| Titel: | Versuch über den Widerstand verschiedener Körper bei ihrem Bruche durch Spannung nach der Länge. Von Hrn. Mavier. | 
| Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. CII., S. 489 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CII.
                        Versuch uͤber den Widerstand verschiedener
                           Koͤrper bei ihrem Bruche durch Spannung nach der Laͤnge. Von Hrn.
                           Mavier.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. November
                              1826. S. 225.
                        (Im
                              Auszuge.)
                        Mavier's, Versuch uͤber den Widerstand verschiedener
                           Koͤrper bei ihrem Bruche durch Spannung nach der Laͤnge.
                        
                     
                        
                           Man hat bereits mehrere Koͤrper aͤhnlichen
                              Versuchen unterzogen. Man weiß, z.B., daß Holz bei einer Kraft von 8 Kilogramm auf
                              jedes Quadrat-Millimeter seines Querdurchschnittes bricht; daß Gußeisen 13
                              bis 14 Kilogramm, Hammereisen 40 Kilogramm zum Bruche fordert und daß Draht noch
                              anderthalb Mahl so stark ist.
                           Da meine Untersuchungen vorzuͤglich Roͤhren und Gefaͤße, die
                              einem inneren Druke ausgesezt sind, zum Gegenstande haben, so unterwarf ich
                              Eisen- und Kupfer-Blech, Blei-Platten und Glas dem Versuche.
                              Die Versuche wurden mit aller Sorgfalt angestellt und ohne alle Maschine: ich fand
                              es besser, kleine Stuͤke zu nehmen, die man durch unmittelbares
                              Anhaͤngen von Gewichten abbrechen, oder vielmehr abreißen konnte, als
                              Maschinen anzuwenden, wodurch die Resultate fast immer leiden. Die Dimensionen
                              wurden jedoch mit einem Instrumente gemessen, das mit einem Vernier versehen war,
                              welcher Zehntel eines Millimeters gab, und wenn die Koͤrper gebrechlich
                              waren, ließ ich, statt das Gewicht mit der Hand anzubringen, langsam Sand auffallen,
                              der in der Folge gewogen wurde. Vor dem Versuche zog ich auf einer der
                              Flaͤchen des zu brechenden Koͤrpers zwei Linien parallel neben
                              einander, und bemerkte die Veraͤnderungen des Abstandes derselben vor dem
                              Bruche, so wie die der Dimensionen des zu brechenden Koͤrpers selbst.
                           
                           Resultate der Versuche uͤber den Widerstand
                                 verschiedener Koͤrper bei ihrem Bruche durch Spannung nach der
                                 Laͤnge.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 23, S. 490
                              Gewicht, unter welchem; die erste
                                 beobachtete Verlaͤngerung; der Bruch; Gewicht bei welchem ein
                                 Quadrat-Millimeter bricht; eintritt; Breite Millim.; Dike Millim.;
                                 Kilogr.; Gestrektes Eisenblech, nach der Laͤnge d. Strekung gezogen;
                                 detto; Mittel; senkrecht; Roth-Kupfer; Blei; Innerer; Aeußerer;
                                 Durchmes.; Glas-Roͤhre; Glas-Stab; Ein Theil desselben;
                                 Krystall-Stab
                              
                           
                           Aus den ersten 10 Versuchen erhellt, daß das Eisen durch das Streken zu Blech nicht
                              so sehr verbessert wird, wie durch den Drahtzug. Das Eisen faͤngt
                              uͤberhaupt an sich zu verlaͤngern und zu veraͤndern, wenn das
                              Gewicht 2/3 desjenigen Gewichtes betraͤgt, unter welchem es bricht. Bei dem
                              Kupfer geschieht dieß schon bei der Haͤlfte dieses Gewichtes, und bei dem
                              Bleie bei etwas mehr als der Haͤlfte desselben.
                           Diese drei Metalle bieten bei ihrem Bruche in Folge von Spannung verschiedene
                              Veraͤnderungen dar. Die Verlaͤngerung des Eisens vor dem Bruche ist
                              ziemlich unregelmaͤßig: sie schwankte in den Versuchen zwischen 1/20 und 1/10
                              der urspruͤnglichen Laͤnge. Das Kupfer verlaͤngerte sich vor
                              dem Bruche um beilaͤufig 1/5 seiner urspruͤnglichen Laͤnge. Das
                              Blei, bei den zulezt aufgelegten Gewichten beilaͤufig um 1/10. Unter den
                              schwereren Gewichten, die den Bruch veranlaßten, sah man die Stuͤke sich
                              langsam verlaͤngern, und allmaͤhlich in Breite und Dike abnehmen;
                              waͤhrend die anderen Koͤrper ploͤzlich reißen, und einen
                              Querbruch darbieten, bricht das Blei langsam: und verduͤnnt sich: die beiden
                              Bruchstuͤke bilden eine Art Schneide durch fortschreitende Verminderung der
                              Breite und Dike, und sehen beinahe aus wie ein Schrauben-Zieher.
                           Man weiß aus den Grundsaͤzen der Statik, daß man aus dem inneren Druke in
                              einem Gefaͤße, welches eine Fluͤßigkeit enthaͤlt, in mehreren
                              Faͤllen die Kraft der Spannung bestimmen kann, welcher die Waͤnde
                              desselben ausgesezt sind. Wenn z.B. das Gefaͤß ein Cylinder mit
                              kreisfoͤrmiger Basis und an beiden Enden offen ist, so wird die Wand nur nach
                              der Richtung der Querdurchschnitte mit einer Kraft gespannt, die, fuͤr eine
                              Einheit der Laͤnge des Cylinders, gleich ist dem Druke, welcher auf die
                              oberflaͤchliche Einheit, multiplicirt mit dem Halbmesser des Cylinders, Statt
                              hat. Wenn der Cylinder an beiden Enden geschlossen ist, so hat die Spannung, außer
                              nach der Richtung des Querdurchschnittes an der Wand desselben, auch noch nach den
                              Kanten desselben Statt, und man kann beweisen, daß diese neue Spannung genau um die
                              Haͤlfte geringer ist, als die vorige. Wenn endlich das Gefaͤß eine
                              Kugel ist, wird die Wand in allen Richtungen mit einer Kraft gespannt, die der
                              Haͤlfte der Kraft eines Cylinders von gleichem Durchmesser gleich ist. Die
                              Koͤrper, mit welchen die Versuche angestellt wurden, wurden immer nach Einer
                              Richtung gespannt, und befanden sich sogleich in einem anderen Zustande, als sie, als
                              Waͤnde von Gefaͤßen, sich befinden wuͤrden, wo sie zugleich in
                              verschiedenen Richtungen gespannt sind. Es war daher erlaubt zu zweifeln, ob, in
                              diesen lezteren Faͤllen, man ohne Irrthum die Resultate der Versuche zur
                              Bestimmung der Dike der Waͤnde brauchen koͤnnte. Um diesen Zweifel zu
                              heben, ließ ich aus Eisenblech zwei Kugeln verfertigen, die ungefaͤhr 0,33
                              Meter und 0,28 Meter im Durchmesser bei 2 1/2 Millimeter Dike hatten. Diese Kugeln
                              borsten durch hydraulische Pressen bei eine Druke von ungefaͤhr 144 bis 163
                              Atmosphaͤren. Das Resultat dieser lezten Versuche ist, daß das Blech dadurch,
                              daß es nach allen Seiten gleich ausgedehnt wird, nicht geschwaͤcht wird, und
                              daß es eben so viel leistet, als wenn es nach einer einzigen Richtung ausgedehnt
                              worden waͤre. Das Blech war wirklich nur bei einer Spannung geborsten, die,
                              in allen Richtungen, 46 Kilogramm auf das □ Millimeter gleich war: bei einer
                              Kraft, die etwas staͤrker war, als die mittlere Kraft, die man aus obigen
                              unmittelbaren Versuchen erhielt, und die man dem Reife um die Stelle, wo die Kugel
                              geloͤthet war, und wahrscheinlich auch der bessern Qualitaͤt des
                              Bleches zuschreiben kann.
                           Hinsichtlich der Staͤrke des Bleies, so wie sie aus obigen Versuchen
                              hervorgeht, wird man dieselbe mit den Versuchen des Hrn. Jardine zu Edinburgh an cylindrischen
                              Roͤhren vollkommen uͤbereinstimmend stuͤtzen. Der Widerstand
                              der Waͤnde der Gefaͤße laͤßt sich also hiernach berechnen.
                           Die Versuche wurden auf folgende Weise angestellt. Man hing das Stuͤk, dessen
                              Staͤrke man pruͤfen wollte, an einem Ende auf, und brachte an dem
                              anderen eine Schale an, die man mit Gewicht beschwerte. Die Dimensionen dieses
                              Stuͤkes wurden mittelst eines Vernier bestimmt, der ein Zehntel Milimeter
                              genau angab.
                           Die beiden Ringe, mittelst welcher das Stuͤk aufgehaͤngt war, waren aus
                              demselben Bleche, aber etwas breiter. Einer dieser Ringe ging in ein Stuͤk
                              Eisen, das auf zwei Stuͤzen lag. Der andere Ring hing an einem Haken, an
                              welchem die Schale aufgehaͤngt war.
                           Aehnliche zwekmaͤßige Vorrichtungen befanden sich am Blei und am Glase.