| Titel: | Ueber Bereitung und Benüzung des hydraulischen Mörtels beim Canalbaue zu Augustow. | 
| Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. XXXII., S. 152 | 
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                        XXXII.
                        Ueber Bereitung und Benuͤzung des
                           hydraulischen Moͤrtels beim Canalbaue zu Augustow.
                        Aus dem Pamietnik Warszawzk. I. B. S. 94. im
                           Bulletin des Sciences
                                 technol. N. II. S. 346.
                        Ueber Bereitung des hydraulischen Moͤrtels.
                        
                     
                        
                           Die Leitung der Arbeiten bei dem Canale von Augustow ist dem Geniecorps der
                              polnischen Armee uͤbertragen. Man bediente sich der Methode Vicat's zur Bereitung des
                              hydraulischen Moͤrtels. Der Pamietnik gibt
                              hieruͤber folgende nicht ganz uninteressante Notizen.
                           
                        
                           Bereitung des hydraulischen Kalkes.
                           Um Augustow gibt es keine Kalksteinbruͤche; man muß die Kalkgeschiebe sammeln,
                              so wie sie uͤber dem Boden oder unter demselben vorkommen, und diese
                              Kalksteine sind nur schlechter Kalk, der viel Kiesel- und Thonerde
                              enthaͤlt, und nur einen schlechten, vielweniger einen hydraulischen
                              Moͤrtel gibt.
                           Man hat indessen keinen anderen Kalk. So wie er aus dem Ofen kommt, wirft man ihn in
                              Kisten, die unten durchloͤchert sind, und auf einige Augenblike in Wasser
                              getaucht werden: man laͤßt ihn hier, aufgehaͤuft, sich loͤschen
                              und in Staub zerfallen. Man hat sich, zu Augustow uͤberzeugt, daß dieses von
                              Hrn. Vicat empfohlene Loͤschungsverfahren sehr gut
                              dient: das von demselben noch mehr gepriesene freiwillige
                                 Loͤschen konnte, der Kuͤrze der Zeit wegen, nicht angewendet
                              werden. Der in Staub zerfallene Kalk wird durch Siebe in eigenen Kasten
                              durchgesiebt, wodurch dieser Arbeit das Gefaͤhrliche derselben fuͤr
                              die Gesundheit benommen wird.Diese Methode verdiente haͤufiger bei dem Durchsieben verschiedener
                                    Artikel angewendet zu werden, die der Gesundheit gefaͤhrlich
                                    sind.A. d. Ue.
                              
                           Man mengt dann den Kalk mit Thon. Man fand, daß man auf 100 Theile Kalk 25 Theile in
                              Wasser eingeruͤhrten Thon nehmen muß; bei einigen Kalkarten, wie bei jenen
                              von Stancza (8 Meilen von Augustow) sogar 30. Der Thon muß vorher wohl gereinigt und
                              gemahlen werden. Die Mischung geschieht in Gruben, die mit Holz ausgefuͤttert
                              sind: Arbeiter, die mit starken Stiefeln bekleidet sind, treten und kneten diese
                              Mischung. Maschinen zeigten hier keine Vortheile vor Anwendung der
                              Menschenkraft.Wenn die Polen die hollaͤndischen Thonmuͤhlen und Stampfen
                                    kennten, wuͤrden sie vielleicht anders urtheilen. Wenn wir auch immer
                                    zweifelten, ob des Menschen Ann beim Kneten des Teiges ersezt werden kann,
                                    so sind wir doch uͤberzeugt, daß eine gute Thonstampfe ein Duzend
                                    polnischer Fuͤße zu ersezen vermag.A. d. Ue.
                              
                           Nachdem die Masse so gleichfoͤrmig als moͤglich angemacht wurde, bildet
                              man daraus kleine Ziegel, die man troknen laͤßt, dann Anfangs bei einem
                              maͤßigen Feuer in Kalkoͤfen, endlich aber 24–36 Stunden lang in
                              heftigem Feuer brennt. Dadurch wird der Kalk in hydraulischen Kalk verwandelt, den
                              man in troknen Magazinen aufbewahren muß; denn wenn er feucht wuͤrde,
                              wuͤrde er hart werden und nicht mehr zu Moͤrtel taugen.
                           Um den auf diese Weise erhaltenen Kalk zu loͤschen, puͤlvert man ihn
                              mittelst steinerner Walzen, die man durch Pferde in Bewegung sezt. Ein Pferd liefert
                              taͤglich so viel Kalk, als 20 bis 30 Maurer brauchen.
                           
                        
                           Bereitung des Moͤrtels.
                           Der hydraulische Moͤrtel wird auf die gewoͤhnliche Weise
                              geloͤscht, indem man ihn mit Kalk verduͤnnt. Bei einigen Schleußen
                              bediente man sich des Kalkes allein, um die Steine unter einander zu verbinden;
                              diese Methode waͤre aber zu kostbar, um sie bei allem Mauerwerke anzuwenden.
                              Man suchte durch eine große Zahl von Versuchen die Menge Sandes zu bestimmen, welche
                              zur Erhaltung des moͤglich besten Moͤrtels nothwendig ist; man
                              uͤberzeugte sich, daß auf 1 Theil Kalkstaub 13/24 Sand nothwendig sind. Wenn
                              man 1 Theil Sand nimmt, so erhaͤrtet der Moͤrtel nicht so leicht.
                           Man erhielt einen trefflichen Moͤrtel zum inneren Mauerwerks der Schleußen,
                              indem man ein Pulver aus
                           1 Theile hydraulischen Kalk,
                           1 Theile gewoͤhnlichen Kalk durch Eintauchen
                              geloͤscht, und
                           2 Theilen Sand nahm.
                           Die kuͤnstliche Puzzolana, die die Guͤte des gewoͤhnlichen
                              Kalkes vermehrt, wenn er zum Baue im Wasser verwendet werden soll, hat gar nichts
                              vor dem Sande voraus, wenn man sie mit hydraulischem Kalke mengt. Man darf sie nur
                              da anwenden, wo es sich darum handelt den Moͤrtel schnell zu troknen.
                           Man hat Grundmoͤrtel (beton) verfertigt, indem man
                              zu dem Moͤrtel aus 1 Theile hydraulischen Kalk und 1/2 Theile Sand
                              ungefaͤhr 1/2–2 Theile Ziegel, Steine und Schlaken nahm, in
                              Stuͤken von ungefaͤhr 1 Kubikzoll. Diese Masse, in Model von mehreren
                              Kubikfuß Hohlraum gegossen, gab kuͤnstliche Steine, die gut
                              erhaͤrteten und
                              der Einwirkung des Wassers und des Eises kraͤftig widerstanden.
                              Kuͤnstliche Steine aus hydraulischem Kalk in Model gegossen gaben dieselben
                              Resultate.
                           Die hydraulischen Moͤrtel erhaͤrten außerordentlich schnell. Die Maurer
                              muͤssen vollkommen eingeuͤbt seyn, wenn sie sich desselben bedienen
                              wollen. Am besten ist es, wenn immer zwei Maurer zusammen helfen; der eine muß den
                              Moͤrtel auftragen, und zwar nie mehr als zum Legen eines Steines und eines
                              Ziegels nothwendig ist; der andere muß den Stein oder Ziegel selbst in die
                              gehoͤrige Lage bringen.
                           Wenn man hydraulischen Kalk zu dem gewoͤhnlichen Mauerwerks nimmt, ist es gut,
                              wenn man demselben gewoͤhnlichen Kalk und eine groͤßere Menge Sand
                              zusezt.
                           Man bereitet fuͤr jeden Tag nur so viel Moͤrtel, als man sicher weiß,
                              daß man verbrauchen wird: waͤhrend der Feierstunde dekt man den
                              Moͤrtel mit einer Lage Sandes zu, um das Austroknen desselben zu
                              verhindern.