| Titel: | Ueber Mosaik-Arbeiten. | 
| Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. LXXXI., S. 366 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber Mosaik-Arbeiten.
                        Aus „a Journey in Carniol(i)a, Italy and
                                    France. By W. A.
                                 Cadell. Esq.“ in Gill's technolog. and micr. Repos. April. S.
                              232Wir uͤbersezen dieß in der Voraussezung, daß Hr. Cadell sich hier besser unterrichtete, als uͤber die
                                 Parmesan-Kaͤse-Bereitung zu Mailand. A. d. U..
                        Ueber Mosaik-Arbeiten.
                        
                     
                        
                           Ueber die Bereitung des Emails. Das Email welches aus
                              Glas und Metall-Faͤrbestoffen besteht, wird acht Tage lang in einer
                              Glashuͤtte, jedes nach seiner Farbe in einem eigenen Topfe, gehizt. Das
                              geschmolzene Email wird mit einem eisernen Loͤffel herausgenommen, auf eine
                              polirte Marmor-Tafel, die genau horizontal gestellt ist, gegossen, und auf
                              dieses ausgegossene Email wird eine andere Marmor-Platte gelegt, so daß es
                              bei dem Erkalten einen scheibenfoͤrmigen stachen Kuchen von ungefaͤhr
                              drei (engl.) Zoll in der Dike bildet.
                           Um nun diesen Kuchen in kleine Stuͤke zu zertheilen, bringt man denselben auf
                              einen scharfen staͤhlernen Amboß (tagliulo),
                              dessen Kante nach oben gekehrt ist, und schlaͤgt mit dem schneidenden Ende
                              eines Hammers oben auf den Kuchen. Auf diese Weise wird der Kuchen in
                              laͤngliche Parallelepipede oder Prismen von 3/10, Zoll im Gevierte
                              zerschlagen, und diese Prismen werden wieder quer in Stuͤke von 8/10 Zoll Laͤnge
                              mittelst des Amboßes und Hammers gebrochen, in welcher Groͤße sie nun zur
                              Mosaik verarbeitet werden. Zuweilen werden die Kuchen diker und die Prismen kleiner
                              gemacht.
                           Zu einigen Gemaͤlden wird das Email, waͤhrend es im Flusse ist, in
                              lange Parallelepipede oder vierekige Staͤbe gezogen, und diese werden wieder
                              auf dem Amboße mittelst des Hammers oder mittelst einer Feile in Querstuͤke
                              getheilt. Zuweilen werden sie auch mittelst einer Sage ohne Zahne, die eine bloße
                              Kupferplatte ist, mit Schmergel entzwei gesagt, und die Stuͤke werden
                              zuweilen auf einer horizontalen Bleischeibe mit Schmergel polirt.
                           Vergoldete Mosaik wird dadurch gebildet, daß man Gold auf die heiße
                              Oberflaͤche von braunem Email auflegt, so wie lezteres aus dem Ofen kommt;
                              hierauf kommt das Email wieder auf kurze Zeit in den Ofen, und wenn man dasselbe
                              dann heraus nimmt, haͤlt es fest auf der Oberflaͤche. Ueber das
                              vergoldete Email wird in den Mosaik-Werken zu Rom wieder eine duͤnne
                              durchscheinende Glasdeke aufgelegt.
                           (Hr. Cadell erwaͤhnt nun der Mosaik der Alten nach
                              Winckelman I. Bd. 3. Cap.; wir uͤbergehen dieß
                              als ohnehin bekannt.)
                           Die Fabrik der Mosaik-Gemaͤlde zu Rom, ein großes Gebaͤude an
                              der Mittagsseite der Peterskirche, gehoͤrt dem Hrn. Pontefice. Es befindet
                              sich daselbst eine ungeheuere Sammlung von Email-Staͤbchen, die in
                              einer Reihe von Zimmern nach ihren Farben geordnet liegen, deren man nicht weniger
                              als 17,000 Schattirungen zaͤhlt.
                           Das Email ist hoͤchst schmelzbar, so daß kleine Staͤbchen leicht an der
                              Flamme einer Kerze geschmolzen und ausgezogen werden koͤnnen, ohne daß ein
                              Loͤthrohr hierzu noͤthig waͤre.
                           Mosaik-Gemaͤlde von mittlerer Groͤße werden in ein kupfernes
                              Gehaͤuse eingebettet, auf dessen Boden gekruͤmmte Kupferstuͤke
                              aufgeloͤthet sind, damit die Masse oder der Kitt, in welchen die
                              Email-Stuͤke eingesezt werden, darin gehoͤrig befestigt
                              wird.
                           Große Stuͤke werden auf einer großen Steinplatte eingekittet, oder auf einer
                              Mauer aufgesezt. In aͤlteren Zeiten wurde die Masse, in welcher das
                              Mosaik-Werk eingesezt wurde, aus sogenanntem Stucco verfertigt, das aus Einem
                              Maßtheile frisch in Wasser geloͤschten Kalk und aus drei Maßtheilen
                              gestoßenem Marmor bestand. Der geloͤschte Kalk wurde mit Wasser und Eiweiß zu
                              einem Teige angeruͤhrt (dem sogenannten Marmorato): dieser Teig erhaͤrtete aber zu schnell, ehe der Arbeiter
                              seine Email-Stuͤke gehoͤrig einsezen konnte, und litt durch die
                              Feuchtigkeit mehr, als folgende mit Oehl bereitete Masse, deren man sich
                              gegenwaͤrtig bedient.
                           Man nimmt zu dieser jezt gebraͤuchlichen Masse Einen Maßtheil geloͤschten Kalk und drei
                              Maßtheile Travertino, mengt beide mit Leinoͤhl zu einem Teige, und
                              ruͤhrt und arbeitet sie taͤglich mit einer Kelle um. Anfangs ist diese
                              Masse oben flach, schwillt aber spaͤter in der Mitte auf. Man sezt derselben
                              taͤglich etwas Oehl zu, um zu verhuͤten, daß sie nicht vertroknet und
                              unbrauchbar wird. In warmem Wetter wird sie eher brauchbar, als in kaltem: im Sommer
                              in 20 Tagen; sie hoͤrt dann auf zu schwellen, indem das in ihr enthaltene
                              Wasser verduͤnstet ist; sie ist dann gleichfoͤrmig geworden, wie eine
                              Salbe. Im Winter, und wann die Luft feucht ist, braucht man mehr, als einen Monat,
                              um die Masse zu Stande zu bringen.
                           Wenn man eine Wand mit Mosaik belegt, muß der Kalk von derselben abgenommen und
                              dieselbe auf Einen Zoll tief gefurcht werden, damit man die Mosaik-Masse auf
                              derselben auftragen kann.
                           Zu demselben Ende werden Naͤgel mit großen Koͤpfen in die Fugen der
                              Waͤnde eingeschlagen, und Drath wird von einem Nagel zum anderen gezogen. Die
                              auf diese Weise vorbereitete Wand wird von einem Ende zu dem anderen mit
                              Lein-Oehl uͤberstrichen, und dann die Mosaik-Masse (obiger
                              Oehl-Kitt) in einer solchen Flaͤche aufgetragen, daß man sie, vor dem
                              Erhaͤrten dieses Kittes, mit Email belegen kann. Der Kitt bleibt
                              ungefaͤhr 20 Tage lang weich; spaͤter schwizt das Oehl
                              gaͤnzlich aus, und der Kalk wird mit dem Travertino zu einer harten Masse.
                              Obiger Kitt mit Leinoͤhl bereitet sieht gelb aus; der mit Eiweiß ist weiß;
                              durch diese Farbe ist die alte Mosaik-Arbeit von der neuen leicht zu
                              unterscheiden, obschon auch noch manche neuere Mosaik mit weißem Kitte gearbeitet
                              wird.
                           Die Stuͤke Emails werden mit einem Zaͤngelchen gehalten und in den Kitt
                              eingesezt.
                           Die franzoͤsische Regierung hat waͤhrend ihres Besizes von Mais land
                              Hrn. Jak. Raffaelli, einen Mosaik-Arbeiter aus der roͤmischen Schule,
                              zu einer Copie des lezten Abendmahles von Leonardo da Vinci verwendet, das im
                              Ausstopf-Cabinette des Moͤnchsklosters St. Maria belle Grazie hing,
                              und 24 Fuß lang und 12 Fuß hoch war.
                           Dieses Mosaik-Gemaͤlde, das groͤßte das man kennt, ist auf 12
                              Marmortafeln vom Lago Maggiore aufgesezt. Diese 12 Platten lagen auf starken
                              Gestellen horizontal, so daß man sie von einem Gange von oben herab bestrahlen
                              mußte. Acht bis zehn Kuͤnstler arbeiteten taͤglich acht Jahre lang
                              daran, und diese „(elende)“ Copie kostete 80,000 fl.Wenn die franzoͤsischen Regierer dem damaligen Minister des
                                    Unterrichtes in Italien, Hrn. Grafen Scopoli,
                                    (dem Sohne des Botanikers Scopoli) diese 80,000
                                    fl. fuͤr Schulen gegeben haͤtten, woran es die
                                    franzoͤsischen Regierer so sehr fehlen ließen gegen
                                    Napoleon's Willen, so waͤre es besser gewesen. Alle Ehrfurcht vor der
                                    alten roͤmischen Mosaik, sie ist das in
                                    neueren Zeiten noch nicht erreichte ne plus
                                       ultra der Kunst der Pflasterer und der Stucco-Arbeiter. Die
                                    Kunst der Apelles und Zeuxis, der Rafael und Rubens zur mikroskopischen
                                    Pflaster-Arbeit herabwuͤrdigen, heißt sie entheiligen. Die
                                    sogenannte Mosaik-Mahlerei ist der Mahlerei das, was das
                                    hoͤlzerne Gelachter in der Musik, was ein Ballet in Ketten getanzt in
                                    der Tanzkunst ist. A. d. U. (7500 Sterl.).
                           
                           Nachdem das Email im Kitte eingesezt wurde, und zwei Monate lang troknete, wird die
                              Flaͤche geebnet und polirt, was mittelst eines stachen Steines und des
                              Schmergels geschieht. Einzelne Stuͤke des Emails werden zuweilen auch ehe auf
                              dem Rade des Steinschleifers mit Schmergel polirt, ehe man sie einsezt. Nachdem die
                              ganze Flaͤche des Gemaͤldes polirt wurde, werden die
                              Zwischenraͤume mit einer Farbenmasse, die den anliegenden Stuͤken
                              aͤhnlich ist, ausgefuͤllt.
                           Rom hat die groͤßte, oder vielmehr die einzige Schule fuͤr Mosaik heute
                              zu Tage in Europa. Es gibt, außer der Fabrik des Hrn. Pontefice, noch mehrere
                              kleinere, in welchen man Tobakdosen, Ring etc. mit Mosaik-Gemaͤlden
                              verziert.