| Titel: | Verbesserungen bei der Leuchtgasbereitung. Von Hrn. Gill. | 
| Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. XXXV., S. 123 | 
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                        XXXV.
                        Verbesserungen bei der Leuchtgasbereitung. Von
                           Hrn. Gill.
                        Aus dessen technological Repository, Mai 1828. S.
                              293.
                        Gill's Verbesserungen bei der Leuchtgasbereitung.
                        
                     
                        
                           Wir sehen mit Vergnuͤgen, daß Hrn. Ruben Phillip's verbesserte Reinigungsmethode des Kohlengases
                              sich immer mehr und mehr verbreitet. Er laͤßt, nach seiner Methode, das Gas
                              aus den Retorten durch eine Menge duͤnner Lagen von Kalk, die in uͤber
                              einander gestellten Sieben ausgebreitet sind, aufsteigen. Der Kalk wurde
                              vorlaͤufig so geloͤscht, daß er, indem man etwas mehr Wasser zum
                              Loͤschen desselben nahm, etwas zusammenhaͤngt, wenn man eine Hand voll
                              desselben in der Hand zusammendruͤkt. Auf diese Weise kann er leicht in den
                              Sieben so ausgebreitet werden, daß das Gas in den Zwischenraͤumen zwischen
                              den zusammenhaͤngenden Theilen des Kalkes durch alle Siebe nach und nach in
                              die Hoͤhe steigen kann. Es sind ungefaͤhr zehn bis zwoͤlf Siebe
                              uͤbereinander gestellt, und jedes Sieb ist mit einem mit Wasser
                              gefuͤlltem Ringe umgeben, in welchen der untere Rand des daruͤber
                              stehenden Siebes paßt, so daß eine luftdichte Verbindung zwischen allen diesen
                              Sieben entsteht. Wenn das Gas nur Ein Mahl durch diese Siebsaͤule
                              durchgegangen ist, so ist es hinlaͤnglich gereinigt, und es ist bekanntlich
                              gefaͤhrlich, wenn das Gas zu sehr gereinigt wird, indem es dann an
                              Leuchtkraft verliert. Der Kalk in diesen Sieben bekommt durch das aufsteigende Gas
                              eine runde Gestalt und eine gelbe, gruͤne oder fleischrothe Farbe; er wird
                              heiß und stoͤßt Dampf aus, was davon herkommt, daß das Ammonium im Kalke sich
                              mit dem Wasser in der Luft verbindet. Dieser Kalk gibt einen guten Moͤrtel,
                              wenn man ihn zu eben so viel frisch gebranntem Kalke zusezt.
                           Auf diese Weise ist die Arbeit mit den Ruͤhrern, die bei der
                              gewoͤhnlichen Reinigungsmethode in Kalkrahm unerlaͤßlich ist,
                              gaͤnzlich beseitigt, so wie auch die Ungelegenheit des Gestankes, den dieser
                              Kalkrahm verbreitet, in welchem geschwefeltes Wasserstoffgas, Ammonium etc.
                              waͤhrend des Durchganges des Gases durch denselben abgesezt wird.
                           Wo man den gewoͤhnlichen Waschungs-Apparat beibehalten will,
                              laͤßt sich durch das sinnreiche Verfahren des Hrn. G. Lowe, Esqu., an den charterid Company's Gas works, Brick-lane,
                              Old-street, noch große Verbesserung anbringen. Zur Beseitigung des Gestankes, der an diesen
                              Gaswerken, ehe Hr. Lowe die Leitung derselben
                              uͤbernahm, so laͤstig war, dampft er den unreinen Kalkrahm bis zur
                              Consistenz eines diken Schlammes ein, indem er denselben in Cisternen in den
                              Aschengruben der Retortenoͤfen bringt. Auf diese Weise vermehrt er nicht bloß
                              die Wirkung des in den Oefen enthaltenen Brennmateriales, indem er die bei dem
                              Abrauchen aufsteigenden Daͤmpfe durch die Flamme des Feuers fuͤhrt,
                              sondern er erhaͤlt dadurch zugleich auch die Gußeisenstangen des Rostes eine
                              weit laͤngere Zeit uͤber brauchbar. Den zu Schlamm verdikten Kalkrahm
                              breitet er auf dem obersten Theile der Retortenoͤfen aus, und troknet auf
                              diese Weise den Kalk vollkommen aus. Dort wird derselbe wieder so kaustisch, daß die
                              Arbeiter, die ihn zum Verkitten der Retorten verwenden, Handschuhe anziehen
                              muͤssen, um sich gegen die aͤzende Kraft desselben zu
                              schuͤzen.
                           Hr. Lowe zeigte mir auch neulich sein Verfahren, den
                              Kohlentheer an den Brick-lane-Gaswerken (der in den
                              Peter-street-Gaswerken sich zu ungeheueren Massen angehaͤuft
                              hatte) in Feuermaterial zum Heizen der Retorten zu verwandeln. Er laͤßt den
                              Theer durch ein Loch in dem großen Theerbehaͤlter in einem duͤnnen
                              Strome in einen Trichter fallen, der oben in einer gekruͤmmten eisernen
                              Roͤhre befestigt ist, die in den Retortenofen laͤuft. Diese
                              Roͤhre hat vorne ein kleines Loch, und durch dieses faͤllt der Theer
                              auf die gluͤhenden Kohlen in dem Ofen, wodurch er alsogleich in eine helle
                              Flamme verwandelt wird, und die Retorten von einem Ende zu dem anderen auf die
                              vollkommenste Weise erhizt werden. Auch hier hat er eine wahre Ungelegenheit in
                              einen wichtigen Vortheil verwandelt.
                           Hr. Lowe hat ferner in dem neuen, unter seiner Aufsicht an
                              den Brick-lane-Werken errichteten Retortenhause den Arbeitern bei dem
                              Fuͤllen und Ausleeren der Retorten dadurch eine große Erleichterung
                              verschafft, daß er nur eine Reihe von Oefen auffuͤhren, und an der
                              entgegengesezten Wand Fenster und Oeffnungen zur Ventilation anbringen ließ. Die
                              armen Arbeiter sind also nicht mehr, wie ehevor, zwischen zwei Feuern, und arbeiten
                              jezt mit weit groͤßerer Leichtigkeit.
                           Zu Gent in Flandern hat man, wegen des hohen Preises der Steinkohlen, Leuchtgas aus
                              Harz nach Hrn. Daniel's Methode bereitet; es zeigte sich
                              aber, daß die Retorten bei diesem Verfahren schnell zu Grunde gingen. Hr. Daniel lud Hrn. Lowe zu sich
                              nach Gent, wo dieser die Sache allerdings so fand, wie sie ihm geschildert wurde.
                              Allein es zeigte sich bei genauerer von Hrn. Lowe
                              angestellter Untersuchung, daß die Zerstoͤrung der Retorten nicht sowohl von
                              der Einwirkung des Feuers, als von der Corrosion der brennzeligen Holzsaͤure
                              herruͤhrte, die sich aus dem Harze bei Verwandlung desselben in Gas
                              entwikelte. Hr. Lowe half diesem Uebel dadurch ab, daß er zur
                              Neutralisirung der Saͤure Kalk anwendete.
                           Ein Freund erzaͤhlte mir, daß er in den Werkstaͤtten der
                              Gaslaternen-Verfertiger mehrere Laternendekel durch die Einwirkung der
                              Schwefelsaͤure und des Wassers, die sich waͤhrend des Verbrennens des
                              Gases entwikeln, in kurzer Zeit so sehr zerstoͤrt sah, daß man mit der
                              groͤßten Leichtigkeit mit dem Finger durchfahren konnte. Ich fand es auch
                              wirklich so, als ich diese Werkstaͤtten selbst besuchte; das Eisen war ganz
                              in Rost verwandelt, und es war nichts an dem Laternendekel uͤbrig, als der
                              Zinnuͤberzug und der Anstrich. Die Laternen-Verfertiger versicherten
                              mir, daß dieses Unheil nur davon herruͤhrt, daß die Dekel nicht inwendig ebenso, wie außen,
                              mit Oehlfarbe uͤberstrichen wurden, und daß man mittelst dieses einfachen und
                              wohlfeilen Mittels die Laternen fuͤr lange Zeit gegen diesen Nachtheil
                              schuͤzen kann.