| Titel: | Ueber Beleuchtung. | 
| Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. LIII., S. 271 | 
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                        LIII.
                        Ueber Beleuchtung.
                        Zweite Vorlesung des Hrn. Clément. Aus dem Recueil industriel.
                              Febr. 1829. S. 121. Fortsezung der im polytechn. Journ. Bd. XXXII. S. 104. enthaltenen
                           Abhandlung.
                        Ueber Beleuchtung.
                        
                     
                        
                           Da die mechanischen Verfahrungsarten bei der Fabrikation der Talg- und
                              Wachskerzen und die Construktion der Oehllampen nicht in das Gebiet der Chemie
                              gehoͤren, so werden wir uns damit nicht beschaͤftigen; wir
                              begnuͤgen uns, eine Tabelle uͤber die Menge des Brennmateriales zu
                              geben, die bei den verschiedenen Beleuchtungsmethoden verzehrt wird, welche am
                              meisten im Gebrauch sind.
                           Verbrauch in einer Stunde.
                           
                              
                                 Reverberirlampe mit plattem Docht von 13
                                    1/2 Millimeter1 Millimeter entspricht 4/10 Linien. A. d. O. Breite
                                     8
                                 GrammenDer Gramm wiegt ungefaͤhr 19 Gran. A. d. O. 
                                 
                              
                                 Argand'sches Gehaͤuse von 15
                                    Millimeter Durchmesser
                                   20
                                 
                                 
                              
                                 Talglichter, wovon 12 auf das Kilogramm
                                    gehenEin Kilogramm ist 2 Pfund, 5 Unzen und 35 Gran. A. d. O.
                                    
                                   12
                                   50
                                 
                              
                                 Wachslichter, wovon 10 auf das Kilogramm
                                    gehen.
                                     8
                                   40
                                 
                              
                                 Kerzen aus Wallfischthran
                                     8
                                   40 Gram.
                                 
                              
                                 Kerzen aus Margarinsaure
                                   12
                                   50
                                 
                              
                                 Steinkohlengas
                                 150 bis
                                  160 LiterEin Liter betraͤgt ungefaͤhr eine Pinte. A. d. O..
                                 
                              
                           Die fetten Substanzen, welche man zum Beleuchten anwendet, verwandeln sich in dem
                              Dochte in Kohlenwasserstoffgas, dessen Verbrennung die Flamme hervorbringt. Der
                              Dockt kann daher als ein Apparat betrachtet werden, worin das Gas erzeugt wird, und
                              aus chemischem Gesichtspunkte betrachtet, hat die Beleuchtung durch direkte
                              Verbrennung der fetten Koͤrper mit der Gasbeleuchtung Aehnlichkeit; in
                              praktischer Hinsicht unterscheidet sie sich aber von lezterer wesentlich dadurch,
                              daß das Gas vorher in Apparaten hervorgebracht wird, welche oft weit von dem Orte
                              entfernt sind, wo die Verbrennung Statt findet.
                           Man hat angefangen zur Beleuchtung das Gas aus Steinkohlen zu bereiten; da aber die
                              Apparate, worin es aus fetten Substanzen und hauptsaͤchlich aus Oehl bereitet
                              wird, einfacher sind, so wollen wir sie zuerst beschreiben.
                           
                        
                           Ueber das Oehlgas.
                           Der Apparat zur Bereitung von Gas aus Oehl besteht aus einem sehr diken gußeisernen
                              Cylinder von 20 bis 25 Centimeter innerem Durchmesser, welcher an seinen beiden
                              Enden verschlossen ist. Er wird durch einen Heerd erhizt, der so weit unter ihm
                              angebracht ist, daß die Flamme ihn nicht beschaͤdigen kann. Diese Entfernung
                              des Heerdes verursacht in der Praxis keinen Nachtheil, weil eine zu hohe Temperatur
                              der Gasbildung mehr nachtheilig als nuͤzlich ist. Es ist sogar
                              zwekmaͤßig das Feuer so zu regieren, daß der Cylinder keine staͤrkere
                              Hize erhaͤlt, als man gewoͤhnlich unter Kirschrothgluͤhhize versteht.
                           Man fuͤllt ihn mit Kohks an und laͤßt das Oehl tropfenweise oder in
                              einem duͤnnen Strahl hineinlaufen. Zu diesem Ende bringt man am oberen Theile
                              der Retorte oder noch besser an einem ihrer Enden eine Tubulatur an. Das
                              uͤber die Kohks und die Seltenwaͤnde der Retorte zerstreute Oehl kommt
                              mit einer großen Anzahl erhizter Oberflaͤchen in Beruͤhrung und
                              zersezt sich in Kohlensaͤure und Kohlenwasserstoff. Es entbindet sich
                              außerdem ein wenig Luft und dampffoͤrmiges unzerseztes Oehl.
                           Diese verschiedenen Substanzen treten durch eine zweite am anderen Ende der Retorte
                              befindliche Tubulatur aus, und gehen durch gehoͤrig angebrachte
                              Roͤhren in ein oberhalb befindliches Gefaͤß, wo sie durch eine duͤnne Schichte Oehl
                              streichen, die das unzersezt in Dampfgestalt entwichene Oehl
                              zuruͤkhaͤlt.
                           Nach dieser Reinigung wird das Gas durch andere Roͤhren in einen Apparat
                              geleitet, welchen man uneigentlich Gasometer nennt, weil
                              es darin bloß gesammelt und angehaͤuft wird. Er besteht aus einer Gloke,
                              welche mit ihrem unteren Rande in eine mit Wasser gefuͤllte Kufe taucht und
                              wird durch eine Kette oder ein Gegengewicht getragen.
                           Die Roͤhre, welche das Gas in den Reinigungsapparat fuͤhrt, darf nur
                              schwach in das Oehl tauchen und die Gloke des Gasometers muß vollkommen im
                              Gleichgewicht gehalten werden, damit das Gas die Oehlschichte durchstreichen und den
                              Gasometer heben kann, ohne einen Druk zu erleiden, denn es wuͤrde sonst auf
                              die Seitenwaͤnde der Retorte wirken und sie bei der hohen Temperatur, welcher
                              sie ausgesezt ist, schnell zerstoͤren.
                           Das Gas wird neuerdings durch Roͤhren bis zu der Stelle geleitet, wo es
                              verbrannt wird. Es ist eine wichtige Bemerkung, daß je kleiner die zum Brennen des
                              Gases angewandten Gehaͤuse sind, desto mehr Licht im Verhaͤltniß zum
                              verbrannten Gase hervorgebracht wird. In London hat man bei der Straßenbeleuchtung
                              ein Gehaͤuse angewandt, welches aus einer am Ende einer Roͤhre
                              befindlichen und mit drei Loͤchern durchbohrten Kugel besteht. Das Gas bildet
                              beim Austreten aus derselben eine sehr lebhafte und glaͤnzende Flamme.
                           Die Quantitaͤt des durch das Gas hervorgebrachten Lichtes haͤngt auch
                              noch von der Quantitaͤt der kalten Luft ab, welche seine Verbrennung
                              unterhaͤlt und die Flamme trifft. Hr. Clément hat uͤber diesen Gegenstand einen Versuch
                              angefuͤhrt, den er mit Hrn. Taylor anstellte. Sie
                              richteten ein Gasgehaͤuse so her, daß es ein sehr schoͤnes Licht gab,
                              wenn es nicht mit seinem Kamine (Muff) bedekt war; es schien sogleich zu
                              verloͤschen, wenn man diesen aufsezte und es blieb an jedem kleinen Loche,
                              aus welchem anfangs ein langer Lichtstrahl austrat, nur noch ein kleines
                              Kuͤgelchen von blauer Farbe; man konnte die Quantitaͤt des Lichtes
                              beliebig vermehren oder vermindern, indem man den Kamin mehr oder weniger
                              erhoͤhte. Die Quantitaͤt des verzehrten Gases blieb jedoch immer
                              gleich; wenn aber die kalte Luft zu reichlich zustroͤmte, entzog sie den zur
                              Erzeugung einer glaͤnzenden Flamme noͤthigen Waͤrmestoff, und
                              obgleich das Gas in allen Faͤllen vollstaͤndig verbrannte, so wurde
                              doch eine sehr veraͤnderliche Menge Licht hervorgebracht.
                           Es ist sehr wichtig, daß die Apparate, in welchen Gas aus Oehl bereitet werden soll,
                              so vorgerichtet werden, daß sie sehr regelmaͤßig gespeist werden; auch darf
                              die Temperatur der Retorte nicht uͤber den erforderlichen Grad erhoͤht
                              werden; denn bei einer zu großen Hize bildet sich viel Kohle, welche, abgesehen von
                              dem dadurch entstehenden Verlust, den Apparat verstopft und bei der Operation
                              Hindernisse in den Weg legt. Von der Wirkung einer erhoͤhten Temperatur auf
                              das Gas kann man sich dadurch uͤberzeugen, daß man es durch eine
                              weißgluͤhende eiserne Roͤhre streichen laͤßt. Das vollkommen
                              gekohlstoffte Wasserstoffgas wird bei diesem Versuche Halbkohlenwasserstoffgas,
                              indem es einen Theil seines Kohlenstoffs verliert.
                           Bei der Gasbildung entbinden sich auch noch Oehl in Dampfgestalt, Essigaͤther,
                              Kohle, ein wenig Wasser, und einige andere Substanzen, worunter ein wesentliches
                              Oehl ist, wovon Hr. Mackintosh eine sehr nuͤzliche
                              Anwendung machte, indem er damit Kautschuk (Gummi
                                 elasticum) aufloͤste. Er verfertigt mit dieser Aufloͤsung
                              undurchdringliche Gewebe, die man zu Maͤnteln, undurchdringlichen
                              Kleidungsstuͤken, mit Luft aufgeblasenen Kissen, Rettungsbojen u. f. w.
                              benuzt hat.
                           Wenn die Operation zur Verwandlung des Oehles in Gas vollkommen gut geleitet wird,
                              und kein nachtheiliger Umstand sich einstellt, bringt jedes Kilogramm Oehl 800 Liter
                              Gas hervor, und 1000 Liter Gas enthalten 125 Liter Kohlensaͤure und 775 Liter
                              Kohlenwasserstoff; man erhaͤlt aber in der Praxis nicht leicht so
                              genuͤgende Resultate.
                           Wir haben nun bloß noch zu untersuchen, ob das Oehl, wenn es vorlaͤufig in Gas
                              umgeaͤndert wird, eine Quantitaͤt Licht entwikelt, welche die durch
                              direkte Verbrennung des Oehles in einer Lampe erhaltene um so viel
                              uͤbertrifft, daß sich der Unterschied zwischen dem Preise des so eben
                              beschriebenen sehr complicirten Apparates und dem der Lampen ausgleicht. Nehmen wir
                              nun an, daß dieser Apparat mit aller moͤglichen Geschiklichkeit und Oekonomie
                              hergestellt ist, so kommt er wenigstens auf 500 Franken fuͤr ein
                              Gas-Gehaͤuse zu stehen, waͤhrend man sich eine gute Lampe mit
                              doppeltem Luftzuge fuͤr 12 bis 15 Franken verschaffen kann.
                           Andererseits belaufen sich die jaͤhrlichen Auslagen fuͤr die Speisung
                              und Unterhaltung einer Lampe hoͤchstens auf 65 bis 80 Franken, je nach der
                              Lokalitaͤt. Wenn also der Gebrauch des Gases vortheilhaft seyn soll, so darf
                              das Interesse des zur Herstellung des Apparates erforderlichen Capitales nebst den
                              Kosten, welche die Erzeugung eines in Intensitaͤt und Dauer demjenigen eines
                              Lampengehaͤuses gleichen Lichtes erheischt, diese Summe nicht
                              uͤberschreiten.
                           Nun muß aber das Interesse des zur Herstellung eines aͤhnlichen Apparates
                              erforderlichen Capitales wenigstens zu 10 Procent angenommen werden; man muß
                              außerdem eine gewisse Summe fuͤr die Tilgung des Capitales bestimmen, welche
                              nicht geringer als 8 bis 10 Procent seyn kann. Diese beiden Gegenstaͤnde nach
                              diesem Anschlage, welcher gewiß nicht uͤbertrieben ist, berechnet, nehmen
                              allein schon die ganze Summe, welche der Gebrauch einer Lampe kostet, in Anspruch
                              und es bleibt nichts mehr uͤbrig, um den zur Gasproduction noͤthigen
                              Urstoff und die Handarbeit bei der Fabrikation zu bezahlen.
                           Es duͤrften also nicht leicht irgendwo die Umstaͤnde so guͤnstig
                              seyn, daß die Fabrikation von Gas aus Oehl einigen Gewinn darbieten kann. Hr. Clément hatte diese Berechnung angestellt, ehe
                              noch eine Fabrik dieser Art in Frankreich errichtet worden war, und das Resultat
                              bekannt gemacht, aber sein Rath wurde nicht gehoͤrt. Er hatte sein Bedauern
                              bezeugt, daß man ihn nicht befolgte, denn es ist immer aͤrgerlich, Capitalien
                              auf Unternehmungen aus Mangel an Vorsicht verwenden zu sehen und man kann in dieser
                              Hinsicht nicht streng genug seyn. Man muß bei einer jeden industriellen Unternehmung
                              vor Allem eine Berechnung der Einnahme anstellen und bei dieser Berechnung besonders
                              sein Augenmerk auf die Zeitumstaͤnde und die Localitaͤt, wo man sich
                              befindet, richten.
                           Bei der Frage, welche uns beschaͤftigt, mußte vor Allem bewiesen werden, daß
                              das Oehl, wenn man es in einem besonderen Apparate zersezt, mehr Licht gibt, als
                              wenn man es in einer Lampe anwendet.
                           Nach den Versuchen, welche Hr. Clément in dem
                              Etablissement des Hrn. Taylor bei London, anstellte, wo
                              ein sehr schoͤner Apparat vorhanden war, geben hundert Theile Oehl, direkt
                              verbrannt, weniger Licht, als hundert Theile desselben Oehles, vorlaͤufig in
                              Gas verwandelt. Die beiden Quantitaͤten stehen in dem Verhaͤltniß von
                              100 zu 133; wenn man aber dieses Resultat erhalten will, muß man die Operation sehr
                              sorgfaͤltig leiten, damit sich waͤhrend derselben keine andere
                              Substanz als Gas bildet; die Temperatur darf ferner den erforderlichen Grad nicht
                              uͤberschreiten, und weder Kohle noch Essigsaͤure frei werden; dieses
                              Resultat ist in der Praxis sehr schwer zu erhalten.
                           Auf den ersten Blik moͤchte es schwer zu erklaͤren scheinen, warum man
                              durch eine vorlaͤufige Operation aus dem Oehl mehr Gas erhaͤlt, als
                              sich in einem Dochte, wo die Verbrennung vollstaͤndig ist, entwikelt; denn im
                              ersten Falle hat man durch Entweichung von Gas und die in den Leitungsroͤhren
                              abgesezte Kohle unvermeidlichen Verlust. Diese Anomalie verschwindet aber, wenn man
                              den Waͤrmestoff beruͤksichtigt, welcher in den Lampen durch die
                              Zersezung des Oehles absorbirt wird, waͤhrend diese Operation bei der
                              Gasbeleuchtung schon geschehen ist.
                           
                           Die Kosten der zur Bereitung von Gas aus Oehl erforderlichen Apparate sind also ein
                              Hinderniß fuͤr die vortheilhafte Anwendung dieser Beleuchtungsart,
                              ausgenommen an den Orten, wo man sich fette Substanzen, die zum Brennen in Lampen
                              nicht geeignet sind, zu niedrigem Preise verschaffen kann; aber auch dieser Umstand
                              kann nicht leicht die Kosten der Roͤhren ersezen, welche erforderlich sind,
                              um das Gas von der Fabrik, wo man es bereitet, weit weg zu leiten; wenn es sich
                              hingegen darum handelt, einen Ort von geringer Ausdehnung zu beleuchten,
                              uͤber welchen man eine große Menge Licht verbreiten muß, kann diese Methode
                              wirklich vortheilhaft seyn. Dieses ist z.B. in den Webereien bei Manchester der
                              Fall, welche gewoͤhnlich sieben Stokwerke von vierhundert Fuß Laͤnge
                              und sechzig Fuß Breite haben und stark beleuchtet werden muͤssen. Hier sind
                              kleine, wenig kostspielige Leitungsroͤhren hinreichend, um das Gas in vielen,
                              auf einen kleinen Raum zusammengedraͤngten Gehaͤusen zu sammeln. Die
                              Beleuchtung mit Oehlgas kann also je nach der Lokalitaͤt und dem damit zu
                              erreichenden Zweke mit Vortheil oder Schaden verbunden seyn und man muß alle diese
                              Umstaͤnde kennen, ehe man uͤber die Zwekmaͤßigkeit ihrer
                              Anwendung sich erklaͤren kann.
                           Man hat die durch die Anlegung großer Leitungsroͤhren entstehenden Kosten
                              dadurch zu vermeiden gesucht, daß man das Gas in kleine tragbare Gasometer
                              comprimirte. Man transportirte so dreißig Cubikfuß Gas in einem Gefaͤße,
                              welches nur einen Cubikfuß einnahm; durch diese Compression litt das Gas nicht im
                              Geringsten und die zum Comprimiren desselben in den Fabriken angewandten Apparate
                              waren sehr gut ausgedacht und vortrefflich ausgefuͤhrt, indessen gelangen die
                              Versuche, welche man im Großen hieruͤber zu London, Paris, Bordeaux, Lille
                              und Rouen anstellte, ganz und gar nicht.
                           Um die Kraft zu ersparen, welche erforderlich ist, um das Gas auf dreißig
                              Atmosphaͤren zu comprimiren und zugleich auch die Kosten der hierzu
                              erforderlichen Apparate, kam man auf den Gedanken, die aus der chemischen
                              Verwandtschaft hervorgehende Kraft zu benuͤzen. Hr. Clément hatte vorgeschlagen bei der Fabrikation der Mineralwasser
                              die Kraft zu benuͤzen, womit sich die Kohlensaͤure entwikelt, weil
                              sich diese Saͤure auch unter einem Druk von hundert und zwanzig
                              Atmosphaͤren noch entbindet: Hr. Rillieux machte
                              von diesem Fingerzeige eine scharfsinnige Anwendung in einem aͤhnlichen
                              Falle; er kam naͤmlich auf den Gedanken, das Gas erst dann aus der Retorte
                              entweichen zu lassen, wenn seine fortwaͤhrende Erzeugung einen hinreichen
                              Druk hervorgebracht hat.
                           Zu diesem Ende gebrauchte er einen Cylinder aus geschmiedetem Eisen, aus welchem er das Gas
                              erst dann austreten ließ, als der an dem Apparate angebrachte ManometerDieses Instrument ist eine Art Barometer, dessen offener Theil mit dem
                                    Gefaͤße, worin der Druk ausgeuͤbt wird, in Verbindung steht;
                                    die Hoͤhe des Queksilbers in der Roͤhre zeigt die Tension der
                                    comprimirten Fluͤssigkeit an. A. d. O. einen Druk von dreißig Atmosphaͤren anzeigte. Der nachtheiligen
                              Wirkung, welche der Druk des Gases auf die inneren Waͤnde dieser Retorte
                              ausuͤbte, kam er dadurch zuvor, daß er sie durch eine mit Blei
                              ausgefuͤllte Huͤlse gegen das Feuer schuͤzte, so daß sie in ein
                              Bad von geschmolzenem Blei eingetaucht war. Der obere Theil des Gefaͤßes,
                              welches das zur Speisung der Retorte bestimmte Oehl enthielt, stand mit lezterer in
                              Verbindung, damit die Speisung auch ungeachtet des Drukes Statt fand. Indessen ist
                              die Fabrikation von Gas nach diesem Verfahren, wobei es durch seinen eigenen Druk
                              comprimirt wird, nicht besser gelungen.
                           Wahrscheinlich ist die Unregelmaͤßigkeit, womit das Gas aus den
                              Gehaͤusen, worin es eingeschlossen ist, entweicht, die Ursache des
                              Nichtgelingens; denn in dem Maße als es verzehrt wird, vermindert sich der Druk,
                              welchen es auf sich selbst ausuͤbt, und die Schnelligkeit, mit welcher es
                              austritt, nimmt verhaͤltnißmaͤßig ab. Man hat sehr verschiedene Mittel
                              ausgedacht, um die Entweichung des Gases zu reguliren, aber keines hat seinen Zwek
                              vollstaͤndig erreicht, und es ist wahrscheinlich, daß man wegen der
                              Schwierigkeiten, welche die Aufloͤsung dieses Problemes darbietet, den
                              Gebrauch des comprimirten Gases wird aufgeben muͤssen.
                           
                        
                           Ueber das Steinkohlengas.
                           Es gibt eine große Menge verschiedener Steinkohlenarten, welche nicht alle in
                              gleichem Grade zur Gasbereitung geeignet sind. Die einen entbinden auch bei sehr
                              starkem Erhizen kein Gas, waͤhrend andere, wenn man sie in eine Retorte
                              bringt, ganz fluͤssig werden, und eine große Menge Gas, Theer und Oehl geben,
                              und nur sehr wenig Ruͤkstand lassen. Den sehr großen Abstand zwischen diesen
                              beiden Varietaͤten fuͤllt eine unendliche Menge von Steinkohlenarten
                              aus, die unter einander nur unmerklich differiren.
                           Die Steinkohle aus der Umgegend von Fresnes, welche unter dem Namen magere Steinkohle (houille
                                 maigre) bekannt ist, gibt weder Flamme noch Rauch, und ist zur Gasbereitung
                              nicht geeignet. Sie ist hingegen sehr gut zum haͤuslichen Gebrauch und zum
                              Malzdarren; auch wendet man sie vortheilhaft zum Kalkbrennen nach dem in den
                              Niederlanden uͤblichen Verfahren an, weil dabei das Brennmaterial mit dem zu
                              erhizenden Koͤrper in Beruͤhrung ist; sie koͤnnte hingegen zum Gipsbrennen nicht
                              dienen, wenn man dabei das allgemein gebraͤuchliche fehlerhafte Verfahren
                              anwenden wuͤrde, welches darin besteht, die Flamme eines abgesonderten
                              Heerdes uͤber die in Haufen aufgestellten Steine zu leiten.
                           Die unter dem Namen halbharte (demi-dure) bekannte Steinkohle, eignet sich besser zur
                              Gasbereitung; hingegen kann man sie mit dem groͤßten Vortheil anwenden, wenn
                              die Waͤrme eines Feuerherdes durch eine Flamme, welche den zu erhizenden
                              Gegenstand umgibt, auf eine gewisse Entfernung gebracht werden muß, z.B. zum Erhizen
                              der Dampfkessel.
                           Die fette Steinkohle (houille
                                 grasse) gibt die groͤßte Menge Gas; in England kommt davon eine
                              unter dem Namen Canel-Kohle bekannte Varietaͤt vor, wovon ein
                              Kilogramm 340 bis 350 Liter Gas gibt, waͤhrend die in Frankreich angewandte
                              Steinkohle davon nur die Haͤlfte liefert. Wegen dieses Umstandes muß man
                              nicht nur die doppelte Quantitaͤt Material anwenden, sondern auch die
                              Apparate zur Gasfabrikation zwei Mal so groß machen.
                           Ein Kilogramm Steinkohle gibt gewoͤhnlich:
                           
                              
                                 zu Paris
                                 160 bis
                                  180 Liter
                                 
                              
                                 zu London
                                 
                                  185
                                 
                              
                                 zu Manchester
                                 
                                  166
                                 
                              
                                 zu Liverpool
                                 
                                  238
                                 
                              
                                 zu Glasgow
                                 
                                  309.
                                 
                              
                           Das Verfahren zur Gasbereitung aus Steinkohlen ist demjenigen aͤhnlich,
                              welches man bei der Bereitung von Gas aus Oehl befolgt; nur werden die Retorten auf
                              Einmal mit der zu zersezenden Substanz beschikt und nach beendigter Operation wird
                              auch der aus Kohks bestehende Ruͤkstand auf Einmal herausgenommen. Die
                              Retorten sind von sehr verschiedener Groͤße; in England wendet man solche an,
                              die achtzig oder sogar hundert Kilogrammen fassen. Ihre Erneuerung verursacht
                              betraͤchtliche Kosten, denn oft sind sie nach fuͤnfzehn Tagen schon
                              unbrauchbar geworden; manchmal halten sie auch drei Monate lang aus.
                           Wenn das Gas aus der Retorte tritt, ist es sehr heiß; bei dieser hohen Temperatur
                              zieht es Theer in Dampfgestalt, eine fluͤssige dem Theer aͤhnliche
                              Substanz, kohlensaures Ammoniak, Wasser und Kohle mit sich; man laͤßt es
                              durch lange Roͤhren gehen, wo es die erste Reinigung erhaͤlt, indem es
                              sich abkuͤhlt und die eben aufgezaͤhlten Substanzen absezt. Nachdem es
                              so das erste Mal durch Erkaͤlten gereinigt wurde, enthaͤlt es noch den
                              Schwefelwasserstoff, welcher durch die Zersezung der mit den Steinkohlen gemengten
                              Schwefelkiese entstand
                              und der bei der Beleuchtung wegen seines uͤbeln Geruches und seiner Wirkung
                              auf die Metalle sehr nachtheilig ist.
                           Das sicherste Mittel, das Gas davon zu befreien, besteht darin, es durch Kalkmilch
                              streichen zu lassen, welche sich des Schwefelwasserstoffs bemaͤchtigt und nur
                              das zur Beleuchtung dienliche Gas, mit einer geringen Menge Kohlensaͤure
                              vermischt, entweichen laͤßt. Diese Verfahrungsweise ist aber mit großen
                              Unannehmlichkeiten verbunden, weil man erstlich den aufgeweichten Kalk
                              bestaͤndig umruͤhren muß, damit er suspendirt bleibt und dann, weil
                              das Gas eine Fluͤssigkeitssaͤule verdraͤngen muß, deren Druk
                              schnell die Retorten beschaͤdigt.
                           Man hat diesen Druk dadurch zu vermeiden gesucht, daß man im oberen Theil des
                              Reinigungsgefaͤßes die Luft auspumpte, entweder vermittelst Luftpumpen oder
                              vermittelst einer Art Archimedischer Schneke, welche Hr. Cagnard erfand und die man Cagnardelle genannt
                              hat. Durch diese Verfahrungsweise wurde zwar wohl der Druk aufgehoben, sie kam aber
                              nicht stark in Gebrauch und ist nun ganz aufgegeben worden.
                           Hr. Clément gab eine Methode an, wodurch nicht nur
                              dieser Druk beseitigt, sondern auch die zum bestaͤndigen Umruͤhren der
                              Kalkmilch erforderliche mechanische Kraft, welche gewoͤhnlich eine
                              Dampfmaschine ist, erspart wurde. Es ist der sinnreiche Apparat, welchen er chemischen Wasserfall (Cascade
                                 chimique) genannt hat und der aus einem großen aus Mauersteinen erbauten
                              Cylinder besteht, welcher mit zugerundeten Kieselsteinen, Kugeln aus Eisen oder
                              gebrannter Erde, oder Eisenblech-Spaͤnen angefuͤllt wird; ein
                              Behaͤlter mit Kalkmilch, welcher am oberen Theile des Cylinders angebracht
                              ist, laͤßt immer eine geringe Menge Fluͤssigkeit auslaufen; das Gas
                              dringt durch eine am unteren Theile angebrachte Seitenoͤffnung hinein und
                              entweicht durch eine andere Oeffnung am oberen Theile. Bei diesem Durchzuge
                              vertheilt es sich, indem es durch die Zwischenraͤume geht, welche die Kugeln
                              unter einander lassen, und trifft hier immer Kalkmilch an, womit es noch nicht in
                              Beruͤhrung war und mit welcher es durch eine große Anzahl von
                              Oberflaͤchen in Beruͤhrung kommt.
                           Zu Stokholm und zu Glasgow wendet man eine aͤhnliche Methode an, welche darin
                              besteht, das Gas durch einen Cylinder streichen zu lassen, der ungebrannten Kalk in
                              Stuͤken enthaͤlt. Das Gas circulirt in den Zwischenraͤumen,
                              welche durch die Unregelmaͤßigkeit der Kalkstuͤke entstehen, die sich
                              des Schwefelwasserstoffs bemaͤchtigen, indem sich ein Subsulphuretum des
                              Kalks bildet.
                           Nachdem das Gas auf solche Art gereinigt worden ist, wird es in Gasometern gesammelt, aus
                              welchen es durch Roͤhren bis zu den Gehaͤusen geleitet wird, in denen
                              es brennt.
                           Man verdankt Davy die wichtige Entdekung, daß die
                              Verbrennung des Wasserstoffgases desto mehr Licht gibt, je mehr Kohlenstoff es
                              enthaͤlt, und dadurch wurde es erklaͤrbar, daß das aus verschiedenen
                              Substanzen bereitete Gas beim Verbrennen nicht immer dieselbe Menge Licht
                              hervorbringt.
                           Nun bleibt uns noch zu untersuchen uͤbrig, ob diese Gasfabrikation, welche in
                              wissenschaftlicher Hinsicht auf einen so hohen Grad von Vollkommenheit gelangt ist,
                              in oͤkonomischer Beziehung Vortheile darbietet; ungluͤklicher Weise
                              ist diese Frage durch die Erfahrung geloͤst worden; und es ist nun erwiesen,
                              daß dieser Industriezweig sich in Frankreich nicht halten kann, wenn man den
                              Verkaufspreis des Lichtes nicht erhoͤht; ohne diese Preiserhoͤhung
                              wird sogar die Hauptstadt bald dieser nuͤzlichen und brillanten
                              Beleuchtungsart, welche so bedeutend zu ihrer Verschoͤnerung
                              beitraͤgt, beraubt seyn; folgende Berechnung, welche Hr. Clément seinen Zuhoͤrern vorlegte,
                              laͤßt wenigstens dieses beweinenswerthe (déplorable) Resultat erwarten.
                           
                        
                           Berechnung des Ertrages der Gasbeleuchtung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 32, S. 279
                              Auslage; zu Glasgow; zu Paris;
                                 Kosten des Etablissements; Steinkohlen; Mechaniker u.s.w.; Handarbeit;
                                 Ausgenuͤzte Retorten; Kleine Ausgaben; Auslage; Einnahme; Verkauftes
                                 Licht; Kohks; Alte Retorten; Theer; Einnahme; Bilanz
                              
                           Diese Unternehmung hat nicht uͤberall in England gleich guͤnstigem
                              Erfolg; der Ertrag naͤhert sich im Allgemeinen 5 Procent. Zu Glasgow aber,
                              welches eine guͤnstige Lage hat, ist der Ertrag auf 10% gestiegen, zu
                              Edinburg betrug er 7, zu Bath aber nur 4%.
                           Abgesehen von allen oͤkonomischen Ruͤksichten, bietet die
                              Gasbeleuchtung dem Fabrikanten, welcher sie in seinen Werkstaͤtten anwenden
                              will, Vortheile dar,
                              welche man nicht verkennen darf, denn bei dem Gebrauch der Lampen werden seine
                              Waaren oft durch Oehl beschmuzt und die umstaͤndliche Unterhaltung der Lampen
                              verursacht großen Zeitverlust.