| Titel: | Ueber ein im Handel vorgekommenes Kochsalz, welches eine beträchtliche Menge Jodkalium enthielt; von Hrn. Serullas. | 
| Fundstelle: | Band 34, Jahrgang 1829, Nr. XCII., S. 396 | 
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                        XCII.
                        Ueber ein im Handel vorgekommenes Kochsalz,
                           welches eine betraͤchtliche Menge Jodkalium enthielt; von Hrn. Serullas.
                        Aus dem Journal de Pharmacie, Nov. 1829, S.
                              613.
                        Serullas, uͤber ein im Handel vorgekommenes Kochsalz
                           etc.
                        
                     
                        
                           Hr. Dr. Fourneret schikte mir
                              in einem kleinen Topfe 4 bis 5 Unzen von einem Kochsalz, welchem man eine Epidemie
                              im Bezirk von Esternay
                              (Dpt. de la Marne) zuschrieb. Die Symptome, welche
                              diese Krankheit charakterisiren, bestehen, nach dem Ausdruk des Hrn. Dr. Fourneret, in einer
                                 verschiedenartigen Entzuͤndung des Druͤsensystems und der
                                 Unterleibsorgane.
                           Dieses Salz wurde von dem Maire von Sezanne confiscirt, und von einem Arzte dieser
                              Stadt an Herrn Fourneret geschikt, um es untersuchen und
                              ausmitteln zu lassen, ob es Brom oder einige andere scharfe, der Gesundheit
                              schaͤdliche, Substanzen enthalte.
                           Ich theile im Folgenden das Resultat meiner Analyse mit; obgleich ich sie aus Mangel
                              hinreichender Salzmenge nicht wiederholen konnte, weil der groͤßere Theil zu
                              vorlaͤufigen Versuchen verwandt worden war, so glaube ich doch, daß sie sich
                              der Wahrheit genuͤgend naͤhert.
                           Ich habe darin kein Brom gefunden.
                           1) Das Salz ist im Aeußeren von dem grauen kaͤuflischen Salze nicht
                              verschieden: es zieht die Feuchtigkeit sehr stark an. Ich troknete eine Portion
                              davon und sezte sie der Luft aus, wo sie in einigen Stunden merklich feucht
                              wurde.
                           2) Mit gelatinirter Staͤrke zerrieben wurde es auf Zusaz einiger Tropfen
                              Chlorwassers dunkelblau.
                           3) 100 Theile, in Wasser aufgeloͤst und filtrirt, hinterließen 0,066 Theile
                              erdige Substanz.
                           4) 27 Grammen wurden gepulvert und mit Alkohol von 39° in einem
                              Glasmoͤrser so lange abgerieben, bis der Ruͤkstand sich mit
                              Staͤrke und Chlor nicht mehr blau faͤrbte. Dieser Alkohol, in welchem
                              das Jodkalium nebst etwas salzsaurem Kali aufgeloͤst war, wurde filtrirt und
                              verdampft, worauf man mit Wasser verduͤnnte und eine hinreichende Menge
                              salpetersaures Silber zusezte: der erhaltene Niederschlag wurde mit
                              uͤberschuͤssigem fluͤssigem Ammoniak geschuͤttelt, um
                              das Chlorsilber aufzuloͤsen; das unaufgeloͤste wurde durch das Filter
                              abgeschieden, ausgesuͤßt und stark ausgetroknet, und bestand aus 0,585
                              Jodsilber, welche 0,400 Jodkalium (oder 0,311 Jod und 0,099 Kalium) entsprechen, was
                              auf 100 Theile des Salzes 1,43 Jodkalium oder beilaͤufig 1 1/2 Procent
                              betraͤgt.
                           Vorausgesezt nun, jedes Individuum nehme taͤglich mit den verschiedenen
                              Nahrungsmitteln 8 bis 10 Grammen Salz ein, so sind darin 3 bis 4 Gran Jodkalium; man
                              begreift, daß eine solche Quantitaͤt in die Laͤnge der Gesundheit
                              nachtheilig werden muß. Jedoch kann man daraus nicht ohne genaue Untersuchung
                              schließen, daß dieß die Ursache der herrschenden Krankheit ist.
                           Da einige Personen in diesem Salze Brom und Jod vermutheten, was die Aufmerksamkeit
                              der Regierung erregte, so habe ich hierauf besonders meine Untersuchungen gerichtet;
                              ich habe aber auch die Menge des darin enthaltenen reinen Kochsalzes bestimmt; ich fand
                              91,50 Procent Kochsalz und 8,5 schwefelsaure Bittererde. 100 Theile des Salzes
                              enthalten also:
                           
                              
                                 Chlornatrium (Kochsalz)
                                 91,50
                                 
                              
                                 Schwefelsaure Bittererde
                                   8,50
                                 
                              
                                 Jodkalium
                                   1,48
                                 
                              
                                 Erdige Substanz
                                   0,66
                                 
                              
                           Das graue Salz, welches man gewoͤhnlich zu Valde-Grâce
                              gebraucht, wurde Vergleichungsweise untersucht. 10 Grammen auf dieselbe Art wie das
                              vorige mit Alkohol behandelt u.s.w. gaben 0,0350 Gr. Jodsilber, welche 0,0245
                              Jodkalium (0,0186 Jod und 0,0059 Kalium) entsprechen. 100 Seesalz enthalten folglich
                              nur 0,009 Jodkalium, was bloß eine Spur ist.
                           Wahrscheinlich wurde das Salz, welches man zu Sezanne confiscirte, zu schnell in den
                              Handel gebracht, und blieb nicht lange genug in duͤnnen Lagen mit Luft und
                              Feuchtigkeit in Beruͤhrung, wobei ihm die zerfließlichen Salze, unter welche
                              das Jodkalium gehoͤrt, entzogen werden.
                           So viel ist gewiß, daß dieses Salz eine hinreichende Quantitaͤt Jodkalium
                              enthaͤlt, um es mit Vortheil abscheiden zu koͤnnen. Zu diesem Ende
                              muͤßte man es in Faͤsser bringen, deren Boden mit kleinen
                              Loͤchern durchbohrt ist, und wie beim Deken des Zukers eine geringe Menge
                              Wasser aufgießen, welche das Jodkalium ausziehen und ein Salz von guter
                              Qualitaͤt hinterlassen wuͤrde. Das im Waschwasser enthaltene Jod,
                              durch die erforderlichen Operationen abgeschieden, wuͤrde wenigstens eben so
                              viel werth seyn, als das Salz.