| Titel: | Ueber den Einfluß, den die durch die Berührung der Metalle entwikelte Elektricität auf die Niederschläge des kohlensauren Kalkes in bleiernen Röhren äussert. Von Hrn. J. Dumas. | 
| Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. LXXXIV., S. 411 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber den Einfluß, den die durch die
                           Beruͤhrung der Metalle entwikelte Elektricitaͤt auf die
                           Niederschlaͤge des kohlensauren Kalkes in bleiernen Roͤhren
                           aͤussert. Von Hrn. J.
                              Dumas.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Novbr. 1826.
                              S. 265.Vergleiche D'Arcet's Abhandlung uͤber Reinigung der
                                 Brunnentoͤhren im Polytechn. Journ. B.
                                    XXII. S. 480. A. d. R.
                           
                        Dumas, uͤber den Einfluß, den die durch die
                           Beruͤhrung der Metalle entwikelte etc.
                        
                     
                        
                           Die meisten Quellen au den Huͤgeln in der Nachbarschaft
                              der Seine fuͤhren sehr viel kohlensauren, in uͤberschuͤßiger
                              Kohlensaͤure aufgeloͤsten, Kalk. Man kann gewisser Massen theoretisch
                              diese Aufloͤsung als ein saures Salz, z. B., als doppelt kohlensauren Kalk
                              (bi-carbonate de chaux) betrachten. In diesem
                              Falle wird die Anwendung der galvanischen Saͤule auf eine solche
                              Zusammensezung nach der Starke der Stroͤmung verschiedene Erscheinungen
                              darbiethen. Man koͤnnte an einem Pole Calcium und Kohlenstoff, an dem anderen
                              Sauerstoff erhalten; oder, mit einer schwaͤcheren Saͤule, auf einer
                              Seite Kalk, auf der
                              anderen Kohlensaͤure; oder man koͤnnte endlich, mit einer noch
                              schwaͤcheren Saͤule, das saͤure Salz in basisch kohlensauren
                              Kalk und in Kohlensaͤure verwandeln.
                           Lezterer Fall zeigt sich auf das Deutlichste in den bleiernen Roͤhren der
                              Wasserleitungen obiger Wasser.
                           Um sich hiervon zu uͤberzeugen, darf man nur diese Wasserleitungen in die
                              bleiernen Behaͤlter, die das Wasser in groͤsserer Menge aufbewahren
                              und, in Folge ihrer Einrichtung jene Erscheinungen, worauf man hier aufmerksam
                              machen will, darbiethen, genauer untersuchen.
                           An der Porzellan-Fabrik zu Sevres, die ein sehr stark kohlensauren Kalk
                              haltiges Wasser fuͤhrt, ist ein Wasserbehaͤlter aus Blei, der an
                              seiner inneren Oberflaͤche kaum sichtbare Spuren eines Niederschlages
                              darbiethet, an den Vereinigungs-Linien der Bleiplatten aber, auf der
                              Loͤthung, eine sehr dike Rinde, zuweilen von mehreren Linien, zeigt. Diese
                              Rinde ist an ihrer Oberflaͤche unregelmaͤßig, innenwendig aber
                              offenbar krystallinisch. Sie ist von etwas basisch kohlensaurem Eisen
                              gefaͤrbt, und loͤst sich gaͤnzlich und mit Aufbrausen in
                              verduͤnnter Salpetersaͤure auf.
                           Eine Eisenstange, die zum Aufheben einer Klappe auf dem Boden des Behaͤlters
                              dient, und die daher im Wasser versenkt war, ist ganz mit einer Rinde von solchem
                              Niederschlage bedekt, die an den am wenigsten damit belegten Stellen 5 bis 6 Linien
                              dik ist, waͤhrend die daneben befindlichen Flaͤchen von reinem Blei
                              kaum deutliche Spuren eines Niederschlages zeigen.
                           An den Roͤhren selbst bildet sich die Rinde jedes Mahl nur dort, wo diese
                              durch Loth vereinigt sind. Die Bleigießer, welche diese Roͤhren legen, wissen
                              dieß wohl, und wenn die Verstopfung stark genug wird, um den Lauf des Wassers
                              aufzuhalten, richten sie ihre Arbeit allzeit auf diese Puncte.
                           Auch die kupfernen Haͤhne, durch welche das Wasser abgelassen wird, sind der
                              Siz dieser Rinden-Ueberzuͤge. Man koͤnnte in der That glauben,
                              daß die Verdunstung des Wassers an dem offenen Theile derselben zur Bildung dieses
                              Niederschlages beitragen koͤnnte; man wird sich aber uͤberzeugen, daß
                              dieß nicht der Fall ist, wenn man bemerkt, daß hinter dem Hahne die Rinde beinahe so
                              stark ist, als vor demselben.
                           Es muß nun gezeigt werden, daß diese Niederschlaͤge oder
                              Rinden-Ueberzuͤge elektrischen Einfluͤssen, und nicht der
                              mechanischen Wirkung der
                              Unebenheiten, welche die Loͤthungen bilden, oder die Eisenstangen und
                              Haͤhne, zuzuschreiben ist.
                           Man uͤberließ ein, mit dem Wasser aus der Wasserleitung zu Sevres
                              gefuͤlltes, Gefaͤß zwei Tage lang der Ruhe, nachdem man ein Paar
                              galvanische Platten in demselben angebracht hatte. Das Wasser, welches vorher mit
                              sauerkleesauren Salzen einen starken Niederschlag gab, wurde, nach dieser Zeit,
                              durch dieselben nicht mehr getruͤbt, die Oberflaͤche des Kupfers war
                              mit einem flokigen Niederschlage bedekt, waͤhrend die Oberflaͤche des
                              Zinkes nichts davon darboth. Hier ist demnach der Einfluß der Elektricitaͤt
                              offenbar; denn das Kupfer war polirt und der Zink hatte Unebenheiten, welche die
                              Einwirkung von Saͤuren auf die Oberflaͤche dieses Metalles immer
                              erzeugt.
                           Eine Silber-Platte von vier Quadrat-Zollen wurde in den
                              Behaͤlter gebracht, und mit demselben mittelst eines an dem Rande
                              angeloͤtheten Bleistreifens in Verbindung gebracht. Die Platte schwebte in
                              dem Wasser, und wurde sechs Monate lang in dieser Stellung sich selbst
                              uͤberlassen. Nach Verlauf dieser Zeit fand man sie mit
                                 einer diken Lage Rinden-Ueberzuges bedekt, waͤhrend der
                              Bleistreifen, der sie hielt, vollkommen rein blieb.
                           Diese Beobachtungen, die den Siz und die Ursache des Uebels zeigen, zeigen auch das
                              Mittel dagegen an. Versuche, die man in dieser Hinsicht anstellen wird, werden die
                              einfachsten Mittel lehren, die man dagegen anzuwenden hat, so wie den Umfang, in
                              welchem sich diese Wirkung verbreitet.
                           Um den Zwek zu begreifen, den man hier zu erreichen hat, und die Form, die man den
                              metallischen Schuͤzern zu geben hat, muß man die Roͤhren im Ganzen als
                              eine ungeheuere Platte betrachten, die in ihrer ganzen Ausdehnung zu elektrisiren
                              ist, so wie sie die Kohlensaͤure anzieht. Das erregende Metall muß ferner
                              ganz in das Wasser tauchen, so daß seine Oberflaͤche ausschließlich der Siz
                              des Niederschlages wird, und man diesen abnehmen kann, ohne daß der Ausfluß des
                              Wassers gehindert wird. Dieß kann durch folgende Vorrichtung geschehen. A, A, sei eine Bleirohre. Wenn man, in
                              Zwischenraͤumen, eine Seitenrohre, B, anbringt,
                              die mittelst eines Pfropfens, C, geschlossen wird, der
                              mit einer Stange, D, versehen ist, welche in das Wasser
                              eindringt, das die Roͤhren fuͤllt, so wird die ganze
                              Oberflaͤche des Bleies gesichert seyn, waͤhrend der Pfropfen und die Stange der
                              Siz der Rinden-Ueberzuͤge werden.
                           Was die Natur des Metalles zu den Pfropfen betrifft, so zeigen obige Versuche, daß
                              man Zinn, Kupfer oder Eisen dazu verwenden kann. Es erhellt hieraus, daß man
                              Pfropfen von Gußeisen fuͤr jeden Fall anwenden kann.
                           Hinsichtlich der Entfernung zwischen den Pfropfen hat man noch nicht genug
                              Thatsachen. Nach den bisherigen Erfahrungen scheint es nicht, daß die Wirkung
                              uͤber zehn bis zwoͤlf Fuß hinaus sich erstrekt. Man muͤßte also
                              hoͤchstens alle zwanzig Fuß, und wenigstens alle dreißig eine
                              Seitenroͤhre mit einem Pfropfen anbringen.
                           Es laͤßt sich nicht zweifeln, daß aufmerksame Beobachtung aͤhnliche
                              Phaͤnomene an allen Metall-Apparaten, die eine laͤngere Zeit
                              uͤber der Einwirkung des Wassers ausgesezt sind, entdeken und Mittel finden
                              wird, diese Massen vor jenem Verderben zu schuͤzen, welchem sie in der
                              Laͤnge der Zeit unterliegen.
                           Obige Bemerkungen finden sich durch jene Davy's vollkommen bestaͤtigt. Der
                              Niederschlag der Alkalien, die sich im Meerwasser befinden, auf das Kupfer war eine
                              der naͤchsten Folgen seines Schuͤzungs-Apparates fuͤr
                              den Beschlag der Schiffe; sie entging seinem Scharfsinne nicht, und wurde durch die
                              Erfahrung vollkommen bestaͤtigt. Wenn das Kupfer mit 1/35 oder 1/20 Zink oder
                              Eisen, der Oberflaͤche nach, beschuͤzt war, war es binnen 4 Monaten
                              mit einer weißen Rinde aus kohlensaurem Kalke und kohlensaurer Bittererde und
                              Bittererde-Hydrat bedekt.
                           Merkwuͤrdig ist bei den gegenwaͤrtigen Beobachtungen das elektrische
                              Verhalten des Bleies gegen das Eisen, das Kupfer und das Zinn. Nach den chemischen
                              Eigenschaften dieser Metalle waͤre das Blei, positiv gegen das Kupfer und das
                              Zinn, und negativ gegen das Eisen. Unmittelbare Erfahrung zeigt, nach Hrn. Pouillet,
                              daß das Blei gegen das Loth der Bleiroͤhrenzieher negativ ist,
                              waͤhrend es gegen Zinn, Eisen und Kupfer positiv ist.
                           Diese Verschiedenheiten haͤngen ohne Zweifel von der Verwikelung der
                              Erscheinungen selbst ab. Die elektrische Wirkung der Beruͤhrung der Metalle
                              unter sich; die Wirkung, die durch die Beruͤhrung der Fluͤßigkeit mit
                              dem Metalle entsteht; die Wirkung endlich, die durch die chemische Einwirkung der
                              Fluͤssigkeit auf die Metalle hervorgeht; alles dieß erzeugt unvermeidliche
                              Veraͤnderungen in den scheinbaren elektrischen Verhaͤltnissen
                              schwach Elektricitaͤt erregender Metalle, wie das Blei.
                           Es scheint mir nichts desto weniger außer Zweifel, daß Kupfer, Eisen, besonders
                              Gußeisen, als negative Koͤrper auf das Blei unter obigen Umstaͤnden
                              wirken muͤssen, und daher den kohlensauren Kalk anziehen, waͤhrend das
                              Blei die Kohlensaͤure anzieht. Daraus erhellt, daß man auf diese Weise nicht
                              bloß eine ganz neue Rohrenleitung schuͤzen, sondern auch eine alte, durch die
                              Laͤnge der Zeit zum Theile verlegte, Rohrenleitung reinigen kann. Die
                              Kohlensaͤure, die ohne Unterlaß auf der Oberflaͤche des Bleies frei
                              wird, befindet sich unter den guͤnstigsten Umstaͤnden, um den bereits
                              niedergeschlagenen kohlensauren Kalk aufzuloͤsen.
                           Diese einfache Methode empfiehlt sich von selbst den Fabrikanten und Directoren der
                              Wasserleitungen. Die Erfahrung wird sie mit der Zeit allgemein verbreiten.
                           Unter einigen Veraͤnderungen koͤnnte man sie zum Entsalzen des
                              Meerwassers verwenden, und man wird Versuche hieruͤber anstellen.