| Titel: | Bemerkungen über einige Eigenschaften des Schwefels, von Hrn. J. Dumas. | 
| Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. CI., S. 443 | 
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                        CI.
                        Bemerkungen uͤber einige Eigenschaften des
                           Schwefels, von Hrn. J.
                              Dumas.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique. Septbr.
                              1827. S. 83.
                        Dumas's, Bemerkungen uͤber einige Eigenschaften des
                           Schwefels.
                        
                     
                        
                           Die HHrn. Clément und Desormes haben in ihrer Abhandlung uͤber den
                              Schwefelkohlenstoff an die sonderbare Anomalie erinnert, welche der Schwefel zeigt,
                              wenn er erwaͤrmt wird, und eine von den alten Chemikern daruͤber
                              gemachte Beobachtung
                              bestaͤtigt, daß naͤmlich der Schwefel, wenn er durch Erwaͤrmung
                              fluͤßig gemacht wird, sich beim Erhoͤhen der Temperatur
                              allmaͤhlich verdikt. Seit dieser Zeit hat sich meines Wissens Niemand mit
                              dieser Eigenschaft beschaͤftigt, woruͤber ich nun Einiges sagen
                              will.
                           Ich habe gefunden, daß der geschmolzene Schwefel zwischen 108 und 109° C.
                              (86,4 und 87,2° R.) zu krystallisiren anfaͤngt. Man kann also den
                              Schmelzpunct dieses Koͤrpers auf 108° C. annehmen.
                           Zwischen 110° C. und 140° C. ist er fluͤßig wie ein klarer
                              Firniß. In seiner Farbe gleicht er dem Bernsteine. Gegen 160° C. aber
                              faͤngt er an sich zu verdiken, und nimmt eine roͤthliche Farbe an;
                              faͤhrt man fort, ihn zu erhizen, so wird er so dik, daß er nicht mehr fließt,
                              und daß man das Gefaͤß umkehren kann, ohne daß er aus seiner Stelle kommt.
                              Bei 220° bis 230° C. ist diese Erscheinung besonders ausgezeichnet.
                              Seine Farbe ist dann braunroth. Von 250° C. bis zum Siedepuncte, scheint er
                              fluͤßig zu werden, aber wird niemals so fluͤßig, wie er bei
                              220° war. Die braunrothe Farbe behaͤlt er bis zu dem Augenblike bei,
                              wo er sich im Dampf verwandelt.
                           Eine andere Erscheinung ist nicht weniger merkwuͤrdig. Wenn man
                              naͤmlich den fluͤßigen Schwefel ploͤzlich abkuͤhlt, wird
                              er sproͤde, waͤhrend der verdikte Schwefel bei derselben Behandlung
                              weich bleibt, und zwar um so mehr, je hoͤher seine Temperatur ist. Hier folgt
                              das Detail einiger Versuche uͤber diesen Gegenstand:
                           
                              
                                 Temperatur.
                                 Heißer Schwefel.
                                 Ploͤzlich durch Eintauchen inWasser
                                    erkalteter Schwefel.
                                 
                              
                                 110° C. „ „
                                    „
                                 sehr fluͤßig, gelb.
                                 sehr sproͤd, gewoͤhnliche Farbe.
                                 
                              
                                 140°C. „ „
                                 fluͤßig, dunkelgelb.
                                 sehr sproͤd, gewoͤhnliche Farbe.
                                 
                              
                                 10° C.
                                 dik, orangegelb.
                                 sproͤd, gewoͤhnliche Farbe.
                                 
                              
                                 190° C.
                                 noch diker, orange.
                                 weich und anfangs durchsichtig, bald aber
                                    sproͤde undundurchsichtig; gewoͤhnliche Farbe.
                                 
                              
                                 220° C.
                                 klebrig, roͤthlich.
                                 weich und durchsichtig, Farbe des Bernsteins.
                                 
                              
                                 230° bis 260° Cub.
                                 sehr klebrig, rothbraun.
                                 sehr weich, durchsichtig, von roͤthlicher
                                    Farbe.
                                 
                              
                                 Siedepunct.
                                 weniger klebrig, rothbraun.
                                 sehr weich, durchsichtig, rothbraune Farbe.
                                 
                              
                           
                           Bei allen diesen Versuchen wurde der Schwefel in Wasser getaucht, sobald er die
                              Temperatur erreicht hatte, bei welcher man den Versuch damit anstellen wollte. Es
                              ist also nicht noͤthig, obgleich alle chemischen Werke es vorschreiben, den
                              Schwefel lange zu erhizen, wenn man ihn weich erhalten will. Alles haͤngt von
                              der Temperatur ab. Die einzige Vorsicht, welche man gebrauchen muß, ist, daß man ihn
                              in eine Quantitaͤt Wasser gießt, welche hinreichend ist, ihn ploͤzlich
                              zu erkalten, und dadurch in kleine Tropfen zu zertheilen. Wenn man ihn in Masse
                              ausgießt, erkaltet das Innere langsam, und verwandelt sich dadurch in harten
                              Schwefel.
                           Wenn, man den Versuch mit Schwefel angestellt hat, der auf 230° und
                              daruͤber erhizt worden ist, erhaͤlt man ihn weich und dehnbar genug,
                              um ihn in Faͤden ziehen zu koͤnnen, die so fein wie ein Haar, und
                              mehrere Fuß lang sind.
                           Die Temperatur, wobei die Temperirung erfolgt, ist also in constantem
                              Verhaͤltniß mit der Veraͤnderung, welche der Schwefel dadurch
                              erleidet. Es ist auch ohne Zweifel sehr merkwuͤrdig, daß die Temperirung den
                              Schwefel weicher anstatt haͤrter macht. Diese Beobachtung steht mit dem
                              Verhalten des Glokenmetalles in Einklang, aber in Widerspruch mit den Theorien, die
                              wir uns vom Erhaͤrten des Stahles und des Glases gemacht haben. Ein sehr
                              sonderbarer Umstand ist auch dieses, daß der weiche Schwefel durchsichtig bleibt,
                              waͤhrend derjenige, welcher hart wird, ploͤzlich undurchsichtig
                              wird.
                           Es ist schwer, die Ursache von diesen Erscheinungen aufzufinden, die so sehr von dem
                              gewoͤhnlichen Verhalten der Koͤrper abweichen. Die naͤchste
                              Ursache ist jedoch wohl der Uebergang in den krystallinischen Zustand. Wenn der
                              Schwefel krystallisirt, wird er hart, sproͤde, und undurchsichtig. Wenn aber
                              die ploͤzliche Erkaltung seine Krystallisation verhindert, bleibt er weich,
                              durchsichtig, und behaͤlt diesen eigenthuͤmlichen Zustand bis zu dem
                              Augenblike bei, wo er krystallisirt, was fast immer zwanzig oder dreißig Stunden
                              nach seiner Temperirung erfolgt.
                           Ohne Zweifel haͤngen diese Thatsachen mit den merkwuͤrdigen
                              Beobachtungen zusammen, welche Hr. Thenard uͤber
                              den Phosphor gemacht hat.