| Titel: | Bericht über Cavaliere Aldini's Apparat, um Menschen gegen die zerstörende Einwirkung der Flammen zu schüzen. | 
| Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. LXXXIII., S. 430 | 
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                        LXXXIII.
                        Bericht uͤber Cavaliere Aldini's Apparat, um Menschen gegen
                           die zerstoͤrende Einwirkung der Flammen zu schuͤzen.
                        Aus dem Repertory of Patent-Inventions. N. 58.
                              S. 234.
                        Albini's Apparat, um Menschen gegen Flammen zu
                           schuͤzen.
                        
                     
                        
                           Cavaliere Aldini hat sich bekanntlich mit Verfertigung
                              eines Apparates oder vielmehr einer Bekleidung zum Schuze des Koͤrpers
                              derjenigen, die der Einwirkung der Flammen ausgesezt sind, seit laͤngerer
                              Zeit beschaͤftigt. Diese Bekleidung machte den Gegenstand einiger
                              Abendunterhaltungen (Conversazioni) an der Royal-Institution aus. Folgende Beschreibung der
                              Einrichtung dieses Apparates und seiner Wirkungen, mit den Worten des Hrn. Prof.
                              Farraday,Unsere Leser werden diesen Bericht des Hrn. Prof. Farraday deutlicher finden, als jenen,
                                    welchen Hr. Gay-Lussac uͤber denselben Gegenstand vor der
                                    Académie des Sciences
                                    muͤndlich erstattet hat, und welchen wir im 1. Maͤrzhefte l.
                                    J. S. 364. mittheilten. Wir bitten beide zu vergleichen. Aldini's Werk, das zeither zu Paris bei Mad. Huzard erschien, haben wir in der Polytechn. Litterat. angezeigte Einige englische
                                    Journale verkuͤndeten, daß die neue Londoner Polizei mit solchen
                                    Kleidern beim Loͤschen ausgestattet werden soll. A. d. Ue. werden eine klare Idee sowohl von den Eigenschaften als von den Wirkungen
                              desselben gewahren.
                           
                              „In diesem Apparate ist die Kraft, welche Metallgewebe besizen, die Flamme
                                 aufzuhalten, mit der Eigenschaft des Asbestes, unverbrennlich, und ein
                                 schlechter Leiter der Waͤrme zu seyn, vereinigt. Der Asbest, als
                                 unverbrennlicher Koͤrper und schlechter Leiter der Waͤrme, liegt
                                 zunaͤchst am Leibe, und das Drathgewebe dient als aͤußere
                                 Huͤlle.
                              
                           Die Stuͤke der Bekleidung, welche fuͤr den Leib, die Arme, die Beine
                              bestimmt sind, sind aus grobem, starken, in Alaunaufloͤsung gebeiztenWuͤrde dieses Tuch nicht vielleicht besser in
                                    Wasserglasaufloͤsung gebeizt werden koͤnnen?A. d. Ue. Tuche; die fuͤr den Kopf, die Haͤnde, die Fuͤße, sind
                              aus Asbest. Die. Bekleidung des Kopfes ist eine große Kappe, die den ganzen Hals
                              bedekt, mit Oeffnungen fuͤr die Augen, die Nase, den Mund, welche durch
                              feines Kupferdrathgewebe geschuͤzt sind. Die Kappe und die Struͤmpfe
                              sind einfach; die Handschuhe sind aber doppelt, damit man brennende und
                              gluͤhende Koͤrper mit denselben fassen kann.
                           Hr. Aldini hat es bei seinem
                              unermuͤdbaren Fleiße dahin gebracht, Asbest spinnen und weben zu
                              koͤnnen, ohne daß derselbe vorlaͤufig mit anderen Faserstoffen gemengt
                              wird: hierbei ist aber die Einwirkung des Dampfes nothwendig, wenn man denselben
                              biegen und drehen will, denn sonst brechen die Fasern. Die Gewebe, die er daraus
                              verfertigt, sind nicht dicht und fest, sondern loker. Die einzelnen Faden haben
                              ungefaͤhr den fuͤnfzigsten Theil eines Zolles im Durchmesser, und sind
                              von bedeutender Starke. Man koͤnnte Seile von bedeutender Starke und Dike aus
                              denselben verfertigen. Hr. Aldini meint, daß er auch noch andere Faserstoffe wird so zubereiten
                              koͤnnen, daß er den seltenen und kostbaren Asbest bei seinem Apparate
                              entbehren kann.
                           Sein metallner Schuzapparat besteht aus fuͤnf wesentlichen Stuͤken: aus
                              einem Helme oder aus einer vollstaͤndigen Kappe mit einer Maske oder Larve;
                              diese ist von solcher Groͤße, daß hinlaͤnglich Raum zwischen ihr und
                              der Asbestkappe uͤbrig bleibt, und hat vor dem Gesichte noch ein Visier, so
                              daß ihr Schuz an dieser Stelle verdoppelt wird; aus einem Panzer, oder Currasse, mit
                              seinen Gelenken; aus einem Panzerwams fuͤr den Leib und fuͤr die
                              Schenkel; aus einem Paar Stiefel von doppeltem Drathgeflechte; und aus einem
                              eifoͤrmigen fuͤnf Schuh langen und zwei einen halben Fuß breiten
                              Schilde, in welchem Drachgewebe uͤber einen duͤnnen eisernen Rahmen
                              gespannt ist. Das Drathgewebe ist hier aus Eisen, und die Zwischenraͤume
                              zwischen den Drathen betragen ungefaͤhr Ein fuͤnfundzwanzigstel
                              Zoll.
                           Hr. Aldini hat waͤhrend
                              seines Aufenthaltes zu Genf die Feuerloͤscher mit der Kraft seines Apparates
                              bekannt gemacht, und ließ sie in denselben sich einuͤben, ehe er
                              oͤffentlich Versuche anstellte. Er zeigte ihnen, daß ein Finger, in Asbest
                              und dann daruͤber in ein doppeltes Gehaͤuse von Drath gehuͤllt, lange
                              Zeit uͤber in die Flamme einer Weingeistlampe oder einer Kerze gehalten
                              werden kann, ehe man eine laͤstige Waͤrme fuͤhlt. Er bekleidete
                              sie hierauf mit seinen Gewaͤndern und gewoͤhnte sie nach und nach an
                              die staͤrksten Flammen.
                           Hier einige seiner oͤffentlich angestellten Versuche. Ein Loͤscher
                              hatte seine Hand in einen doppelten Handschuh von Asbest gestekt, und die flache
                              Hand war noch uͤberdieß mit einem Stuͤke Asbestgewebe
                              geschuͤzt. Er ergriff nun mit dieser Hand ein großes Stuͤk
                              rothgluͤhendes Eisen, trug es langsam 150 Fuß weit, zuͤndete am Ende
                              seines Ganges Stroh mit demselben an, und trug es zum Ofen zuruͤk. Seine Hand
                              litt nicht im Mindesten bei dem Versuche.
                           Der zweite Versuch sollte den Schuz fuͤr den Kopf, die Augen, die Lungen
                              erweisen. Der Loͤscher sezte nur die Asbest- und die Drathgewebekappe
                              auf, zog den Panzer an, und hielt den Schild vor seine Brust. Es wurde ein Feuer von
                              Spaͤnen angezuͤndet, und in einer großen offenen Glutpfanne
                              unterhalten. Der Loͤscher naͤherte sich derselben, stekte seinen Kopf
                              mitten in die Flammen, das Gesicht gegen dieselben gekehrt, und ging in dieser
                              Stellung langer als Eine Minute lang um die Pfanne herum. Dieser Versuch wurde
                              einige Male wiederholt, und die Personen, die ihn anstellten, versichern keine
                              Ungelegenheit und Beschwerlichkeit bei dem Athemholen gefuͤhlt zu haben.
                           Der dritte Versuch geschah in voller Ruͤstung. Zwei Reihen von
                              Holzbuͤndeln, mit Stroh gemengt, wurden gegen senkrecht stehende eiserne
                              Stangen so aufgeschlichtet, daß ein Gang von 30 Fuß Laͤnge und 6 Fuß Weite
                              entstand. Vier solche Gaͤnge wurden angelegt in verschiedenem
                              Verhaͤltnisse von Holz und Stroh, und einer derselben war lediglich aus
                              Stroh. Man entzuͤndete diese Reihen von Scheiterhaufen, und ein
                              Loͤscher, mit dem Schuzkleide angethan und bedekt mit seinem Schilde, ging
                              durch diese Doppelalleen von Flammen mehrere Male unbeschaͤdigt hin und her.
                              Die Flammen schlugen zehn Fuß hoch in die Hoͤhe und uͤber dem Kopfe
                              des Loͤschers zusammen. Der Loͤscher ging langsam, und brauchte 12 bis
                              15 Sekunden; er ging sechs und acht Mal, zuweilen noch oͤfter, nach einander
                              hin und her, so daß er 1 1/2–2 Minuten lang und noch langer der beinahe
                              ununterbrochenen Wirkung der Flammen ausgesezt war.
                           Er hatte, als er durch die Reihe von Buͤndeln ging, in welchen kein Stroh war,
                              eine Art von feuerfestem Korbe auf seinem Ruͤken, in welchem ein Kind war,
                              dessen Kopf eine Muͤze von Asbest umhuͤllte, und das zugleich durch
                              den Drathschild geschuͤzt wurde.
                           Vier Loͤscher machten, einer nach dem anderen, diese Versuche, und alle
                              stimmten darin uͤberein, daß sie keine Beschwerlichkeit beim Athmen fuͤhlten. Sie
                              schwizten, in Folge der hohen Waͤrme, der sie ausgesezt waren, wohl sehr
                              stark, ihre Haut war aber durchaus unverlezt, außer in einem Falle, wo der zu
                              kuͤhn gewordene Loͤscher vergaß, seinen Hals bei Befestigung der
                              Asbestmaske an dem Wams gehoͤrig zu schuͤzen.
                           Niemand unter allen, die bei diesen Versuchen gegenwaͤrtig waren, konnte dem
                              uͤberzeugenden Eindruke von der Schuzkraft dieses Apparates widerstehen: alle
                              sahen, daß die Loͤscher, die durch die lodernden Flammen gingen, nicht selten
                              ihren Bliken durch die Wuth des Feuers gaͤnzlich entzogen waren.
                           Die Thatsache, daß ein Mensch in Hrn. Aldini's Apparate mitten in den Flammen athmen kann, ist
                              hoͤchst merkwuͤrdig. Man hat oͤfters bei Oeffnung der Leichen
                              derjenigen, die im Feuer verungluͤkten, gefunden, daß sie vorzuͤglich
                              an den Verlezungen der Werkzeuge des Athemholens starben. Es sollte scheinen, daß
                              das dreifache Metallgewebe so viel Waͤrmestoff aus der Luft, waͤhrend
                              sie in die Lungen tritt, entzieht, daß die Temperatur derselben ertraͤglich
                              wird. Man weiß aus Versuchen an Oefen, daß der Mensch in einer Luft von 120 bis
                              130° am hundertgradigen Thermometer (246 oder 267 F., +95 bis 104° R.)
                              und selbst in einer noch heißeren Luft leben kann. Vielleicht waren auch jene
                              Verlezungen an den Respirationsorganen den heißen Daͤmpfen zuzuschreiben, die
                              so oft entstehen, wo man Feuer mit Wasser zu loschen versucht: denn diese
                              Daͤmpfe werden den Lungen eine weit groͤßere Hize zufuͤhren,
                              als die Luft. Aus diesem Grunde muͤssen Loͤscher, wenn sie auch noch
                              so gut geschuͤzt sind, nur mit der groͤßten Vorsicht in brennende
                              Haͤuser eindringen, indem in diesen die Umstaͤnde sich ganz anders
                              verhalten, wie hier bei diesen Versuchen.
                           Man muß bemerken, daß mehrere solche Kleider im Vorrathe vorhanden seyn
                              muͤssen; nicht um mehrere Personen auf ein Mal mit denselben zu kleiden,
                              sondern damit der Loͤscher, der Menschen und Kostbarkeiten aus dem Feuer zu
                              retten hat, nicht immer wieder mit demselben erhizten Anzuge kommt, und diesen
                              wechseln kann. Der Großherzog von Toscana hat sechs solche Feuerroͤke
                              fuͤr Florenz angeschafft.
                           Hr. Aldini hat vor der Société de Physique de Genève noch
                              mehrere Versuche angestellt, um die Kraft seines Apparates zu zeigen. Er hielt ein
                              lokeres weites Asbestgewebe uͤber Wachs- und Weingeiststamme: die
                              Flamme wurde dadurch eben so gut, als durch ein Drathgewebe aufgehalten. Dieser
                              Versuch soll, wie man glaubt, fuͤr die Einwuͤrfe sprechen, die man
                              gegen die Theorie von Sir H.
                                 Davy's Sicherheitslampe erhoben hat. Es scheint aber hier ein
                              Mißverstaͤndniß in der Idee zu liegen, die man sich von dieser Theorie
                              gemacht hat. Sir H. Davy
                              erklaͤrte nie die Wirkung seiner Lampe durch Einsaugung der Hize der Flamme mittelst der
                              staͤrkeren Leitungskraft des Drathgewebes allein, sondern durch die vereinte
                              Wirkung der Einsaugung und Ausstrahlung. Asbest strahlt die Waͤrme trefflich
                              aus, und diese Kraft, vereint mit seiner Leitungskraft, reicht wahrscheinlich hin,
                              um die Wirkungen nach Davy's Theorie zu erklaͤren.