| Titel: | Ueber eine neue Art eines krystallisirten boraxsauren Natrons und seine Anwendung in den Künsten. Analyse der krystallisirten Boraxsäure, der beiden verschieden krystallisirten und des wasserfreien Borax; von Hrn. Payen. (Der königl. Academie der Wissenschaften mitgetheilt den 3. December 1827.) | 
| Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. XXXVIII., S. 129 | 
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                        XXXVIII.
                        Ueber eine neue Art eines krystallisirten
                           boraxsauren Natrons und seine Anwendung in den Kuͤnsten. Analyse der
                           krystallisirten Boraxsaͤure, der beiden verschieden krystallisirten und des
                           wasserfreien Borax; von Hrn. Payen. (Der koͤnigl. Academie der Wissenschaften mitgetheilt den
                           3. December 1827.)
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. Maͤrz 1828. S.
                              82.Man vergleiche auch uͤber diesen Borax polytechn. Journal Bd. XXVII. S. 455 und Bd. XXIX. S. 59. A. d. R.
                           
                        Payen, uͤber eine neue Art eines krystallisirten boraxsauren
                           Natrons.
                        
                     
                        
                           Als ich mich mit Untersuchungen uͤber die
                              oͤkonomische Anwendung des Borax beschaͤftigte, veranlaßten mich
                              mehrere von mir erhaltene anomale Resultate, verschiedene Muster, die ich zu diesen
                              Versuchen bereitet hatte, zu analysiren: keines derselben schien mir fremde Salze zu
                              enthalten.
                           Bald darauf bemerkte ich bei der Untersuchung der rohen Producte meiner Boraxfabrik
                              einige Krystalldrusen, welche nicht die gewoͤhnliche Krystallform des Borax
                              hatten. Ich sammelte davon nahe 100 Grammen, welche groͤßtentheils mit
                              Stuͤken von wie gewoͤhnlich krystallisirtem Borax zusammenhingen.
                              Mehrere ihrer physischen Eigenschaften kamen keinem derjenigen Salze zu, welche ich
                              bisher in diesen rohen Producten gefunden hatte.
                           Ich loͤste einen Theil dieser Krystalle in reinem Wasser auf, filtrirte die
                              Aufloͤsung u.s.w., erhielt aber nur gewoͤhnliche Boraxkrystalle nebst
                              geringen Quantitaͤten aufloͤslicher Salze und unaufgeloͤster
                              Substanzen, denen ich die beobachteten eigenthuͤmlichen Eigenschaften nicht
                              zuschreiben konnte.
                           Endlich zeigte mir die Analyse dieser Krystalle, daß sie mehr boraxsaures Natron enthielten,
                              als der reine krystallisirte Borax; uͤbrigens war der Unterschied zu
                              betraͤchtlich, als daß er von der duͤnnen undurchsichtigen Schichte,
                              womit sie bedekt waren, haͤtte herruͤhren koͤnnen.
                           Nach einigen Versuchen konnte ich nach Belieben, nicht nur in meinem Laboratorium,
                              sondern sogar auch im Verlauf der Fabrikation im Großen, eine neue Art von
                              krystallisirtem Borax darstellen, durch dessen Gegenwart die abweichenden
                              Beobachtungen erklaͤrbar werden, weiche alle diejenigen Chemiker machten, die
                              sich mit der Fabrikation des Borax vermittelst Boraxsaͤure, seiner
                              Raffinirung und den darauf bezuͤglichen Versuchen beschaͤftigt
                              haben.
                           Der neue Borax wird vortheilhaft den in unfoͤrmlichen Platten vorkommenden
                              (sogenannten calcinirten) Borax ersezen, der sowie er in den Handel gebracht wird,
                              nie von gleicher Zusammensezung ist und uͤberhaupt mehr Wasser als jener
                              enthaͤlt.
                           
                        
                           Physische Eigenschaften des neuen Borax in Vergleich mit dem
                                 bekannten und Zusammensezung desselben.
                           Form: Dieser Borax ist in regelmaͤßigen
                              Octaëdern krystallisirt, waͤhrend die gewoͤhnlichen
                              Boraxkrystalle vier- oder sechsseitige dreiflaͤchig zugespizte Prismen
                              darstellen.
                           Specifisches Gewicht. Das Wasser zu 1000 angenommen,
                              wiegen die gewoͤhnlichen Krystalle 1740. Das Gewicht der erst neuerdings
                              beobachteten Krystalle ist bei demselben Volumen, 1815.
                           Haͤrte. Sie ist groͤßer als die der
                              gewoͤhnlichen Boraxkrystalle, weil die Seiten dieser lezteren durch die
                              Kanten der anderen gerizt werden, das Umgekehrte aber nicht Statt hat.
                           Bruch. Er ist starkglaͤnzend und
                              walzenfoͤrmig, wie der von Krystallglas. Der prismatische Borax
                              blaͤttert sich von selbst bei Temperaturveraͤnderungen von 15 Graden
                              ab und zerfaͤllt, waͤhrend der octaëdrische Borax unter
                              denselben Umstaͤnden fest bleibt.
                           Wirkung der Luft und des Wassers. Die feuchte Luft und
                              auch das Wasser erhalten den gewoͤhnlichen Krystallen ihre Durchsichtigkeit;
                              die trokene Luft macht ihre Oberflaͤche undurchsichtig. Das Umgekehrte findet
                              bei den neuen Krystallen Statt; wenn man sie in das Wasser oder an die feuchte Luft
                              bringt, werden sie undurchsichtig, indem sie diese Fluͤssigkeit absorbiren,
                              welche ohne Zweifel an ihrer Oberflaͤche eine Schichte prismatischen Borax
                              erzeugt, und bleiben nur an trokener Luft durchscheinend.
                           Zusammensezung. Die Analyse und die Umaͤnderung
                              der einen Krystallisation in die andere ergeben, daß das Verhaͤltniß der
                              Boraxsaͤure zum Natron in beiden genau dasselbe ist, daß aber der Wassergehalt in dem
                              octaëdrischen Borax 30 Procent, hingegen in dem gewoͤhnlichen Borax 47
                              Procent betraͤgt.
                           Die Zusammensezung und die Eigenschaften des in Octaëdern krystallisirten
                              Borax gaben Veranlassung zu einigen wichtigen Bemerkungen fuͤr seine
                              Anwendung in den Kuͤnsten und im Handel.
                           Es ist nicht nur jeder isolirte Krystall dieses Borax sehr hart, sondern die
                              einzelnen Krystalle haͤngen auch so innig zusammen, daß er oft beinahe so
                              angenehm und hellklingend wie Kanonenmetall ist. Wegen dieser Eigenschaft kann man
                              die Drusen dieser Krystalle in Stuͤke von jeder Groͤße fuͤr
                              solche Zweke schneiden, wo sie der Reibung hinreichende Festigkeit und Widerstand
                              darbieten muͤssen.
                           Da die Drusen des gewoͤhnlichen Borax keine Consistenz haben, so war man
                              genoͤthigt, alle Krystalle desselben zu isoliren und die kleinen einer neuen
                              Krystallisation zu unterwerfen. Die abgesonderten Krystalle brachen oft zwischen den
                              Fingern durch eine leichte Temperaturveraͤnderung. Der octaëdrische
                              Borax ist noch passender als der andere zum Loͤthen des Kupfers, weil er sich
                              weniger aufblaͤht und schneller fließt. Fuͤr jede Anwendung aber,
                              wobei der Borax unumgaͤnglich in Wasser aufgeloͤst werden muß, ist der
                              gewoͤhnliche vorzuziehen, weil er sich in viel kuͤrzerer Zeit
                              aufloͤst. Der Transport, das Einraͤumen in die Schiffsladungen und
                              Magazine, sowie das Emballiren waͤren fuͤr den in Octaëdern
                              krystallisirten Borax weniger kostspielig: der erstere in dem Verhaͤltniß von
                              70 zu 53, wegen dem Unterschiede im Gewichte des Krystallwassers; die anderen in dem
                              von 70 zu 60, nach der Menge von Kilogrammen, welche dieselbe Kiste von einem jeden
                              derselben fassen kann.
                           Die sehr deutliche krystallinische Form und die leicht erkennbaren physischen
                              Eigenschaften des octaëdrischen Borax bieten dem Handel und der Industrie
                              alle wuͤnschenswerthen Garantien gegen den Betrug dar, welcher im Handel mit
                              sogenanntem calcinirtem Borax Statt fand.
                           Die Kenntniß des neuen Salzes muß nothwendig in den Zollgesezen eine
                              Abaͤnderung zur Folge haben, indem diese dadurch illusorisch wuͤrden,
                              weil sie sich auf den gewoͤhnlichen Borax beziehen und nichts leichter ist,
                              als den octaëdrischen Borax nach seiner Einfuhr in diese Krystallform zu
                              bringen, wobei man durch das Krystallwasser den Vortheil einer Gewichtsvermehrung
                              von 30 bis 47 Procent hat.
                           Mehrere geschikte practische Chemiker haben sehr große Unterschiede in den Resultaten
                              der Versuche mit dem rohen Borax und der Boraxsaͤure von Toskana erhalten,
                              welche zum Raffiniren oder zur Fabrikation des rohen Borax bestimmt waren. Man hatte
                              auch immer gefunden, daß
                              der rohe Borax mehr als sein gleiches Gewicht gereinigten Borax geben kann,
                              ungeachtet der fremdartigen Substanzen, welche er enthielt und des bei einer
                              Operation im Großen unvermeidlichen Verlustes. Diese anscheinenden
                              Widerspruͤche werden leicht dadurch erklaͤrt, daß sich unter
                              zufaͤlligerweise herbeigefuͤhrten guͤnstigen Umstaͤnden
                              octaëdrischer Borax bildete, oder daß er sich, ohne daß man es bis jezt
                              wußte, unter den uͤbrigen Boraxkrystallen befand.
                           Ich habe auf dem Bureau der Akademie der Wissenschaften hinterlegt:
                           1) Stuͤke von gewoͤhnlichem Borax in vierseitigen, dreiflaͤchig
                              zugespizten Prismen.
                           2) Eine Krystalldruse, worin octaëdrischer Borax zwischen gewoͤhnlichem
                              prismatischem Borax vorkommt.
                           3) Kleine sehr regelmaͤßige Octaëder von Borax, die aus einer einige
                              Grammen wiegenden Aufloͤsung erhalten wurden.
                           4) Stuͤke von reinen octaëdrischen Krystallen, aus einer Masse von 2000
                              Kilogrammen Fluͤssigkeit erhalten.
                           5) Eine Druse von octaëdrischen klingenden Krystallen, wie sie zu der oben
                              angefuͤhrten technischen Benuzung zubereitet werden soll.
                           
                        
                           Zusammensezung der beiden Boraxarten in der krystallisirten
                                 Boraxsaͤure.
                           Wenn man boraxsaures Natron in Wasser bei der Temperatur von 100° (Centsk.)
                              aufloͤst, und zwar in solcher Menge, daß die Aufloͤsung bei derselben
                              Temperatur eine Dichtigkeit von 1,246 (30 Grade nach Beaumé) hat; wenn man
                              sie dann langsam und regelmaͤßig erkalten laͤßt, so wird man sehen,
                              daß sich kleine Krystalle bilden, sobald die Temperatur auf 79 Grade (63° R.)
                              herabgekommen seyn wird. Diese Krystalle werden die octaëdrische Form und die
                              von uns oben angegebenen Eigenschaften haben; sie werden an Groͤße und Zahl
                              zunehmen aber ohne ihre Form, Eigenschaften und Zusammensezung zu veraͤndern,
                              bis die Temperatur der Fluͤssigkeit auf 56 Grade (44,8° R.)
                              herabgekommen ist. Die Mutterlauge wird, wenn man sie in diesem Augenblike abgießt,
                              eine rein octaëdrische Druse hinterlassen. Gießt man aber die
                              Fluͤssigkeit nicht ab, und laͤßt die Erkaltung fortfahren, so wird
                              man, wenn man die Krystalle untersucht, welche sich um die ersteren herum und an die
                              Seitenwaͤnde des Gefaͤßes anzulegen anfangen werden, finden, daß die
                              Form nicht mehr dieselbe ist; es sind vierseitige Prismen, und die mehr oder weniger
                              unvollstaͤndigen Enden sind dreiflaͤchig zugespizt. Laͤßt man
                              die Krystallisation zu Ende gehen, so werden die Producte weder in der Form noch in
                              ihrer Zusammensezung mehr verschieden ausfallen, man mag sie, wenn immer, untersuchen. Aber die von anderen
                              umgebenen und an ihren Enden vermengten Krystalle werden bald nur mehr die
                              Zuspizungen und Pyramiden-Kanten der prismatischen Krystallisation
                              darbieten.
                           Dieses Gemenge der beiden Borax, welches in abweichenden Verhaͤltnissen
                              entsteht, je nach der Dichtigkeit und Temperatur am Anfange und am Ende der
                              Krystallisation, hat die meisten Unterschiede in den bei der Fabrikation im Großen
                              und bei Versuchen im Kleinen erhaltenen gegenseitigen Verhaͤltnissen und auch
                              einige Verschiedenheiten in den Eigenschaften des Products verursacht.
                           Auf solche Art enthalten unfoͤrmliche Platten, die seit einiger Zeit unter der
                              Benennung geschmolzener Borax verkauft worden sind, im Allgemeinen außer einem
                              Gemenge der beiden unter einander krystallisirten Borax, eine groͤßere Menge
                              octaëdrischen Borax, waͤhrend der gemeine Borax gewoͤhnlich nur
                              kleine Mengen octaëdrischen Borax enthielt, der in harten Stuͤken an
                              der Basis seiner Krystalle hing.
                           Bringt man die Dichtigkeit der kochenden Borax-Aufloͤsung nur auf 1,170
                              (22 Grade nach Beaumé) oder darunter, und laͤßt sie langsam erkalten,
                              so wird die erhaltene Krystallisation nur boraxsaures Natron in Prismen enthalten,
                              bei welchem Temperaturgrade man diese Krystalle beobachten und analysiren mag. Nach
                              den hier angegebenen Thatsachen kann man nun sehr leicht im Kleinen oder im Großen
                              eine jede der beiden Krystallisationen vollkommen frei von der anderen erhalten.
                           
                        
                           Bestimmung des Atomengewichtes der wasserfreien und
                                 krystallisirten Boraxsaͤure, des geschmolzenen und in den beiden Formen
                                 krystallisirten boraxsauren Natrons.
                           Nachdem ich die leichte Umaͤnderung einer Krystallisation des Borax in die
                              andere, angewandt hatte, um zu beweisen, daß das Verhaͤltniß der
                              Saͤure zur Basis in den beiden Krystallen dasselbe ist, wollte ich sie auch
                              noch benuͤzen, um auszumitteln, ob das von mehreren Gelehrten fuͤr die
                              Boraxsaͤure angenommene Atomengewicht auch diesen beiden Krystallisationen
                              nach Verhaͤltniß ihres Wassergehaltes zukommt.
                           Ich hatte zuvor durch die Calcination den Wassergehalt des octaëdrischen Borax
                              bestimmt, und den in den chemischen Lehrbuͤchern bei dem prismatischen Borax
                              angegebenen, als richtig angenommen; um sie aber beide zu berichtigen, loͤste
                              ich vollkommen reines und wasserfreies boraxsaures Natron in Wasser auf, ließ es
                              regelmaͤßig krystallisiren, und bestimmte so die Quantitaͤt der in
                              beiden Formen erhaltenen Krystalle. Bei diesem Verfahren werden, wie ich glaube, alle Irrthuͤmer
                              vermieden, besonders in Beziehung auf den prismatischen Borax, welcher vollkommen in
                              einem einzigen Gefaͤße auskrystallisirt werden kann, und welcher, indem er
                              schnell das seinen Krystallen anhaͤngende Wasser verliert, in trokener Luft
                              mehrere Tage auf einer niedrigen Temperatur bleibt, ohne von seinem Gewichte etwas
                              zu verlieren oder merklich zu verwittern.
                           Das Gewicht des Krystallwassers fand ich auf diese Art in dem prismatischen Borax zu
                              0,4695 und in dem octaëdrischen Borax zu 0,3064. Da diese Quantitaͤten
                              mit einer ganzen Anzahl von Atomen nach dem Gewichte, welches nach einander
                              fuͤr das Atom der Boraxsaͤure von den Herren Berzelius, Davy, Thomson und Soubeiran
                              angenommen wurde, nicht uͤbereinstimmen, so suchte ich das Gewicht dieses
                              Atoms nach folgendem Verfahren zu bestimmen, wobei, wie ich glaube, kein merklicher
                              Irrthum Statt finden kann.
                           Ich bereitete reine Boraxsaͤure, indem ich die schoͤnsten Krystalle der
                              natuͤrlichen Saͤure auswaͤhlte, sie sehr oft mit kleinen Mengen
                              destillirten Wassers auswusch, aufloͤste, krystallisiren und abtropfen ließ,
                              die Krystalle nochmahls aussuͤßte und alle diese Manipulationen dreimahl
                              wiederholte, worauf ich alles zwischen den Krystallen enthaltene Wasser durch
                              ungeleimtes Papier absorbiren ließ, und endlich alles Krystallwasser durch
                              anhaltendes Schmelzen bei der Rothgluͤhhize versagte.
                           Andererseits reinigte ich schon sorgfaͤltig bereitetes kohlensaures Natron,
                              indem ich es in doppeltkohlensaures umaͤnderte, oͤfters
                              aussuͤßte und bis zum ruhigen Fluß calcinirte.
                           Nachdem ich ein bestimmtes Gewicht des so erhaltenen trokenen halbkohlensauren Salzes
                              in Wasser aufgeloͤst hatte, suchte ich die zur vollstaͤndigen
                              Saͤttigung noͤthige Menge Boraxsaͤure auszumitteln, indem ich
                              von dieser lezteren nach und nach so lange kleine Mengen zusezte, bis in der
                              Waͤrme kein Aufbrausen mehr erfolgte. Das Aufbrausen allein haͤtte
                              hingereicht, um sehr annaͤhernd die dem halbkohlensauren Salze entsprechende
                              Saͤuremenge anzuzeigen. Um aber zu einer genauen Bestimmung zu gelangen, war
                              es unumgaͤnglich noͤthig alles so gebildete boraxsaure Salz
                              krystallisiren zu lassen, die Krystalle auszuwaschen, die Mutterlauge abzudampfen
                              und krystallisiren zu lassen und zu sehen, ob in der Mutterlauge noch kohlensaures
                              Salz oder Saͤure uͤberschuͤssig vorhanden ist und endlich von
                              dem einen oder der anderen so lange zuzusezen, bis sich vollkommen krystallisirbares
                              boraxsaures Salz gebildet hatte.
                           Es ist sehr leicht mit einem sehr kleinen Tropfen Mutterlauge auszumitteln, ob das
                              eine oder andere dieser Agentien uͤberschuͤssig ist, denn man braucht nur einen
                              Tropfen verduͤnnte Schwefelsaͤure zuzusezen, welche ein lebhaftes
                              Aufbrausen hervorbringen wird, wenn zu viel kohlensaures Salz da ist, oder eben so
                              viel Natronaufloͤsung, welche augenbliklich kleine Boraxkrystalle
                              ausfaͤllen wird, wenn man zu viel Boraxsaͤure angewandt hat. Nach
                              verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es mir, die vollstaͤndige
                              Saͤttigung zu erhalten, und ich versicherte mich davon, indem ich den Versuch
                              oͤfters mit der beobachteten Menge wiederholte, das boraxsaure Salz bis zur
                              Verjagung des Krystallwassers schmolz und ganz krystallisiren ließ.
                           Ich fand so, daß 2,002 Gr.Ich hatte diese Zahl gewaͤhlt, weil sie dreimahl das Atom des
                                    kohlensauren Natrons darstellt, wenn man den Sauerstoff = 10 annimmt, um die
                                    Berechnung abzukuͤrzen. A. d. O. reines halbkohlensaures Natron 2,64 Gr. reine wasserfreie Boraxsaͤure
                              zur vollstaͤndigen Saͤttigung erfordern.
                           Ich ließ sorgfaͤltig alles so erhaltene boraxsaure Salz in einem einzigen
                              Gefaͤße krystallisiren, und erhielt 7,185 Gr. prismatische Krystalle, welche
                              nach dem oben ausgemittelten Wassergehalt 3,8116 trokenes boraxsaures Salz
                              vorstellen. Zieht man dieses Gewicht von der Summe des Gewichtes der Saͤure
                              und des kohlensauren Salzes, welche angewandt wurden, ab, so erhaͤlt man
                              (4,642 – 3,8116 Gr.) = 0,8304 fuͤr das Gewicht der
                              Kohlensaͤure.
                           Ich glaubte, daß dasselbe Verfahren eben so gut angewandt werden koͤnnte, um
                              den Wassergehalt der krystallisirten Boraxsaͤure zu bestimmen,
                              woruͤber man sehr in Ungewißheit ist, weil sich diese Saͤure mit dem
                              Wasserdampf verfluͤchtigt. Diese Quelle des Irrthums, welcher man die
                              Abweichungen in den von den HHrn. Davy, Berzelius und Thomson erhaltenen Resultaten zuschreiben muß, hat auf
                              das angegebene Verfahren gar keinen Einfluß.
                           Nachdem ich mir mittelst des weiter oben beschriebenen Verfahrens sehr reine
                              Boraxsaͤure dargestellt, und diesen Krystallen alles
                              uͤberschuͤssige Wasser durch starkes Pressen zwischen ungeleimten
                              Papier entzogen hatte, suchte ich auszumitteln, wie viel von dieser Saͤure
                              noͤthig ist, um 0,002 Grammen reines und wasserfreies halbkohlensaures Natron
                              zu saͤttigen; ich fand eben so wie oben diese Menge gleich 4,660 Gr. Dieses
                              Verhaͤltnis stimmt uͤbrigens fast genau mit dem der bei der
                              Fabrikation des Borax im Großen angewandten Substanzen uͤberein; welche nach
                              meiner Berichtigung 432 Kilog. reines und wasserfreies halbkohlensaures Natron auf
                              1000 Kil. krystallisirte Boraxsaͤure, diese auf ihren reinen Gehalt reducirt,
                              enthielten.
                           Die Resultate der Saͤttigung des halbkohlensauren Natrons durch krystallisirte
                              Boraxsaͤure waren denjenigen der Saͤttigung durch trokene
                              Saͤure ziemlich gleich; in der That erhielt man:
                           
                              
                                 Prismatisches boraxsaures Natron
                                 7,1855
                                 
                              
                                 Diesem entsprechen an trokenem boraxsauren
                                    Salze
                                 3,8119
                                 
                              
                                 Abgezogene Kohlensaͤure
                                 0,8301
                                 
                              
                           Daraus konnte man außerdem leicht folgern, daß, da 4,66 Gr. krystallisirte
                              Boraxsaͤure 2,64 Gr. trokene Saͤure ersezt haben, die Differenz 202
                              nothwendigerweise von dem Krystallwasser herruͤhrt; es ist aber 465 : 202 =
                              100 : 43,34.
                           Wenn wir alle diese Zahlen mit dem fuͤr das Natron, die Kohlensaͤure
                              und das Wasser angenommenen Atomgewichte vergleichen und den Sauerstoff durch 10
                              ausdruͤken, haben wir:
                           Producte der ersten Saͤttigung:
                           
                              
                                 Reine Boraxsaͤure
                                   88
                                 
                              
                                 Halbkohlensaures Natron
                                   66,7
                                 
                              
                                 Kohlensaͤure
                                   27,68
                                 
                              
                                 Krystallisirtes boraxsaures Natron
                                 239,5
                                 
                              
                                 Trokenes boraxsaures Natron
                                 127,05
                                 
                              
                           Zweite Operation:
                           
                              
                                 Krystallisirte Boraxsaͤure
                                 155,38
                                 
                              
                                 Trokenes halbkohlensaures Natron
                                   66,7
                                 
                              
                                 Entbundene Kohlensaͤure
                                   27,67
                                 
                              
                                 In Prismen krystallisirtes boraxsaures
                                    Natron
                                 239,52
                                 
                              
                                 Krystallwasser der
                                    Boraxsaͤure
                                   67,33
                                 
                              
                           Nach diesen Thatsachen und den anfangs gefundenen Quantitaͤten von
                              Krystallwasser wuͤrde das in Prismen krystallisirte boraxsaure Natron
                              enthalten:
                           
                              
                                 Trokenes Salz
                                 127,05
                                 
                              
                                 Wasser
                                 112,45
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 239,50
                                 
                              
                           Der oktaëdrische Borax:
                           
                              
                                 Trokenes Salz
                                 127,05
                                 
                              
                                 Wasser
                                   56,12
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 183,17
                                 
                              
                           Substituirt man die nach diesen Daten berechneten Atomgewichte, so findet man sehr
                              geringe Unterschiede zwischen ihnen und den oben durch den Versuch erhaltenen
                              Verhaͤltnissen. Folgende Zusammensezungen bestaͤtigen sich also, wie
                              ich glaube, gegenseitig.
                           Krystallisirte Boraxsaͤure:
                           
                              
                                 Reine Saͤure 1 Atom
                                 44
                                 
                              
                                 Krystallwasser 3 Atome
                                 33,73
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 77,73
                                 
                              
                           
                           Diese Quantitaͤten verdoppelt (um 2 Atome Boraxsaͤure vorzustellen),
                              geben:
                           
                              
                                 2
                                 Atome
                                 trokene Saͤure
                                   88
                                 
                              
                                 6
                                    –
                                 Wasser
                                   67,46
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 155,46
                                 
                              
                           und naͤhern sich sehr den direct erhaltenen.
                           Wasserfreies boraxsaures Natron:
                           
                              
                                 Saͤure, 2 Atome
                                 88
                                 
                              
                                 Natron, 1 Atom
                                 39,09
                                 
                              
                           In Prismen krystallisirter Borax:
                           
                              
                                   2
                                 Atome
                                 reine Saͤure
                                   88
                                 
                              
                                   1
                                 Atom
                                 Natron
                                   39,09
                                 
                              
                                 10
                                 Atome
                                 Wasser
                                 112,43
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 239,52
                                 
                              
                           Oktaëdrischer Borax:
                           
                              
                                 Saͤure,
                                 2 Atome
                                   88
                                 
                              
                                 Natron,
                                 1 Atom
                                   39,09
                                 
                              
                                 Wasser,
                                 5 Atome
                                   56,217
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 183,307
                                 
                              
                           Um die fast vollkommene Uebereinstimmung dieser Zahlen mit denjenigen des oben
                              angefuͤhrten Versuchs einzusehen, braucht man nur zu wissen, daß die 39,09
                              Natron 66,74 wasserfreiem halbkohlensaurem Natron entsprechen, welche 27,65
                              Kohlensaͤure enthalten.