| Titel: | Ueber die Klärung der animalischen Decocte durch Eiweiß, von Hrn. Rissart, Apotheker zu Tarascon. | 
| Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XLIII., S. 124 | 
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                        XLIII.
                        Ueber die Klaͤrung der
                           animalischen Decocte durch Eiweiß, von Hrn. Rissart,
                           Apotheker zu Tarascon.
                        Aus dem Journal de
                                 Pharmacie, Juni 1829, S. 294.
                        Rissart, uͤber die Klaͤrung der
                           animalischen Decocte durch Eiweiß.
                        
                     
                        
                           Als ich vor einiger Zeit Syrup von Kalbslunge (sirop de mou de veau) bereitete,
                              wurde ich in meiner schon fruͤher gefaßten Ansicht
                              befestigt, daß naͤmlich animalische Decocte durch Eiweiß
                              nicht geklaͤrt werden koͤnnen, sondern im
                              Gegentheil dadurch getruͤbt werden, in dem das Eiweiß
                              nicht wie unter anderen Umstaͤnden gerinnt, sondern sich
                              damit vermengt, und daß es nur durch Zusaz einer Saͤure
                              abgeschieden werden kann, die es gerinnen macht und
                              niederschlagt, so daß die Fluͤssigkeit durchsichtig wird;
                              diese Saͤure, dachte ich, macht ohne Zweifel nicht nur
                              das zugesezte Eiweiß gerinnen, sondern auch das
                              urspruͤnglich in der Fluͤssigkeit vorhandene (weil
                              es sich oft schon durch bloßes Kochen abscheidet), und
                              vielleicht auch noch einen anderen Bestandtheil der
                              Fleischbruͤhe; wenn das Eiweiß nicht einen wesentlichen
                              oder bestaͤndigen Bestandtheil des animalischen Decoctes
                              ausmachen wuͤrde, so waͤre die Klaͤrung,
                              wobei man ein saures Salz anwenden muß, und welche dem Decoct
                              einen seiner Bestandtheile entzieht, nicht nur
                              unnuͤz, sondern sogar unzwekmaͤßig, und man
                              duͤrfte die Praͤparate, welche thierische
                              Substanzen enthalten, nicht klaͤren.
                           Ich habe den Syrup von Kalbslunge nach dem in der
                              Pharmacopoͤe vorgeschriebenen Verfahren bereitet; das
                              Decoct mit Zuker war nach gehoͤriger Abdampfung sehr
                              durchsichtig; ich behandelte es mit etwas geschlagenem Eiweiß,
                              es truͤbte sich aber augenbliklich und erhielt ein
                              schmuziges Aussehen; ich glaubte nun dieses Eiweiß
                              niederschlagen, also gerinnen machen zu muͤssen, wozu mir
                              der Weinstein geeignet schien; in der That wurden auch durch
                              dreißig Gran Weinstein beilaͤufig drei Pfund Syrup ganz
                              gereinigt und vollkommen durchsichtig.
                           Ganz dieselbe Beobachtung habe ich auch bei der Bereitung von
                              Gallerte, Bouillontafeln, u.s.w. gemacht; deßgleichen bei der
                              Bereitung von Gallerte aus islaͤndischem Moos und
                              Weinstein war unumgaͤnglich noͤthig, um das
                              zugesezte Eiweiß gerinnen zu machen. Woher kommt es, will ich
                              bei dieser Gelegenheit fragen, daß das Decoct von
                              islaͤndischem Moos in die Kategorie der animalischen
                              Decocte gehoͤrt? Nach den bisherigen Analysen
                              enthaͤlt das islaͤndische Moos kein Eiweiß und es
                              muß folglich ein anderer Bestandtheil desselben das Eiweiß
                              zuruͤkhalten, weil es sich nicht abscheidet. Woher kommt
                              es aber, daß das Eiweiß bei den animalischen Decocten durch
                              Einwirkung der Hize nicht gerinnt, oder sich wenigstens nicht
                              abscheidet; vielleicht darf man vermuthen, daß es sich mit dem
                              in diesen Fluͤssigkeiten schon enthaltenen Eiweiß
                              vereinigt, und daß lezteres es da, wo es in Verbindung ist, am
                              innigsten gebunden und vertheilt erhaͤlt, oder daß es
                              eine groͤßere Verwandtschaft zu einer mit ihm identischen
                              Substanz als zum Waͤrmestoff hat.
                           Aus diesen Beobachtungen folgt einerseits, daß man die
                              animalischen Decocte so wie diejenigen von islaͤndischem
                              Moos nicht durch Eiweiß klaͤren kann, und daß das saure
                              Salz, welches man zuzusezen genoͤthigt ist, auch einen
                              Bestandtheil eben dieser Decocte faͤllt; und
                              andererseits, daß man diese Art zu klaͤren
                              (naͤmlich mit Eiweiß und Weinstein zugleich) nur dann
                              anwenden sollte, wenn das Praͤparat sonst ein ekelhaftes
                              Aussehen behalten wuͤrde.