| Titel: | Ueber die Ausdehnung der Steine, von Hrn. Destigny. | 
| Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. LXIX., S. 295 | 
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                        LXIX.
                        Ueber die Ausdehnung der
                           Steine, von Hrn. Destigny.
                        Der Akademie zu Rouen
                           vorgelesen. Aus dem Industriel. Jan. 1829, S.
                              453.
                        Mit Abbildungen auf Tab. IV.
                        Destigny, uͤber die Ausdehnung der
                           Steine.
                        
                     
                        
                           Vor zwei Jahren las Hr. Alavoine der
                              Gesellschaft zu Rouen eine Abhandlung vor, worin er die
                              Nachtheile aus einander sezte, welche dadurch entstehen, daß man
                              Eisen (zu Spannriegeln oder Zugbaͤndern) bei den
                              Mauerwerken anwendet, und zugleich die Mittel angab, ihnen
                              abzuhelfen. Bei dieser Gelegenheit theilte ich der Gesellschaft
                              das Resultat meiner Versuche uͤber die Ausdehnung und
                              Zusammenziehung der Steine bei der Erhoͤhung und
                              Erniedrigung der Temperatur mit. Damals versprach ich nicht nur
                              diese Versuche zu wiederholen, sondern auch neue mit
                              verschiedenartigen Steinen anzustellen. Ich will heute
                              versuchen, diese Schuld abzutragen; dieser Gegenstand kann
                              beinahe als neu betrachtet werden, denn man weiß zwar, daß die
                              Koͤrper sich durch die Waͤrme ausdehnen und durch
                              die Kaͤlte zusammenziehen, aber Niemand hat
                              hieruͤber bis jezt hinsichtlich der Steine genaue
                              Versuche angestellt.
                           Wendelinus entdekte zuerst, daß die
                              Metalle sich durch die Waͤrme ausdehnen und durch die
                              Kaͤlte verdichten. Muschenbroek erfand im Anfange des verflossenen
                              Jahrhunderts zuerst ein Instrument, welches er Pyrometer nannte und wodurch er diese
                              Wirkungen bestaͤtigen und messen konnte. Der Ritter Don
                              Georges Juan, ein Spanier, und Bouguer haben sich ebenfalls damit
                              beschaͤftigt. Viele andere Physiker stellten Versuche an,
                              woraus sich ergab, daß sich nicht alle Koͤrper bei
                              gleichem Waͤrmegrade gleichmaͤßig ausdehnen. Wir
                              haben verschiedene Tabellen uͤber das Verhaͤltniß
                              der Ausdehnung einiger Koͤrper, besonders der Metalle;
                              aber in keinem Werke findet man hieruͤber etwas in Bezug
                              auf die Steine, mit Ausnahme dreier Beobachtungen, welche ich
                              jezt anfuͤhren will.
                           Die erste machte Bouguer bei
                              Gelegenheit seiner Reise nach Peru, um Behufs der Bestimmung der
                              Gestalt der Erde, einen Meridiangrad zu messen; er bemerkte in
                              der heißen Zone, wo er sich aufhielt, daß die Waͤrme der
                              Sonne ein Mauersteinpflaster, welches sich in dem Hofe seines
                              Hauses befand, um eine Drittels Linie auf eilf Fuß
                              verlaͤngerte. Er gibt aber weder an, auf welche Art er
                              diese Beobachtung machte, noch um wie viel die Temperatur dieses
                              Pflasters erhoͤht wurde. Wenn wir 25 Centesimalgrade
                              annehmen, so verhielt sich seine Ausdehnbarkeit zu derjenigen
                              des Eisens ungefaͤhr wie 2 zu 3 und seine absolute
                              Ausdehnbarkeit fuͤr 100° betrug 0,0008418
                              Millimeter. Ich zweifle an einer so betraͤchtlichen
                              Ausdehnung. Nach dieser Beobachtung glaubte dieser
                              gelehrte Akademiker, daß die Gebaͤude, und besonders die
                              freistehenden, große Schwingungen erleiden muͤssen, und
                              daß man sich wundern muͤsse, daß sie so lange ihrer
                              wechselnden Vergroͤßerung und Verkleinerung widerstehen
                              koͤnnen.
                           Die zweite Thatsache uͤber die Ausdehnung der Steine
                              findet sich in dem Traité de l'Art
                                 de bâtir des Hrn. Rondelet, Bd. IV., 2ter Theil, S. 545. Dort wird
                              gesagt, daß der Ritter Don Georges Juan, ein Spanier, gleich lange, aus den verschiedenen
                              hier folgenden Metallen verfertigte, Lineale (Stangen) den
                              Sonnenstrahlen aussezte, und daß sie sich
                              verlaͤngerten:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 33, S. 296
                              Hunderttheile
                                 einer Linie; Das Eisen, um; Stahl; Kupfer; Similor; Glas;
                                 Stein
                              
                           Es ist zu bemerken, daß Don Georges Juan weder die Laͤnge der Lineale noch die
                              Erhoͤhung der Temperatur angibt; man ersieht bloß, daß
                              sich die Ausdehnbarkeit des Steines zu derjenigen des Eisens wie
                              2 zu 13 1/2 oder wie 1 zu 6 1/8 verhaͤlt.
                           Die dritte Beobachtung wurde von Hrn. Vicat gemacht und von ihm in drei Aufsaͤzen
                              (Ann. de Chimie et de Physique,
                              Sept. 1824 und December 1827) aus einander gesezt. In dem ersten
                              Aufsaze bemerkt dieser Ingenieur, daß seines Wissens sich bisher
                              Niemand mit Untersuchungen uͤber die Ausdehnung der
                              Steine beschaͤftigt habe; behauptet aber, daß wenn man
                              auch in der Baukunst keine Ruͤksicht auf die
                              Waͤrme oder Kaͤlte nimmt, in so ferne sie die
                              Steine ausdehnen oder zusammenziehen, man doch hinsichtlich des
                              Eisens, Bleies oder Kupfers nicht ohne Nachtheile eben so
                              verfahren koͤnnte.
                           Indem er sodann die Verfahrungsarten eroͤrtert, deren man
                              sich bedienen kann, um die Wirkungen der Temperatur auf den
                              Stein zu messen, bemerkt er, daß man durch die Erbauung großer
                              gedruͤkter Bruͤkenboͤgen den Vortheil
                              erlangen muͤßte, daß die kleinen thermometrischen
                              Bewegungen der Steine merklich wuͤrden, waͤhrend
                              sich hingegen die Einrichtung anderer Gebaͤude zu
                              Beobachtungen dieser Art wenig eigne. Hr. Vicat theilt die Resultate seiner Beobachtungen an der
                              Bruͤke, welche bei Souillac uͤber die Dordogne,
                              und zwar aus SchnittsteinDer Schnittstein ist ein weißer Kalkstein von feinem
                                    Korn, der eine mittlere Haͤrte hat, so daß man
                                    ihn mit dem gezahnten Werkzeuge, welches man Krazeisen
                                    nennt, beliebig zurichten kann.A. d. O. erbaut ist, mit; nachdem er einige offene
                              Verbindungstheile genau mit kochendem Mastix hatte
                              verschließen lassen, beobachtete er:
                           1) Im Februar, bei einer mittleren Kaͤlte von 7°
                              C., eine Ausdehnung;
                           2) Gegen das Ende desselben Monats, bei einer Waͤrme von
                              20° in der Sonne um zwei Uhr, eine Zusammenziehung;
                           3) Vom 3ten bis 6ten Maͤrz, bei einer mittleren
                              Kaͤlte von – 5°, eine Ausdehnung;
                           4) Vom 10ten bis 15ten April, bei einer Waͤrme von
                              20° in der Sonne um zwei Uhr, eine Zusammenziehung.
                           Indem die Achse der Bruͤke von Osten nach Westen gerichtet
                              war, die vordere Seite nach Suͤden und folglich die
                              hintere Seite nach Norden sah, so waren alle Bewegungen ohne
                              Ausnahme vorne merklicher als hinten und die ersten Wirkungen
                              der Erhoͤhung der Temperatur zeigten sich auf der
                              suͤdlichen Brustmauer und die entgegengesezten Wirkungen
                              auf der noͤrdlichen Brustmauer.
                           Nachdem Hr. Vicat diese verschiedenen
                              Wirkungen gemessen hatte, berechnete er daraus das Resultat und
                              fand, daß fuͤr 100 Centesimalgrade die absolute
                              Ausdehnung 0,0001054426 betraͤgt, was nicht der zehnte
                              Theil von derjenigen des Eisens waͤre.
                           Man sieht leicht ein, daß diese Beobachtungen, so
                              sorgfaͤltig sie auch angestellt worden seyn
                              moͤgen, in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft seyn
                              muͤssen; Hr. Vicat bemerkt
                              dieß selbst und gibt davon folgende Ursachen an:
                           1) Den Einfluß der physischen Beobachtungsmittel;
                           2) Die Dike der Fugen, welche man haͤtte in Rechnung
                              bringen muͤssen, weil sich der Moͤrtel nicht eben
                              so wie der Stein ausdehnt;
                           3) Endlich die Ungleichfoͤrmigkeit der Masse, indem
                              leztere nicht gleichfoͤrmig der Luft ausgesezt,
                              verschieden dik ist u.s.w.
                           In seiner zweiten Abhandlung uͤber die thermometrischen
                              Bewegungen der Bruͤke bei Souillac bemerkte Hr. Vicat, daß im Monat Juni die
                              anzeigenden Fugen sich wieder genau verschlossen hatten, was
                              eine groͤßere Wirkung andeutete, als man einige Monate
                              zuvor wahrgenommen hatte. – Die dritte Abhandlung des
                              Hrn. Vicat uͤber die
                              periodischen Bewegungen der Bruͤke bei Souillac findet
                              sich in dem Decemberhefte der Ann. de
                                 Chimie et de Physique von 1827. Dieser Ingenieur, von
                              der Wichtigkeit der von ihm unternommenen Arbeit durchdrungen,
                              versah sich mir einem Apparate, wodurch die Wirkungen, welche er
                              bisher gewisser Maßen nur wahrgenommen hatte, mit
                              groͤßerer Genauigkeit gemessen werden konnten und stellte
                              neue Beobachtungen an, wodurch er fand, daß der Stein
                              fuͤr 100 Centesimalgrade sich um
                              0,251 Millimeter auf den Meter ausdehnt, was einer absoluten
                              Ausdehnung von 0,000251 Millimeter entspricht, also einer viel
                              groͤßeren, als er im J. 1824 fand.
                           Nachdem ich nun alle Thatsachen zusammengestellt habe, welche ich
                              uͤber die Erscheinung der Ausdehnung und Zusammenziehung
                              der Steine auffinden konnte, und die auf eine solche Art
                              angestellt wurden, daß sie auch die Unglaͤubigsten
                              uͤberzeugen muͤssen, welche aber die absolute Ausdehnung fuͤr einen
                                 gegebenen Temperaturgrad nur unvollkommen angeben, will
                              ich die Methoden aus einander sezen, die ich selbst anwandte, um
                              diesen zweiten Theil des Problems zu loͤsen.
                           Da ich sehr wenig betraͤchtliche Wirkungen zu messen
                              hatte, so mußte ich ein Instrument construiren, wodurch die
                              geringste Veraͤnderung angezeigt wird; ich nenne
                              dasselbe, wie diejenigen, deren man sich zu aͤhnlichen
                              Beobachtungen bedient, Pyrometer.
                              Obgleich es hoͤchst einfach ist, so bietet es doch den
                              Vortheil dar, mit unbewaffnetem Auge erkennen zu koͤnnen,
                              ob sich die Laͤnge eines der metallenen Lineale, womit
                              man Beobachtungen anstellt, um 1/4000 Millimeter
                              veraͤndert.
                           Durch meine ersten Beobachtungen lernte ich eine sehr
                              natuͤrliche Wirkung kennen, die ich wohl haͤtte
                              voraussehen koͤnnen. Ich legte den Stein auf ein sehr
                              maͤßiges Feuer; die Waͤrme traf zuerst die innere
                              Oberflaͤche, ohne die aͤußere zu durchdringen; die
                              mit dem Pyrometer verbundene Metallstange hatte folglich ihre
                              Temperatur nicht veraͤndert; deßungeachtet bewegte sich
                              der Zeiger des Instrumentes sehr merklich; der Stein hatte sich
                              also gekruͤmmt und seine convexe Kruͤmmung war auf
                              derjenigen Seite seiner Oberflaͤche, welche unmittelbar
                              mit dem Feuer in Beruͤhrung war, denn die Bewegung des
                              Zeigers fand in derselben Richtung Statt, als wenn die metallene
                              Stange sich verlaͤngert haͤtte und ich habe so
                              eben gesagt, daß sie sich nicht ausdehnen konnte. Da die
                              Kruͤmmung in der angegebenen Richtung Statt fand, so
                              begreift man leicht, daß sie die beiden Punkte, zwischen welchen
                              die Stange angebracht war, einander naͤherte.
                           Nachdem ich mich dadurch uͤberzeugt hatte, daß diese
                              Verfahrungsweise mangelhaft ist, ließ ich einen großen Ofen in
                              einem kleinen Zimmer aufrichten, wodurch ich eine wahre
                              Waͤrmstube erhielt, worin ich die Temperatur leicht auf
                              40° Reaumur erhoͤhen konnte. Den zu beobachtenden
                              Stein legte ich auf zwei auf einen Tisch befestigte Leistchen,
                              so daß alle seine Oberflaͤchen zu gleicher Zeit von der
                              Waͤrme durchdrungen wurden.
                           Meine ersten Versuche stellte ich mit einem Stein von Vernon an.
                              Ich legte einen Metallthermometer (mit Reaumurscher Skale) darauf, weil er wegen seiner Gestalt am bequemsten war. Die
                              metallenen Stangen (Lineale), deren ich mich bediente, waren
                              320,5 Millimeter lang.
                           Stand des Pyrometers.
                           
                              
                                 
                                 Temperatur.
                                  Zeiger
                                    desPyrometers.
                                 
                              
                                 
                                      7°,5
                                     5
                                    Millim.
                                 
                              
                                     Als die
                                    Temperatur
                                 auf 32° stieg, zeigte der
                                    Pyrometer
                                 147 –
                                 
                              
                           Waͤhrend einer Stunde und 30', wo
                              die Temperatur sich gleich blieb, blieben die Zeiger stehen; der
                              des Thermometers stieg, wie man sieht, waͤhrend der
                              Beobachtung um 24°,5; der des Instrumentes bewegte sich
                              um 142 Millimeter weiter; er waͤre um 231,84 Millimeter
                              weiter vorgeruͤkt, wenn der Thermometer auf 40°
                              gestiegen waͤre, und diese Temperatur lege ich bei meinen
                              Beobachtungen zu Grunde. Da ich nun durch vorlaͤufige
                              Versuche gefunden hatte, daß die Ausdehnung des kupfernen
                              Lineales, wenn der Stein sich nicht ausdehnte, den Zeiger um 301
                              Millimeter vorruͤkte, so schloß ich daraus, daß die 69,16
                              Mill., welche er weniger durchlief, nothwendigerweise dem Steine
                              angehoͤren muͤssen. Man begreift leicht, daß wenn
                              der Stein sich um eben so viel wie die Metallstange
                              verlaͤngert haͤtte, der Zeiger unbeweglich
                              geblieben waͤre, und daß die Bewegung, welche er erlangt,
                              um so betraͤchtlicher ist, je groͤßer der
                              Unterschied zwischen der Ausdehnung des Metalles und des zu
                              pruͤfenden Steines ist.
                           Wenn ich mich auf diesen Versuch beschraͤnkt
                              haͤtte, so haͤtte man einwenden koͤnnen,
                              daß das Kupfer nicht immer von gleicher Qualitaͤt ist,
                              seine Ausdehnung also auch verschieden und nicht immer die in
                              den Tabellen angegebene seyn kann, und daß alsdann die dem
                              Steine zugeschriebene Ausdehnung nicht genau ist. Um diesem zu
                              begegnen, habe ich einen zweiten Versuch mit einem eisernen
                              Lineal angestellt, welches fuͤr 40° den Zeiger um
                              196 Millimeter vorruͤken mußte; er durchlief aber nur
                              127,35 Millimeter und die Differenz von 68,65 muß dem Steine
                              zugeschrieben werden. Dieses Resultat ist dem vorhergehenden
                              fast ganz gleich.
                           Mein anfaͤnglicher Zwek war, ein
                              Compensations-System anzugeben, wodurch die bei den
                              Bauten durch die Anwendung des Eisens (zu Spannriegeln oder
                              Zugbaͤndern) entstehenden Nachtheile aufgehoben werden
                              koͤnnen, und hiezu, so wie auch um die eben angegebenen
                              Resultate noch mehr zu erweisen, habe ich drei Metallstangen mit
                              einander verbunden, wovon die eine aus Kupfer, zwischen den
                              beiden anderen, aus Eisen, angebracht ist. Durch eine solche
                              Anordnung erhaͤlt man leicht die erwuͤnschte
                              CompensationDieses wird dem Leser bei der Beschreibung der
                                    Wirkungsart meines Instrumentes vollkommen deutlich
                                    werden.A. d. O.. Ich habe die drei Lineale auf dem Steine
                              angebracht und einen dritten Versuch angestellt. Die
                              Compensation war ziemlich genau, denn der Zeiger des Pyrometers,
                              welcher nach meiner Berechnung fuͤr 40° des
                              Thermometers noch um 24 Millimeter variiren mußte, variirte
                              wegen eines Fehlers in der Laͤnge der kupfernen Stange um
                              24,5 Millim. Der Irrthum betraͤgt also nur ein halbes
                              Millimeter und kann folglich vernachlaͤssigt werden;
                              hieraus schloß ich, daß die Ausdehnung des Steines von Vernon,
                              im Mittel, 68,95 Millimeter betraͤgt, wenn sich das.
                              Eisen um 196 ausdehnt. Das Verhaͤltniß ist also
                              ungefaͤhr 1 zu 3.
                           Aehnliche Versuche stellte ich sowohl mit drei Marmorarten,
                              welche mir Hr. Alavoine von Paris
                              schikte, als auch mit dem Stein von St. Leu an und fand, daß
                              wenn die Ausdehnung des Eisens fuͤr 40°, 196
                              Millim. betraͤgt, die
                           
                              
                                 des rein weißen
                                    Carrarischen Marmors zweiter Qualitaͤt
                                    136
                                 
                              
                                 die des
                                    franzoͤsischen Marmors von Solst
                                 91,10
                                 
                              
                                 die eines anderen
                                    franzoͤsischen Marmors von
                                    Saint-Béat
                                      67
                                 
                              
                                 die des Steines von St.
                                    Leu
                                    104
                                 
                              
                                 endlich die des Steines
                                    von Vernon-sur-Seine
                                    
                                 68,95
                                 
                              
                           Millimeter betraͤgt.
                           Tabelle uͤber die absolute
                                 Ausdehnung dieser verschiedenen Steinarten, so wie auch
                                 uͤber die des Kupfers und Eisens fuͤr eine
                                 Temperatur-Veraͤnderung von 100
                                 Centesimalgraden oder 80° Reaumur.
                           
                              
                                  
                                 Absolute Ausdehnung.
                                 Ausdehnung fuͤr die
                                    Laͤnge eines Meters. Millimeter.
                                 
                              
                                 Messing
                                 0,00187821
                                 1,8782
                                 
                              
                                 Weiches geschmiedetes
                                    Eisen
                                 0,00122045
                                 1,2204
                                 
                              
                                 Carrarischer
                                    Marmor
                                 0,00084867
                                 0,8487
                                 
                              
                                 Marmor von
                                    Saint-Béat
                                 0,00041810
                                 0,4181
                                 
                              
                                 Marmor von Solst
                                 0,00056849
                                 0,5685
                                 
                              
                                 Steine von Vernon-sur-Seine
                                    
                                 0,00043027
                                 0,4303
                                 
                              
                                 Stein von St.
                                    Leu
                                 0,00064890
                                 0,6490
                                 
                              
                           In der Meinung, daß sich in der Ausdehnung des Steines ein
                              Unterschied zeigen wuͤrde, je nachdem er troken oder
                              feucht ist, wog ich den von St. Leu, mit welchem ich mehrere
                              Versuche angestellt hatte, wobei er in gut ausgetroknetem
                              Zustande angewandt wurde, sezte ihn 24 Stunden lang der
                              Feuchtigkeit aus, wodurch er um 915 Grammen schwerer wurde, fand
                              aber jezt seine Ausdehnung in zwei Versuchen ganz der vorigen
                              gleich. Durch lezteren Versuch fand ich außerdem, daß der Stein,
                              nach der Absorbtion dieser großen Menge Wasser, sein Volum nicht
                              geaͤndert hatte, denn der Zeiger des Pyrometers behielt bei ein und demselben Temperaturgrade seine Lage
                              waͤhrend der ganzen Zeit, wo ich den Stein austroknen
                              ließ beiEinige Mitglieder der Gesellschaft waren der Meinung, daß
                                    bei dieser Schaͤzung ein Irrthum im Spiele seyn
                                    muͤsse, und hielten es fuͤr unglaublich,
                                    daß ein Stein, dessen Volum ungefaͤhr den zehnten
                                    Theil eines Kubikfußes betraͤgt, um 915 Grammen
                                    an Gewicht zunehmen konnte, da ein gleiches Volum Wasser
                                    nur ungefaͤhr 7 Pfund wiegt. Ich habe den Versuch
                                    in Gegenwart dieser Herren wiederholt und wir fanden an
                                    Statt einer Zunahme um 915 Grammen, eine von 1116, was
                                    fast den dritten Theil derjenigen Menge Wasser ausmacht,
                                    welche erfordert wird, um ein dem Steine gleiches Volum
                                    zu geben. Der Ueberschuß von 915 bis 1116
                                    erklaͤrt sich dadurch, daß der Stein dieses Mal
                                    eine ganze Nacht lang in einem Wassereimer liegen blieb,
                                    waͤhrend ich mich das erste Mal damit
                                    begnuͤgt hatte ihn einen ganzen Tag lang dem
                                    Regen auszusezen. Diese wohl erwiesene Thatsache muß
                                    dessenungeachtet sehr sonderbar scheinen: vielleicht
                                    werden unsere gelehrten Chemiker und Physiker sie zu
                                    erklaͤren suchen.A. d. O..
                           
                        
                           Beschreibung des Pyrometers.
                           Auf Tab. IV. Fig.
                                 8, 9 und
                              10.
                              bezeichnen dieselben Buchstaben dieselben
                              Gegenstaͤnde.
                           AAFig. 8. ist ein Marmor oder Stein, dessen Ausdehnung
                              man erfahren will. Er ist ungefaͤhr 365 Millimeter lang,
                              165 breit und 50 dik.
                           aa' eine Metallstange aus Kupfer oder
                              Eisen, welche auf dem Steine an ihrem Ende a vermittelst eines Fußes befestigt
                              ist, welcher in einem in den Stein eingetriebenen kupfernen
                              Knopfe befestigt ist.
                           bb' ist ein Hebel mit zwei ungleichen
                              Armen; der kleinere b ist 3
                              Millimeter lang und der groͤßere b' 100 Millimeter. Dieser Hebel ist auf eine Achse
                              aufgesezt, die sich in zwei Pfannen endigt, welche mit eben so
                              viel Sorgfalt verfertigt sind, als man bei den Uhrstuͤken
                              anwendet. Er ist auf dem Steine vermittelst der Bruͤke
                              f befestigt, der untere Zapfen
                              dreht sich in einem in den Stein eingetriebenen kupfernen
                              Knopfe.
                           cc' ist ein anderer, ebenfalls auf dem
                              Steine vermittelst der Bruͤke e angebrachter Hebel; dieser Hebel hat, wie der erste,
                              zwei ungleiche Arme, wovon der eine c, 3 1/3 Millimeter und der andere c, 100 Millimeter lang ist.
                           d ist eine Feder, welche
                              bestaͤndig auf den kleinen Arm des Hebels b druͤkt und ihn dadurch
                              noͤthigt, sich immer an das Ende a' der Metallstange aa
                              ' anzulegen.
                           gg ist ein Kreisbogen, welcher
                              einen Halbmesser von 100 Millimeter hat; er ist von 0 bis zu 190
                              in Millimeter eingetheilt. Der Raum, welchen der kleine Arm des
                              Hebels b durchlaͤuft,
                              verhaͤlt sich zu demjenigen von c' wie 1 zu 1000, was man dadurch findet, daß man das
                              Product der Laͤnge der beiden großen Hebelsarme durch das
                              der beiden kleinen dividirt; denn wenn man 100 mit 100
                              multiplicirt, so erhaͤlt man 10000, und wenn man auch 3
                              1/3 mit 3 multiplicirt, so erhaͤlt man 10; dividirt man
                              sodann die erste Zahl durch die leztere, so ist der Quotient
                              offenbar 1000. Bei dieser Berechnung habe ich den Zapfen c nur fuͤr einen einfachen
                              Hebelsarm genommen; man kommt aber auf dasselbe Resultat, wenn
                              man ihn als ein Getriebe betrachtet. Dieser Zapfen hat 28
                              Zaͤhne und wird durch denjenigen Theil des
                              Raͤdchens getrieben, welches sich am Ende des Hebelarmes
                              b' befindet; die Eintheilung in
                              14 Zaͤhne am Ende dieses kleinen Kreisbogens entspricht
                              der Zahl 840 fuͤr den ganzen Umfang; die Schnelligkeit
                              des Zapfens c und folglich des
                              Zeigers oder Hebelarms c ist also 30
                              Mal groͤßer als die des Hebelarms b'; da man weiß, daß der von diesem Hebelsarm b' durchlaufene Raum 33 1/3 auf 1
                              des kleinen Armes b betraͤgt,
                              so braucht man nur 33 1/3 mit 30 zu multipliciren, um das
                              Verhaͤltniß zwischen dem Raume, welchen dieser kleine Arm
                              durchlaͤuft, und demjenigen von c' oder dem Zeiger, zu erfahren; das Product 1000 ist
                              dem zuerst erhaltenen Resultate gleich.
                           Bei dieser Gelegenheit muß ich drei Einwuͤrfen begegnen,
                              welche man mir gemacht hat. Der erste war, daß waͤhrend
                              der Beobachtung in der Waͤrmstube, die Laͤnge der
                              Hebelsarme sich nicht gleich bleiben koͤnne, was wahr
                              ist; es ist aber eben so gewiß, daß das Verhaͤltniß in
                              der Laͤnge dieser Hebel sich nicht aͤndern kann,
                              weil die Ausdehnung eben so wie die Zusammenziehung den
                              Laͤngen proportional ist.
                           Der zweite Einwurf war, daß bei der Veraͤnderung der
                              Temperatur das Eingreifen des Theilchens b' des Rades in den Zapfen c mehr oder weniger stark seyn wird; dieses ist gewiß,
                              aber dadurch aͤndert sich das Verhaͤltniß der
                              Schnelligkeit zwischen diesen beiden Organen nicht; denn wenn
                              sich auch die in einander greifenden Zaͤhne mehr oder
                              weniger durchdringen, so kann dadurch bekanntlich die relative
                              Schnelligkeit doch nicht geaͤndert werden.
                           Das unvermeidliche Spiel bei einer Verzahnung, wodurch
                              Zeitverlust entstehen koͤnnte, war der Gegenstand des
                              dritten Einwurfes; ich antworte darauf, daß diese Bewegung in
                              aͤhnlichen Faͤllen, bei den
                              Metall-Thermometern zum Beispiel, durch Anwendung einer
                              Spiralfeder neutralisirt wird, welche die Zaͤhne des
                              Zapfens noͤthigt, sich immer auf diejenigen des Rechens
                              zu stuͤzen. Seit meinen Beobachtungen habe ich dieses
                              Mittel dadurch ersezt, daß ich den zu pruͤfenden Stein
                              neigte, so daß das Gewicht des Zeigers c' die Wirkung der Feder hervorbrachte.
                           
                        
                           Ueber die Art, wie das eben beschriebene
                                 Instrument die Wirkungen einer
                                 Temperatur-Veraͤnderung anzeigt.
                           Bei der Erhoͤhung der Temperatur wird sich die
                              Metallstange 
                              aa
                              ',
                              Fig. 8. von dem Punkte a
                              aus, wo sie auf den Stein befestigt ist, gegen den kleinen Arm
                              b des Hebels bb
                              ' verlaͤngern; diese
                              Verlaͤngerung wird der Laͤnge der Stange und der
                              Anzahl der Grade, um welche sich die Temperatur erhoͤht
                              hat, proportional seyn. Vorausgesezt, daß diese
                              Temperatur-Erhoͤhung 40° Reaumur
                              betraͤgt, wird die Verlaͤngerung der 320,5 Mill.
                              langen Metallstange, 0,310 Millimeter ausmachen, wenn sie von
                              Messing ist; sie wird 0,1956 Mill. betragen, wenn die Stange von
                              weichem geschmiedetem Eisen ist, weil die absolute Ausdehnung
                              des Kupfers fuͤr 80°, nach Lavoisier und Laplace,
                              0,00187821 Mill. und die des Eisens 0,0012045 Millimeter
                              ist.
                           Die Verlaͤngerung der Stange wird den Hebel b zu weichen und den Zeiger c' einen tausend Mal
                              groͤßeren Raum zu durchlaufen noͤthigen, denn wir
                              haben gezeigt, daß der von dem Ende der beiden Hebel b, c' durchlaufene Raum sich wie 1
                              zu 1000 verhaͤlt.
                           Wenn man nun fuͤr irgend eine
                              Temperatur-Veraͤnderung und fuͤr eine
                              gegebene Laͤnge der Metallstange ihre Ausdehnung oder
                              Zusammenziehung kennt und folglich weiß, wie viele Abtheilungen
                              sie den Zeiger durchlaufen machen muß, so erfaͤhrt man
                              leicht, um wie viel sich der Stein ausgedehnt oder
                              zusammengezogen hat, wenn man die von dem Zeiger durchlaufenen
                              Grade von denjenigen abzieht, welche er haͤtte
                              durchlaufen muͤssen, denn die Wirkung des Steines ist,
                              wie man leicht einsieht, immer von derjenigen der Stange
                              abzuziehen. Der Zeiger wuͤrde sich, wie ich schon gesagt
                              habe, nicht bewegen, wenn die Ausdehnung des Steines derjenigen
                              des Metalles gleich waͤre.
                           Nun wollen wir annehmen, man habe eine einen Meter lange
                              Eisenstange als Zugband bei einer Mauer aus Steinen von St. Leu
                              angewandt und ihre beiden Enden seyen darin befestigt worden;
                              was geschieht bei einer Temperatur-Erhoͤhung von
                              100 Centesimalgraden? Die Ausdehnung des Steines wird nur 0,649
                              Mill. betragen, hingegen die des Eisens 1,220 Mill. (nach der
                              Tabelle S. 300.) Wegen der Differenz in der Ausdehnung von 0,571
                              Mill., um welche sich das Metall mehr als der Stein ausdehnt,
                              wird nothwendig die Eisenstange sich kruͤmmen, wenn der
                              Widerstand sehr groß ist, oder die beiden Punkte, an welchen die
                              Enden dieser Stange befestigt sind, werden sich weiter
                              entfernen. Dieß sind aber offenbar, wie auch Hr. Alavoine in seiner Abhandlung
                              bemerkt, zerstoͤrende Wirkungen. Wenn man Eisen anwendet,
                              um die Steine mit einander zu verbinden, so waͤre es
                              vielleicht gut, dieses Metall nicht in seiner ganzen
                              Laͤnge zu befestigen, so, daß es sich leicht
                              kruͤmmen kann. Doch glaube ich, daß man unter gewissen
                              Umstaͤnden die bezeichneten Wirkungen leicht
                              dadurch neutralisiren koͤnnte, daß man drei
                              Metallstangen, so wie sie in Fig.
                                 11. vorgestellt sind, mit einander verbindet.
                           Um die Wirkungsart dieses Compensations-Systemes
                              begreiflich zu machen, will ich wie in dem vorhergehenden Falle
                              annehmen, das eine Ende k einer der
                              eisernen Stangen und das Ende i' der
                              anderen Stange aus demselben Metall, seyen auf irgend eine Art
                              an dem Steine befestigt und die Temperatur erhoͤhe sich
                              um 100 Centesimalgrade; ich habe schon gesagt, daß sich das
                              Eisen unter diesen Umstaͤnden um 0,571 Mill. mehr
                              ausdehnt als der Stein. Man muß also gewisser Maßen bewirken,
                              daß diese uͤberschuͤssige Ausdehnung von dem
                              befestigten Ende i' gegen das andere
                              freie Ende i Statt findet; zu diesem
                              Ende muß man berechnen, wie lang eine kupferne Stange seyn muß,
                              damit ihre Ausdehnung diejenige einer eisernen Stange von
                              derselben Laͤnge, fuͤr 100 Centesimalgrade um
                              0,571 Millimeter uͤbertrifft; man wird 0,868 Meter
                              finden: diese Laͤnge muß man nun der eisernen Stange kk
                              ' von ihrem befestigten Ende k an geben, und sie an ihrem freien
                              Ende vermittelst eines Stiftes mit der Kupferstange aa
                              ' verbinden; auf dieselbe Art muß
                              man auch das Ende a' dieser
                              Kupferstange mit dem Ende i der
                              Eisenstange verbinden. Man begreift leicht, daß die Compensation
                              Statt finden wird, weil die Kupferstange durch ihre
                              uͤberschuͤssige Ausdehnung die Eisenstange von dem
                              Punkte i' gegen den Punkt i um 0,571 Millimeter
                              zuruͤkdraͤngen wird, welche Laͤnge zu
                              compensiren war.
                           Man kann sich diese Compensations-Wirkung auch noch auf
                              eine andere Art erklaͤren; ich habe schon gesagt, daß die
                              Ausdehnung des Steines von derjenigen des Eisens abzuziehen ist;
                              die des Kupfers ist auch davon abzuziehen; addirt man nun die
                              Ausdehnung des Kupfers zu der des Steines, so muß die Summe
                              derjenigen der beiden Eisenstangen gleich seyn, was wirklich
                              Statt findet. Die Ausdehnung des Kupfers wird fuͤr eine
                              Laͤnge von 0,868 Meter und eine
                           
                              
                                 Temperatur-Veraͤnderung von 100
                                    Centesimalgraden betragen
                                 1,630 Mill.
                                 
                              
                                 die des Steines,
                                    fuͤr die Laͤnge eines Meters
                                 0,649 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 2,279 Mill.
                                 
                              
                                 Die Ausdehnung der
                                    einen Meter langen Eisenstange ii
                                    ' wird betragen
                                 1,220
                                 
                              
                                 die der anderen 0,868
                                    Meter langen Eisenstange
                                 1,059
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 2,279 Mill.
                                 
                              
                           Was ich in Bezug auf die Ausdehnung des Metalles und des Steines
                              gesagt habe, muß auch in Hinsicht auf seine Zusammenziehung
                              gelten.
                           Man sieht leicht ein, wie nuͤzlich diese Entdekungen den
                              Baumeistern werden koͤnnten, wenn man sie
                              auf alle Bausteine ausdehnen wuͤrde, besonders diejenigen
                              in den Gegenden, wo viele Gebaͤude Behufs der
                              Manufakturen errichtet werden, welche einer sehr hohen
                              Temperatur ausgesezt werden muͤssen.
                           Das Instrument, dessen ich mich zu meinen Versuchen bediente,
                              habe ich selbst mit der groͤßten Sorgfalt verfertigt,
                              wobei mir die Uhrmacherkunst sehr gute Dienste leistete.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
