| Titel: | Clément-Desorme's siebente Vorlesung über die technische Chemie. | 
| Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXVIII., S. 277 | 
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                        LXVIII.
                        Clément-Desorme's siebente
                           Vorlesung uͤber die technische Chemie.
                        Aus dem Recueil
                                 Industriel, April 1829. S. 5.
                        Fortsezung vom Polytechnischen
                           Journal Bd. XXXIII. S.
                              130.
                        Mit Abbildungen auf Tab. IV.
                        Clément-Desorme's siebente
                           Vorlesung uͤber die technische Chemie.
                        
                     
                        
                           Blasemaschinen.
                           Die Quantitaͤt Luft, welche man einem Feuerraume dadurch
                              zufließen lassen kann, daß man seinen Zug durch einen
                              Schornstein verstaͤrkt, ist nicht hinreichend, um die
                              Verbrennung so zu beschleunigen und die Temperatur so sehr zu
                              erhoͤhen, als es einige technische Operationen erfordern.
                              Man wendet alsdann Blasemaschinen an, welche dem Brennmaterial
                              ein großes Volum Luft zufuͤhren. Da das Detail der
                              Einrichtung dieser Apparate nicht in das Gebiet der Chemie gehoͤrt, so werden wir hier bloß von der Berechnung
                              ihrer Wirkungen sprechen.
                           Um die Quantitaͤt der Luft, welche eine solche Maschine
                              liefert, zu bestimmen, muß man zuerst die Hoͤhe der
                              Luftsaͤule ausmitteln, die einen Druk, gleich demjenigen,
                              welcher in dem Behaͤlter der Maschine Statt findet,
                              ausuͤben wuͤrde; man muß sodann die diesem Druk
                              zukommende Geschwindigkeit berechnen, und diese ist, wie wir
                              wissen, gleich derjenigen, welche ein Koͤrper erlangen
                              wuͤrde, der frei von der Hoͤhe der
                              Bewegungssaͤule herabfaͤllt; endlich muß man die
                              Geschwindigkeit mit der Oberflaͤche der Oeffnung
                              multipliciren, durch welche die Luft entweicht, und die in
                              denselben Einheiten, deren man sich zur Bestimmung der
                              Geschwindigkeit bedient hat, ausgedruͤkt ist.
                           Den Druk, welcher in den Behaͤltern Statt findet, mißt man
                              vermittelst einer heberfoͤrmigen Roͤhre, welche
                              man an einer ihrer Waͤnde so anbringt, wie die in F, J,
                              Fig. 9. vorgestellte. Die Tension der Luft wird durch
                              die Differenz des Niveau des Wassers in den beiden Schenkeln des
                              Hebers, in F und in J, angezeigt. Um die
                              Wassersaͤule F, J' in eine
                              Luftsaͤule von demselben Gewicht zu verwandeln, muß man
                              ihre Hoͤhe mit 770 multipliciren, welche Zahl das
                              Verhaͤltniß der respektiven Dichtigkeiten dieser beiden
                              Koͤrper ausdruͤkt. Man findet alsdann die dieser
                              Bewegungssaͤule zukommende Geschwindigkeit, wenn man die
                              in Metern ausgedruͤkte Hoͤhe mit der constanten
                              Zahl 19,62 multiplicirtMan vergl. vierte Vorlesung, Bd. XXXIII. S. 131. und aus dem Product die Quadratwurzel auszieht.
                           Wir wollen nach diesen Principien vorerst die Quantitaͤt
                              Luft berechnen, welche ein Hufschmieds-Blasebalg liefert.
                              Der mittlere Druk betraͤgt darin nach den Beobachtungen 4
                              Centimeter Wasser; die Luftsaͤule, welche einen eben so
                              großen Druk, als 4 Centimeter Wasser hervorbringt, ist 0,04
                              × 770 = 30,80 Meter; die dieser Saͤule zukommende
                              Geschwindigkeit wird also seyn = √(19,62 × 30,80)
                              = √604,28 = 24,60 Meter fuͤr die Secunde. Der
                              Durchmesser der Deute (Roͤhre), welche die Luft in das
                              Feuer leitet, betraͤgt gewoͤhnlich 2 Centimeter;
                              ihre Oberflaͤche hat also 4 Kreiscentimeter, wovon man
                              785 Tausendtheile nehmen muß, um sie in Quadratcentimeter
                              umzuaͤndern, wodurch man sich der Wahrheit hinreichend
                              naͤhert. Dadurch erhalten wir in dem angegebenen Beispiel
                              4 × 785/1000= 3,12 Quadratcentimeter, und das Volum der
                              Luft, welche in einer Secunde austritt, wird 24,60 ×
                              0,000312 Quadratmeter = 0,076752 Kubikmeter betragen.
                           Wenn die Luft in dem Behaͤlter einer Blasemaschine stark
                              comprimirt ist, muß man die Veraͤnderung
                              ihrer Dichtigkeit beruͤksichtigen und an Statt der Zahl
                              770, welche das Verhaͤltniß des Gewichtes der nicht
                              comprimirten Luft zu demjenigen des Wassers ausdruͤkt,
                              eine andere Zahl nehmen, welche dieses Verhaͤltniß
                              fuͤr den vorhandenen Druk bezeichnet. Wir wollen als
                              Beispiel fuͤr diesen neuen Fall die Geschwindigkeit
                              berechnen, welche die Luft in den Hohoͤfen zum
                              Ausschmelzen des Eisens, die mit Kohks gespeist werden,
                              erlangt.
                           Der hoͤchste Druk in diesen Oefen betraͤgt den
                              vierten Theil des atmosphaͤrischen Druks und entspricht
                              einer Wassersaͤule von 2,50 Meter. Die Zahl 770 muß also
                              um ein Viertel vermindert werden und das Verhaͤltniß des
                              Gewichts des Wassers zu dem der Luft unter diesem Druk, wird
                              577,50. Die einer Wassersaͤule von 2,50 Meter
                              entsprechende Saͤule comprimirter Luft wird also = 2,50
                              M. × 577,50 = 1444 Meter betragen und die durch diese
                              Bewegungssaͤule hervorgebrachte Geschwindigkeit =
                              √(19,62 × 1444) = √28331 = 169 seyn. Wenn
                              die Oeffnung, durch welche die Luft austritt, 0,25
                              Quadratdecimeter hat, betraͤgt sie 0,0025 Quadratmeter
                              und das Volum, welches durch diese Oeffnung in einer Secunde
                              austritt, wird 169 × 0,0025 = 0,42 Kubikmeter seyn; da
                              dieses Volum aber der comprimirten Luft angehoͤrt, so muß
                              man es noch um ein Viertel vermehren, um dasjenige zu erhalten,
                              welches ihr bei der gewoͤhnlichen Dichtigkeit zukommt; es
                              ergibt sich also, daß 0,42 + 0,42/4 = 0,525 Kubikmeter nicht
                              comprimirte Luft in einer Secunde durch diese Oeffnung
                              entweichen. Man muß oft berechnen, welche Geschwindigkeit der
                              Luftstrom erlangen muß, damit er durch eine gegebene Oeffnung
                              eine Quantitaͤt Luft leitet, welche hinreichend ist, die
                              Kohlenmasse, die darin binnen einer bestimmten Zeit verbrannt
                              werden soll, zu verzehren. Alle zur Aufloͤsung dieses
                              Problems erforderlichen Data kommen in den von uns untersuchten
                              Faͤllen vor, wie man dieses aus dem folgenden Beispiele
                              ersehen wird. Wir wollen naͤmlich nun die Geschwindigkeit
                              berechnen, welche ein Luftstrom, der durch eine Roͤhre
                              von 4 Centimeter Durchmesser streicht, erhalten muß, damit er in
                              einem Hohofen, welcher taͤglich 2500 Kilogr. Gußeisen
                              liefert, die erforderliche Quantitaͤt Holzkohle
                              verbrennt.
                           Die Quantitaͤt Kohle, welche taͤglich verbrannt
                              werden muß, betraͤgt so viel, als fuͤnfundzwanzig
                              Klafter Holz, die 1080 Kilogrammen wiegen, hervorbringen
                              koͤnnen; jedes Klafter gibt aber 150 Kilogrammen Kohlen,
                              was 3750 Kilogr. ausmacht. Die Quantitaͤt Luft, welche
                              fuͤr die doppelte MengeMan vergl. fuͤnfte Vorlesung, Bd. XXXIII. S.
                                    136. erforderlich ist, betraͤgt 3750 × 18 =
                              67500 Kubikmeter taͤglich und 67500/86400 = 0,78 K. M.
                              fuͤr die Secunde. – Wenn der gegebene Durchmesser
                              der Roͤhre = 0,04 ist, so wird die Oberflaͤche
                              0,000312 QuadratcentimeterMan vergl. Bd. XXXIII. S. 138. betragen und die Geschwindigkeit, welche erforderlich
                              ist, um durch diese Oeffnung 0,78 K. M. Luft zu treiben, durch
                              0,780000/0,000312 = 250 Meter ausgedruͤkt werden. Um nun
                              die Hoͤhe der Bewegungs-Luftsaͤule zu
                              erfahren, welche diese Geschwindigkeit von 250 Meter
                              hervorbringen wird, muß man das umgekehrte Verfahren von
                              demjenigen einschlagen, wodurch wir die einer Saͤule von
                              bekannter Hoͤhe zukommende Geschwindigkeit bestimmten,
                              und folglich mit 19,62, als constanter Zahl, das Quadrat der
                              erforderlichen Geschwindigkeit dividiren. Diese Hoͤhe
                              wird also 250²/19,62 = (250 × 250)/19,62 =
                              62500/19,62 = 320 Meter betragen. In dem Behaͤlter der
                              Blasemaschine dieses Hohofens wird folglich ein Druk Statt
                              finden muͤssen, gleich demjenigen, welcher durch eine
                              Luftsaͤule von 320 Meter Hoͤhe oder durch eine
                              Wassersaͤule von 0,415 M. hervorgebracht wird, denn
                              320/770 = 0,415.
                           In England wendet man bei den Hohoͤfen, die mit Kohks
                              gespeist werden, Blasemaschinen von sehr großer Wirkung an,
                              welche auf eine aͤhnliche Art, wie die Cylinder der
                              Dampfmaschinen mit doppelter Wirkung, eingerichtet sind. In Fig. 10. ist eine solche Blasemaschine im
                              Durchschnitt vorgestellt, und man kann daraus ersehen, daß sie
                              so eingerichtet ist, daß sie stets dem Behaͤlter eine der
                              Capacitaͤt des Cylinders gleiche Quantitaͤt Luft
                              zufuͤhrt, der Staͤmpel mag steigen oder fallen. Es
                              gibt solche Maschinen, deren Cylinder 108 Zoll im Durchmesser
                              hat; sie geben 16 Kubikmeter Luft mit jedem Hub des
                              Staͤmpels, der sich mit einer Geschwindigkeit von
                              zwoͤlf Huͤben fuͤr die Minute bewegt; sie
                              verschaffen eine Quantitaͤt Luft, welche hinreichend ist,
                              um taͤglich 31000 Kilogrammen Kohks zu verbrennen, was
                              eben so viel ist, als 60000 Kilogrammen Steinkohlen oder 600
                              Hectoliter voll. Diese Hohoͤfen erzeugen in 24 Stunden
                              10000 Kilogr. (200 Ztr.) Gußeisen. In Wallis gibt es deren,
                              welche jaͤhrlich 25 bis 30 Millionen Kilogrammen (500000
                              bis 600000 Ztr.) Stangeneisen in den Handel liefern,
                              waͤhrend die groͤßten Hohoͤfen in
                              Frankreich hoͤchstens 200000 Kilogr. geben, was mehr als
                              zehn Mal weniger ist.
                           Um die Unannehmlichkeiten der Schornsteine an Bord der
                              Dampfschiffe zu vermeiden, hat man bisweilen den
                              unter dem Namen von Desaguillier's
                                 Ventilator bekannten Apparat angewandt. Man
                              laͤßt durch ihn den Rauch aufsaugen und er vermehrt so
                              den Zug, ohne daß man einen Schornstein zu errichten
                              noͤthig hat. Er hat große Aehnlichkeit mit der
                              Puzmuͤhle, und besteht aus einem durch vier
                              Fluͤgel gebildeten Rade, welches sich in einer
                              cylindrischen Huͤlse bewegt, deren Grundflaͤchen
                              durch Boͤden verschlossen werden, in deren Mitte die
                              Pfannen angebracht sind, worin die Achse des Rades sich dreht.
                              Durch eine in dem Cylinder angebrachte Oeffnung tritt der Rauch
                              aus, welcher durch andere in den Boͤden angebrachte und
                              mit dem Feuerraum in Verbindung stehende Oeffnungen aufgesogen
                              wird. Dieser Apparat mag zwekmaͤßig seyn, wenn man ihn
                              von solcher Groͤße herstellt, daß es nicht noͤthig
                              ist, ihm eine Geschwindigkeit zu ertheilen, welche einen
                              betraͤchtlichen Theil von der Kraft der Dampfmaschine in
                              Anspruch nehmen muͤßte. Wenn man z.B. einer Maschine
                              dieser Art, welche 2 Meter im Durchmesser hat, eine
                              Geschwindigkeit von 6 Umdrehungen fuͤr die Secunde
                              ertheilen muͤßte, so wuͤrde sie dann die Kraft von
                              2 1/2 Pferden erfordern, was viel waͤre; wenn es aber
                              hinreichend waͤre, ihr eine Geschwindigkeit von 3
                              Umdrehungen zu ertheilen, so wuͤrde sie nur noch den
                              vierten Theil dieser Kraft verbrauchen und koͤnnte
                              vortheilhaft angewandt werden. Dieser Apparat, welcher auch so
                              hergestellt werden kann, daß er Luft zublaͤst, an Statt
                              sie aufzusaugen, ist also gut oder schlecht, je nach seiner
                              Bestimmung und kann unter einigen Umstaͤnden vortheilhaft
                              seyn.
                           Wenn es in der Naͤhe der Huͤtten
                              Wasserfaͤlle gibt, die nicht ganz benuzt werden, so kann
                              man sie durch Anwendung der Wassertrommel zum Theil geradezu in
                              eine Blasemaschine verwandeln. Die Wassertrommel, welche in Fig. 11. im Durchschnitt vorgestellt ist, besteht aus
                              einer senkrechten Roͤhre BB, durch welche das von dem Kanal A zugefuͤhrte Wasser in die
                              Tonne CC auf die Platte D faͤllt. Diese Roͤhre
                              verengert sich an dem oberen Theile, welcher den Namen Trichter fuͤhrt; sie erweitert
                              sich sodann, und ist an dieser Stelle mit vier Loͤchern
                              durchbohrt, die man Trompeten nennt,
                              und welche dazu bestimmt sind, die Luft in das Innere der
                              Roͤhre BB hineindringen
                              zu lassen. Diese Trompeten, welche eine kegelfoͤrmige
                              Gestalt haben, sind schief in dem Koͤrper der
                              Roͤhre angebracht; das Wasser reißt beim Herabfallen
                              einen Theil Luft mit sich, die auf die Platte D zustroͤmt, und durch die
                              Roͤhre EE, welche man
                              Windtraͤger nennt, und die
                              sich in die Deute endigt, entweicht. Bei dieser Maschine wird
                              die Triebkraft nicht vortheilhaft benuzt; da aber alle ihre
                              einzelnen Theile fix sind, so muß sie von langer Dauer seyn.
                           Man hat auch als Blasemaschine eine Aeolipila angewandt, die aus
                              einem Dampfkessel bestand, aus welchem man den Dampf, der durch
                              eine Roͤhre in den Feuerraum geleitet wurde, erst dann
                              entweichen ließ, nachdem er einen hohen Druk erlangt hatte. Der
                              Dampf riß durch seine mechanische Kraft eine große Menge Luft
                              mit sich. Dieser Apparat gab keine vortheilhaften Resultate; der
                              Dampf wirkte nachtheilig auf die in dem Ofen behandelten
                              Substanzen. Das Gußeisen, zum Beispiel, war durch das Wasser
                              oxydirt, es wurde hart und sogar zum Theil zerstoͤrt, und
                              dieses anscheinend oͤkonomische Verfahren, Wind zu
                              erzeugen, war in der That wegen der Abgaͤnge, welche es
                              verursachte, sehr kostspielig.
                           
                        
                           Speisung eines Ofens mit
                                 Brennmaterial.
                           Nachdem wir nun die Quantitaͤt der Luft, welche
                              noͤthig ist, um eine vollstaͤndige Verbrennung zu
                              bewirken, bestimmt, und die Verfahrungsweisen, welche man in den
                              Manufacturen angewandt hat, um sie durch den Feuerraum zu
                              leiten, aus einander gesezt haben, muͤssen wir uns mit
                              der Speisung der Oefen mit Brennmaterial, und mit den
                              Vorsichtsmaßregeln beschaͤftigen, welche man zu ergreifen
                              hat, damit die Verbrennung gleichfoͤrmig und
                              regelmaͤßig Statt findet.
                           Da die Verbrennung das Resultat einer chemischen Verbindung ist,
                              so muß der Sauerstoff mit dem Brennmaterial in Beruͤhrung
                              kommen, denn ohne unmittelbare Beruͤhrung erfolgt niemals
                              eine chemische Vereinigung. Wenn das Brennmaterial in großen
                              Stuͤken vorhanden ist, findet die Verbrennung nur
                              allmaͤhlich Statt; wenn es hingegen in ein feines Pulver
                              verwandelt und mit dem Sauerstoff in Beruͤhrung ist,
                              erfolgt sie augenbliklich. Die Entzuͤndung des
                              Schießpulvers ist ein auffallendes Beispiel einer schnellen
                              Verbrennung, aber in diesem Falle ist auch der Sauerstoff des
                              Salpeters mit dem Schwefel unmittelbar in Beruͤhrung.
                           In den mit Mauern umgebenen Feuerraͤumen muß die Luft die
                              Schichte des auf den Rost gelegten Brennmateriales
                              durchstreichen koͤnnen, damit der Sauerstoff mit allen
                              brennbaren Theilchen in Beruͤhrung kommt. Wenn die
                              Steinkohle nicht von der Beschaffenheit ist, wo man sie bindend (collante) nennt, sondern einzelne Stuͤke
                              bildet, so lassen diese zwischen sich Raum genug, daß die Luft
                              hindurchstreichen kann; wenn sie aber bindend ist, so vereinigen
                              sich die Stuͤke mit einander und bilden eine compacte
                              Schichte, welche die Luft nicht durchstreichen kann. Man muß
                              alsdann nur wenig Brennmaterial auf Einmal auf den Feuerherd
                              legen und oͤfters solches aufwerfen; wenn die Steinkohle
                              zu fett seyn und dieses Mittel nicht hinreichen sollte, so
                              muͤßte man sie mit magerer Steinkohle vermengen. Man hat
                              es in London dahin gebracht, den Rauch, welcher dort
                              bestaͤndig die Atmosphaͤre verdunkelte, um vieles
                              bloß dadurch zu vermindern, daß man
                              allgemein eine solche Vermengung vornahm; denn der Rauch
                              entsteht immer nur durch eine unvollstaͤndige
                              Verbrennung, und wenn die Kohlenschichte nicht die erforderliche
                              Quantitaͤt Luft in den Feuerraum hineinbringen
                              laͤßt, so verwandelt sich der ganze obere Theil des
                              Brennmaterials, weil er aus Mangel an Luft nicht verbrennen
                              kann, in Rauch. Oft gelingt es den in einem Ofen entstandenen
                              Rauch fast ganz dadurch zu verzehren, daß man einen Luftstrom
                              hineintreten laͤßt, welcher ihn bei seiner hohen
                              Temperatur augenbliklich entzuͤndet; dieses Mittel wird
                              unter anderen bei den sogenannten rauchverzehrenden Oefen angewandt, die ihren Rauch
                              verbrennen; sie muͤssen aber so hergestellt seyn, daß die
                              Luft so heiß hinzutritt, daß sie den Rauch nicht
                              abkuͤhlen kann, weil er sonst nicht mehr verbrennen
                              wuͤrde, und daß sie keinen betraͤchtlichen Theil
                              der entbundenen Waͤrme entzieht.
                           Um die Feuerheerde, besonders aber die zum Erhizen der Kessel der
                              Dampfmaschinen bestimmten, mit Brennmaterial zu unterhalten, hat
                              man mechanische Mittel angewandt, weil man sich dann eines
                              Theiles der Kraft der Maschine bedienen konnte, um den
                              Speisungs-Mechanismus in Bewegung zu sezen. Ein solcher
                              Apparat ist in Fig.
                                 12. vorgestellt und besteht hauptsaͤchlich aus
                              zwei mit spizen Kanten versehenen Reibcylindern HH, die das in dem Trichter
                              G befindliche Brennmaterial,
                              welches den Feuerherd speisen muß, zerstoßen und
                              regelmaͤßig vertheilen. Ein vertikaler Ventilator K schleudert die Kohle auf den Rost.
                              Die Fluͤgel dieses Ventilators haben eine dreiekige
                              Gestalt, damit die Kohlenstuͤke mehr oder weniger weit
                              geworfen werden, je nachdem sie von den Fluͤgeln des
                              Ventilators an einem von der Achse L
                              mehr oder weniger weit entfernten Punkte getroffen werden; diese
                              Achse wird durch eine auf ihr angebrachte Schraube ohne Ende
                              vermittelst des gezahnten Rades M
                              schnell umgedreht; das Rad M
                              erhaͤlt seine Bewegung durch die Rolle N, welche mit der ersten Triebkraft
                              communicirt; eben diese Rolle treibt auch durch einen sehr
                              einfachen Mechanismus die Cylinder HH.
                           Dieser scharfsinnige Apparat erfuͤllt seinen Zwek
                              vollkommen und wird mit Erfolg in mehreren englischen
                              Werkstaͤtten angewandt, waͤhrend man in Frankreich
                              seinen Gebrauch aufgegeben hat. Es ist zu bedauern, daß die
                              damit angestellten Versuche nicht gelungen sind, weil er nicht
                              nur den Feuerraͤumen eine bestaͤndig gleiche
                              Waͤrme erhaͤlt, sondern auch Brennmaterial
                              erspart, indem die beim Oeffnen der Ofenthuͤre sonst
                              jedes Mal austretende Waͤrme, welche, wie wir bald sehen
                              werden, betraͤchtlich ist, hiebei nicht verloren
                              geht.
                           
                        
                           Ueber den Rost eines
                                 Feuerraumes.
                           Der Rost ist einer der wichtigsten Theile eines Feuerraumes; er
                              muß so construirt seyn, daß er nicht nur die zur Verbrennung
                              noͤthige Luft durchstreichen und die Asche durchfallen
                              laͤßt, sondern auch das Gewicht des Brennmateriales
                              tragen kann, ohne sich bei der hohen Temperatur, die er
                              erhaͤlt, zu biegen.
                           Der Rost besteht aus Stangen von geschmiedetem oder Gußeisen,
                              welche parallel neben einander gelegt werden, deren Dike durch
                              die Dimensionen des Rostes und deren Entfernung durch die
                              Beschaffenheit des Brennmateriales bedingt wird; man hat
                              allgemein fuͤr die großen zum Brennen der Steinkohlen
                              bestimmten Feuerherde Stangen von der in Fig.
                                 13. vorgestellten Form angenommen, welche 3 Centimeter
                              dik und 8 bis 10 Centimeter hoch sind, und zwischen welchen ein
                              leerer Raum von 1 Centimeter Breite ist; es bleibt hiebei also
                              ein Viertel der Oberflaͤche des Rostes fuͤr den
                              Durchgang der Luft offen; die Form der in Fig.
                                 13. im Durchschnitte vorgestellten Stangen erleichtert
                              das Durchfallen der Asche und des Hammerschlages, und da ihr
                              unterer Theil bestaͤndig durch die Luft, welche in den
                              Feuerraum stroͤmt, abgekuͤhlt wird, so bleibt er
                              kalt und biegt sich nicht unter dem Gewicht des
                              Brennmaterials.
                           Man kann keine allgemeine Regel fuͤr die dem Rost zu
                              ertheilende Groͤße und Gestalt festsezen, aber man wird
                              sie leicht fuͤr jeden besonderen Fall berechnen
                              koͤnnen, wenn man sich an das folgende Beispiel
                              haͤlt, worin die Groͤße des Rostes fuͤr
                              einen Feuerraum berechnet wird, der sich zur stuͤndlichen
                              Verbrennung von 100 Kilogrammen Kohle eignet und dessen
                              Schornstein bei 0,025 Quadratmeter Durchschnitt, 20 Meter hoch
                              ist, und in welchem die Aufsteigungs-Geschwindigkeit der
                              Luft 10 Meter betraͤgt.
                           Da die Steinkohle und die Holzkohle bei gleichem Gewichte eine
                              gleiche Quantitaͤt Luft zur Verbrennung erfordern, so
                              wird der Rost eines Feuerraumes, auf welchem das eine oder das
                              andere dieser Brennmaterialien verbrannt werden soll, auf
                              gleiche Weise berechnet. Da stuͤndlich 100 Kilogr. Kohle
                              verbrannt werden muͤssen, so wird die zu ihrer
                              Verbrennung erforderliche Luft fuͤr die Stunde
                              ungefaͤhr 100 × 20 K. M. = 2000 K. M. und
                              fuͤr die Secunde 2000/3600 = 0,555 K. M. betragen. Da die
                              Geschwindigkeit der Luft 10 Meter ist, so wird der kleinste
                              Durchschnitt der zu ihrem Durchgange noͤthigen Oeffnung
                              0,555/10 = 0,0555 Quadratmeter oder 5,55 Quadratcentimeter
                              betragen.
                           Weil die Steinkohle zu ihrer Entzuͤndung eine hohe
                              Temperatur erfordert, muß immer eine sehr betraͤchtliche
                              Masse Brennmaterial auf dem Feuerherde liegen, damit eine
                              hinreichende Hize unterhalten wird, und man darf
                              auch keine zu große Masse kaltes Brennmaterial auf Einmal
                              aufwerfen; in unserem Beispiele muͤssen 100 Kilogr.
                              Steinkohlen in den Ofen kommen und diese stuͤndlich zu
                              verbrennenden 100 Kilogr. muͤssen in zehn Portionen,
                              folglich in sechs Minuten immer 10 Kilogr., hineingebracht
                              werden. Damit die Verbrennung vollstaͤndig Statt findet,
                              ohne daß zu viel unverbrannte Luft entweichen kann, muß die Dike
                              der Kohlenschichte 10 Centimeter betragen, und da ein Kubikmeter
                              Kohle im Durchschnitt 800 Kilogr. wiegt, so wird die
                              Oberflaͤche des Rostes 125 Quadratdecimeter seyn
                              muͤssen. Ein Rost von 1 Meter Breite auf 1 Meter und 25
                              Centimeter Laͤnge wird also einerseits die erforderliche
                              Groͤße und andererseits eine seinen Zwek
                              befoͤrdernde Form haben.
                           Die offene Oberflaͤche des Rostes wird 1,25 Meter/4 = 31
                              Quadratcentimeter seyn, und da die Erfahrung gelehrt hat, daß
                              die Steinkohle beilaͤufig 5/6 dieser Oeffnung verstopft,
                              so wird der wirklich frei bleibende Raum, durch welchen die Luft
                              eindringen kann, gleich 1/6 von 31 Centimeter = 0,055
                              Quadratcentimeter seyn, was ziemlich die kleinste Oeffnung ist,
                              welche fuͤr den Durchgang der unter dem angenommenen Druk
                              noͤthigen Luftmenge erforderlich ist, und man muß
                              erstaunen, wie klein sie in Verhaͤltniß zu der ungeheuern
                              Quantitaͤt der verbrannten Kohle ist.
                           Zum Verbrennen des Holzes wendet man selten Feuerraͤume
                              an, welche mit einem Rost versehen sind; wenn man aber solche
                              gebrauchen wollte, so muͤßte der Rost um die
                              Haͤlfte kleiner als fuͤr die Steinkohlen gemacht
                              werden, weil die Quantitaͤt des bei der Verbrennung
                              verschlukten Sauerstoffs immer mit der Quantitaͤt der
                              entbundenen Waͤrme in Verhaͤltniß steht, und da
                              das Holz durch seine Verbrennung nur ungefaͤhr halb so
                              viel Waͤrme als die Steinkohle erzeugt, so ist auch, um
                              einen Feuerraum mit Holz zu speisen, nur halb so viel Luft
                              noͤthig, als fuͤr einen gleich großen Feuerraum
                              mit Kohlen. Auf der anderen Seite verstopft auch die Steinkohle
                              den Rost viel mehr als das Holz, welches regelmaͤßigere
                              Stuͤke bildet.
                           Der Aschenraum ist der unter dem Rost befindliche Theil des
                              Feuerraums, worin sich die Asche sammelt. Die Dimensionen dieses
                              Raumes waren fruͤher viel zu groß und verursachten großen
                              Aufwand an Brennmaterial; man macht sogar jezt noch die
                              Thuͤren der Aschenraͤume viel zu groß, so daß die
                              Geschwindigkeit der Luft darin viel zu gering ist; man darf dem
                              Aschenraume keine groͤßeren Dimensionen geben, als zum
                              Reinigen des Feuerherdes und zum Herausziehen der Asche
                              noͤthig sind.
                           Alle in dem Mauerwerk eines Feuerraumes angebrachten Oeffnungen
                              muͤssen mit eisernen Scharnieren versehen werden, damit
                              sie den Stoͤßen widerstehen und genau verschlossen werden
                              koͤnnen, denn es ist nuͤzlich, dem Erkalten der
                              Oefen, wenn die Arbeit augenbliklich unterbrochen wird,
                              zuvorkommen, und es ist wichtig den Zutritt der kalten Luft zu
                              dem oberen Theile des Feuerraumes verhindern zu koͤnnen,
                              wie man dieses aus der folgenden Berechnung ersehen wird.
                           
                        
                           Berechnung des Waͤrmeverlustes,
                                 welcher durch das Oeffnen der Thuͤre eines
                                 Feuerraumes entsteht.
                           Wenn man die Thuͤre eines Feuerraumes oͤffnet,
                              dringt eine Masse kalter Luft hinein und entzieht eine
                              betraͤchtliche Quantitaͤt Waͤrmestoff, und
                              ein Theil des Brennmateriales entweicht als Rauch, weil es nicht
                              stark genug erhizt wurde, um sich zu entzuͤnden; der
                              unter diesen Umstaͤnden entstehende Waͤrmeverlust
                              ist betraͤchtlich, wie dieses die folgende Berechnung
                              zeigt, welche sich auf die Oefen einer Woolf'schen Dampfmaschine
                              von 6 Pferde Kraft bezieht, die stuͤndlich 20 Kilogr.
                              Steinkohlen verzehren. Da zur Verbrennung eines Kilogr.
                              Steinkohlen wenigstens 10 Kubikmeter Luft erforderlich sind, so
                              erfordern 20 Kilogr., 200 K. M., welche verdoppelt 400 K. M.
                              ausmachen, die mit 1,25 Kilogr., dem Gewicht eines Kubikmeters,
                              multiplicirt, das Gewicht der zu verbrennenden Luft zu 500
                              Kilogr. ergeben. Da nun die Capacitaͤt der Luft
                              fuͤr den Waͤrmestoff ziemlich ein Viertel von
                              derjenigen des Wassers ist, und die durch den Schornstein
                              entweichende Luft 200° hat, so wird die von der
                              verbrannten Luft mitgerissene Waͤrme bei verschlossener
                              Thuͤre des Feuerraums 500/4 × 200° = 125
                              × 200 = 25000 Waͤrme-Einheiten seyn, und da
                              die ganze entbundene Waͤrme 20 Kilogr. × 7050
                              Waͤrme-Einheiten = 141000 ist, so wird das
                              Verhaͤltniß zwischen diesen beiden Quantitaͤten
                              25/141 oder 17,75/100.
                           Wir wollen nun annehmen, man muͤßte, um das Brennmaterial
                              in den Ofen zu bringen, die Thuͤre desselben fuͤr
                              jede Stunde acht Minuten lang offen lassen und den dadurch
                              entstehenden Waͤrmeverlust berechnen, wenn die
                              Thuͤre, wie gewoͤhnlich 30 Centimeter in der
                              Hoͤhe und in der Breite hat und die Geschwindigkeit des
                              Zuges im Schornstein 10 Meter ist. Da die Oberflaͤche der
                              Thuͤre 9 Quadratdecimeter betraͤgt, so
                              stroͤmen in jeder Secunde 9 Dec. × 100 Dec. = 900
                              Kub. Decm. = 0,90 Kubikmeter hinein; folglich in einer Minute 54
                              und in 8 Minuten 422 Kubikmeter; und da, wie oben gezeigt wurde,
                              nur 400 K. M. Luft noͤthig sind, um die Verbrennung zu
                              unterhalten, so ergibt sich, daß man, wenn die Thuͤre in
                              jeder Stunde nur acht Minuten lang offen bliebe, eine mehr als
                              doppelte Quantitaͤt Luft erhizen und die durch den
                              Schornstein verloren gehende Waͤrme auch mehr als
                              verdoppelt werden muͤßte.
                           Man kann diesen Verlust dadurch vermindern, daß man hinter dem
                              Ofen Thuͤren (sogenannte Register) anbringt, welche die
                              Communication mit dem Schornsteine beseitigen, und sie zu drei
                              Viertel verschließt, ehe man die Thuͤre des Feuerraumes
                              oͤffnet, um das Brennmaterial auf den Rost zu werfen; es
                              ist wichtiger, als man gewoͤhnlich nicht glaubt, auch
                              jeden Abend, wenn man die Operation unterbricht, diese Register
                              und die Thuͤre der Oefen sorgfaͤltig zu
                              verschließen; und viele Fabrikanten wuͤrden sich sehr
                              wundern, wenn man ihnen zeiget wuͤrde, welche
                              betraͤchtliche Ersparniß sie sich durch eine genaue
                              Aufsicht in dieser Beziehung verschaffen koͤnnten.
                           
                        
                           Achte Vorlesung.
                           
                              Construction der Oefen.
                              Das Problem, die zwekmaͤßigste Einrichtung eines Ofens
                                 anzugeben, ist sehr verwikelt und wir haben noch nicht alle
                                 Principien abgehandelt, welche bekannt seyn muͤssen,
                                 damit man es vollstaͤndig und genuͤgend
                                 loͤsen kann. Wir koͤnnen bis jezt nur die
                                 Geschwindigkeit und das Volum der Luft, welche den
                                 Schornstein durchstreicht, die Dimensionen der Oeffnungen,
                                 welche davon abhaͤngen, und die Quantitaͤt des
                                 zu verbrennenden Brennmateriales berechnen. Wir
                                 muͤssen noch die verschiedenen Anwendungen, welche
                                 man von der Waͤrme machen kann, kennen lernen und
                                 wissen, ob der Ofen eine niedrige oder eine hohe Temperatur
                                 haben muß.
                              Oefen von niedriger Temperatur nennt man diejenigen, welche
                                 dazu bestimmt sind eine Wirkung hervorzubringen, die keine
                                 hoͤhere Temperatur als 100° C. erfordert;
                                 dahin gehoͤren diejenigen, welche zum Erhizen des
                                 Wassers, zur Destillation, zum Erhizen der Kuͤpen in
                                 den Faͤrbereien u.s.w. angewandt werden. Es findet
                                 ein ungeheuerer Unterschied zwischen der Temperatur Statt,
                                 welche diese Zweke erheischen, und derjenigen, welche zum
                                 Schmelzen des Glases, der Metalle, zum Brennen des
                                 Porcellanes, der Toͤpferwaaren u.s.w. erfordert
                                 wird.
                              Ein sehr großer Unterschied, welcher zwischen den Oefen von
                                 niedriger und denjenigen von hoher Temperatur Statt findet,
                                 besteht darin, daß erstere mit derselben Quantitaͤt
                                 Brennmaterial eine bessere und groͤßere Wirkung
                                 hervorbringen. Die Steinkohle muß nach der Theorie durch
                                 ihre Verbrennung 7000 Waͤrme-Einheiten
                                 erzeugen. In gut construirten Oefen von niedriger Temperatur
                                 erhaͤlt man zwei Drittel dieses Maximums,
                                 waͤhrend in denjenigen von hoher Temperatur nur ein Zehntel und bisweilen nur ein Zwanzigstel davon
                                 hervorgebracht wird. Dieser Unterschied ruͤhrt daher,
                                 daß im ersteren Falle die Temperatur des Feuerraumes viel
                                 hoͤher als die des zu erhizenden Koͤrpers ist,
                                 waͤhrend sie sich im zweiten derselben mehr
                                 naͤhert; denn da der Feuerraum 1200 und bisweilen
                                 sogar 2000° hat, so ist fuͤr ihn ein Kessel
                                 voll Wasser, welches bei 100° kocht, eine Eisgrube,
                                 die den Waͤrmestoff sehr begierig anzieht; sie wirkt
                                 in der That auf eine aͤhnliche Art auf ihn, wie ein
                                 Schwamm auf das Wasser, sie saugt die Waͤrme auf und
                                 bemaͤchtigt sich derselben mit Leichtigkeit. Wenn man
                                 aber an Statt eines Kessels, welcher eine Temperatur von
                                 100° erhalten muß, in den Feuerraum einen Tiegel
                                 stellt, welcher Kupfer enthaͤlt, das erst bei 11 oder
                                 1200° in Fluß kommt, oder Gußeisen, welches deren
                                 1400 erfordert, so betraͤgt der Unterschied zwischen
                                 der Temperatur des Feuerraumes und derjenigen des zu
                                 erhizenden Koͤrpers nur noch 6 oder 800°,
                                 waͤhrend er im ersteren Falle 1900 betrug. Man
                                 begreift leicht, daß er alsdann den Waͤrmestoff weder
                                 so schnell, noch so begierig mehr anzieht.
                              
                           
                              Oefen von niedriger
                                    Temperatur.
                              Oefen von niedriger Temperatur werden in den Fabriken sehr
                                 haͤufig und zu sehr verschiedenen Zweken angewandt.
                                 Es ist nicht noͤthig, sie alle durchzugehen und wir
                                 werden uns darauf beschraͤnken, ihre Wirkung in
                                 einigen Beispielen zu berechnen, welche hinreichend seyn
                                 werden, damit man sich in allen anderen etwa vorkommenden
                                 Faͤllen zu helfen weiß. Da aber diese Oefen
                                 meistentheils zum Erhizen einer in einem Kessel enthaltenen
                                 Fluͤssigkeit bestimmt sind, so muß man zuerst die
                                 nuͤzliche Wirkung, welche man von diesen Apparaten
                                 erhaͤlt, kennen.
                              Man hat lange Zeit geglaubt, daß die Wirkung, welche man von
                                 einem Kessel erhaͤlt, sich nach seiner
                                 Capacitaͤt richtet; dieß war aber ein Irrthum. Da der
                                 Kessel ein kalter Koͤrper ist, welcher einer hohen
                                 Temperatur ausgesezt wird, so muß er sich um so schneller
                                 erhizen, je groͤßer die Oberflaͤche ist, durch
                                 welche er mit dieser Temperatur in Beruͤhrung kommt.
                                 Der Kessel muß als ein Raum betrachtet werden, welcher mit
                                 einer comprimirten Fluͤssigkeit umgeben ist, die
                                 durch seine Waͤnde wie durch ein Sieb geht, welches
                                 die Eigenschaft haͤtte, die Fluͤssigkeit in
                                 sich zu halten und den Waͤrmestoff fahren zu lassen;
                                 sein Inhalt kommt also nicht in Betracht. Man braucht nur
                                 die Groͤße der der Wirkung dieser Fluͤssigkeit
                                 ausgesezten Oberflaͤche und den Unterschied ihrer
                                 Tension in den beiden Raͤumen zu
                                 beruͤksichtigen. Man hat also nur die Dimensionen der
                                 Waͤnde des dem Feuer ausgesezten Kessels und den
                                 Unterschied in der Temperatur zwischen dem Feuerraume und
                                 dem Inneren des Kessels zu berechnen. Wenn man
                                 die einem Kessel zu ertheilende Groͤße bestimmen
                                 will, so muß man zuerst die Groͤße der
                                 Oberflaͤche ausmitteln, die dem Feuer ausgesezt
                                 werden muß, damit man die noͤthige Wirkung
                                 erhaͤlt; und als Basis fuͤr diese Berechnung
                                 wollen wir sehen, wie viel Waͤrme ein Quadratmeter
                                 des Kessels in einer Stunde, die wir als Zeit-Einheit
                                 annehmen, aufnehmen kann, wenn er auf einen Feuerraum
                                 aufgesezt wird.
                              Um diese Wirkung moͤglichst genau zu schaͤzen,
                                 ist es gut, vorerst das Maximum der
                                 Waͤrme-Quantitaͤt zu kennen, die in
                                 einen Kessel durch einen Meter Oberflaͤche eindringen
                                 kann. Im guͤnstigsten Fall ist gewiß ein Kessel,
                                 welcher in einen Feuerraum von Holzkohlen eingesezt ist, die
                                 durch einen Blasebalg angefacht werden. Hr. Clément hat diesen Versuch
                                 angestellt und gefunden, daß alsdann die
                                 Waͤrme-Quantitaͤt, welche in einer
                                 Stunde durch einen Quadratmeter Oberflaͤche geht, die
                                 Temperatur eines Kubikmeters Wasser von 0 Grad bis auf 65
                                 Centesimalgrade erhoͤhen kann; da ein Kubikmeter
                                 Wasser 1000 Kilogrammen wiegt, so ist also die
                                 moͤglich groͤßte Wirkung mit dieser
                                 Oberflaͤche, 65000 Waͤrme-Einheiten
                                 fuͤr die Stunde.
                              Man erreicht aber bei den technischen Operationen diesen
                                 Punkt bei weitem nicht, denn der Kessel beruͤhrt
                                 niemals das Feuer und man erhaͤlt immer eine
                                 groͤßere Wirkung durch die Beruͤhrung mit dem
                                 Feuer als durch die uͤber demselben befindliche
                                 erhizte Luft, welche niemals eine so hohe Temperatur wie der
                                 Feuerraum erlangt. Uebrigens bildet sich nach und nach
                                 sowohl außerhalb als innerhalb der Kessel eine
                                 Huͤlle, welche die Quantitaͤt der
                                 Waͤrme, die sie absorbiren, vermindert.
                              Die Gestalt der Kessel hat keinen Einfluß auf die
                                 nuͤzliche Wirkung, welche man von einem Ofen
                                 erhaͤlt, und es ist in dieser Beziehung
                                 gleichguͤltig, ob sie eine cylindrische oder eine
                                 rechtwinkelige oder irgend eine andere Form haben. Die
                                 Substanz, woraus der Kessel verfertigt ist, kommt ebenfalls
                                 nicht in Betracht, und obgleich das Kupfer, Gußeisen,
                                 Schmiedeeisen, Blei nicht gleich gute Waͤrmeleiter
                                 sind, so geben sie doch gleiche Resultate; weil man sie zur
                                 Verfertigung der Kessel von solcher Dike anwendet, daß ihr
                                 groͤßeres oder geringeres Leitungsvermoͤgen
                                 keinen Einfluß mehr haben kann. Hr. Clément hat sehr genaue Versuche
                                 angestellt, welche diese Thatsache unwiderlegbar erwiesen
                                 haben; er hat kleine Kessel aus Schmiedeeisen, Gußeisen,
                                 Kupfer und Blei von genau gleicher Dike verfertigen lassen,
                                 sie mit einer gleichen Quantitaͤt Wasser
                                 gefuͤllt und demselben Feuerraum ausgesezt, wobei er
                                 den Unterschied der Temperaturen, die sie in einer
                                 Zeit-Einheit erlangten, ausmittelte. Dieser
                                 Unterschied betrug hoͤchstens zwei oder drei Grade,
                                 und kann daher in den Fabriken nicht in Betracht kommen. Da
                                 aber ein gewoͤhnlicher Ofen nie eine
                                 gleich starke Hize erlangt, so konnte ein solcher zu diesem
                                 Versuche nicht angewandt werden. Hr. Clément hat sich einer Lampe mit
                                 Uhrwerk-Bewegung, einer sogenannten Carcelle bedient, die ein sehr
                                 genauer Feuerraum ist, und worin die Hize waͤhrend
                                 einer fuͤr solche Versuche mehr als hinreichenden
                                 Zeit gleich stark unterhalten wird.
                              Die Dike der Kessel ist bis zu der Graͤnze, wo sie in
                                 der Praxis noch anwendbar ist, ebenfalls von geringem
                                 Belang; denn wenn der Kessel aus Eisenblech verfertigt ist,
                                 wird er nie mehr als 1 Centimeter Dike haben und dann nicht
                                 weniger wirksam seyn, als wenn er 3 bis 4 Millimeter
                                 haͤtte.
                              Die Substanz woraus der Kessel verfertigt ist, seine Dike und
                                 seine Gestalt haben also keinen Einfluß auf die Wirkung,
                                 welche man von ihm bei technischen Operationen
                                 erhaͤlt; aber seine Stellung und seine Groͤße
                                 in Bezug auf den Feuerraum sind von großer Wichtigkeit, denn
                                 man wendet niemals Feuerraͤume an, welche in
                                 Verhaͤltniß zu dem Kessel so groß sind, wie derjenige
                                 in dem vorhergehenden Beispiele, und dieses kann auch nicht
                                 seyn, weil in diesem Falle viel Waͤrme verloren geht.
                                 Man macht im Gegentheil die Kessel viel groͤßer als
                                 den Feuerraum, um die in demselben entbundene Waͤrme
                                 so viel als moͤglich zu benuzen, und man
                                 vergroͤßert auch die ihm ausgesezte
                                 Oberflaͤche, um Brennmaterial zu ersparen. Indessen
                                 gelingt es, wie bereits bemerkt wurde, niemals, alle
                                 erzeugte Waͤrme zu benuzen; die Waͤnde des
                                 Ofens und der Zug des Schornsteins entziehen immer einen
                                 Theil davon und die besten Resultate, auf welche man in der
                                 Praxis rechnen kann, sind Kessel, welche zwei Drittel der
                                 entbundenen Waͤrme aufnehmen. Alsdann muß man ihnen
                                 solche Verhaͤltnisse geben, daß die Quantitaͤt
                                 des Waͤrmestoffs, welcher durch einen Quadratmeter
                                 der dem Feuer ausgesezten Oberflaͤche verschlukt
                                 wird, im Mittel nur den vierten Theil des vorlaͤufig
                                 auf 65 Tausend Waͤrme-Einheiten festgesezten
                                 Maximums, oder beilaͤufig 15 bis 16 Tausend
                                 Waͤrme-Einheiten betraͤgt, weil in
                                 diesem Falle der Feuerraum sich nur unter einem Theil des
                                 Kessels befindet und alle uͤbrige erhizbare
                                 Oberflaͤche um so weniger Waͤrmestoff
                                 empfaͤngt, je mehr sie sich davon entfernt.
                              
                           
                              Erzeugung des
                                    Wasserdampfes.
                              Die Erzeugung des Wasserdampfes ist ein sehr interessanter
                                 Gegenstand, welcher die Physiker auch viel
                                 beschaͤftigt hat. Man verdankt Hrn. Clément die Entdekung der
                                 Geseze, nach welchen sie Statt findet, die auch vollkommen
                                 alle diese Erscheinung begleitenden Umstaͤnde
                                 erklaͤren. Wir wollen sie jezt aus einander
                                 sezen.
                              Wasser, welches dem Einfluß der Waͤrme unter dem
                                 atmosphaͤrischen Druk ausgesezt wird, und zwar in
                                 einem Gefaͤße, das mit der aͤußeren Luft durch eine kleine Oeffnung
                                 communicirt, kommt in's Sieden, wenn die Temperatur sich auf
                                 beilaͤufig 100 Centesimalgrade erhoͤht hat.
                                 Indessen ist nach den Versuchen des Hrn. Gay-Lussac dieser Grad
                                 nicht genau constant, sondern wechselt ein wenig bei
                                 demselben Barometerstande, nach der Natur des
                                 Gefaͤßes, worin das Wasser enthalten ist. Das Sieden
                                 wird durch Dampfkuͤgelchen hervorgebracht, die,
                                 nachdem sie sich an den Waͤnden des dem Feuer
                                 ausgesezten Gefaͤßes gebildet haben, die
                                 Fluͤssigkeit durchstreichen und auf ihrer
                                 Oberflaͤche zerplazen; sobald das Wasser siedet,
                                 aͤndert sich die anfaͤngliche Temperatur nicht
                                 mehr, so sehr man auch das Feuer verstaͤrkt und so
                                 stark und so lange man das Wasser auch wallen lassen mag,
                                 weil der sich bildende Dampf allen diesen Grad
                                 uͤberschreitenden Waͤrmestoff in dem Maße, als
                                 er sich erzeugt, absorbirt und mit sich in die
                                 Atmosphaͤre fortreißt, und obgleich die Temperatur
                                 des Dampfes nicht hoͤher als die des ihn erzeugenden
                                 Wassers ist, so wird doch eine ungeheure Quantitaͤt
                                 Waͤrmestoff bei der Verwandlung des fluͤssigen
                                 Wassers in Gas verschlukt.
                              Die Quantitaͤt Waͤrmestoff, welche
                                 noͤthig ist, um das Wasser in Dampf von 100°
                                 zu verwandeln, betraͤgt fuͤnf und ein halb Mal
                                 mehr als diejenige, welche erfordert wird, um Wasser von
                                 0° auf 100° zu bringen; denn wenn man ein
                                 Kilogramm Dampf von 100° in 5 1/2 Kilogramm Wasser
                                 von 0° sich verdichten laͤßt, so
                                 erhaͤlt man 6,50 Kilogr. Wasser von 100°. Ein
                                 Kilogr. Dampf von 100° enthaͤlt also 650
                                 Waͤrme-Einheiten, weil der in ihm enthaltene
                                 Waͤrmestoff hinreicht, die Temperatur von 6,50
                                 Kilogr. Wasser um 100° zu erhoͤhen,
                                 waͤhrend ein Kilogr. Wasser von ebenfalls
                                 100°, deren nur 100 enthaͤlt.
                              Black, Professor der Physik zu
                                 Edinburg und Freund des beruͤhmten Watt, hatte diese Erscheinung so
                                 erklaͤrt, daß er annahm, alle Koͤrper
                                 enthielten eine gewisse Quantitaͤt Waͤrmestoff
                                 latent (verborgen), d.h. in solchem Zustande, daß er weder
                                 unsere Sinne noch unsere Instrumente mehr affectirt, und der
                                 Dampf enthalte davon eine viel groͤßere Menge als das
                                 Wasser; aller von dem Dampf verschlukte Waͤrmestoff,
                                 welcher durch das Thermometer nicht mehr angezeigt wird,
                                 waͤre also latenter Waͤrmestoff; diese Meinung
                                 ist irrig, der Waͤrmestoff ist in dem Wasserdampf
                                 nicht verborgen, sondern wurde verwandt, um das Wasser von
                                 dem fluͤssigen Zustand in den luftfoͤrmigen
                                 uͤberzufuͤhren. Uebrigens nimmt das Wasser,
                                 unter dem atmosphaͤrischen Druk in Dampf verwandelt,
                                 einen 1700 Mal groͤßeren Raum als im
                                 fluͤssigen Zustande ein und muß daher
                                 notwendigerweise mehr Waͤrmestoff enthalten, um
                                 dieselbe Temperatur bei einem 1700 Mal groͤßeren
                                 Volum beizubehalten.
                              Der Wasserdampf ist also bloß Wasser, welches viel
                                 Waͤrmestoff enthaͤlt und in Folge seiner
                                 Vereinigung mit demselben seinen Zustand veraͤndert hat; es kann aber in dieser Gestalt den
                                 Waͤrmestoff in verschiedenen Verhaͤltnissen
                                 absorbiren, je nach dem Druk, unter welchem es sich gebildet
                                 hat. Wenn man ein luftdicht verschlossenes und zur
                                 Haͤlfte mit Wasser gefuͤlltes Gefaͤß
                                 auf einen Feuerraum stellt, so wird der leere Theil sich mit
                                 Dampf anfuͤllen; da dieser aber nicht entweichen
                                 kann, so wird auch der Waͤrmestoff nicht mehr in dem
                                 Maße, als er absorbirt wird, fortgerissen, sondern muß sich
                                 in dem Wasser und in dem Dampfe anhaͤufen, deren
                                 Temperatur auf diese Art sehr erhoͤht werden
                                 kann.
                              Eine der wichtigsten Erscheinungen bei dem Wasserdampfe ist
                                 die constante Beziehung, welche zwischen seiner Temperatur
                                 und dem Druk Statt findet, den er gegen die Waͤnde
                                 des Gefaͤßes, worin er enthalten ist, ausuͤbt.
                                 Wenn diese Beziehung aber genau seyn soll, so muß der Dampf
                                 gesaͤttigt seyn, d.h.
                                 so viel Wasser enthalten, als sich mit seiner Temperatur
                                 vertraͤgt, denn der schon gebildete Dampf kann noch
                                 Waͤrmestoff absorbiren, dann ist aber seine Tension
                                 nicht mehr seiner Temperatur proportional. Aus der folgenden
                                 Tabelle, welche aus einem Werke des Hrn. Clément entnommen ist,
                                 ersieht man, daß bei den hoͤheren Temperaturen eine
                                 sehr geringe Vermehrung der Waͤrme den Druk um vieles
                                 verstaͤrken kann. Bei 100° betraͤgt er
                                 eine Atmosphaͤre und entspricht einer
                                 Queksilbersaͤule von 760 Millimetern; und diesen Druk
                                 um eine Atmosphaͤre zu vermehren, muß man
                                 21°55 hinzuthun, waͤhrend, wenn der Dampf
                                 177° oder eine Tension von neun Atmosphaͤren
                                 hat, 5 Waͤrmegrade hinreichen, die Tension um eben so
                                 viel zu vermehren, d.h. auf zehn Atmosphaͤren zu
                                 bringen. Man hat berechnet, daß wenn die Waͤrme sich
                                 in einer arithmetischen Progression erhoͤht, die
                                 Tension ziemlich in einer geometrischen Progression zunimmt,
                                 man kennt aber noch nicht die Ursache dieser schleunigen
                                 Vergroͤßerung, welche nicht nach einem constanten und
                                 mathematischen Geseze Statt hat. Dalton hatte sie nur bis auf 100 Grade berechnet;
                                 Hr. Clément hat die in der
                                 folgenden Tabelle enthaltenen Zahlen bis auf eine Tension
                                 von acht Atmosphaͤren aus Versuchen abgeleitet;
                                 uͤber diesen Punkt hinaus sind sie durch Rechnung
                                 bestimmt.
                              
                              Tabelle uͤber die Tension und
                                    das Volum des Wasserdampfes.
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 33, S. 292
                                 Temperatur
                                    in Graden des hunderttheiligen Thermomet., welche dem
                                    Druk entspricht; Druk des gesaͤttigten Dampfes;
                                    in Atmosphaͤren; in Queksilber-Milimeter;
                                    in Wasser-Meter; Volum eines Kilogrammes Dampf in
                                    Kubikmeter
                                 
                              Die rasche Vergroͤßerung der Elasticitaͤt des
                                 Dampfes durch Vermehrung seiner Waͤrme veranlaßte die
                                 wichtige Frage, ob seine Dichtigkeit seiner Kraft
                                 proportional ist, d.h. ob ein gleiches Volum Dampf bei einer
                                 doppelten Tension auch eine doppelte Quantitaͤt
                                 Wasseratom enthaͤlt. Dieses zu wissen ist zur
                                 Erklaͤrung der Anwendungen des Dampfes
                                 unumgaͤnglich noͤthig, aber
                                 gluͤklicherweise sind die Versuche, welche bei der
                                 Loͤsung dieser Frage zur Grundlage dienten, einfach
                                 und leicht zu verstehen.
                              Black hat die Dichtigkeit des
                                 Dampfes von niedrigem Druk berechnet, aber seine Versuche
                                 nicht uͤber den Siedepunkt hinaus fortgesezt. Hr. Clément hat zahlreiche
                                 Versuche angestellt, um die Dichtigkeit des Dampfes und
                                 seinen Gehalt an Waͤrmestoff bei verschiedenem Druk
                                 auszumitteln und zuerst den wichtigen Saz ausgesprochen, daß
                                 ein und dasselbe Gewicht Dampf bei jedem Druk und bei jeder
                                 Temperatur immer eine gleiche Quantitaͤt
                                 Waͤrmestoff und Wasser enthaͤlt, aber in einem
                                 desto kleineren Volum, je hoͤher die Temperatur ist.
                                 Bei 0° z.B. nimmt er einen eilf
                                 bis zwoͤlf hundert Mal groͤßeren Raum ein, als
                                 bei 150 oder 160°.
                              Hr. Clément hat zuerst die
                                 Versuche, welche schon vor ihm angestellt wurden,
                                 wiederholt; sie bestanden darin in einem Calorimeter,
                                 welcher so wie der in Fig.
                                    14. vorgestellte, hergerichtet war, bei
                                 verschiedenem Druk erzeugten Dampf zu verdichten. Das
                                 Gefaͤß B hat keine
                                 Communication mit dem Gefaͤß A, und ist dazu bestimmt, die Wirkung der
                                 atmosphaͤrischen Waͤrme auf das Gefaͤß
                                 A zu beseitigen, indem es
                                 seine Waͤnde auf 0° erhaͤlt; alles
                                 verdichtete und in A gebildete
                                 Wasser wird sich in C vereinigen
                                 und das durch die umgebende Luft geschmolzene sich in C sammeln. Der durch die
                                 Roͤhre E
                                 herbeigefuͤhrte Dampf wird dadurch, daß er sich in
                                 A verdichtet, eine seinem
                                 Waͤrmestoffgehalt entsprechende Menge Eis schmelzen,
                                 und da 75 Waͤrme-Einheiten erforderlich sind,
                                 um 1 Kilogr. Eis zu schmelzen, so wird man den
                                 Waͤrmestoffgehalt des Dampfes in
                                 Waͤrme-Einheiten erfahren, wenn man die Anzahl
                                 der Kilogrammen geschmolzenen Eises mit 75 multiplicirt.
                                 Wenn man nun ein Kilogramm Dampf von hohem oder niedrigem
                                 Druk in den Calorimeter treten laͤßt, so
                                 erhaͤlt man 9,66 Kilogr. Wasser oder 1 Kilogr.
                                 fluͤssig gewordenen Dampf und 8,66 Kil. geschmolzenes
                                 Eis, daher 1 Kilogr. Dampf 8,66 × 75= 650
                                 Waͤrme-Einheiten enthaͤlt. Dieser
                                 Versuch ist aber schwer so anzustellen, daß man ein genaues
                                 und verlaͤßliches Resultat erhaͤlt; Hr. Clément hat ein anderes
                                 nicht so schwieriges Verfahren angewandt. Er brachte an
                                 einer großen in A
                                 Fig.
                                    15. vorgestellten Tonne eine gebogene
                                 Bleiroͤhre C an, an
                                 welche er eine Glasroͤhre D von demselben Durchmesser ankittete. Durch diese
                                 Roͤhre konnte man das Niveau der Fluͤssigkeit
                                 in der Tonne genau erfahren. Eine zweite, mit einem Hahn F versehene und mit einem
                                 Dampfkessel verbundene Roͤhre E fuͤhrte den Dampf in die Tonne; Hr. Clément gebrauchte den
                                 Kessel einer Dampfmaschine von zwoͤlf Pferdekraft,
                                 die bei sechs Atmosphaͤren arbeitete; ein in der
                                 Naͤhe des Hahnes F
                                 angebrachter Manometer zeigte die Tension des Dampfes an;
                                 Zeichen auf der Roͤhre D
                                 in G und H zeigten die in der Tonne enthaltene Wassermenge
                                 an, und man hatte zuvor sorgfaͤltig ausgemittelt, daß
                                 sie 400 Kilogr. enthielt, wenn das Niveau in G, G war und 420 Kilogr., wenn
                                 es auf H, H stieg.
                              Nachdem der Apparat so hergestellt war, brachte man zuerst
                                 die 400 Kilogr. Wasser von 0° hinein, worauf man so
                                 lange Dampf von einer bestimmten Tension darin verdichtete,
                                 bis das Niveau auf H gestiegen
                                 war, woraus sich ergab, daß 20 Kilogr. Dampf fluͤssig
                                 geworden waren. Man ruͤhrte dann die
                                 Fluͤssigkeit stark durch einander, damit ihre
                                 Temperatur gleichfoͤrmig wurde und beobachtete die
                                 Grade, welche vier Thermometer in verschiedenen
                                 Hoͤhen der Tonne zeigten; der
                                 Dampf mochte unter was immer fuͤr einem Druk gebildet
                                 worden seyn, so zeigten die Thermometer jedes Mal
                                 30°,93. Die 20 Kil. Dampf enthielten folglich unter
                                 jedem Druk und in allen Faͤllen eine
                                 Quantitaͤt Waͤrmestoff, die hinreichend war,
                                 400 Kilogr. Wasser von 0° auf 30°,93 zu
                                 erwaͤrmen und die 20 Kilogr. verdichteten Dampfes auf
                                 derselben Temperatur zu erhalten; dieß gibt 420 ×
                                 30°,93 = 12990 Waͤrme-Einheiten, und
                                 die Waͤrme Eines Kilogr. Dampf betraͤgt also
                                 12990/20 = 650 Waͤrme-Einheiten. Hr. Clément hat bei seinen
                                 Versuchen die Tension des Dampfes von 1 bis 6
                                 Atmosphaͤren abgeaͤndert, und jedes Mal, wenn
                                 dieselbe Quantitaͤt Dampf verdichtet wurde, stiegen
                                 auch die Thermometer auf denselben Grad; die vollkommene
                                 Uebereinstimmung dieser Resultate kann man als einen
                                 hinreichenden Beweis fuͤr den Saz betrachten, daß bei
                                 allen Temperaturen ein gleiches Gewicht Dampf auch eine
                                 gleiche Quantitaͤt Waͤrmestoff und Wasser
                                 enthaͤlt.
                              Hr. Leslie, ein beruͤhmter
                                 englischer Physiker, ist auf einem anderen Wege zu demselben
                                 Resultate gelangt; er hat so zu sagen fluͤssiges
                                 Wasser in Eis und Dampf zersezt, und bewiesen, daß wenn
                                 dasselbe bei der Temperatur des Eises verdunstet, dieses
                                 bloß dadurch geschieht, daß es den Waͤrmestoff
                                 entzieht, welcher ein groͤßeres Volum Wasser
                                 fluͤssig machte. Sein Versuch besteht darin, daß man
                                 unter einen großen Recipient einer Luftpumpe, der in Fig.
                                    16. in aa
                                 vorgestellt ist, eine Schale b
                                 stellt, welche concentrirte Schwefelsaͤure
                                 enthaͤlt, die die Eigenschaft hat, den Wasserdampf
                                 sehr schnell zu verschluken; in eine zweite kupferne, nicht
                                 polirte Schale, die uͤber der ersten in c steht und durch eine
                                 Stuͤze d gehalten wird,
                                 bringt man 9,66 Grammen Wasser von 0°. Wenn man die
                                 Luft auspumpt, kommt das Wasser bald in's Kochen, indem sich
                                 Dampfblasen bilden und zu gleicher Zeit gefriert ein Theil
                                 desselben; nach einiger Zeit enthaͤlt die Schale nur
                                 noch Eis, welches sich in dem Maße bildete, als der Dampf
                                 durch sein Verdunsten dem Wasser den zum
                                 Fluͤssigbleiben noͤthigen Waͤrmestoff
                                 entzog. Das Gewicht des Eises betraͤgt 8,66 Gr.; die
                                 9 2/3 Gr. Wasser bestanden folglich aus 1 Gr. Dampf und 8
                                 2/3 Gr. Eis, und da man dem Wasser 75° Waͤrme
                                 entziehen muß, damit es bei 0° fest wird, 1 Theil
                                 aber bei seinem Verdunsten eine Quantitaͤt
                                 Waͤrmestoff absorbirte, welche 8 2/3 Theile
                                 fluͤssig machte, so wird diese Quantitaͤt
                                 durch 8,66 × 75 = 650 Waͤrme-Einheiten
                                 ausgedruͤkt, was dasselbe Resultat wie bei den
                                 anderen Versuchen ist.
                              
                           
                        
                           (Die Fortsezung folgt.)
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
