| Titel: | Ueber Dampfmaschinen-Kolben mit Metallliederung, nebst Beschreibung eines neuen Kolben der Art von meiner Erfindung. Von Dr. Ernst Alban. | 
| Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] | 
| Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. XXVIII., S. 154 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber Dampfmaschinen-Kolben mit
                           Metallliederung, nebst Beschreibung eines neuen Kolben der Art von meiner Erfindung. Von
                           Dr. Ernst
                              Alban.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        Alban, über Dampfmaschinen-Kolben mit
                           Metallliederung.
                        
                     
                        
                           In der in Bd. XXVIII. S. 337 dieses Journ.
                              enthaltenen Darstellung der Grundzuͤge meines neuen
                              Dampfentwikelungs-Princips habe ich auf der 375sten Seite in einer Note meine
                              Gruͤnde angegeben, warum ich fuͤr Dampfmaschinen von sehr hohem Druke
                              Kolben mit Metallfuͤtterung in allen Faͤllen fuͤr
                              voͤllig unzulaͤssig erachte, und zugleich meine Meinung unverholen
                              daruͤber abgegeben, daß ich in der Anwendung solcher Kolben eine Hauptursache
                              des Mißlingens der Perkins'schen Maschinen zu finden mich berechtigt glaube.
                              Obgleich meine Gruͤnde fuͤr diese Behauptung sich auf laͤngst
                              bekannte Erfahrungen stuͤzen und das Gewicht derselben jedem praktischen
                              Mechaniker einleuchten duͤrfte, so habe ich doch zu meinem Erstaunen
                              gefunden, daß auch in Deutschland noch jezt praktische Leute fuͤr eine
                              Dampfmaschine von sehr hohem Druke einen solchen Kolben fuͤr einen besonders
                              nothwendigen Apparat halten. Ein Mechaniker dieser Art ist der Hr. Uthe in Dresden, der in einem neuem, in diesem Journale,
                              im XXIX. Band, S. 177 enthaltenen Aufsaze uͤber Hr. Perkins Dampfmaschine
                              woͤrtlich behauptet: ein guter Metallkolben sey bei hohem Dampfe eine
                              unerlaͤßliche Bedingung.
                           Ich fuͤr mein Theil dagegen bin durch die Beobachtung so vieler Dampfmaschinen
                              mit Metallkolben, sowohl gewoͤhnlicher niedrig druͤkender, als hoch
                              pressender, in Deutschland und England, mehr vom Gegentheile dieser Behauptung
                              uͤberzeugt worden, indem ich gefunden habe, daß bei allen diesen Kolben ein
                              mehr oder minder großer Dampfverlust Statt finde; so daß ich sogar die Ursache des
                              geringen Nuzeffectes so vieler neuern Hochdrukmaschinen in der Anwendung derselben,
                              vorzuͤglich aber in dem Gebrauche unzwekmaͤßiger und fehlerhaft
                              construirter suchen mochte. Fehlerhaft und unzwekmaͤßig construirt ist leider
                              aber der groͤßte Theil der bisherigen Metallkolben, vorzuͤglich
                              fuͤr Hochdrukmaschinen, theils schon aus demjenigen allgemeinen
                              Gesichtspunkte betrachtet, den ich in obiger Note aufgestellt habe, theils in
                              Betracht der Anordnung ihrer verschiedenen Theile, ihrer Ringe oder Segmente, theils
                              endlich in Betreff der
                              Metalle, die man zu diesen Segmenten oder Ringen gewaͤhlt hat. Wenn ich diese
                              meine Behauptung in den folgenden Zeilen dadurch zu bewahrheiten streben werde, daß
                              ich auf die Hauptfehler jedes der bisherigen Metallkolben speciell aufmerksam zu
                              machen mich bemuͤhe, so sey es mir vorerst noch vergoͤnnt, einige der
                              Hauptschwierigkeiten im Allgemeinen aufzufuͤhren, die einer
                              zwekmaͤßigen Anwendung solcher Kolben uͤberhaupt im Wege stehen, und
                              in denen die vorzuͤglichste Ursache ihrer Unzwekmaͤßigkeit, d.h. ihrer
                              Undichtheit zu suchen ist.
                           
                              
                                 1) Es gibt wenige Werkstaͤtten, die so vollkommene
                                    Cylinderbohrwerkzeuge vorzuͤglich fuͤr Cylinder von
                                    groͤßerm Durchmesser, besizen, daß sie diese von so erstaunlich
                                    genauer Bohrung als sie fuͤr Metallkolben unumgaͤnglich
                                    noͤthig sind, zu liefern vermoͤgen. Wer aus der Erfahrung
                                    weiß, wie schwer schon kleinere Metallflaͤchen auf einander so
                                    dampfdicht zu schleifen sind, daß sie das Durchdringen
                                    hochdruͤkender, hoͤchst duͤnner und elastischer
                                    Daͤmpfe vollkommen verhindern, und was die Hauptschwierigkeit ist,
                                    bei steter Bewegung auf und uͤber einander verhuͤten, der wird
                                    es, selbst wenn er nicht Eingeweihter ist, begreiflich finden, daß es
                                    uͤberaus schwer sey, eine so große Flaͤche, als die
                                    Waͤnde eines groͤßern Cylinders sind, mit den vielen
                                    verschiedenen Theilen eines Metallkolben bei seiner Bewegung darin in stetem
                                    genauen Contacte zu erhalten. Er wird gestehen muͤssen, daß eine
                                    außerordentliche Genauigkeit in der Bohrung noͤthig sey, um hier zu
                                    einem erfreulichen Ziele zu gelangen, und ein langes Ausschleifen und
                                    Ausschmirgeln und nachheriges Einschleifen des Kolben in den Cylinder, wobei
                                    der Kolben nicht selten durch das Eindringen des Schleifmittels in seine
                                    Gefuͤge leidet und wieder undicht gemacht wird, zu verhuͤten,
                                    vorzuͤglich wenn er nicht vergißt, daß durch ein solches Aus-
                                    und Einschleifen doch nur immer kleinere Fehler in der Bohrung verbessert
                                    werden koͤnnen, waͤhrend die groͤßern und
                                    schaͤdlichem bleiben. Wie leicht aber auch ein gut und dicht
                                    gegossener Cylinder auf einem vorzuͤglichen Bohrwerke durch das
                                    Einfressen der Bohrschneiden, durch das Wechseln der leztern, durch ihre
                                    Abnuzung, (alles oft gar nicht zu vermeidende Zufaͤlligkeiten und
                                    Unvollkommenheiten eines jeden solchen Werkzeuges,) verdorben werden
                                    koͤnnen, beweiset die Erfahrung leider taͤglich demjenigen,
                                    der Maschinenbau viel unter Haͤnden hat, und mit allen dabei
                                    vorkommenden Maͤngeln bekannt ist.
                                 Daß alle diese großen Schwierigkeiten mit dem Durchmesser der Cylinder
                                    wachsen, halte ich fast fuͤr uͤberfluͤssig zu
                                    bemerken.
                                 
                              
                                 2) Die Fabrikation guter Metallkolben ist mit eben so großen
                                    Schwierigkeiten verknuͤpft, als die der dazu noͤthigen Dampfcylinder. Diese
                                    wachsen um so mehr, je complicirter der Kolben ist, und je mehr Theile daran
                                    unter einander dampfdicht und zugleich beweglich zu verbinden sind. Die
                                    Verfertigung guter Metallkolben gehoͤrt nur den
                                    vorzuͤglichsten Werkstaͤtten an, die mit allen den vielen
                                    Apparaten versehen sind, durch deren Anwendung die gehoͤrige
                                    Genauigkeit und Sicherheit bei der Construction derselben erreicht wird,
                                    ohne großen Zeit- und Kostenaufwand zu veranlassen. Ein Metallkolben
                                    darf nicht einmal mittelmaͤßig, viel weniger schlecht gearbeitet
                                    seyn, erfordert daher ganz ausgesuchte Arbeiter, und diese sind eben so
                                    selten, als alles vollkommene in der zeitlichen Welt nur in dem Felde der
                                    frommen Wuͤnsche zu finden ist.
                                 
                              
                                 3) Ein kalt in den Dampfcylinder eingeschliffener
                                    Metallkolben verhaͤlt sich zu diesem ganz anders in der Hize der
                                    Daͤmpfe und bei ihrem Druke, als bei dem kalten Einschleifen selbst.
                                    Die Hize dehnt beide Theile aus, und zwar in einem nicht ganz
                                    guͤnstigen Verhaͤltnisse. Der Cylinder wird in dem Grade
                                    weiter, daß die Segmente nicht ganz genau centrisch mehr mit seinen
                                    Waͤnden bleiben, auch veraͤndern die einzelnen Theile des
                                    Kolbens und sein Koͤrper ihre Verhaͤltnisse einiger Maßen zu
                                    einander. Diese Maͤngel werden um so fuͤhlbarer, je
                                    groͤßer die Hize ist, welcher die Cylinder und Kolben ausgesezt
                                    werden. Bei Hochdrukmaschinen, bei denen sonst der kleinere Durchmesser der
                                    Dampfcylinder guͤnstigere Resultate verheißt, wird die Anwendung der
                                    Metallkolben daher immer unvollkommener werden, je mehr mit der, der
                                    Dichtheit des Kolben Gefahr bringenden, groͤßern Hize das andringende
                                    Fluidum zugleich einen immer hoͤhern Druk und eine groͤßere
                                    Elasticitaͤt gewinnt.
                                 
                              
                                 4) Die Metallkolben schleifen sich bei der Arbeit nicht, wie
                                    man gewoͤhnlich anzunehmen pflegt, immer dichter ein, sondern
                                    verlieren haͤufig dadurch an Vollkommenheit, daß ihre an dem Cylinder
                                    reibenden Flaͤchen mehr oder weniger zerstoͤrt werden,
                                    vorzuͤglich wenn das Fett fehlt oder unzwekmaͤßige Metalle
                                    gewaͤhlt sind. Ist aber erst ein geringer Grad von Zerstoͤrung
                                    eingetreten, so ist die Zernichtung beider Theile um so schneller und
                                    unvermeidlicher. Haͤufig befoͤrdern Rost im Cylinder nach
                                    einem laͤngern Stillstande der Maschine, oder ein schlechtes Wasser,
                                    die Zerstoͤrung eines der beiden Theile, oder beider zugleich.
                                 
                              
                           Ich komme nun zur naͤhern Betrachtung der verschiedenen Metallkolben, die
                              bisher vorzuͤglich in Anwendung kamen, und werde mich bemuͤhen, zu
                              zeigen, worin die Hauptfehler in ihrer Construction liegen, und aus welchen Ursachen
                              von allen kein langer, immer vollkommen dampfdichter Gang zu erwarten sey. Um mich
                              dabei kuͤrzer fassen zu koͤnnen, will ich diese Hauptfehler in der
                              Construction zuvor im Allgemeinen angeben.
                           
                              
                                 a) An keinem einzigen derselben ist
                                    dafuͤr gesorgt, daß bei allmaͤhligem Abschleifen der Segmente
                                    oder Ringe an den Cylinderwaͤnden, die Stellung derselben in einem
                                    solchen guͤnstigen Verhaͤltnisse zu einander bleibe, daß zu
                                    allen Zeiten, selbst bei der groͤßten Abnuzung der Segmente oder
                                    Ringe, die Dampfdichtigkeit des ganzen Kolben und seiner einzelnen Theile
                                    unter einander erhalten werde.
                                 
                              
                                 b) Viele der Metallkolben bestehen
                                    aus zu vielen einzelnen Theilen, Segmenten oder Ringen, deren Dichtung unter
                                    einander, unbeschadet ihrer freien Beweglichkeit, mit unendlich vielen
                                    Schwierigkeiten verbunden ist, so daß sie weder anfangs bei der Verfertigung
                                    ganz vollkommen herzustellen sind, noch sich lange in einem sichern Zustande
                                    erhalten koͤnnen.
                                 
                              
                                 c) Bei mehreren Kolben verhindert
                                    die Art der Stellung der Segmente oder Ringe die gehoͤrige
                                    Beweglichkeit derselben unter einander, so daß sie sich nicht in jedem
                                    Verhaͤltnisse gleich leicht ausdehnen und den Schluß mit den
                                    Cylinder-Waͤnden behalten koͤnnen.
                                 
                              
                                 d) Manche veraͤndern bei
                                    Abnuzung ihrer Segmente die Lage dieser unter einander so unguͤnstig,
                                    daß die Cylinder-Waͤnde dadurch Nachtheil erfahren und
                                    stellenweise ausgeschliffen und verdorben werden.
                                 
                              
                                 e) Bei manchen werden einzelne
                                    Theile zu stark gegen die Cylinder-Waͤnde, und zwar durch die
                                    wirkenden Daͤmpfe, angedruͤkt, so daß sie und der Cylinder
                                    dadurch leiden.
                                 
                              
                                 f) Zuweilen werden Metallkolben auch
                                    von unzwekmaͤßigen Metallen, z.B. von Stahl construirt. Diese
                                    Anordnung habe ich vorzuͤglich nachtheilig in Hochdrukmaschinen mit
                                    hoͤherm Druke gefunden. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, daß
                                    Stahlkolben immer bald den gußeisernen Dampfcylinder zerstoͤren,
                                    indem sie ganze Stuͤke aus demselben ausschleifen und ihn schnell
                                    voller Furchen graben.
                                 
                              
                           Man wird diese einzelnen Unvollkommenheiten der bisherigen Metallkolben lebhafter
                              fuͤhlen, wenn ich sie speciell an den verschiedenen Kolben selbst
                              ruͤge. Bei einer genauern Beurtheilung derselben werde ich zugleich
                              Gelegenheit finden, einzelne kleinere Maͤngel aufzudeken, die gerade nicht in
                              obige 6 Hauptnummern hinein zu bringen seyn mochten. Ich beginne mit der
                              Beurtheilung
                           
                              
                                 1) Des aͤltesten und zuerst wohl von Cartwright erfundenen Metallkolben, der aus 2
                                    Lagen Quadranten unter und hinter einander besteht, wovon die
                                    Hintere die Fugen der vordern und die untere die der obern schließt.
                                    Beschreibungen und Abbildungen davon findet man in Christ. traité de Mechan. ind., in Bernouilli's Dampfmaschinenlehre und im polytechn. Journale, Bd.i. S. 155.
                                 Dieser Kolben verfaͤllt vorzuͤglich in den unter, a, geruͤgten Fehler, auch ist er so
                                    complicirt, und besteht aus so vielen einzelnen unter einander zu dichtenden
                                    beweglichen Theilen, daß er wohl fuͤr einen der unvollkommensten
                                    Metallkolben gelten kann. Um ersteres zu beweisen, habe ich in Fig.
                                       28 einen solchen Kolben und zwar die eine Lage seiner Quadranten
                                    nach bedeutender Abnuzung seiner aͤußern Peripherie an den
                                    Cylinder-Waͤnden vorgestellt. Man sieht hier, daß die Fugen
                                    zwischen allen verschiedenen Quadranten viel groͤßer geworden sind,
                                    und daß leztere nicht mehr genau centrisch mit den
                                    Cylinder-Waͤnden liegen, folglich ihre vortheilhafte Lage
                                    sowohl gegen die Cylinder-Waͤnde als unter einander
                                    voͤllig verloren. Eine natuͤrliche Folge hievon ist, daß die
                                    Fugen der aͤußern Quadranten durch die Hintere Lage nicht so sicher
                                    und dicht mehr geschlossen werden koͤnnen, indem die Quadranten
                                    dieser Lage unter einander zu viel Spielraum gewonnen haben, um nicht oft zu
                                    wakeln und mehr oder weniger, theilweise oder im Ganzen, aus ihrer richtigen
                                    Stellung zu kommen. Anstatt, daß die hintern Quadranten die Fugen der vordem
                                    mit Flaͤchen deken sollen, schließen sie nur allein noch an die Eken
                                    derselben scharf an, wie bei, a, b, c, und d, zu sehen ist. Welcher Nachtheil fuͤr
                                    den Gang des Kolben wird in diesem Falle daraus erwachsen, wenn
                                    Daͤmpfe durch die weit geoͤffneten und schlecht nach hinten
                                    geschlossenen Fugen hinter seine Quadranten dringen und diese nun mit großer
                                    Gewalt gegen die Cylinder-Waͤnde draͤngen, zumal wenn
                                    selbige dicht an solche anschließen sollten?
                                 
                              
                                 2) Aber auch den so weit und breit beruͤhmten
                                    Barton'schen KolbenBeschreibungen und Abbildungen davon siehe im polytechn. Journal,
                                          Bd. XIII. S. 317, so wie
                                          in Olivier Evans Manuel und Bernoulli's Dampfmaschinenlehre., der eigentlich die Erfindung eines Hr. Brown, eines
                                    nord-amerikanischen Advokaten seyn soll, treffen in Bezug auf Num.
                                    a, große Vorwuͤrfe, die Hr. Reed zu
                                    Petersburg mit Recht geruͤgt hat, und die durch die prahlerischen
                                    ZeugnisseMechan. Magaz. N. 256, 6. Julius, S.
                                          390. u.s.f. der englischen Fabriken-Besizer, die ihn anwenden, aber nach
                                    laͤngern Gebrauch desselben schwerlich selbst in ihre Dampfcylinder
                                    hineingesehen haben, keinesweges entkraͤftet oder gar aufgehoben
                                    werden. Schon der kalt pruͤfende Blik jedes unbefangenen Kenners wird
                                    die Construction des Barton'schen in Fig. 29
                                    abgebildeten, freilich sehr einfachen, Kolbens mit Recht tadeln
                                    muͤssen, wenn er die Anordnung der Keile desselben genau betrachtet.
                                    Hier wird er naͤmlich sogleich finden, daß diese Keile bei dem,
                                    waͤhrend eines laͤngern Gebrauchs, unausbleiblichen
                                    Abschleifen der Segmente und ihrem daraus folgenden Nachaußentreten, in
                                    einem weit groͤßern Verhaͤltnisse hervordringen, als diese, so
                                    daß sie die in Fig. 30
                                    abgebildete Stellung gegen die Segmente einnehmen muͤssen. Dem wird
                                    es ferner einleuchten, daß selbige mit ihren, sich nicht in dem
                                    Verhaͤltnisse ihres Hervortretens nach Außen abschleifenden, Winkeln,
                                    a, b, c, Furchen in die Cylinder arbeiten
                                    muͤssen, ehe sie dieß aber thun, den Schluß der Segmente an die
                                    Cylinder-Waͤnde stoͤren werden, anstatt ihn zu
                                    befoͤrdern, auch den andringenden Daͤmpfen wohl Spielraum
                                    zwischen sich und den Segmenten zum durchdringen verstatten koͤnnen.
                                    Daß dem wirklich so sey, habe ich aus dem Munde vieler englischen Engineer
                                    und Maschinenwaͤrter gehoͤrt, und diese haben mir es
                                    groͤßten Theils ohne alle Aufforderung vertraut, weßhalb ich in ihre
                                    Behauptung um so weniger Zweifel zu sezen mich berechtigt glaube.
                                 Wenn Hr. Perkins anfangs prahlte, daß derjenige Barton'sche Kolben, den er in
                                    seiner ersten Maschine anwandte, und von Stahl hatte arbeiten lassen, nach
                                    laͤngerm Gebrauche und selbst bei einem Hizegrade, der ihn blau hatte
                                    anlaufen lassen, wie polirt befunden sey,Polytechn. Journal, Bd. XII. S.
                                             103. so haben dieser seiner oͤffentlichen Aussage die Berichte
                                    seiner Arbeiter voͤllig widersprochen, indem diese Arbeiter mir oft
                                    erzaͤhlt haben, daß alle Perkins'schen Cylinder mit Barton'schen
                                    Stahlkolben sogleich voller Furchen befunden worden seyen.
                                 
                              
                                 3) Denjenigen Metallkolben, den die HHrn. Taylor und
                                    Martineau in London anwenden, und der aus einem aͤußern und einem
                                    innern, an einer Seite aufgeschnittenen, elastischen Ringe besteht, wovon
                                    der innere Ring die Fuge des aͤußern dekt, trifft ohne Zweifel der
                                    Vorwurf einer zu großen Unbeweglichkeit dieser Ringe. Der Druk derselben auf
                                    einander, wobei beider Flaͤchen sich in ihrem ganzen Umfange
                                    beruͤhren, und so eine bedeutende, und in der Hize nach
                                    fuͤhlbarer werdende, Reibung verursachen, verhindert beinahe ganz die
                                    Biegsamkeit des aͤußern Ringes und sein dichtes Anschmiegen an die
                                    Cylinder-Waͤnde, daher dieser Kolben, wie die Erfahrung auch
                                    lehrt, viel Dampf unbenuzt entschluͤpfen laͤßt, und so den
                                    Effect der Maschine bedeutend vermindert. Zudem trifft diesen Metallkolben
                                    noch ein anderer Vorwurf, der naͤmlich, daß er bei einer laͤngern
                                    Arbeit auch bald allen Schluß verliert, weil die Elasticitaͤt seiner
                                    Ringe nur sehr begrenzt und also das Maximum ihrer Ausdehnung bald erreicht
                                    ist. Wenn naͤmlich dieses Maximum den Ringen durch die Groͤße
                                    des Durchmessers aufgedrungen wird, den man ihnen beim Abdrehen in der
                                    Drehbank vor dem Durchschnitte gibt, so kann dasselbe nicht weit den
                                    Durchmesser des Cylinders uͤbertreffen. Bei einem Cylinder von 6 Zoll
                                    Durchmesser wird dem aͤußern Ringe vor dem Aufscheiden kaum 1/8 Zoll
                                    zugegeben. Dieser 1/8 Zoll stellt dem Ringe bei seinem Einklemmen in den
                                    Cylinder, wobei er zusammengedraͤngt und sein Durchmesser verkleinert
                                    wird, die Grenze, bis zu welcher er wieder aufzuspringen vermag, wenn er aus
                                    dem Cylinder herausgenommen wird. Ist dieser 1/8 Zoll also bei seiner Arbeit
                                    im Cylinder abgeschliffen, so hat seine Elasticitaͤt oder vielmehr
                                    sein Druk gegen die Waͤnde des Cylinders das Ende erreicht und der
                                    Kolben ist unbrauchbar. Ein gleicher Vorwurf trifft
                                 
                              
                                 4) den Metallkolben des Hrn. PerkinsAbbildung und Beschreibung davon im polytechn, Journal Bd. XIII. S. 305. der seiner Struktur nach sonst ohne Widerrede der einfachste und
                                    zwekmaͤßigste unter allen Kolben dieser Art ist, indem derselbe nur
                                    aus Einem elastischen, an einem Ende aufgeschnittenen, Ringe und zwei
                                    unelastischen besteht, welche leztere einer nach oben, einer nach unten, die
                                    durch den Durchschnitt des mittlern elastischen Ringes entstehende Fuge oder
                                    Luͤke deken, indem sie uͤber und unter selbiger durch eine
                                    innere Spiralfeder gegen die Cylinder-Wand angedruͤkt werden.
                                    Der mittlere elastische Ring hat naͤmlich ebenfalls bald das Maximum
                                    seiner Ausdehnung erreicht und wird deßhalb mit der Zeit unbrauchbar. Zudem
                                    ist bei diesem Kolben noch der Druk der Daͤmpfe auf die beiden
                                    unelastischen Ringe, die, außer der Stelle, wo sie die Fuge des elastischen
                                    Ringes deken, die Cylinder-Waͤnde gar nicht beruͤhren,
                                    sehr zu beachten, vorzuͤglich bei sehr hohem Druke der
                                    Daͤmpfe. Und ob nun gleich der Grad dieses Anpressens der Ringe an
                                    die Cylinder-Waͤnde nur der Groͤße derjenigen
                                    Oberflaͤche der Ringe entspricht, die wirklich mit dem Cylinder in
                                    Contakt steht und zum Zweke der Fugenschließung nicht groß zu seyn braucht,
                                    so ist derselbe doch von großer Bedeutung, wo die Maschine mit einer
                                    Dampfkraft von mehreren hundert Pfunden auf dem Quadratzoll arbeiten soll.
                                    Ob in solchem Falle durch dieses heftige Anpressen der Ringe der Cylinder an
                                    der betheiligten Stelle nicht eher weggeschliffen und verdorben werden
                                    koͤnne als an seinem uͤbrigen Umfange, steht sehr zu
                                    bedenken.
                                 Was den
                                    Perkins'schen Kolben empfiehlt, ist seine große Einfachheit, die seinen Bau
                                    sehr erleichtert und dabei wenige Apparate und Werkzeuge noͤthig
                                    macht. Auch duͤrften Reparaturen desselben mit sehr wenigen
                                    Umstaͤnden verknuͤpft seyn. Gerne raͤume ich ein, daß
                                    mein spaͤter zu beschreibender Kolben in allen diesen Punkten dem
                                    Perkins'schen nachstehe, indessen hat man bei seinem Bau weniger
                                    Schwierigkeit zu bekaͤmpfen, als die bloße Ansicht desselben glaubend
                                    machen moͤchte, wenn man diejenige Methode bei seiner Fabrikation
                                    befolgt, die ich nachher angeben werde.
                                 
                              
                                 5) Hrn. Jessops MetallkolbenBeschreibung und Abbildung davon im polytechn. Journ. Bd. XII. S. 56, so wie in
                                          Bernouilli's Dampfmaschinenlehre., der aus einem spiralfoͤrmig gewundenen und auf einem Polster
                                    von Werg oder Hanf ruhenden Ringe besteht, scheint mir ein sehr
                                    unvollkommener Kolben zu seyn, indem daran theils das Durchdringen der
                                    Daͤmpfe zwischen den Windungen des Ringes, die nicht gut auf einander
                                    geschliffen werden koͤnnen, sehr beguͤnstigt wird, theils aber
                                    auch die Spirale bei ihrer Ausdehnung, wobei ihre beiden Enden sich
                                    zuruͤkziehen, zwischen den Dekplatten des Kolbenkoͤrpers loker
                                    werden muß, theils endlich, weil wegen der Anwendung des Hanfpolsters der
                                    Kolben eben so bald vergaͤnglich als ein gewoͤhnlicher
                                    Hanfkolben wird, dieß Hanfpolster aber auch, wenn es dicht an die Spirale
                                    anschließen soll, zu stark gegen selbige druͤken und diese gegen die
                                    Cylinder-Waͤnde pressen muß. Findet Hrn. Jessops Kolben wirklich Anwendung, so moͤchte sich diese
                                    wohl nur auf Maschinen mit niederm Druke beschraͤnken, da er
                                    fuͤr Hochdrukmaschinen in jedem Falle zu undicht, unsicher und
                                    vergaͤnglich seyn wuͤrde.
                                 
                              
                           Nachdem ich nun auf die Maͤngel der bisherigen Kolben mit
                              Metallfuͤtterung aufmerksam gemacht habe, gehe ich zur Beschreibung meines
                              neuen Metallkolben uͤber. Seine Vortheile werden durch das Voraufgeschikte
                              erst recht in die Augen springen, und sein Werth dadurch bestimmt und
                              gewuͤrdigt, zugleich aber auch die Stunden, die ich seiner Erfindung widmete,
                              als nuͤzlich gerechtfertigt werden.
                           Ich erfand denselben waͤhrend meines Aufenthaltes in England, und wandte ihn
                              in einer Hochdrukmaschine an, die mit 200 Pfund Dampfdruk auf den Quadratzoll in
                              Thaͤtigkeit gesezt wurde. Der Kolben bestand eine Probe mit 300 Pfund
                              Dampfdruk fuͤr den Quadratzoll und zeigte sich dabei voͤllig dicht. Er
                              arbeitete in einem gußeisernen Dampfcylinder von 6 Zoll Durchmesser, der mit einem
                              halbrunden, schon fruͤher von mir in diesem Journale beschriebenen, Bohrer
                              gebohrt war. Der Koͤrper des Kolben sowohl, als seine Segmente bestanden aus einer Composition
                              von 7 Theilen Kupfer und 1 Theil Zinn, welches Metall in großer Hize am besten auf
                              Gußeisen arbeitet.
                           Wenn ich diesen Kolben als einen vorzuͤglichen Metallkolben empfehle, so gilt
                              diese Empfehlung nur fuͤr seine Anwendung auf Maschinen mit niederm Druke und
                              gewoͤhnliche Hochdrukmaschinen von 3 bis zu 10 Atmosphaͤren Druk.
                              Warum ich fuͤr hoͤhern Druk den Gebrauch der Metallkolben fuͤr
                              unzulaͤnglich und schaͤdlich erachte, habe ich fruͤher schon
                              gruͤndlich aus einander gesezt.
                           Man sieht den Kolben in Fig. 31 und 32 von außen,
                              in Fig. 33 im
                              senkrechten Durchschnitte, in Fig. 7 in einem
                              horizontalen Querdurchschnitte durch die obere Lage der Segmente, und in Fig. 8 in einem
                              gleichen Durchschnitte durch die untere Lage derselben abgebildet. Ich habe
                              denselben fuͤr einen Cylinder von 0 Zoll Durchmesser gezeichnet, und den
                              Maßstab dabei gesezt, um die Groͤßen-Verhaͤltnisse seiner
                              einzelnen Theile genauer beurtheilen zu koͤnnen.
                           Sein Koͤrper ist cylindrisch und besteht aus zwei gleichen Haͤlften,
                              die durch mehrere Schraubenbolzen zusammengezogen werden. Jede Haͤlfte hat
                              eine Dekplatte fuͤr die Segmente. Diese Dekplatten und der Koͤrper
                              schließen den Raum ein, welchen die Segmente mit ihren Federn einnehmen. In Fig. 4 und 5 bezeichnen,
                              a, und b, die beiden
                              Dekplatten, in Fig.
                                 6 sieht man den ganzen Koͤrper im perpendikulaͤren
                              Durchschnitte, a, a, ist der Koͤrper und zwar die
                              obere Halste mit seiner Dekplatte, b, b, c, c, ist die
                              untere Haͤlfte mit ihrer Dekplatte, d, d, e, e,
                              sind 2 der, zur Vereinigung beider bestimmten, Schraubenbolzen. Die Kolbenstange,
                              f, ist immer nur an der einen, der obern oder
                              untern, Haͤlfte befestigt. Sie durchdringt naͤmlich die Achse
                              derselben mit ihrem Ende. Dieses Ende ist so weit, als es im Kolbenkoͤrper
                              stekt, etwas schwaͤcher gearbeitet, (d.h. um 1/4 oder 1/3) als die
                              uͤbrige Stange. Da wo der schwaͤchere Theil angeht, laͤuft der
                              staͤrkere Theil kegelfoͤrmig ab und ist mit dem so entstehenden, einem
                              Kegelventile gleich sehenden, Ablaufe in eine correspondirende Vertiefung des
                              Kolbenkoͤrpers dampfdicht eingeschliffen. Durch diese Anordnung wird das
                              Eindringen der Daͤmpfe in den Kolbenkoͤrper verhuͤtet. Das
                              aͤußerste Ende der Kolbenstange tritt auf der entgegengesezten Seite der
                              Kolbenkoͤrperhaͤlfte hervor und enthaͤlt hier ein Gewinde, auf
                              welches eine Mutter, g, geschraubt wird, um beide Theile
                              mit einander zu verbinden. Die andere Haͤlfte des Kolbenkoͤrpers hat
                              fuͤr das Ende der Kolbenstange und seine Mutter einen Ausschnitt. In diesem
                              liegen beide Theile frei, ohne das genaue durch die Schraubenbolzen, c, c, zu bewirkende Anziehen der einen
                              Kolbenhaͤlfte au die andere zu hindern.
                           
                           Anmerkung. Es moͤchte manchem Mechaniker
                              unzwekmaͤßig duͤnken, daß ich das Kolbenstangenende nicht zugleich
                              durch die zweite Kolbenkoͤrperhaͤlfte habe treten lassen. Durch das
                              Vorschrauben der Mutter wuͤrde ich dann, mit der Befestigung der Kolbenstange
                              am Kolbenkoͤrper, zugleich das Anziehen beider
                              Kolbenkoͤrperhaͤlften verbunden, und dadurch dem Kolben mehr
                              Einfachheit gegeben haben. Mein Zwek bei der angegebenen Einrichtung entschuldigt
                              aber unstreitig diese kleine Umstaͤndlichkeit. Ich wollte naͤmlich das
                              Andruͤken der Dekplatten an die Segmente voͤllig unabhaͤngig
                              machen von der Befestigung der Kolbenstange am Kolben, um zu jeder Zeit nach
                              Willkuͤhr oder Beduͤrfniß den Druk auf die Segmente reguliren zu
                              koͤnnen, was in dem Falle, wo der Kolben in verschiedenen Temperaturen
                              arbeiten soll, mit großen Vortheilen verbunden ist, auch bei einer Reparatur seine
                              Auseinandernahme und Wiederzusammensezung sehr erleichtert.
                           Die Anordnung der Segmente meines Kolben und ihrer Stellung neben und uͤber
                              einander ersieht man am deutlichsten aus Fig. 34 und 35. Ich habe
                              beide Lagen derselben, sowohl die obere als untere, abgebildet, um einen recht
                              deutlichen Begriff zu geben von dem Verhaͤltnisse beider Lagen zu einander,
                              und dem dadurch bewirkten vollkommenen Schlusse des Kolben.
                           Beide Lagen bestehen aus 2 unbeweglichen Kreisabschnitten, a und b, die in ihrer Mitte am
                              Kolbenkoͤrper befestigt (festgeschraubt) sind, und zu Fuͤhrern der
                              beiden beweglichen Segmente, c, und d, dienen, welche zwischen ihnen nach Außen gegen die
                              Cylinder-Waͤnde und wieder zuruͤk, nach dem
                              Kolbenkoͤrper hin geschoben werden koͤnnen. Theilt man die
                              aͤußere Peripherie der ganzen Lage in 4 gleiche Theile, so muß der Bogen, den
                              a und b beschreiben,
                              kleiner als der vierte Theil des Kreises seyn. Den Grund hievon weiter unten. Die
                              Verbindung zwischen a und c,
                              und d und b, und c und d, wird dampfdicht
                              gemacht, so daß waͤhrend der Bewegung zwischen beiden Theilen keine
                              Daͤmpfe in die Fugen dringen koͤnnen. Wie dieß leicht zu
                              bewerkstelligen sey, werde ich spaͤter angeben.
                           Die Befestigung von a und b,
                              an dem Kolbenkoͤrper e, geschieht durch
                              Schrauben. Damit die Daͤmpfe beide Theile nicht nach dem Kolbenkoͤrper
                              hin zusammen druͤken, und so die Beweglichkeit der dazwischen geleitenden
                              beweglichen Segmente, c, und d, aufheben koͤnnen, sind zwischen ihnen und dem
                              Kolbenkoͤrper kleine Stuͤzen, f,
                              angebracht, die zugleich durch jene Schrauben mit angezogen und befestigt werden,
                              indem selbige sie durchbohren. Die Schraubenkoͤpfe liegen in, a und b, konisch versenkt,
                              und sind in der Versenkung dampfdicht eingeschliffen, damit kein Dampf bei den Schrauben ins
                              Innere des Kolben dringen koͤnne.
                           Die Kreisabschnitte a und b,
                              brauchen den Dampfcylinder nicht dampfdicht zu beruͤhren, wohl aber
                              muͤssen die beweglichen Segmente, c und d, genau an selbigen anschließen. Sie werden durch die
                              einfachen Federn, g und h,
                              an die Cylinder-Waͤnde angedruͤkt erhalten. Selbige Federn
                              liegen in dem Zwischenraume zwischen Segmenten und Kolbenkoͤrper, und sind an
                              leztere angeschraubt. Die Form der Federn ist aus der Zeichnung deutlich. Durch
                              jedes der beiden beweglichen Segmente wird mehr als der zweite Theil der Peripherie
                              des Kolben gedichtet, waͤhrend a und b ihm die Fuͤhrung im Cylinder nach zwei
                              entgegengesezten Seiten sichern. Zur Schließung der uͤbrigen 2/4 der
                              Kolbenperipherie dient die zweite Lage, die daher auch quer unter der obern liegt,
                              so daß ihre beweglichen Segmente unter, a und b, der obern zu stehen kommen. Ihre Einrichtung ist
                              uͤbrigens ganz die der obern. Da jedes bewegliche Segment mit seiner
                              Peripherie etwas mehr als den vierten Theil der Kolbenperipherie dichtet, so wird
                              begreiflich, daß da, wo die beweglichen Segmente der obern und untern Lage
                              zusammenstoßen, auf eine kleine Streke der Schluß von beiden zugleich besorgt wird,
                              folglich keine Daͤmpfe von der obern nach der untern Lage und umgekehrt
                              durchdringen koͤnnen. Bei Betrachtung von Fig. 31 und 32 wird dieß
                              anschaulicher werden. c ist eins der beweglichen
                              Segmente der obern Lage, d eines der untern Lage, a und b sind die
                              unbeweglichen Segmente beider Lagen der Seite, a dichtet
                              hier den Gang des Kolben bis zu der Fuge g, d denselben
                              bis zur Fuge h, die Kolbenperipherie ist also auf die
                              Breite von g bis h durch
                              beide Lagen gedichtet, folglich kann kein Dampf von c
                              nach d, und umgekehrt von d
                              nach c.
                           i und k, sind in Fig. 5,
                              diejenigen Schrauben, wodurch die unbeweglichen Segmente an dem Kolbenkoͤrper
                              befestigt sind.
                           Die Wirkung dieses Kolbens und die Art seines Schlusses hoffe ich hiemit
                              verstaͤndlich angegeben zu haben es sey mir nun noch erlaubt, seine Vortheile
                              vor den bisher bekannt gewordenen Metallkolben naͤher zu betrachten, und
                              hiebei zugleich uͤber die zwekmaͤßigste Art feiner Verfertigung etwas
                              zu sagen.
                           
                              
                                 1) Wenn mein Kolben auch nicht so einfach und kunstlos in
                                    seinem Baue, als der Barton'sche und Perkins'sche erscheint, so ist er doch unstreitig
                                    nicht so kuͤnstlich als der Cartwright'sche zu nennen; denn in der That ist seine Verfertigung
                                    mit weit weniger Schwierigkeiten verbunden, als man bei seinem ersten
                                    Anblike glauben sollte, wenigstens steht er in dieser Einfachheit bei der
                                    Fabrikation dem Barton'schen nichts nach.
                                 
                              
                              
                                 2) Dafuͤr uͤbertrifft er aber alle bisherigen
                                    Metallkolben in Hinsicht seiner laͤngern Brauchbarkeit und Sicherheit
                                    bei der Anwendung, so daß aͤußerst selten Reparaturen bei demselben
                                    vorkommen und er mit der Laͤnge der Zeit, wegen der
                                    zwekmaͤßigen Anordnung seiner einzelnen Theile, nichts an seiner
                                    fruͤhern Dichtheit verliert, sondern eher gewinnt, indem bei wirklich
                                    erfolgender Abnuzung seiner beweglichen, und seinen Gang dichtenden
                                    Segmente, diese nie in eine unguͤnstige Stellung unter einander oder
                                    zu den uͤbrigen Theilen desselben treten koͤnnen, wodurch
                                    nachtheilige Luͤken entstaͤnden. Wenn man naͤmlich die
                                    siebente und achte Figur naͤher betrachtet, und hier die Art und
                                    Weise genau erwaͤgt, wie die beweglichen Segmente zwischen den
                                    unbeweglichen gleiten, so wird jedem klar werden, daß bei einem mehrern oder
                                    mindern Heraustreten der erstem ihre, an den unbeweglichen gleitenden
                                    Flaͤchen stets genau in Verbindung mit jenen bleiben, folglich
                                    durchaus keine Luͤken entstehen werden, selbst wenn die Abnuzung der
                                    aͤußern Peripherie der beweglichen Segmente am Cylinder in dem Grade
                                    zugenommen haͤtte, daß diese Segmente um einen halben Zoll sich
                                    weiter vom Centrum des Kolben haͤtten entfernen muͤssen, als
                                    sie anfangs bei der ersten Ingangsezung des Kolben standen. Um die
                                    Unschaͤdlichkeit eines solchen Heraustritts der beweglichen Segmente
                                    recht vor Augen zu stellen habe ich in Fig. 9 eine Lage
                                    derselben vorgestellt, die bedeutend uͤber den regelmaͤßigen
                                    Stand im Cylinder hinausgewichen ist, wie es gewoͤhnlich geschieht,
                                    wenn der Kolben aus dem Cylinder genommen wird. Man sieht hier die Fugen,
                                    a, b, c, und d,
                                    vollkommen geschlossen und in Ordnung, so daß selbst ein noch weiteres
                                    Heraustreten der Segmente ohne Nachtheil fuͤr den genauen Schluß des
                                    Kolben gedacht werden kann. Ich glaube nicht, daß irgend jemand diesen
                                    außerordentlichen Vortheil meines Kolben vor den bisherigen Metallkolben
                                    verkennen und nach Beherzigung des oben Gesagten das Lob, was ich demselben
                                    beilege, grundlos finden wird.
                                 
                              
                                 3) Wegen der vollkommenen Beruͤhrung der
                                    Cylinder-Waͤnde durch meinen Kolben und seine Segmente, wobei,
                                    selbst nach einer groͤßern Abnuzung, kein Theil desselben
                                    widergesezlich hervortritt und gegen die Cylinder-Waͤnde
                                    draͤngt, wird der Cylinder beim Gebrauche meines Kolben stets in
                                    einem sehr vollkommenen Zustande erhalten werden, und so auch von dieser
                                    Seite nie eine Ursache zu einer spaͤtern Undichtheit des Kolbenganges
                                    oder zur noͤthigen Umtauschung des Cylinders mit einem neuen, bei
                                    Anschaffung eines andern Kolbens, gegeben werden. Der neue Kolben wird
                                    vielmehr nach einem kurzen Einschmirgeln sogleich in den Cylinder wieder passen und lange
                                    gangfertig und dicht bleiben. Mein Kolben hat außer den 4 beweglichen
                                    Segmenten keine Theile, die gegen die Cylinder-Waͤnde
                                    draͤngen, und an denselben arbeiten; die Peripherie selbiger hat aber
                                    genau die Form der Cylinder-Waͤnde, beide Theile
                                    koͤnnen durch Verschiedenheit der Form also nicht schaͤdlich
                                    auf einander einwirken. Das naͤmliche gilt von der Form der
                                    unbeweglichen Segmente. Hier sind keine scharfen Winkel, wie an den Barton'schen Keilen; keine Ringe, die nur
                                    stellenweise und noch dazu mit der ganzen Kraft eines sehr
                                    hochdruͤkenden Dampfes gegen ihn draͤngen und reiben.
                                 
                              
                                 4) Die beweglichen Segmente meines Kolbens behalten ferner
                                    unter allen Umstaͤnden gehoͤrige Beweglichkeit, indem die
                                    unbeweglichen Segmente gegen den Kolbenkoͤrper gestuͤzt sind,
                                    folglich durch den Druk der Daͤmpfe nicht gegen die beweglichen
                                    gedruͤkt werden koͤnnen.
                                 
                              
                                 5) Der Kolben behaͤlt, wenn er aus dem Cylinder
                                    genommen wird, seinen Zusammenhang, ohne daß es noͤthig waͤre,
                                    einen Ring um denselben zu legen. Die Federn wirken naͤmlich nicht so
                                    stark gegen die beweglichen Segmente, daß diese ganz hervortreten. Beim
                                    Einsezen des Kolben in den Cylinder braucht man nur die Segmente nach und
                                    nach einzudruͤken und er wird ungehindert in denselben gleiten.
                                 
                              
                                 6) Der Kolben hat außerordentlich wenig Friktion. Diese
                                    betrug bei einem sechszoͤlligen Kolben keine 6 Pfund, d.h. kalt
                                    gemessen. Der Druk der beweglichen Segmente gegen die
                                    Cylinder-Waͤnde ist naͤmlich sehr sanft und
                                    gleichmaͤßig.
                                 
                              
                                 7) Mein Kolben, wenn er von der oben angegebenen
                                    Metallmischung gebauet und genau genug gearbeitet wird, schließt selbst bei
                                    hoͤherm Dampfdruke vollkommen dicht, und leidet durch die dabei Statt
                                    findende große Hize nicht, so daß weder er, noch die
                                    Cylinder-Waͤnde schaͤdlich angegriffen werden. Dieß hat
                                    die Erfahrung bestaͤtigt.
                                 An demjenigen Kolben, den ich zulezt in London bauete, war auch der
                                    Koͤrper desselben von oben angegebener Metallcomposition. Auf diese
                                    Weise war die Ausdehnung aller seiner Theile durch die Hize gleich stark.
                                    Die Dekplatten waren so groß, daß sie genau in den Cylinder paßten. Diese
                                    Maßregel ist bei hohem Dampfdruke durchaus anzurathen, um den
                                    schaͤdlichen Druk der Daͤmpfe auf denjenigen Vorsprung, den
                                    die Segmente gewoͤhnlicher Metallkolben vor den Dekplatten machen, zu
                                    verhuͤten.
                                 Was die zwekmaͤßigste Methode zur Verfertigung meines Kolben betrifft, so
                                    spricht sie sich in der Reihefolge folgender Arbeiten aus:
                                 
                                    
                                       a) Zuerst wird der
                                          Kolbenkoͤrper genau auf der Drehbank zugerichtet, und zwar
                                          werden beide Haͤlften gut auf einander gepaßt und ihre
                                          gegenseitigen Beruͤhrungsflaͤchen auf einander
                                          geschliffen.
                                       
                                    
                                       b) Dann werden 3 Ringe
                                          abgedreht, 2 von der Breite der beweglichen, und einer von der
                                          Breite der unbeweglichen Segmente. Aus lezterm werden diese Segmente
                                          herausgeschnitten, von ersteren zwei wird aber auf 2 Seiten so viel
                                          abgefeilt, daß die unbeweglichen Segmente angepaßt werden
                                          koͤnnen. In Fig. 37
                                          sieht man den schmaͤlern Ring. Die Form der 4 daraus zu
                                          schneidenden unbeweglichen Segmente ist durch Punkte angegeben. Fig.
                                             38 zeigt einen der breiten Ringe. Bei, a und b,
                                          sind Kreisabschnitte von demselben abgefeilt, um die dunkler
                                          bezeichneten unbeweglichen Segmente, c,
                                          und d, aufzunehmen.
                                       
                                    
                                       c) Leztere werden nun auf
                                          die Abschnittsflaͤche dicht aufgeschliffen und dann mit Zinn
                                          darauf geloͤthet, so daß sie die, von dem breitern Ringe
                                          abgeschnittenen, Kreisabschnitte ersezen, und diese Ringe wieder
                                          voll erscheinen.
                                       
                                    
                                       d) Beide breitern Ringe
                                          werden nun mit den daran geloͤtheten unbeweglichen Segmenten
                                          von neuem in die Drehbank gebracht, und zusammen, auf allen ihren
                                          Flaͤchen, genau abgedreht und in den Cylinder eingepaßt.
                                       
                                    
                                       e) Dann auf einander, und
                                          gegen die Dekplatte des Kolbenkoͤrpers dicht geschliffen.
                                       
                                    
                                       f) Darauf die
                                          Zinnloͤthung zwischen dem Ringe und den unbeweglichen
                                          Segmenten aufgehoben, beide Theile von neuem auf einander
                                          geschliffen und zulezt beide Ringe durchschnitten und jeder in seine
                                          2 Segmente getheilt.
                                       
                                    
                                       g) Endlich die
                                          Stuͤzen fuͤr die unbeweglichen Segmente gemacht, und
                                          leztere an den Koͤrper des Kolben befestigt, und
                                       
                                    
                                       h) zu allerlezt die Federn
                                          fuͤr die beweglichen Segmente vollendet und auf ihren Plaz
                                          festgeschraubt.
                                       
                                    
                                 
                              
                           Man kann meine neue Metallliederung auch auf Stopfbuͤchsen anwenden, um den
                              Gang von Staͤmpeln oder Kolbenstangen zu dichten. Die Stellung der Segmente
                              ist dann dieselbe. Man sieht in Fig. 39 die eine Lage
                              derselben abgebildet. Die beweglichen, a und b, werden hier durch den Federn, c und d, von Außen nach Innen gegen die
                              Kolbenstange oder den Staͤmpel, e,
                              gedruͤkt, dichten also seinen Gang mit ihrem innern Rande. Die unbeweglichen
                              Segmente, f und g, sind aber
                              vermittelst Schrauben an die innern Waͤnde der Stopfbuͤchse
                              geschraubt. Zwischen denselben und diesen Waͤnden sind die Stuͤzen, h und i, angebracht, um das
                              Abdraͤngen dieser Segmente von den beweglichen (durch die Daͤmpfe) zu
                              verhuͤten. Daß auch hier beide Lagen quer uͤber einander gelegt werden
                              muͤssen, ist wohl uͤberfluͤssig zu bemerken.
                           Ich habe diese Metallliederung fuͤr Staͤmpel und Kolbenstangen bloß der
                              Vollstaͤndigkeit wegen hier angefuͤhrt. Ein Versuch, den ich damit in
                              England machte, fiel nicht so befriedigend aus, daß ich sie besonders empfehlen
                              koͤnnte. Es war bisher aber noch immer das Resultat aller Metallliederungen
                              ungenuͤgend, sobald man sie auf Kolbenstangen anzuwenden versucht hat.
                           Stubbendorf im Monate November 1828.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
