| Titel: | Unterricht über die Weise, Erdäpfel aus Saamen zu ziehen, gebilligt von der Société royale et centrale d'Agriculture. | 
| Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. CII., S. 443 | 
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                        CII.
                        Unterricht uͤber die Weise,
                           Erdaͤpfel aus Saamen zu ziehen, gebilligt von der Société
                              royale et centrale d'Agriculture.
                        Aus dem Recuiel industriel. Maͤrz. S.
                              301.
                        Erdaͤpfel aus Saamen zu ziehen.
                        
                     
                        
                           Die Erdaͤpfel werden gewoͤhnlich durch Pflanzung der Knollen derselben
                              vermehrt; dieß ist das sicherste, das schnellste, das eintraͤglichste
                              Verfahren; indessen hat die Erziehung derselben aus Saamen, außer dem Vortheile, daß
                              man dadurch die Abarten derselben vermehren kann; daß man sie in ihren verschiedenen
                              Sorten gleichsam auffrischt, auch noch den wichtigen Vortheil, daß man die Cultur
                              derselben leichter in entfernte Gegenden verbreiten kann, die Frachtkosten der
                              Knollen erleichtert, die Nachtheile, die denselben auf dem Transporte drohen,
                              beseitigt, und auch der Gefahr entgeht, daß sie, wenn eben Mangel an Getreide
                              irgendwo herrscht, gegessen Statt angebaut werdenWie dieß bei den an die vielgeliebten Griechen versendeten Erdaͤpfeln
                                    der Fall war. A. d. U..
                           Das Erziehen der Erdaͤpfel ans Saamen fordert im Anfange viele Sorgfalt und
                              einen gut zubereiteten Boden; es waͤre daher zu wuͤnschen, daß jeder
                              Landwirth nur so viel baut, als er besorgen kann. Ein Pfund Saamen enthaͤlt
                              viele Hunderttaufende von Koͤrnchen, und wuͤrde zur Bebauung mehrerer
                              Duzende von Tagwerken hinreichen.
                           Die Knollen der Saͤmlinge sind klein, aber aͤußerst zahlreich, und voll
                              Vegetations-Kraft. Der Ertrag einer □ Ruthe Landes reicht hin, um
                              wenigstens Einen Viertel-Morgen mit solchen kleinen Knollen zu bestellen.
                           Die Saamen koͤnnen auf zwei verschiedene Arten ausgesaͤet werden: mall
                              kann sie entweder gleich an Ort und Stelle anbauen, so daß die aufgegangenen
                              Pflanzen nicht mehr versezt werden duͤrfen; oder man baut sie in einem
                              Saamenbeete zur weiteren Versezung. Wir wollen die Umstaͤnde angeben, unter
                              welchen die eine dieser Methoden den Vorzug vor der anderen verdient; man kann
                              uͤbrigens auch beide zugleich anwenden.
                           
                        
                           Anbau der Erdaͤpfel-Saamen im
                                 Saamenbeete.
                           Diese Art von Anbau verdient dort den Vorzug, wo man nicht vorlaͤufig eine
                              hinlaͤnglich große Flaͤche zum Anbaue an Ort und Stelle vorbereiten
                              konnte, oder wo der Boden hoͤchst mittelmaͤßig ist.
                           Sobald kein Frost mehr zu besorgen ist, oder sobald der Wachsthum der
                              Gewaͤchse beginnt, was von Zeit- und Ortsverhaͤltnissen
                              abhaͤngt, die sich nicht im Allgemeinen bestimmen lassen (um Paris gegen Ende
                              Aprils), muß man in einem Garten, oder wenigstens an einem umzaͤunten,
                              geschuͤzten und gegen Mittag gelegenen. Orte ein Beet von 3 bis 5 Fuß Breite
                              aus ziemlich leichter und geduͤngter Erde, die gehoͤrig umgegraben und
                              so viel moͤglich von Steinen und Unkraut gereinigt wurde, anlegen, und die
                              Saamen darin sehr duͤnn entweder aus freier Hand anbauen, oder, was besser
                              ist, in Reihen, sechs bis zwoͤlf Zoll weit von einander zwei Zoll tief
                              stupfen oder drillen. Der Saame wird ungefaͤhr zwei Linien hoch mit leichter
                              lokerer Erde oder Stauberde bedekt, und uͤbergangen oder eingewalzt, wenn der
                              Boden nicht zu fest oder zu feucht ist. Es wird gut seyn, wenn man hierauf, wo es
                              troken seyn sollte, sprizt; jedoch mit Vorsicht. Wenn die Witterung guͤnstig
                              ist, so geht der Saame in 10 bis 14 Tagen, laͤngstens in 3 Wochen auf:
                              zuweilen braucht er jedoch auch noch laͤnger. Sollte der Boden sich vor der
                              Saame aufgeht, mit Unkraut bedeken, so muß man mit Vorsicht gaͤten; es wird
                              aber besser seyn zu warten, bis die Saamen aufgegangen sind. Das Gaͤten wird,
                              so oft es noͤthig ist, wiederholt, und bei trokenem Wetter begießt man. Wenn
                              man reihenweise gebaut hat, so hat man den Vortheil, daß man etwas
                              aufhaͤufeln kann, was aber nur sehr wenig und erst dann geschehen muß, wenn
                              die Pflanzen zwei oder drei Zoll hoch sind, und entweder mit der Hand oder mit einem
                              kleinen Werkzeuge rings um den untersten Theil des Staͤngels geschehen
                              kann.
                           Wenn die Pflanzen zu dieser Zeit zu dicht stuͤnden, so koͤnnte man,
                              jedoch mit Vorsicht, einen Theil derselben ausziehen und sie anderswohin
                              verpflanzen: hierzu gehoͤrt aber viele Vorsicht, und es ist besser, die
                              Pflanzen etwas aͤlter werden zu lassen.
                           Waͤhrend dieser Zeit muß man den Boden, auf welchen man die Pflanzen hin
                              versezen will, durch einmaliges oder oͤfters wiederholtes Umakern
                              vorbereiten, denselben auflokern, gaͤten, und wo moͤglich verbessern:
                              leichter und zugleich etwas fetter Boden, der gegen Wasser geschuͤzt und
                              nicht mit Baͤumen besezt ist, oder mindestens nur wenige derselben hat,
                              verdient den Vorzug.
                           
                           Wenn die jungen Pflanzen ungefaͤhr 5 bis 6 Zoll Hoͤhe erlangt haben,
                              und auf diese Weise gehoͤrig erstarkt sind, und wenn das Land zum Versezen
                              derselben gehoͤrig vorbereitet ist, zieht man sie sorgfaͤltig mit
                              allen ihren Wurzeln aus und pflanzt sie in Reihen zwei bis drei Fuß weit von
                              einander. Man sezt die Pflanzen bis an den Hals und noch einige Linien
                              daruͤber in die Erde, wenn sie stark sind, und pflanzt sie auch, nach ihrer
                              Staͤrke, Einen oder zwei Fuß weit von einander: je weiter sie von einander
                              gepflanzt werden, desto staͤrker werden sie und desto mehr Ertrag geben
                              sie.
                           Man muß, zum Verpflanzen, truͤbe regnerische Tage waͤhlen, und wenn es
                              nicht regnet, muß durchaus, und zwar zu wiederholten Malen, begossen werden, wenn
                              man kann, und wenn die Witterung es fordert.
                           Nach acht bis vierzehn Tagen werden die Pflanzen sich erholt haben; man kann dann
                              diejenigen, welche ausgeblieben sind, nachpflanzen; man muß den Boden noch ein Mal
                              umstuͤrzen, und die Pflanzen etwas bekleiden, wenn sie schwach sind, und,
                              wenn sie stark sind, 3 bis 4 Zoll hoch das erste Mal aufhaͤufeln.
                           Einige Zeit darauf, nach der Jahreszeit, nach der Starke der Pflanzen und nach dem
                              Zustande des Bodens, muß man die Pflanzen zum lezten Male haͤufeln. Man darf
                              hierauf das Beet nur noch von Zeit zu Zeit durchgehen und das Unkraut
                              ausgaͤten, das allenfalls nachgewachsen ist.
                           Die Ernte darf nicht eher vorgenommen werden, als bis das Kraut anfaͤngt nach
                              und nach fahl zu werden und zu vertroknen, wenn nicht das schlechte Wetter eine
                              fruͤhere Ernte nothwendig macht; denn, wenn die Knollen anfangen zu reifen,
                              und es regnet, so wachsen sie aus. Diesem Auswachsen muß man durch das Ausziehen der
                              Knollen vorbeugen.
                           Die Knollen muͤssen fuͤr das folgende Jahr zum Versezen aufbewahrt,
                              oder nur die groͤßten allein duͤrfen gespeist werden: die kleineren
                              muß man im naͤchsten Jahre wieder verpflanzen.
                           Wenn man die gehoͤrige Sorgfalt nicht gespart hat, und die Jahreszeit
                              guͤnstig war, kann man den Ertrag auf ein Viertel und selbst auf die
                              Haͤlfte eines gewoͤhnlichen Erdaͤpfelbaues in Knollen
                              anschlagen. Ueberhaupt aber kann man sicher seyn, daß, wenn auch das erhaltene
                              Volumen an Erdaͤpfeln bedeutend geringer ist, die Zahl der Knollen selbst
                              desto groͤßer seyn wird. 
                           
                        
                           Erdaͤpfel-Aussaat an Ort und Stelle oder in den
                                 Aker.
                           Wenn man die Erdaͤpfel-Saamen unmittelbar in den Aker saͤen
                              will, so muß der Aker vorlaͤufig gehoͤrig hierzu vorbereitet worden
                              seyn; man muß ihn begießen koͤnnen, wenn es gleich Anfangs nicht regnen sollte; man muß ihn
                              wiederholt gaͤten und umstuͤrzen, und zwar in dem Maße, als die
                              Pflanzen aufgehen und groß werden; man hat aber, bei diesen Unbequemlichkeiten, den
                              Ersaz, daß man sich alle Nachtheile des Versezens erspart, welches so oft, zumal bei
                              trokner und warmer Jahreszeit, mißlingt. Der Ertrag ist sicherer und bedeutend
                              groͤßer.
                           Man kann entweder in Reihen oder in Haͤufchen oder Gruͤbchen anbauen,
                              und da der Anbau hier im Freien, ohne allen Schuz, geschieht, so muß man warten, bis
                              die Jahreszeit hierzu guͤnstig ist, d.h. bis kein Schnee oder Reif mehr zu
                              besorgen ist.
                           Wenn nun der Aker so gut wie moͤglich zubereitet ist, wie wir oben bei
                              Bereitung des Gartenbeetes gesagt haben, zieht man nach der Schnur Reihen von drei
                              bis vier Zoll Tiefe, und legt dieselben zwei bis drei Fuß weit von einander an. Wenn
                              der Boden sehr stark und fest waͤre, so waͤre es gut in den Grund
                              dieser Furchen Einen Zoll hoch leichte oder Staub-Erde einzustreuen. Man baut
                              die Saamen in diese Furchen sehr duͤnn, und bedekt sie zwei bis drei Linien
                              hoch mit leichter Erde, oder, wenn es an dieser fehlen sollte, mit der Erde, die aus
                              den Furchen gezogen wurde, und die man mit der Hand leicht daruͤber streut.
                              Man uͤbergeht dann diese Furchen, wenn die Erde nicht zu stark und nicht zu
                              feucht ist. Wenn das Wetter troken und kein Regen zu hoffen ist, wird es gut seyn,
                              wenn man gießt.
                           Das Gaͤten, Umstuͤrzen, Aufhaͤufeln, das Ausziehen der Pflanzen,
                              wenn sie zu dik stehen sollten, muß hier eben so sorgfaͤltig geschehen und
                              wiederholt werden, wie bei der vorigen Methode: wann und wie oft es zu geschehen
                              hat, laͤßt sich im Allgemeinen nicht bestimmen. Es gibt Faͤlle, wo
                              diese Arbeiten drei Mal wiederholt werden muͤssen, je nachdem der Boden hart
                              und unrein wird, und die Pflanzen stark werden. Das lezte Haͤufeln muß
                              geschehen, wenn die Pflanzen bereits den groͤßten Theil ihres Wachsthumes
                              erreicht haben: wenn die Jahreszeit guͤnstig ist, und man gehoͤrige
                              Sorgfalt getragen hat, werden zuweilen die aus Saamen gezogenen Pflanzen eben so
                              stark, wie die aus Knollen.
                           Die Aussaat in Gruͤbchen unterscheidet sich von jener in Reihen nur dadurch,
                              daß man. Statt die Furchen der ganzen Laͤnge des Feldes nach zu ziehen, in
                              der Reihe ungefaͤhr zwei Fuß weit von einander vier Zoll lange
                              Gruͤbchen graͤbt, und diese mit Stauberde ausstreut, hierauf den
                              Saamen duͤnn ausstreut, wieder mit Stauberde bedekt, und hierauf eben so
                              behandelt, wie bei der Aussaat in Reihen.
                           In jedem Gruͤbchen darf man nur eine oder zwei Pflanzen lassen, die in der
                              Reihe selbst, nach ihrer Staͤrke, Einen oder zwei Fuß weit von einander
                              stehen, je nachdem sie stark sind, und Boden und Witterung gut ist. Die
                              ausgezogenen Pflanzen kann man anderswohin versezen, auch wenn die Jahreszeit schon
                              weit vorgeruͤkt waͤre. Man muß sie aber dann weit genug aus einander
                              pflanzen.
                           Nach der Ernte wird es gut seyn, wenn man die Arten nach der Farbe, Form, nach der
                              Groͤße und nach der fruͤheren oder spaͤteren Reife sortirt, und
                              sie besonders, vorzuͤglich die fruͤheren, bei Seite legtDie Société roy. et centr.
                                       d'Agricult. beschaͤftigt sich mit der Redaktion eines
                                    Unterrichtes uͤber den Erdapfelbau im Großen, uͤber die besten Mittel dieselben aufzubewahren,
                                    und uͤber die verschiedenen Produkte, die man aus denselben bereiten
                                    kann. Sie wird diesen Unterricht an die Guͤterbesizer und Landwirthe
                                    gratis vertheilen bis 45. Febr., wenn sie
                                    darum angegangen wird, und zugleich auch Saamen denjenigen mittheilen, die
                                    Erdaͤpfel aus Saamen ziehen wollen. Das Ansuchen hierum muß an S. E.
                                    den Hrn. Minister des Inneren addressirt, und die zweite Addresse an die Société roy. et centr. d'Agriculture
                                       á
                                    Paris gerichtet seyn. A. d. D. Es ist
                                    gewiß hoͤchst schoͤn von dem Hrn. Minister, die Franzosen
                                    Erdaͤpfel bauen zu lehren, da sie jezt auf indirekte Weise, durch
                                    indirekte Steuern gezwungen sind ihre Burgunder- und
                                    Champagner-Reben auszureißen, und ihr Pfund Brod mit ihrem halben
                                    Taglohn bezahlen muͤssen. A. d. U..