Hornviehe den ganzen Winter uͤber hart getretenen Boden in 10 Stunden
                              ungefaͤhr 4000 Gallons auf den Acre Ausduͤnstung gab.