| Titel: | Bericht des mechanischen Ausschusses der Société industrielle de Mulhausen über die Dampfmaschine der HHrn. Cavé zu Paris in der Fabrik der HHrn. Bouché zu Thann. | 
| Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. II., S. 12 | 
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                        II.
                        Bericht des mechanischen Ausschusses der
                           Société industrielle de Mulhausen uͤber die
                           Dampfmaschine der HHrn. Cavé zu Paris in der Fabrik der HHrn.
                           Bouché zu
                           Thann.
                        Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Mulhausen. N. 4. S. 226.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Cavé's Dampfmaschine.
                        
                     
                        
                           Der Prospectus der Dampfmaschinen der HHrn. Gebruͤder
                              Cavé zu Paris verkuͤndet so große
                              Vortheile im Vergleiche mit den uͤbrigen Dampfmaschinen unseres Departements
                              sowohl in Hinsicht auf Brennmaterial als auf Gestehungskosten, daß die Gesellschaft,
                              die sich von der Wahrheit dieser Angaben uͤberzeugen wollte, die HHrn. Bouché zu Thann ersuchte, ihrem Ausschusse zu
                              erlauben, die bei ihnen arbeitende Dampfmaschine der HHrn. Cavé in Augenschein zu nehmen; die HHrn. Bouché erlaubten dieß nicht nur, sondern forderten auch auf die
                              gefaͤlligste Weise die Untersuchung dieser Maschine.Dieß ist der maͤchtige im Nationalcharakter liegende Unterschied
                                    zwischen franzoͤsischen und englischen Fabrikanten: bei diesen No Entrance, und hoͤchste, oft rohe
                                    Geheimnißkraͤmerei; bei jenen Offenheit und Artigkeit. Moͤchte
                                    der gute alte franzoͤsische Charakter nicht durch das unselige
                                    Patentwesen verdorben werden das sicher eines der schlechtesten Producte der
                                    Revolution gewesen ist. A. d. U.
                              
                           Folgende Bemerkungen sind das Resultat unserer Versuche mit derselben.
                           Das Gebaͤude, welches die beiden Kessel und die Maschine enthaͤlt,
                              bildet ein Vierek von 22 Fuß im Gevierte.
                           Ein runder kupferner Schornstein ist im Ruͤken desselben angebracht und hat 79
                              Fuß Hoͤhe. 69 Fuß sind aus Kupferblech, das unten drei Viertel Linien, oben
                              eine halbe Linie dik ist.
                           Der Durchmesser desselben betraͤgt unten 30 und oben 15 Zoll.
                           Er wiegt 1500 Pf. und hat, mit dem Aufsezen, 4000 Franken gekostet.
                           Dieser Schornstein wurde auf folgende Weise aufgesezt und mit dem Mauerwerke
                              verbunden. In lezterem wurde eine Roͤhre aus Gußeisen mit einem breiten Rande
                              mittelst 8 Bolzen befestigt, die 4 Fuß tief eindrangen: auf diesem Rande ruhte die
                              kupferne Roͤhre, die man mittelst Bolzen darauf fest stellte. Ein Zaum aus
                              Eisenblech, der oben am Dache befestigt ist, gibt dem Schornsteine mehr Festigkeit.
                              Beim Eintritte der Zugloͤcher hat der Schornstein 4 Fuß im Gevierte. Sein
                              Zug, mit dem Heber bemessen, gab 5 bis 6 Linien mit destillirtem Wasser.
                           
                           Die beiden Kessel sind aus Eisenblech von drei Linien Dike. Sie halten 29 Zoll in
                              ihrem inneren Durchmesser, und sind 14 Fuß 6 Zoll lang. Jeder Kessel hat zwei
                              Sieder, die gleichfalls aus Eisenblech und 11 Zoll in ihrem inneren Durchmesser weit
                              sind. Der Rost ist 3 Fuß lang und eben so viel breit, haͤlt also 9 Fuß im
                              Gevierte. Die Stangen liegen vier bis fuͤnf Zoll weit von einander.
                           Die Dampfmaschine selbst ist hoͤchst einfach und besteht aus einem
                              Dampfcylinder, der sich um zwei in der Mitte seiner Hoͤhe befindliche Zapfen
                              dreht. Der Dampf tritt durch einen dieser Zapfen ein, zertheilt sich uͤber
                              und unter dem Cylinder mittelst zweier kupferner Roͤhren, und faͤhrt
                              durch den anderen Zapfen in die atmosphaͤrische Luft hinaus. Eine
                              sechzehnzoͤllige kupferne Roͤhre tritt aus jedem Kessel aus, um die
                              Maschine zu speisen: diese beiden Roͤhren vereinigen sich in einer
                              groͤßeren kupfernen Roͤhre, die nach dem Cylinder laͤuft.
                           Die Staͤmpelstange, die an der Kurbel angebracht ist, bewegt sich zwischen
                              zwei Baken, die auf dem Dekel des Cylinders befestigt sind. Auf der Kurbelachse ist
                              ein Flugrad angebracht, das 12 Fuß im Durchmesser hat.
                           Auf derselben Achse ist zwischen der Kurbel und dem Flugrade ein
                              kegelfoͤrmiges Rad aufgezogen, das eine Spindel bewegt, welche durch ein
                              allgemeines Gefuͤge zwei in einander eingreifende Zahnraͤder treibt,
                              durch welche der von unten nach oben einzulassende Dampf mittelst eines
                              scheibenfoͤrmigen Hahnes regulirt wird. Neben diesem Rade befindet sich ein
                              Hebel, der die Speisungspumpe und die Pumpe mit kaltem Wasser in Bewegung sezt. Das
                              Gestell der Maschine besteht aus vier Saͤulen aus polirtem Gußeisen, die
                              mittelst eines starken Rahmens zusammengehalten sind. Der Staͤmpel hat vier
                              Fuß im Laufe, vierzehn Zoll im Durchmesser, und seine Segmente sind aus Stahl.
                           Diese Maschine, deren Staͤrke der Kraft von vierzehn Pferden gleich
                              geschaͤzt wird, dient zur Aushuͤlfe des Wasserrades der HHrn. Bouché bei trokener Witterung, um ihre
                              Vorspinnmuͤhle von 26,000 Spindeln in Umtrieb zu sezen. Diese
                              Spinnmuͤhle besteht aus 26 doppelten Kardaͤtschen von 34 Zollen, aus
                              17 Grabstuͤhlen von 120 Spindeln oder 2040 Spindeln, nebst den hierzu
                              gehoͤrigen Klopfern, Ausbreitern, Laternen und Banken.
                           Um die Kraft, mit welcher diese Muͤhle getrieben wird, genauer bestimmen zu
                              koͤnnen, haben wir versucht, die Kraft auszumitteln, mit welcher das Wasser
                              auf das Triebrad wirkt, und haben uns uͤberzeugt, daß diese Kraft die
                              Staͤrke von 15 Pferden nicht uͤbersteigt, und hinreicht, alle
                              Abtheilungen an dieser Muͤhle in Bewegung zu sezen.
                           Das Wasserrad dreht sich 32 Mahl in Einer Minute in mittlerer Geschwindigkeit, und
                              folglich eben so oft die Welle an den Kardaͤtschen.
                           
                        
                           
                           Versuch.
                           Das Feuer wurde unter beiden Kesseln um 9 Uhr angezuͤndet und bis Mittags
                              unterhatten, wo der Versuch angestellt wurde. Die Spannung des Dampfes war 5
                              Atmosphaͤren uͤber dem Druke der Atmosphaͤre.
                           Man hat die Steinkohle gewogen, und nach und nach, da die Muͤhle ganz leer
                              lief, zwei Drittel derselben in Bewegung gesezt; naͤmlich:
                             2 Klopfer,   1
                              Ausbreitungs-Maschine, 48 doppelte Kardaͤtschen,
                                6 Laternen-Baͤnke, 17 Grobstuͤhle,
                                6 Spindel-Baͤnke.
                           Die Welle, die anfangs leer, 29 Mahl in Einer Minute umlief, sing an langsamer zu
                              laufen, und machte nur mehr 25 Umdrehungen bei dieser Last, obschon die Spannung des
                              Dampfes immer uͤber 4 Atmosphaͤren gehalten wurde.
                           Um die Geschwindigkeit zu beschleunigen, verminderte man die Anzahl der durch die
                              Welle gedrehten Maschinen um die Haͤlfte, naͤmlich bis auf
                             2 Klopfer,   1
                              Ausbreitungs-Maschine, 36 Kardaͤtschen,   5
                              doppelte Auszuͤge,   5 Laternen-Baͤnke,
                                9 Grobstuͤhle,   7
                              Spindel-Baͤnke.
                           Mit dieser Last und mit einem Druke von 4 Atmosphaͤren fuhr die Maschine fort,
                              29 Umdrehungen in Einer Minute zu machen. Der Versuch dauerte bis 2 Uhr, und
                              waͤhrend dieser Zeit wurden 4 Ztr. Steinkohle verbraucht.
                           Die Haͤlfte der Vorspinnmaschinen nebst dem Uebrigen mag eine Kraft von 8 bis
                              9 Pferden, statt 16 fordern, und selbst diese Kraft wurde nur durch Heizung zweier
                              Kessel und Verbrennung einer bedeutenden Menge von Steinkohlen erzeugt, die 2 Ztr.
                              fuͤr die Stunde betrug: abgesehen von dem, was davon noͤthig war, um
                              die Maschine in Gang zu bringen. Mit einem Kessel allein wirkt die Maschine nur
                              schwach, und die HHrn. Bouché mußten immer beide
                              Kessel in Thaͤtigkeit sezen, um die Maschine in Gang zu bringen. Wir
                              vermuthen, daß die Zuͤge zu eng sind, denn die Verbrennung schien uns nicht
                              rasch genug.
                           
                           Die Geschwindigkeit wechselte bei jedem Staͤmpelstoße bei 25 Umdrehungen des
                              Flugrades in Einer Minute. Bei 30 Umdrehungen in Einer Minute war diese
                              Unregelmaͤßigkeit der Bewegung etwas weniger merklich; immer jedoch noch
                              stark genug, um im Gange der Maschinen selbst fuͤhlbar zu werden. Wir
                              schreiben dieß der Vorrichtung an der Kurbel und an dem Cylinder zu.
                           Es waͤre interessant zu wissen, ob die geringe Kraft dieser Maschine dem
                              besonderen Baue der Dampfmaschinen der HHrn. Cavé
                              zuzuschreiben ist, oder ob sie uͤberhaupt der gewoͤhnliche Fehler
                              aller Maschinen mit hohem Druke und ohne Verdichtung ist. Lezteres vermuthen wir
                              nach dem schlechten Resultate einer Maschine, welche die HHrn. Taylor und Martineau zu London nach demselben
                              Systeme fuͤr die HHrn. Nik. Roͤchlin und
                              Bruͤder verfertigten und zuruͤknehmen mußten, weil sie den Bedingungen
                              nicht entsprach.
                           Beschreibung der Dampfmaschinen der HHrn. Cavé.
                              Fig.
                                 11.
                           A, Speisungspumpe.
                           B, Schwungbalken derselben.
                           C, Excentrische Scheibe.
                           D, Schwungrad.
                           E, Rolle des Regulators.
                           F, Achse des Flugrades.
                           G, Kurbel.
                           H, Staͤmpelstange, die mittelst des Zapfens, I, an der Kurbel angebracht ist.
                           K, K, Leiter der Staͤmpelstange.
                           M, Cylinder, der auf den Lagern, V, schwankt.
                           N, N, Leitungsroͤhren, die den Dampf uͤber
                              und unter den Staͤmpel fuͤhren.
                           P, Oeffnung, durch welche der aus dem Kessel kommende
                              Dampf eintritt.
                           Q, Klappe zum Abzuge des Wassers aus dem Cylinder, wenn
                              man die Maschine in Bewegung sezt, oder wenn der Dampf sich in demselben
                              verdichtet.
                           R, Raͤder der Regulirhaͤhne, die durch die
                              Achse, S, getrieben werden, welche ihre Bewegung von dem
                              Baume, F, mittelst der zwei kegelfoͤrmigen
                              Raͤder erhaͤlt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
