| Titel: | Einige Erfahrungen über die schmelzbaren Scheiben an Dampfmaschinen, von Hrn. Gaultier de Claubry. | 
| Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. CVII., S. 457 | 
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                        CVII.
                        Einige Erfahrungen uͤber die schmelzbaren
                           Scheiben an Dampfmaschinen, von Hrn. Gaultier de Claubry.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement. N. 278. S. 286.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VIII.
                        Gaultier de Claubry, uͤber die schmelzbaren Scheiben an
                           Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           In meiner Bemerkung uͤber die schmelzbaren Scheiben
                              (Bulletin, Jaͤnner. 1827. S. 14. Polyt.
                              Journ. Bd. XXIV. S.303.) bin ich in einen
                              Irrthum gefallen, den ich berichtigen muß, ehe ich einige Erfahrungen uͤber
                              dieselben mittheile, die mir Aufmerksamkeit zu verdienen scheinen.
                           Ich habe S. 16 (polytechn. Journ. Bd. XXIV. S.
                                 305.) gesagt, daß diese Scheiben nie in die Hoͤhe geworfen werden,
                              weil sie immer im Mittelpuncte, und nie am Rande anfangen zu schmelzen. Die
                              Erfahrungen des Hrn. Hallette haben mich vom Gegentheile
                              uͤberzeugt: mehrere Scheiben schmolzen zuerst am Umfange und wurden, in Folge
                              zu sehr erhoͤhter Temperatur, mit Gewalt in die Hoͤhe geworfen. Ich
                              beeile mich um so mehr diesen Irrthum zu berichtigen, als er die Anwendung dieser
                              Scheiben durchaus nicht hindern kann, indem man nur, wie ich bereits fruͤher
                              bemerkte, eine Roͤhre auf der Scheibe anbringen darf, die, wenn leztere in
                              die Hoͤhe geschlaͤudert wird, sie nach jeder Richtung fuͤhren
                              kann, in der man sie haben will.
                           Als ich vor einiger Zeit bei Hrn. Hallette zu Arras war,
                              sah ich mit vielem Vergnuͤgen, daß dieser geschikte Kuͤnstler in Folge
                              langer Erfahrung sich dieser schmelzbaren Scheiben ausschließlich bediente, und daß
                              er, um sich gegen das Emporschlaͤudern dieser Scheiben zu schuͤzen,
                              was zuweilen Statt hatte, dieselben mit einem Metallgewebe bedekte, welches die
                              Verunstaltung derselben verhinderte, und nicht ehe den Dampf durchziehen ließ, als
                              bis sie schmolzen.
                           Die Lage der Roͤhre, auf welcher die Scheibe ruht, scheint mir nicht die
                              beste. Hr. Hallette stellt naͤmlich, Fig. 10. auf
                              zwei Puncte der Oberflaͤche des Kessels uͤber dem Roste, und an dem entgegengesezten Ende
                              eine gabelfoͤrmige Roͤhre aus Gußeisen, wovon der eine Arm, a, eine gewoͤhnliche Klappe, b, fuͤhrt, der andere aber die schmelzbare
                              Scheibe, c, traͤgt, die mit dem
                              Metall-Gewebe, d, bedekt ist, welches durch vier
                              Schrauben, e, e, fest gehalten wird.
                           Auf eine dieser Roͤhren legt er gewoͤhnlich eine Scheibe, die bei
                              155°, auf die andere eine Scheibe, die bei 165° C. schmilzt. Die
                              Scheiben sind nicht flach: Hr. Hallette hat gefunden, daß
                              es besser ist, sie in der Mitte diker zu machen. Er gibt denselben die in Fig. 13.
                              dargestellte Form.
                           Es scheint mir, daß eine gabelfoͤrmige Roͤhre die Nachtheile
                              herbeifuͤhren kann, von welchen ich in meinem fruͤheren Aufsaze
                              sprach; daß naͤmlich die Scheibe nicht bei ihrem Schmelzpuncte schmilzt,
                              indem die Temperatur durch die Beruͤhrung der Luft und durch die
                              Laͤnge der Roͤhre zu sehr vermindert wird. Ich werde indessen unten
                              ein Schreiben des Hrn. Hallette anfuͤhren, in
                              welchem er diesen Einwurf begegnet.
                           Ich wollte einige Versuche uͤber die Schmelzung dieser Scheiben anstellen. Hr.
                              Hallette erlaubte mir dieß mit aller
                              Gefaͤlligkeit, und wir erhielten folgende Resultate.
                           Die Maschine des Hrn. Hallette arbeitet gewoͤhnlich
                              mit einem Druke von drei Atmosphaͤren. Der Kessel ist aus Gußeisen. Wir
                              brachten uͤber dem Herde eine bei 155°, und auf der Scheibe eine bei
                              165° schmelzbare Scheibe an: der Heizer feuerte stark. Nach einiger Zeit
                              fingen die Klappen an zu spielen; man belud sie, und das Manometer zeigte
                              56°. Ein leises Zischen zeigte, daß die erste Scheibe anfing zu fließen;
                              kleine Kuͤgelchen senkten sich in das Metallgewebe. Man oͤffnete eine
                              Klappe, um den Versuch zu beenden, und die Scheibe nicht ganz zerfließen zu lassen,
                              die kaum mehr ein Paar Augenblike ausgehalten haͤtte. Als man die Scheibe
                              abnahm, zeigte sie auf ihrer Oberflaͤche eine Menge kleiner
                              Kuͤgelchen, die durch das Metallgewebe durchsikerten; sie war auf ihrer
                              unteren Seite merklich concav, und man bemerkte daselbst eine Spalte, die sehr bald
                              die gaͤnzliche Trennung der Scheibe veranlaßt haben wuͤrde. Man
                              bemerkte, daß die Scheibe schon fruͤher fort geschlaͤudert worden seyn
                              wuͤrde, wenn sie nicht durch das Metallgewebe zuruͤckgehalten worden
                              waͤren.
                           Hieraus erhellt, daß die Scheibe durch das Metallgewebe vor der Zerreissung bewahrt
                              wurde, und daß, da sie bei ihrem Schmelzpuncte floß, sie ihrem Zweke vollkommen entsprach;
                              daß also diese Scheiben, wenn sie gehoͤrig angebracht sind, ihrem Zweke
                              vollkommen entsprechen.
                           Hr. Seguin wollte sein Dampfboth, das auf der Rhone von
                              Vienne nach Lyon faͤhrt, nicht mehr fahren lassen, bis man nicht die Ursache
                              des Unfalles, das Hrn. Steele traf, ausgemittelt haben
                              wuͤrde. Er war gegen die Anwendung der schmelzbaren Scheiben, entschloß sich
                              aber sehr duͤnne Platten anzuwenden. Hr. Darcet
                              veranlaßte ihn endlich sich der schmelzbaren Scheiben zu bedienen, und so beeilte er
                              sich dann dieselben an seinem Dampfbothe anzubringen, wie folgendes Schreiben an
                              Hrn. Darcet beurkundet, welches lezterer mir erlaubte
                              hier mitzutheilen.
                           
                              „Ich fuͤhle mich gedrungen Sie von den Resultaten eines Versuches
                                 der Nuͤzlichkeit der Anwendung der schmelzbaren Scheiben, um durch
                                 dieselben zu verhindern, daß die Spannung des Dampfes in dem Kessel nicht eine
                                 gewisse Graͤnze uͤbersteigt, zu benachrichtigen, indem man dadurch
                                 die Gewißheit erhalten hat, daß jedes Ungluͤk unmoͤglich ist, wenn
                                 man dieselben gehoͤrig anwendet.“
                              
                           
                              „Wir haben auf unseren Kessel zwei Scheiben angebracht, von N. 145 und 155, wovon folglich die erste bei einer
                                 Spannung von vier, die zweite bei einer Spannung von fuͤnf
                                 Atmosphaͤren schmilzt. Da aber die Commission, die bei Einsezung der
                                 Scheiben gegenwaͤrtig seyn mußte, den k. Befehl (l'ordonnance) schlecht verstand, und den Schmelzpunct der ersten
                                 Nummer fuͤr 3 Atmosphaͤren annahm, waͤhrend unsere
                                 Maschine, bei 13 Pfund Druk auf den □ Zoll, unter vier
                                 Atmosphaͤren arbeitet, so war die Temperatur hoch genug, um die erste
                                 Scheibe zu schmelzen. Dieß geschah auch ohne allen Unfall. Nachdem das Metall
                                 weich genug geworden war, wurde es an die Wand des Bothes geschlaͤudert,
                                 und der Dampf entwich, wie durch eine Sicherheits-Klappe.“
                              
                           
                              „Es scheint mir, daß es gut waͤre, dieses Resultat bekannt zu
                                 machen, indem man bei Kesseln, die mit solchen Scheiben versehen sind, alle
                                 Furcht verbannen kann; Sie koͤnnen daher von meinem Schreiben beliebigen
                                 Gebrauch machen. Ich etc.“
                              
                           Séguin d. aͤltere.
                           Hr. Baillet de Belloy fuͤhrte als neuen Beweis
                              fuͤr die Guͤte dieser Scheiben einen Fall an, wo die Scheiben auf einem auf der Seine
                              fahrenden Dampfbothe ohne allen anderen Nachtheil schmolzen, als daß dasselbe einen
                              Augenblik uͤber in seinem Gange aufgehalten worden war. Er sah, mit Vortheil,
                              an mehreren solchen Scheiben ein kleines Gitter anbringen, durch welches die
                              Scheiben in ihrer Form erhalten wurden, auf aͤhnliche Art, wie durch Hrn. Hallette's Drahtgewebe.
                           Ich theilte Lezterem meine Ansicht uͤber eine vortheilhaftere Stellung dieser
                              Platten mit; er schrieb mir hieruͤber Folgendes:
                           
                              „Ich wußte nicht, daß Hr. Séguin
                                 Versuche mit den schmelzbaren Platten anstellte; ich habe ihn aber hierzu
                                 aufgemuntert.“
                              
                           
                              „Ich bin allerdings Ihrer Meinung uͤber die Wahrscheinlichkeit
                                 einer Verschiedenheit der Temperatur bei unseren Platten auf dem Kessel, so wie
                                 wir sie anwenden, und am Umfange desselben, wie Sie
                                 es vorschlagen; ich glaube aber, daß die Temperatur des Dampfes auf diesen
                                 beiden Puncten sehr wenig verschieden ist, und daß, wenn man den vergleichenden
                                 Versuch, den Sie vorschlugen, anstellen wuͤrde, man als Resultat des
                                 schnelleren Schmelzens an der Metallscheibe unmittelbar uͤber dem Kessel
                                 nicht die Differenz der Temperatur des Dampfes, sondern den Unterschied der
                                 Temperatur des Gußeisens haben wuͤrde, die an dieser Stelle, viel
                                 hoͤher ist, als an unseren Klappen. Hier ein Beweis, daß die Temperatur
                                 des Gußeisens in Beruͤhrung mit der Sicherheits-Scheibe mehr, als
                                 der Dampf, zum Schmelzen beitrug.“
                              
                           
                              „Einige Tage nach Ihrer Abreise bemerkte ich, daß die bei 155°
                                 schmelzbare Metall-Scheibe, die ich unter das Metall-Gewebe auf
                                 die Oeffnung legte: an welcher wir diejenige schmelzten, die Sie mitgenommen
                                 haben, merklich convex wurde, obschon die Spannung des Dampfes nie uͤber
                                 drei Atmosphaͤren stieg. Ich habe die Convexitaͤt genau gemessen;
                                 sie betrug in zwei Tagen anderthalb Millimeter. Aus Furcht unsere Arbeiten
                                 unterbrechen zu muͤssen, nahm ich diese Scheibe ab, und fand, daß ihr
                                 Durchschnitt, der anfangs wie in Fig. 12. war, sich
                                 wie in Fig.
                                    14. zeigte; ich bin daher uͤberzeugt, daß, wie ich die Ehre
                                 hatte Ihnen zu sagen, diese Scheiben sich mehr am Rande, als in der Mitte
                                 erweichen, und dem Druke des Dampfes, wie Schroͤtlinge unter dem
                                 Durchschlageisen, nachgeben. Dieß geschah an mehreren unserer Maschinen, ehe wir
                                 die Scheiben mit dem Drahtgewebe bedekten.“
                              
                           
                           
                              „Sie werden bemerken, daß die Theile 1 und 2, Fig. 12. bedeutend
                                 verduͤnnt sind, und so zu sagen, die einzigen Theile sind, welche Beweise
                                 von der Dehnbarkeit gegeben haben; daß sie also die einzigen sind, an welcher
                                 die Temperatur so erhoͤht wurde, daß das Metall dadurch bedeutend weicher
                                 geworden ist. Dieß scheint mir auch so kommen zu muͤssen, wenn wir die
                                 Lage unseres Apparates in Fig. 13. betrachten,
                                 wo wir 1) bemerken, daß die ganze Basis des kegelfoͤrmigen Loches, z, der Metallscheibe mit dem Dampfe in
                                 Beruͤhrung ist: 2) daß die durchgeschlagene Scheibe oder der flache Ring,
                                 x, welcher den Rand der schmelzbaren Scheibe
                                 bedekt, und folglich als Leiter eine ziemlich hohe Temperatur erlangt, die ganze
                                 kegelfoͤrmige Oberflaͤche dieser Scheibe vor der Beruͤhrung
                                 der Atmosphaͤre bewahrt; daß folglich nothwendig ein großer Unterschied
                                 in der Temperatur des Theiles, z, der immer von der
                                 Atmosphaͤre abgekuͤhlt wird, und der Theile, 2, 2, die von dem
                                 unteren Rande des Kreises bedekt sind, der das Ausstrahlen der Waͤrme
                                 verhindert, Statt haben muß. Diese Wirkungen sieht man sehr deutlich an dem
                                 Durchschnitte, welchen Fig. 14. darstellt,
                                 die durch den Druk des Dampfes gleichsam aufgestuͤlpt ist. Man wird
                                 bemerken, daß die Verduͤnnung, die durch die Vergroͤßerung der
                                 Oberflaͤche nothwendig entstehen mußte, nur an dem Umfange des kleinen
                                 Kegels Statt hat, und gerade dort, wo der Ring das Metall vor der Einwirkung der
                                 Atmosphaͤre schuͤzte. Mir scheint das Anbringen der schmelzbaren
                                 Scheibe auf der gewoͤhnlichen Stuͤze nicht wesentlich; denn es
                                 thut nichts zur Sache, ob die Scheibe bei einem Grade mehr oder weniger
                                 schmilzt, wenn sie nur schmilzt. Der Mechaniker muß aber den Grad, bei welchem
                                 sie schmelzen muß, gehoͤrig bestimmen. Ich etc. A. Hallette.“
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
