| Titel: | Gußstahl zu bearbeiten, so daß er seine Güte behält und selbst noch besser wird. | 
| Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. LXXVII., S. 350 | 
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                        LXXVII.
                        Gußstahl zu bearbeiten, so daß er seine
                           Guͤte behaͤlt und selbst noch besser wird.
                        Von Hrn. Gill, in dessen technological and microscopical Repository.
                              Maͤrz 1829. S. 161.
                        Bearbeitung des Gußstahls.
                        
                     
                        
                           Hr. Scipio Clint, ein sehr geschikter Muͤnzgraveur,
                              sagte mir neulich, daß ihm ein Fall untergekommen ist, den er sich durchaus nicht
                              erklaͤren kann; er hatte einen Meißel von ausgezeichneter Guͤte und
                              besser, als er jemals einen gefunden hat; dieser herrliche Meißel wurde ihm
                              ploͤzlich ganz weich und durchaus unbrauchbar. Ich sagte ihm, daß dieses
                              daher ruͤhre, daß dieser Meißel nur auf eine gewisse Laͤnge gehaͤrtet wurde,
                              und daß die Guͤte desselben daher ruͤhrte, daß er nur jenen Theil des
                              Meißels brauchte, der unmittelbar an den weichen Theil des Stahles anstieß, an
                              welchem lezteren folglich nur so viel Hize einwirkte, als noͤthig war, um den
                              Stahl in seiner hoͤchsten Guͤte zu erhalten; daß dieser weiche Theil,
                              der unmittelbar an dem harten anstieß, wirklich so weich war, als man den Stahl nur
                              immer machen kann, und daß durch das wiederholte Schleifen und Wezen des Meißels der
                              harte Theil nothwendig so abgenuͤzt werden mußte, daß man ploͤzlich
                              auf den weichen Stahl gerieth.
                           Dieser Umstand verdient mehr beachtet zu werden, als es gewoͤhnlich geschieht.
                              Wir koͤnnen immer Stahl von ausgezeichneter Guͤte zu unserem Gebrauche
                              erhalten, wenn wir die Spize des Instrumentes sorgfaͤltig erhizen und dann in
                              Wasser loͤschen, hierauf mit einer Feile untersuchen, welcher Theil hart und
                              welcher weich ist, und jenen Theil des harten Stahles zur Bildung einer Spize oder
                              einer Schneide waͤhlen, welche zunaͤchst an dem weichen Theile gelegen
                              ist.
                           Wenn wir uͤberdieß dem Stahle vorlaͤufig nur einen solchen Grad von
                              Hize geben, der dem Haͤrtungspunkte sehr nahe kommt ohne ihn zu erreichen,
                              und ihn dann im Wasser loͤschen, so werden wir denselben ganz weich und in
                              einem Zustande finden, in welchem er dem Hammer nachgibt; wir koͤnnen dann
                              seine Poren schließen und ihn auf die kraͤftigste Weise verdichten. Wir
                              muͤssen ihn dann wieder, wie oben gesagt wurde, sorgfaͤltig hizen, in
                              Wasser loͤschen, und weiter zu dem verlangten Instrumente ausbilden: wenn
                              dann der Stahl, den man waͤhlte, anders von guter Eigenschaft ist, so hat man
                              Alles gethan, um dem Instrumente die hoͤchste Vollendung zu geben. Es ist
                              allerdings der Muͤhe werth, daß jeder, der ein treffliches Instrument zu
                              besizen wuͤnscht, die hier gegebenen Winke benuͤzt, und mit einiger
                              Uebung wird er nach denselben arbeiten lernen.
                           Wenn der Stahl, wie es gewoͤhnlich der Fall ist, bei seiner Bearbeitung
                              uͤberhizt wird, so ist es durchaus unmoͤglich zu einem
                              gluͤklichen Resultate zu gelangen. Man muß daher jede neue Stange Gußstahles
                              besonders untersuchen, und den gehoͤrigen oder geringsten Grad von Hize zu
                              finden trachten, bei welchem er gehoͤrig gehaͤrtet werden kann; man
                              muß sich, bei dem Schmieden desselben, bemuͤhen, diesen Grad von Hize so
                              wenig als moͤglich zu uͤbersteigen, und man wird dann die guten
                              Eigenschaften des Stahles in dem hoͤchsten Grade zu erhalten im Stande seyn.
                              Man wird allerdings bei geringerer Hize mehr Muͤhe als gewoͤhnlich bei
                              der Bearbeitung des Stahles finden, wo es sich aber um treffliche Instrumente
                              handelt, ist es auch der Muͤhe werth, diese Extra-Arbeit daran zu
                              verwenden.
                           Folgender Fall kam mir erst kuͤrzlich vor, und mag dazu dienen. obige Bemerkungen zu
                              erlaͤutern. Ich sah einen jungen Mann Loͤcher durch dike
                              Wagen-Reife bohren. Die Arbeit ging so langsam von Statten, daß er glaubte,
                              der Bohrer muͤßte nicht die gehoͤrige Form haben, und er wollte diesem
                              eine andere Form geben. Er arbeitete mit dieser neuen Form, und es erging ihm nicht
                              besser. Ich rieth ihm den Bohrer umzuschmieden. Um dieses zu thun, hizte er den
                              Bohrer, wie gewoͤhnlich, bis zur Weißgluͤhhize, was, wie ich ihm
                              sagte, den Stahl gaͤnzlich verderben mußte: und so war es auch wirklich. Ich
                              rieth ihm, den verbrannten Theil desselben wegzuschlagen, und den mindesten Grad von
                              Hize zu suchen, bei welchem dieser Stahl hart werden konnte. Er that es, und
                              schmiedete die Form des Bohrers bei diesem niedrigen Grade von Hize unter der
                              gehoͤrigen Sorgfalt aus. Als der Bohrer fertig war, fand er, daß er mit
                              demselben in weit kuͤrzerer Zeit und mit weit groͤßerer Leichtigkeit
                              seinen Reif bohren konnte, als vorher. Er dankte fuͤr diesen Unterricht, den
                              er, wie er sagte, nimmermehr vergessen wuͤrde.
                           Ich habe im technical Repository mehrere Aufsaze
                              uͤber Bearbeitung des Gußstahles geliefertSie finden sich alle in unserem Polytechn. Journ.
                                    A. d. R., auf welche wir unsere Leser verweisen. Was wir hier angaben, ist das
                              Wesentliche bei Verfertigung guter schneidender Werkzeuge. Wir kennen mehrere
                              treffliche Messerschmiede, die den Stahl zu ihren Instrumenten auf diese Weise
                              bearbeiten; vorzuͤglich zu den Theilungs-Messern bei den Theilscheiben
                              fuͤr mathematische in Grade getheilte Instrumente, und uͤberhaupt
                              fuͤr Instrumente, die eine sehr duͤnne und vollkommene Schneide haben
                              muͤssen, um fein und tief zu schneiden.
                           Diese Instrumente werden zuweilen vielleicht nach dem Harten angelassen (temperirt)
                              werden muͤssen; zuweilen jedoch thun sie es auch, ohne daß man sie
                              anlaͤßt, und dann ist es um so viel besser. Man wird finden, daß der Stahl um
                              vieles dichter wird, wenn man ihn auf diese Weise bearbeitet, als wenn man ihn
                              uͤberhizt, wie es gewoͤhnlich der Fall ist.
                           Wenn die Werkzeuge von bedeutender Laͤnge und in dieser ganzen Laͤnge
                              von ausgezeichneter Guͤte seyn sollen, muß man trachten, sie durchaus gleichfoͤrmig im gehoͤrigen Grade zu
                              erhizen, ehe man sie im Wasser loͤscht, um sie zu Haͤrten. Dieß kann
                              geschehen, wenn man sie, Statt in der Esse zu hizen, in eine eiserne Roͤhre
                              stekt, die nur an Einer Seite offen ist, z.B. in einen Flintenlauf oder in eine
                              Gasrohre, und mit dieser in die Esse legt, und vorzuͤglich wenn man ein
                              sogenanntes „Hohlfeuer“ (hollow fire) uͤber dieselbe macht, wodurch die
                              Roͤhre in einer mehr gleichfoͤrmigen Hize erhalten wird. Auf diese Weise
                              kann man das Instrument in der Roͤhre in einer bedeutenden Laͤnge auf
                              eine gleichfoͤrmige Hize bringen, und so Instrumente erhalten, die eine
                              bedeutende Zeit uͤber gut bleiben, wenn man anders dafuͤr sorgte, dem
                              Gußstahle seinen gehoͤrigen Grad von Hize zu geben, und die Roͤhre auf
                              diesem Grade von Hize zu erhalten. Diese Roͤhre hat auch die gute Wirkung,
                              daß sie den erhizten Stahl hindert mit den Stein-Kohlen in Beruͤhrung zu kommen, die gewoͤhnlich
                              in der Esse brennen, und die gewoͤhnlich von nachtheiligem Einflusse auf den
                              Stahl sind. Es waͤre weit besser, Holz-Kohlen zu gebrauchen, wie einige gute Arbeiter auch zu thun
                              pflegen.
                           Man darf nicht vergessen, daß eine Stange guten Gußstahles gewoͤhnlich in
                              ihrer ganzen Lange von gleicher Beschaffenheit ist; daß also Ein Versuch, um den
                              gehoͤrigen Grad von Hize zur Haͤrtung und Bearbeitung derselben zu
                              finden, fuͤr Alles, was man aus derselben verfertigen will, hinreicht. Ja man
                              kann sogar annehmen, daß alle Gußstahl-Stangen aus Einem und demselben Gusse
                              dieselbe Eigenschaft besizen, wenn man bei dem Ausziehen derselben dafuͤr
                              sorgte, daß sie nicht uͤberhizt wurden. Da es indessen nicht zu vermeiden
                              ist, daß Stahlstangen von verschiedenen Guͤssen unter einander gerathen, ehe
                              sie verkauft werden, so wird es noͤthig, jede einzelne Stange besonders zu
                              untersuchen, und ihre Haͤrtungs-Hize zu bestimmen, ehe man sie
                              bearbeitet.
                           Die Guͤte mehrerer Gußstahl-Arbeiten laͤßt sich auch nach dem
                              Haͤrten und Anlassen derselben noch sehr verbessern, z.B. Saͤgen,
                              Kellen, Sicheln, Sensen und andere duͤnne Stahlwaaren, wenn man ihnen anders
                              die Feder-Haͤrtung (Spring-temper) geben, oder, wie man zu sagen pflegt, sie abblasen kann (blaze off).
                              Bei dieser Hize ist der Stahl noch im Stande, dem Hammer nachzugeben, und auf diese
                              Weise um ein Bedeutendes haͤrter zu werden, als er nach der Haͤrtung
                              geworden ist. Auf diese Weise hat Hr. Gg. Walby seine
                              beruͤhmten Maurer-Kellen verbessert, die er auf dem Amboße immer mit
                              einigen schnell auf einander folgenden Schlaͤgen noch zuhaͤmmerte,
                              wodurch er nicht bloß das bei dem Harten so haͤufige Werfen beseitigte,
                              sondern auch ihre Dichtigkeit, und folglich auch ihre Dauerhaftigkeit vermehrte.
                           Einige Stahlarbeiten lassen sich auch nach dem Harten und Anlassen, ohne alles Hizen,
                              noch bedeutend verdichten und verbessern. Auf diese Weise gelang es Hrn. Edm. Turrell, unserem KupferstecherVIII. Bd. S. 296. des technical Repository, (Polytechn. Journal
                                    Bd. XIX. S. 271.) die gewoͤhnlichen Griffel zum Kupferstechen so zu Haͤrten, daß er sie zu dem jezt
                              schon so haͤufig gewordenen Stahlstiche verwenden konnte. Er legt in dieser
                              Absicht den Griffel mit seinem Ruͤken auf den Amboß, und gibt ihm mit dem
                              Kopfe eines Uhrmacher-Hammers einige schnell auf einander folgende
                              Schlaͤge auf die Kante, die dadurch bis auf einen gewissen Grad abgestumpft
                              wird, endlich aber nicht mehr weiter nachgibt, was man daran erkennt, daß das
                              Instrument einen stark gaͤllenden Ton unter den Schlaͤgen
                              hoͤren laͤßt. Er schleift dann die Kante an dem auf diese Weise
                              gehaͤrteten Stahle neuerdings zu, und erhaͤlt so einen Griffel, mit
                              welchem er nicht bloß Kupfer, sondern auch Stahl schneiden kannHierauf gruͤndet sich, zum Theile, auch der Nuzen des sogenannten Daͤngeln's, Ausklopfens der Sensen. A. d.
                                    U..
                           Auch die Zahne der engen Saͤgen lassen sich auf aͤhnliche Weise durch
                              Klopfen auf ihre Spizen verbessern, wodurch man den doppelten Vortheil
                              erhaͤlt, dieselben zugleich zu verdichten und zu verdiken, d.h., sie weiter aus einander zu breiten, so daß die
                              Saͤge dann kraͤftiger einwirkt, wenn diese Zahne auf die
                              gewoͤhnliche Weise zugefeilt werden, bei welcher lezteren Arbeit man jedoch
                              die Vorsicht brauchen muß, ihre verdichteten Spizen nicht wieder wegzufeilen. Auf
                              diese Weise werden die Sagen nicht bloß kraͤftiger geschaͤrft, so daß
                              sie weit haͤrtere Metalle schneiden koͤnnen, als sonst nicht
                              moͤglich waͤre, sondern sie bleiben auch laͤnger scharf. 
                           Auch die feinen Spizen kleiner Bohrer lassen sich durch Haͤmmern ihrer stachen
                              Seiten verdichten, nachdem sie bereits gehaͤrtet und angelassen wurden, wie
                              Hr. A. Pritchard nach unserer Anweisung (technical Repos. p. 362. Polyt.
                                 Journ. Bd. XVII. S. 183.) gefunden
                              hat. Er konnte auf diese Weise Metalle durchbohren, die er mit diesen Bohrern in
                              ihrem bloßen Zustande von gewoͤhnlicher Haͤrtung nicht zu bohren im
                              Stande war.
                           Mehrere unserer Leser werden, ohne Zweifel, die Wirkung wahrgenommen haben, welche
                              das Erweichen des Gußstahles durch Erhizung desselben bis etwas unter dem Grade der
                              Haͤrtungs-Hize und hierauf folgendes Eintauchen in Wasser auf den
                              Stahl hat, indem die Stange des Bohrers waͤhrend des Gebrauches bis nahe an
                              die gehaͤrtete Spize hin gewunden wird. Wenn sie dann, um die Spize wie
                              gewoͤhnlich zu erneuern, dieselbe in die Spize der Flamme einer Kerze halten,
                              und wenn jene bis nahe an den Grad der Haͤrtungs-Hize erhizt wurde, in
                              Wasser tauchen, so werden sie finden, daß die Spize unter dem Hammer leicht
                              nachgibt.
                           Zur Bestaͤtigung der obigen Empfehlung der Holz-Kohlen als
                              Brenn-Material, wo man Gußstahl in der Esse hizen will, koͤnnen wir
                              noch anfuͤhren, daß der beruͤhmte Drehebank-Fabrikant in Derby,
                              Hr. Fox, sich zu
                              dieser Arbeit lange Zeit uͤber einer tragbaren Esse bediente, und daß er
                              seine Stahl-Waaren mit einer duͤnnen Schichte Lehm mit Wasser
                              angeruͤhrt uͤberzog, indem er dieselben in diese Mischung eintauchte,
                              welche er auf dem Gegenstande troken werden ließ, ehe er ihn in das Feuer brachte.
                              Dadurch vermied er die Oxydirung und das Abschaͤlen; die Lehmrinde springt
                              alsogleich ab, wenn der gehizte Stahl in Wasser getaucht wird, so daß man in der
                              Arbeit dadurch nicht im Mindesten aufgehalten ist. Hr. Lukins bedient sich gleichfalls des Lehmuͤberzuges zu obigem
                              ZwekeEs ist sonderbar, daß die Englaͤnder noch nichts von Hrn. Prof. Altmuͤtter's Methode, den Stahl in
                                    Queksilber, Statt in Wasser zu tauchen, wissen oder wissen wollen. A. d.
                                    u..