| Titel: | Bericht Francoeur, im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste, über eine Maschine zur Verfertigung der Häftel von der Erfindung des Hrn. Hoyau. | 
| Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. XCIII., S. 405 | 
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                        XCIII.
                        Bericht Francoeur, im Namen des Ausschusses der mechanischen
                           Kuͤnste, uͤber eine Maschine zur Verfertigung der Haͤftel von der
                           Erfindung des Hrn. Hoyau.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. N. 279. S. 321.
                        Hoyau, uͤber eine Maschine zur Verfertigung der
                           Haͤftel.
                        
                     
                        
                           Die Haͤftel zur Zusammenfuͤgung der
                              Raͤnder der Kleidungsstuͤke bestehen aus zwei Stuͤken
                              Metalldraht, wovon das eine die Form eines Hakens (crochet), das andere die Form eines Ringes (anneau ou porte) hat.
                              Man naͤht sie mittelst zweier kleinen Ringe, die man Augen (yeux) nennt, und die sich an dem Ende
                              eines jeden dieser Stuͤke befinden, an die Kleider an. Fuͤr
                              Montur- und Hutmacher-Arbeit macht man sie zuweilen aus Eisendraht;
                              gewoͤhnlich werden sie aber aus Messingdraht, der, wie bei den Steknadeln,
                              verzinnt oder versilbert wird (aus sogenannten Zuge [trait]) verfertigt.
                           Man sollte bei dem ersten Augenblike glauben, daß ein Gegenstand von so geringem
                              Werthe keinen bedeutenden Zweig der Industrie ausmachen koͤnne; indessen ist
                              doch der Verbrauch der Haͤftel bei den Uniformen, Weibskleidern,
                              Tapezier-Arbeiten etc. so ungeheuer, daß man zu Paris allein jaͤhrlich
                              fuͤr mehr dann eine Million, und in ganz Frankreich, zu Aigle, Rugles,
                              Saumur, Lyon etc. fuͤr mehr dann zwei Millionen Franken fabricirt.
                           
                           Man verfertigt die Haͤftel gewoͤhnlich aus freier Hand mittelst Zangen
                              mit einem runden kegelfoͤrmigen Schnabel. Der Arbeiter fangt damit an, daß er
                              an dem Ende des Drahtes ein Auge bildet, indem er den Draht um die Spize seiner
                              Zange dreht; hierauf dreht er den Draht etwas weiter zuruͤk auf dem dikeren
                              Theile des Schnabels in entgegengesezter Richtung, um den Ring oder Halter
                              „(das Weibchen,
                                    Muͤtterl)“ zu bilden; dann dreht er den Draht noch ein
                              Mahl in der ersten Richtung, wieder etwas weiter zuruͤk, um das zweite Auge
                              zu bilden. In dieser Absicht fuͤhrt er einen Arm des Schnabels seiner Zange
                              in das erste Auge, faßt den Draht, und windet ihn genau uͤber denjenigen
                              Kreis des Kegels, nach welchem er das erste Auge bildete. Zulezt bricht er den
                              Draht, indem er denselben nach verschiedenen Richtungen biegt. Dieses Verfahren geht
                              lang her, und ist unregelmaͤßig: die Augen werden selten gleich; die beiden
                              Schenkel liegen nicht in derselben Flaͤche etc. Sie muͤssen nun mit
                              dem Hammer platt geschlagen werden. Der Haken (oder das Maͤnnchen) wird auf dieselbe Weise verfertigt, nur daß hier der
                              Draht parallel und dicht nebeneinander gelegt, und an der Spize umgebogen wird, um
                              den Haken zu bilden.
                           Zu Paris haben sich die Sapeurs-Pompiers dieses Zweiges der Industrie
                              bemaͤchtigt: drei bis vier hundert Soldaten beschaͤftigen sich mit
                              Haͤftelmachen an den Tagen, wo sie von der Wache frei sind. Sie verdienen
                              sich bei dieser Arbeit taͤglich jeder nur ungefaͤhr einen Franken; ein
                              Erwerb, dem sich nur Leute hingeben koͤnnen, fuͤr deren Unterhalt
                              bereits auf eine andere Weise gesorgt ist. Ein Arbeiter kann des Tages nicht mehr
                              als anderthalb Mark kleine Haͤftel verfertigen (man verkauft sie
                              naͤmlich nach der Mark); er konnte aber 15 bis 20 Mark große oder grobe
                              Haͤftel liefern, wenn die Hand bei dieser Arbeit nicht so sehr
                              ermuͤdete, daß sie endlich anschwillt, und der Arbeiter auf diese Weise
                              gezwungen wird, mit den großen Haͤfteln bald aufzuhoͤren.
                           Man hat im Handel Haͤftel von sieben verschiedenen Groͤßen: N. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7; die groͤßten sind die von
                              N. 1, die kleinsten die von N. Die drei ersten Nummern, obschon weniger Stuͤke auf die Mark
                              gehen, werden weniger gebraucht; es ist weniger Nachfrage um dieselben. Der Preis
                              dieser Waare ist nach den Nummern und nach dem Stoffe, aus welchem sie verfertigt sind, verschieden.
                              Die sogenannten versilberten Haͤftel (agrafes de
                                 trait) gelten, bis zu N. 5, 2 Franken 60
                              Centim. die Mark; N. 6 gilt 3 Franken 50 Cent.; N. 7, 4 Frankens Mittelpreis: 3 Franken
                              ungefaͤhr. Die weiß gesottenen (blanchies) gelten
                              von N. 1 bis N. 5 Einen
                              Franken 60 Centime die Mark; N. 6 gilt 2 Franken 50
                              Cent.; N. 7 kostet 3 Kranken: Mittelpreis,
                              ungefaͤhr 2 Franken. Im Allgemeinen braucht man zwei Mahl mehr weiß
                              gesottene, als versilberte.
                           Die Maͤngel bei dieser Art von Fabrikation riefen eine Menge von Instrumenten
                              zur Abhuͤlfe derselben hervor, unter welchen wir vorzuͤglich jene hier
                              anfuͤhren muͤssen, die Hr. Caillet vor zwei
                              Jahren der Société d'Encouragement
                              vorlegte, und fuͤr welche derselbe von dem Minister des Inneren auf die
                              Empfehlung der Société und des Bureau consultatif des arts et manufactures demselben
                              eine Belohnung von 600 Franken zugestand. Dieses, in White's
                              Centuries beschriebene, Instrument arbeitet mittelst
                              einer hin- und herlaufenden Stange. Es ist sehr sinnreich; man muß aber den
                              Faden mit der Hand einfuͤhren, und der Arbeiter kann nur Ein Haͤftel
                              auf Ein Mahl machen. Eigentlich gesprochen ist es nur eine Art Faulenzer, und hat
                              nichts mit der schoͤnen Maschine des Hrn. Hoyau
                              gemein, außer demjenigen, was an jeder Haͤftel-Maschine nothwendig
                              vorhanden seyn muß. Ueberdieß hat Hr. Hoyau erwiesen, daß
                              seine Maschine zum Theile schon fertig war, als Hr. Caillet die seinige bekannt machte. Die HHrn. Thibout, Coipel u.a. bedienen sich gleichfalls einiger Maschinen, die
                              jener des lezteren nahe kommen.
                           Um Haͤftel auf der Maschine zu verfertigen, handelt es sich darum, die Drahte
                              unter jenen Laͤngen abzuschneiden, welche die verschiedenen Nummern fordern,
                              und sie in der bestimmten Form, wie nach einem Model, zu kruͤmmen: alles dieß
                              muß durch anhaltende umdrehende Bewegung geschehen, und es muͤssen mehrere
                              Haͤftel auf ein Mahl fertig werden. Die Ausfuͤhrung dieser Idee war
                              schwer, indem der zu bearbeitende Gegenstand klein ist, und viele Theile der
                              Maschine in einem beengten Raume spielen muͤssen. Die Kraft, die hier
                              noͤthig ist, ist so unbedeutend, daß sie beinahe null ist. In der sehr gut
                              berechneten Maschine des Hrn. Hoyau treibt ein Mann an
                              einer Kurbel eine horizontale Achse, welche alle Theile, die zugleich in
                              Thaͤtigkeit seyn muͤssen, um bei jeder Umdrehung alle vierzehn Stuͤke der
                              sieben Nummern zu erzeugen, in Bewegung sezt. Sie konnte noch weit mehr
                              erzeugen.
                           Der Stuhl, den uns Hr. Hoyau vorwies, hat ungefaͤhr
                              4 Meter (12 Fuß) Laͤnge, und besteht aus 14 verschiedenen Maschinen, die
                              entweder alle zugleich, oder mehrere einzeln, wirken koͤnnen; denn man kann,
                              nach Belieben, jede einzeln stehen lassen, ohne daß die uͤbrigen in ihrem
                              Gange gestoͤrt wuͤrden. Sie sind, bis auf die Unterschiede, die durch
                              die Groͤße der Stuͤke entstehen, und die dadurch entstehen
                              muͤssen, daß die einen den Draht in Haͤkchen, die andern in Muͤtterchen biegen, alle aͤhnlich. Die Muster-Karte,
                              die hier vor Augen liegt, zeigt die Schoͤnheit der Waare. Die Kurbel dreht
                              sich 35 Mahl in Einer Minute, und verfertigt 14 Stuͤke bei jeder Umdrehung.
                              Dieß gibt also jede Minute 14 Mahl 35 oder 490 Stuͤke, und in zwoͤlf
                              Stunden, oder als taͤgliche Arbeit, 352,800 Stuͤke.
                           Man erhielte demnach taͤglich mehr als 170 Kilogramme oder 700 Mark,
                              waͤhrend ein Arbeiter kaum 4 bis 5 Mark des Tages machen kann. Man muß
                              indessen bemerken, daß die Maschine des Hrn. Hoyau
                              eigentlich nur ein Drittel des obigen Betrages liefert, indem die groͤßeren
                              Nummern weit weniger gesucht werden, folglich die Maschinen, welche sie verfertigen,
                              nur nach dem Bedarfe arbeiten. N. 1 kann des Tages 240
                              Mark liefern; N. 2, 160; N.
                              3, 90 u.s.f. bis auf N. 7, welches 21 Mark liefert. Man
                              schaͤzt die taͤgliche Erzeugung auf ungefaͤhr 200 Mark.
                           Hr. Hoyau verdoppelt jezt die drei kleinen Nummern, indem
                              er die Maschinen, die die großen verfertigen, durch jene ersezt, die die kleinen
                              machen: denn diese 14 Maschinen, wovon jede nach ihrem Range auf einem gegossenen
                              Tische ruht, koͤnnen nach Belieben ausgehoben werden, ohne daß die
                              uͤbrigen in ihrem Gange gestoͤrt werden. Die 14 Zahnraͤder, die
                              sie bewegen, sind so vorgerichtet, daß sie jede Maschine nach Belieben stellen
                              koͤnnen, was auch bei Ausbesserungen etc. sehr gut taugt.
                           Da Hr. Hoyau seine Maschine vor Verfall seines Brevets,
                              das er auf 15 Jahre genommen hat, nicht bekannt machen will, wollen wir hier nur
                              einige Umstaͤnde anfuͤhren, die den Werth derselben beweisen
                              koͤnnen. An jeder Maschine werden, durch eine einzige Umdrehung der Kurbel,
                              zehn verschiedene Bewegungen nach einander erzeugt. Der Draht windet sich von selbst ab, tritt in
                              einen Leiter, der ihn in der durch die Nummer bestimmten Lage festhaͤlt; eine
                              Schere, die ihn abschneidet, thut sich auf; der Leiter macht sich los; der Draht
                              biegt sich in der Mitte; biegt sich an den Enden noch ein Mahl um, um die Augen zu
                              bilden; die Theile, die sie gebildet haben, treten in ihre urspruͤngliche
                              Stellung zuruͤk; das Haͤftel wird ausgestoßen, und die Stuͤke,
                              die es ausgestoßen haben, treten wieder zuruͤk.
                           Diese sinnreiche Maschine erzeugt also, mit der groͤßten Genauigkeit, eben so
                              viel, als 140 Arbeiter zu liefern vermoͤgen. Ein einziger Arbeiter dreht die
                              Kurbel, ohne seine ganze Kraft hierbei noͤthig zu haben. Ein Mann, als
                              Aufseher zur Beobachtung der Maschine, der Stellung derselben, zur Herbeischaffung
                              des Drahtes etc. reicht hin, und ein einziger Arbeiter ist hinlaͤnglich um
                              die noͤthigen Ausbesserungen zu besorgen. Er erzeugt gegenwaͤrtig
                              jaͤhrlich 20,000 Mark versilberte, und 40,000 Mark weiß gesottene
                              Haͤftel, und liefert also jaͤhrlich fuͤr 140,000 Franken
                              Haͤftel, die Mark im Mittelpreise von 2–3 Franken. Er wird nach
                              Beseitigung der Maschinen fuͤr die groͤberen Nummern, noch ein Mahl so
                              viel erzeugen. Die Haͤftel werden endlich so wohlfeil werden, daß man sie
                              wird ausfuͤhren koͤnnen.
                           Wir haben eine sehr sinnreiche Vorrichtung an dieser Maschine fuͤr den Fall
                              bemerkt, wann das Haͤftel nicht ausgestoßen wird. Dann hebt naͤmlich
                              das Messer sich nicht, und es kann kein neuer Draht eingefuͤhrt werden.
                              Gewoͤhnlich faͤllt dann das Haͤftel, welches dem Stoße
                              widerstand, bei der zweiten Umdrehung von selbst heraus. Hierdurch wird alle
                              Unordnung vermieden, die entstehen muͤßte, wenn mehrere Drahte auf ein Mahl
                              ergriffen werden.
                           Ein Leger traͤgt nun die fertig gewordenen Haͤftel an einen Ort, wo sie
                              zusammengedruͤkt werden, und nichts weiter mehr zu thun uͤbrig bleibt,
                              als die Haͤkchen an ihrem Schnabel zu kruͤmmen, was mittelst der Hand
                              und einer Zange geschieht. Hr. Hoyau wollte seine
                              Maschine nicht so sehr uͤberladen, nm auch diese lezte Arbeit durch dieselbe
                              vollenden zu lassen, weil Gefangene hierzu verwendet werden, und der Arbeitslohn so
                              gering ist, daß es nicht der Muͤhe lohnte. Er hat uͤberdieß zu diesem
                              Umbiegen an der Spize eine eigene Zange vorgerichtet, wodurch die Kruͤmmung des
                              Schnabels so genau werden muß, als wenn sie auf der Maschine gemacht worden
                              waͤre.
                           Wenn man die Arbeit dieser Maschine mit der Handarbeit vergleicht, so wird man
                              finden, daß die Mark Haͤftel, die, mit der Hand gearbeitet, zwischen 40 und
                              50 Centime kostet, nur mehr auf 15 Centime kommt.