| Titel: | Resultate der Versuche mit Winan's Eisenbahnwagen. | 
| Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XVI., S. 83 | 
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                        XVI.
                        Resultate der Versuche mit Winan's Eisenbahnwagen.
                        Aus dem Mechanics' Magazine. N. 341. 20. Febr. 1830.
                              S. 461.
                        Resultate uͤber Eisenbahnwagen.
                        
                     
                        
                           Hr. Vignoles stellte
                              diese Versuche in der lezten Haͤlfte Jaͤnners in der Absicht an, den
                              Betrag der Reibung an Eisenbahnwagen nach Winan's Art
                              Mech. Mag. N. 328. 333. Polyt. Journ. Bd. XXXV. S.
                                       2.A. d. Ue. mit aller Genauigkeit zu bestimmen. Hr. Vignoles
                              bediente sich der kleinen Wagen Winan's bei den Versuchen
                              zur Bestimmung der Kraft der „Novelty“ in N. 339. des Mech. Mag., und schaͤzte, nach
                              dem damaligen Zustande der Eisenbahn, die Lauf- und Achsenreibung auf
                              ungefaͤhr 6 Pfund fuͤr die Tonne. Hierbei war aber die Seitenreibung
                              nicht eingeschlossen, und der Umstand nicht in Betrachtung gezogen, daß eine so
                              lange Reihe von Wagen,
                              wie diejenige, die hier angehaͤngt war, ohne daß die Wagen unter einander
                              fest verbunden waren (was geschehen wird, wenn sie wirklich werden arbeiten sollen),
                              die Schnelligkeit vermindern muß. Diese Versuche scheinen, verglichen mit jenen in
                              N. 339., alle Aufmerksamkeit zu verdienen. Nach einem Überschlage, sagt der
                              Redacteur des Mech. Mag., den wir machten,
                              koͤnnen die Gesammtauslagen fuͤr Brennmaterial und Abnuͤzung an
                              den Dampf- und Lastwagen auf Eisenbahnen nicht mehr als 1/3 Penny (1 kr.) auf
                              die englische Meile (5280 engl. Fuß) betragen.
                           Nach dem Durchschnitte einer Reihe von Versuchen, die mit einem Wagen Winan's ohne Federn, dessen Raͤder 20 Zoll im
                              Durchmesser hielten, und der zwischen 12 und 13 Ztr. wog, und 2 1/2 Tonne (50 Ztr.)
                              Last fuͤhrte, angestellt wurden, erhellt, daß dieser Wagen, kaum in Bewegung
                              gesezt, am Fuße der schiefen Flaͤche bei Whiston, uͤber 931,59 Fuß in
                              232 Secunden zuruͤklegte. Der Fall auf dieser ganzen Laͤnge betrug 24
                              3/4 Zoll. Mehrere einzelne Versuche stimmten mit diesem Durchschnitte oder Mittel
                              bis auf einen Bruchtheil.
                           Nun ist 931,59/2,06 = 452; woraus erhellt, daß Wagen mit 20zoͤlligen
                              Raͤdern auf einer schiefen Flaͤche von 1 Fuß Fall in 452 Fuß, oder von
                              11 Fuß 8 1/2 Zoll auf die englische Meile (5820 engl. Fuß), fuͤr sich selbst
                              laufen werden.Die Redaction muß hier zur Ehre eines ihrer Correspondenten, der bisher
                                    durchaus ungenannt bleiben wollte, bemerken, daß sie bereits uͤber 6
                                    Monate einen Aufsaz desselben uͤber Benuͤzung schiefer
                                    Flaͤchen bei Eisenbahnen im Pulte liegen hat. Sie wurde von dem
                                    Correspondenten zu Versuchen aufgefordert, die er in seiner Lage nicht
                                    anstellen konnte. Auch sie war bisher daran gehindert. Indessen stimmen die
                                    von ihrem Correspondenten bloß im Allgemeinen gegebenen Rechnungen so
                                    ziemlich genau mit diesen Versuchen, und, was noch mehr ist, die Versuche
                                    uͤbertrafen die Resultate seiner Berechnungen, die er also nicht zu
                                    hoch ansezte. Wenn fortan die schiefe Flaͤche bei Eisenbahnen
                                    benuͤzt werden sollte, so koͤnnen wir bezeugen, daß diese Idee
                                    nicht bloß den Britten allein gehoͤrt, sondern daß auch ein
                                    deutscher, und zwar ein bayer'scher Kopf derselben faͤhig war.A. d. R.
                              
                           Wenn man nun 2240 Pfd. auf die Tonne rechnet, so ist 2240/452 Pfd. = 4,95 Pfd.
                              Reibung fuͤr die Tonne; d.h., eine Kraft von 5 Pfd. wird Eine Tonne bewegen.
                              Obige schiefe Flaͤche fiel 18 Zoll in den ersten 200 Fuß; nur 6 Zoll in den
                              folgenden 500 Fuß; und gar nur 3/4 Zoll in den folgenden 200 Fuß: alles Uebrige auf
                              dieser Streke war vollkommen eben. Die Geschwindigkeit war Anfangs 2 Fuß in Einer
                              Secunde; das Maximum der erreichten Geschwindigkeit war 7 Fuß, und am Ende war die
                              Geschwindigkeit Ein Fuß in Einer Secunde.
                           
                           Die Eisenbahn war bei diesen Versuchen wohl rein von eigentlichem Kothe, aber nicht
                              ganz sauber: sie war etwas rostig, und so, wie sie in der Folge immer seyn wird.
                           Am folgenden Tage wurden dieselben Wagen auf der zwei (engl.) Meilen langen Ebene bei
                              Rainhill versucht. Die Eisenbahnen waren hier ohne Vergleich besser, und man kann
                              sagen frei von allem Schmuze. Ein Gewicht von 10 3/4 Pfd., frei uͤber eine
                              zweizoͤllige Rolle gehaͤngt, unterhielt das Moment der Bewegung des
                              Wagens (wenn er einmal in Gang gebracht war) im Verhaͤltnisse von 2 (engl.)
                              Meilen in Einer Stunde. Das genaue Gewicht des Wagens und seiner Last war 62 1/2
                              Ztr. oder 7000 Pfd. Also 7000 : 2240 : 10,75 : 3,44 Pfd. Reibung auf die Tonne unter
                              den guͤnstigsten Umstaͤnden bei kleinen Raͤdern. Indessen wird
                              es fuͤr die Praxis besser seyn bei obigen 5 Pfd. fuͤr die Reibung auf
                              jede Tonne bei kleinen Raͤdern zu bleiben, indem diese durch die kleinsten
                              Hindernisse in ihrer Bewegung aufgehalten werden. Nach Coulomb's u.a. Versuche ist es erwiesen, daß Geschwindigkeit die Reibung
                              nicht vermehrt; indessen wird bei hoher Schnelligkeit, bei einer langen Reihe von
                              Wagen ohne Federn ein gewisses Schwanken und eine Seitenreibung entstehen, die
                              mehrere Pfunde fuͤr die Tonne betragen kann. Diese Seitenreibung wird auch
                              noch vermehrt, wenn der Reif zu kegelfoͤrmig ist. Wie sich diese Art Reibung
                              aber zum Durchmesser des Rades verhaͤlt, muß erst durch weitere Versuche
                              bestimmt werden.
                           An demselben Tage wurden Versuche mit Winan's Wagen ohne
                              Federn und mit Raͤdern von 3 Fuß im Durchmesser angestellt. Auf der schiefen
                              Flaͤche lief dieser Wagen, kaum nur in Bewegung gesezt, in 275 Secunden
                              824,67 englische Fuß. Der senkrechte Fall auf dieser Laͤnge war 11 Zoll, oder
                              0,92 Fuß. In den ersten 200 Fuß betrug er 7 1/2 Zoll; 3 Zoll in den naͤchst
                              folgenden 550 Fuß, und nur 1/2 Zoll in den lezten 75 Fuß. Die Geschwindigkeit war
                              Anfangs 2 Fuß in Einer Secunde; die groͤßte erhaltene Geschwindigkeit 4 1/2
                              Fuß in Einer Secunde; und am Ende in derselben Zeit 8 Zoll.
                           Derselbe Wagen forderte auf der vollkommen reinen und ebenen Eisenbahn bei 80 1/2
                              Ztr. Last nur 9 3/4 Pfd., um, wenn er einmal im Gange war, das Moment der Bewegung
                              im Verhaͤltnisse von 2 Meilen auf die Stunde zu unterhalten.
                           Auf der schiefen Flaͤche ist also das Resultat 824,67/0,92 = 896, d.h.,
                              dreifuͤßige Raͤder laufen fuͤr sich selbst auf einer Neigung
                              von 1 Fuß in 896 oder von 5 Fuß 10 3/4 Zoll in Einer Meile; und die Reibung
                              fuͤr die Tonne ist 2240/896 = 2,5 Pfd.
                           
                           Auf der Ebene, nach dem Versuche, 80 1/2 Ztr. oder 90,160 Pfd. : 2240 : : 9,75 : :
                              2,42 Pfd. = Reibung fuͤr die Tonne.
                           Auf der schiefen Flaͤche scheint bei der Uebereinstimmung der beiden Versuche
                              mit großen und kleinen Raͤdern, daß an großen Raͤdern die Hindernisse
                              fuͤr kleine Raͤder kaum merklich sind.
                           Auf der ebenen Flaͤche gilt obige Bemerkung uͤber die
                              Seitenreibung.
                           Waͤhrend dieser Versuche wurden die Wagen sowohl leichter als schwerer
                              befrachtet. Wo Schwere die Triebkraft war, durchliefen die Wagen in gleichen Zeiten
                              gleiche Raͤume mit allen Gewichten.