| Titel: | Ueber Erwärmung der Waidküpen zum Blaufärben. Von Hrn. Kasimir Maistre, Fabrikanten zu Villeneuvette (Hérault). | 
| Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XXXVII., S. 102 | 
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                        XXXVII.
                        Ueber Erwaͤrmung der
                           Waidkuͤpen zum Blaufaͤrben. Von Hrn. Kasimir
                              Maistre, Fabrikanten zu Villeneuvette
                              (Hérault).
                        Aus dem Industriel.
                              Februar. S. 521.
                        Mit Abbildung auf Tab. IV.
                        Maistre, uͤber Erwaͤrmung der
                           Waidkuͤpen zum Blaufaͤrben.
                        
                     
                        
                           Wenn man heute zu Tage weiß, daß man Wolle nur mittelst Indigo
                              schoͤn und dauerhaft faͤrben kann, so weiß man
                              auch, daß dieser Faͤrbestoff nur durch seine
                              Aufloͤsung in der Waidkuͤpe diese Wirkung
                              hervorzubringen vermag.
                           Die sogenannten indischen Kuͤpen, die
                              Harn-Kuͤpen, die
                              Schwefel-Arsenik-Kuͤpen, die
                              Zinnoxyd-Kuͤpen duͤrfen es nicht wagen, den
                              Waid-Kuͤpen gleichkommen zu wollen.
                           Indigo ist im Wasser in jeder Temperatur unaufloͤsbar.
                              Seine Aufloͤsung in Schwefelsaͤure gibt
                              prachtvolle Schattirungen; allein sie sind nicht haltbar. Die
                              uͤbrigen chemischen Koͤrper, die ihn
                              aufzuloͤsen vermoͤchten, veraͤndern
                              denselben mehr oder minder, und bieten dadurch bei ihrer
                              Anwendung unuͤbersteigliche Hindernisse dar,
                              waͤhrend der Waid in seiner Gaͤhrung, mittelst
                              Beihuͤlfe der Waͤrme und der Alkalien, die
                              Eigenschaft besizt den Indigo vollkommen aufzuloͤsen und
                              in einen Zustand zu versezen, in welchem er sich ohne
                              Beihuͤlfe irgend eines Beizungsmittels mit der Wolle
                              unmittelbar verbinden kann.
                           Eine Waidkuͤpe zum Faͤrben der Wolle oder der
                              Tuͤcher besteht aus starken Dauben von gesundem
                              Eichenholze, die mittelst eiserner Reifen
                              festgehalten und in der Erde an einem geschlossenen Orte, den
                              man die Waidstube (Blaͤuerei guêde) nennt, in solcher Hoͤhe
                              eingegraben werden, daß man sich bequem darauf lehnen kann. Der
                              Boden dieser Kuͤpe ist sorgfaͤltig ausgepflastert,
                              und sie faßt ungefaͤhr 155 Kubikfuß.
                           Um die Waidkuͤpe anzusezen, kocht man in einem Kessel Eine
                              Stunde oder zwei Stunden lang 12 Kilogramm Kleie, eben so viel
                              Faͤrberroͤthe und eben so viel Wau (gaude) in einer
                              hinlaͤnglichen Menge Wassers. Den erhaltenen Absud gießt
                              man nun in die Kuͤpe, in welche man vorlaͤufig
                              zerstoßenen Indigo und 200 bis 250 Kilogramm zubereiteten
                              gepulverten, oder wenigstens mit einem hoͤlzernen Hammer
                              zerklopften Waid eingetragen hat. Man dekt die Kuͤpe mit
                              einer starken Deke zu, um die Hize zu erhalten, und
                              ruͤhrt (pallie) von Zeit zu
                              Zeit, bis die Kuͤpe den gehoͤrigen Grad von
                              Gaͤhrung erhalten hat; diesen kann man nur durch
                              wiederholte Beobachtung und Erfahrung an bestimmten Zeichen
                              kennen lernen. Man sezt hierauf, um die Gaͤhrung zu
                              stillen, eine gewisse Menge gepuͤlverten Kalk zu, und
                              einige Stunden darauf kann man aus dieser Kuͤpe
                              faͤrbenUmstaͤndlicher findet man die Behandlung der
                                    Waidkuͤpe in J. B. Vitalis
                                       Grundriß der Faͤrberei etc. A. d. Franz. von Jul. H. Schultes,
                                       mit Anm. von
                                    Dr. Dingler und
                                    Dr. v. Kurrer. 8.
                                    Tuͤbing. 1824 b. Cotta S. 206 u. f.A. d. U..
                           Die laͤngere oder kuͤrzere Zeit, welche die
                              Kuͤpen brauchen, um zum Faͤrben tauglich zu
                              werden, haͤngt vorzuͤglich von der Beschaffenheit
                              des Waides und des Wassers ab. Zuweilen brauchen sie
                              15–18 Stunden; zuweilen 30, 40, 50, ja selbst 60 Stunden.
                              Man muß darob mit dem Zusezen des Kalkes nie zu voreilig seyn;
                              es ist besser zu viel als zu wenig zu warten. Eine gut bereitete
                              Kuͤpe, die gleich anfangs hinlaͤnglich gegohren
                              hat, laͤßt sich in der Folge sehr leicht fuͤhren,
                              waͤhrend Kuͤpen, an welchen man die
                              Gaͤhrung zu fruͤhe unterbrochen hat, noch eine
                              lange Zeit uͤber haͤufigen Zufaͤllen
                              unterworfen sind.
                           In Werkstaͤtten, wo man im Großen und in dunklen
                              Schattirungen faͤrbt, muß man die Kuͤpe mit Indigo
                              nachspeisen und sie regelmaͤßig alle zwei Tage
                              aufwaͤrmen.
                           Das Aufwaͤrmen geschieht so, daß man das Bad aus der
                              Kuͤpe in einen großen kupfernen Kessel und in diesem bis
                              zum Sieden bringt, hierauf aber dasselbe noch heiß in die
                              Kuͤpe zuruͤkschuͤttet, in welche man
                              vorlaͤufig Indigo, etwas Kleie und
                              Faͤrberroͤthe gebracht hat. Der Kessel steht
                              gleich hoch mit der Kuͤpe, entweder in der
                              Blaͤuerei selbst, oder in einem anstoßenden Gemache. Das
                              doppelte Uebertragen geschieht mittelst Kufen, die vier
                              Maͤnner fuͤhren, oder mittelst einer hoͤlzernen Rinne, in welcher man mittelst
                              Schoͤpfeimern die Fluͤssigkeit erst aus der
                              Kuͤpe in den Kessel, dann aus diesem
                              zuruͤkschoͤpft.
                           Dieses Verfahren ist mit einer Menge von Nachtheilen verbunden.
                              Das Bad der Kuͤpe wird matt, in dem es stark
                              aufgeruͤhrt und der Einwirkung der
                              atmosphaͤrischen Luft ausgesezt wird; der Indigo oxydirt
                              sich neuerdings wieder, faͤllt zu Boden und macht eine
                              neue Desoxydirung nothwendig, wenn er wieder aufgeloͤst
                              werden soll; die Arbeit ist langweilig, sehr ermuͤdend
                              fuͤr die Arbeiter, und zugleich kostspielig. Ueberdieß
                              steht sie gar nicht im Verhaͤltnis mit den
                              uͤbrigen Fortschritten der Kuͤnste, so daß man
                              sich in die Zeiten des Mittelalters versezt glauben sollte, wenn
                              man auf diese Weise arbeiten sieht.
                           Die Nothwendigkeit einer Verbesserung dieses Verfahrens wurde von
                              allen Faͤrbern laͤngst gefuͤhlt. Man hat
                              auch wirklich einige Abaͤnderungen an demselben
                              getroffen. Im noͤrdlichen Frankreich und in einigen
                              Faͤrbereien des suͤdlichen bedient man sich der
                              sogenannten hollaͤndischen Kuͤpen, an welchen ein
                              Theil der Wand aus Kupfer ist, woran außen ein Ofen sich
                              befindet, so daß man das Bad der Kuͤpe in der
                              Kuͤpe selbst waͤrmen kann. In einigen
                              Faͤrbereien versuchte man durch Dampf zu heizen, den man
                              in die Kuͤpe leitete: allein weder die eine noch die
                              andere dieser Abaͤnderungen gewahrt einen wirklichen
                              Nuzen, und die Faͤrber, die sich derselben bedienen,
                              kommen, so viel man weiß, gegen die alten Faͤrber nicht
                              auf, die sich der obigen schlechten Methode bedienen, so
                              schlecht sie auch ist.
                           Das Verfahren, welches ich unten beschreibe, und dessen man sich
                              in der Faͤrberei zu Villeneuvette bedient, ist nur eine
                              Abaͤnderung des gewoͤhnlichen Verfahrens bei dem
                              Aufwaͤrmen, wodurch jedoch die Arbeit um Vieles
                              vereinfacht, die Auslage bei derselben bedeutend vermindert, und
                              der groͤßte Theil der Nachtheile beseitigt wird, der bei
                              der gewoͤhnlichen und bei den uͤbrigen
                              Verfahrungsweisen Statt hat. Dieses Verfahren besteht in
                              Anwendung einer kupfernen Pumpe, mittelst welcher das Bad der
                              Kuͤpe in den Waͤrmkessel uͤbergepumpt wird,
                              dessen Boden gleich hoch mit dem oberen Rande der Kuͤpe
                              steht, und in welchem das Bad dadurch gewaͤrmt wird, daß
                              man den Hahn einer kupfernen Leitungs-Rohre
                              oͤffnet, die sich auf dem Boden dieses Kessels
                              befindet.
                           
                        
                           Beschreibung dieser Vorrichtung. Fig. 4.
                           A, sechs hoͤlzerne
                              Kuͤpen, die in der Blaͤuerei in einer Reihe
                              eingesezt sind.
                           B, Waͤrmkessel in der
                              Faͤrberei, der 4 Meter weit voll der Blaͤuerei
                              angebracht ist, und 4 Fuß (1 Meter 33 Centimeter) hoͤher
                              als obige Kuͤpen steht. Dieser Kessel befindet sich auf
                              einem Mauerwerks auf welches man auf einer weiten Treppe
                              hinaufsteigt.
                           
                           C, hoͤlzerner
                              Behaͤlter, mit gestrektem Blei ausgefuͤttert, in
                              welchem das Bad aus den Kuͤpen gesammelt, und aus welchem
                              es in den Kessel gebracht wird. Der Boden dieses
                              Behaͤlters steht gleich hoch mit dem oberen Rande des
                              Kessels. Er faßt so viel, als man aus jeder Kuͤpe auf ein
                              Mal Zu warmen braucht, und ruht auf zwei steinernen Pfeilern,
                              die in der Mauer der Blaͤuerei angebracht sind.
                           D, tragbare Pumpe mit zwei Stiefeln,
                              die man nach und nach in jede Kuͤpe bringt, und wodurch
                              das Bad in die kupferne Leitungs-Roͤhre E gebracht wird, die es in den
                              Behaͤlter C fuͤhrt.
                              Die Saug-Oeffnung dieser Pumpe ist 0,80 Meter
                              uͤber dem unteren Ende derselben, damit sie den Bodensaz
                              nicht aufzieht. Ein Ring innenwendig an einer Daube, und ein
                              Zaum an dem oberen Rande der Kuͤpe haͤlt die Pumpe
                              fest.
                           E, kupferne
                              Leitungs-Roͤhre, die laͤngs der Mauer der
                              Blaͤuerei befestigt ist, und etwas hoͤher steht,
                              als der obere Rand der Kuͤpen. Sie neigt sich von beiden
                              Seiten gegen die Mitte hin.
                           F, eine kupferne Roͤhre, die
                              sich in der Mitte des Canales E
                              einfuͤgt, und das Bad in den Behaͤlter C leitet.
                           G, Roͤhre zur Leitung des
                              Bades aus dem Behaͤlter C in
                              den Kessel B. Diese Roͤhre
                              hat in der Naͤhe des Kessels einen Hahn.
                           H, Hahn des Kessels.
                           I, kupferne Roͤhre, die an
                              den Hahn H paßt, und das warme Bad
                              in die Kuͤpen leitet.
                           K, Dillen fuͤr diese
                              Roͤhre gegenuͤber von jeder Kuͤpe. Diese
                              Dillen sind ausgeschweift, und werden mittelst eines großen
                              Korkpfropfens geschlossen, oder mittelst eines kleinen Sakes aus
                              Leinwand, der mit nassem Papier und Thon gefuͤllt
                              ist.
                           Wenn man nun waͤrmen will, faͤngt man mit einer
                              oder mit der anderen Kuͤpe, z.B. mir N. 1. an. Man senkt die Pumpe in
                              dieselbe, und laͤßt sie von zwei Arbeitern ziehen. In 10
                              Minuten ist das Bad in dem Behaͤlter C. Man oͤffnet den Hahn G, und der Kessel B wird angenbliklich gefuͤllt
                              seyn, wo dann der Hahn geschlossen wird. Man schuͤrt das
                              Feuer unter dem Kessel, und waͤhrend das Bad aus der
                              ersten Kuͤpe gewaͤrmt wird, bringt man die Pumpe
                              in die zweite, und fuͤllt den Behaͤlter C neuerdings.
                           Nachdem das Bad in dem Kessel hinlaͤnglich warm geworden
                              ist, oͤffnet man die Dille N.
                              1. und zugleich auch den Hahn H. In
                              weniger als 3 Minuten ist das Bad aus dem Kessel in die
                              Kuͤpe uͤbergeleert, ohne daß auch die mindeste
                              Waͤrme dabei verloren gegangen waͤre. Man
                              oͤffnet dann neuerdings den Hahn G, um den Kessel wieder zu fuͤllen, und
                              faͤhrt so fort bis an's Ende.
                           Drei Arbeiter reichen hin, um 6 Kuͤpen wieder
                              aufzuwaͤrmen sie wuͤrden auch fuͤr
                              eine groͤßere Anzahl hinreichen; zwei derselben pumpen,
                              mahlen den Indigo und ruͤhren; der dritte leitet das
                              Feuer und oͤffnet und schließt die Haͤhne. In
                              weniger als drei Stunden sind alle sechs Kuͤpen wieder
                              aufgewaͤrmt, waͤhrend man ehevor zu derselben
                              Arbeit 7 bis 8 Stunden und sechs Arbeiter noͤthig
                              haͤtte. Man erspart also an Zeit und Arbeitern
                              ungefaͤhr 50 p. C. Das ist jedoch einer der kleinsten
                              Vortheile bei diesem Verfahren. Die groͤßeren bestehen
                              darin, daß die Kuͤpe weniger matt wird, das Bad besser
                              gewaͤrmt wird, der Indigo sich besser aufloͤst,
                              die Kuͤpe schneller brauchbar wird und mehr und besser
                              faͤrbt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
