| Titel: | Notizen aus der Geschichte und über die Eigenschaften des Kautschuk. Von Karl Davis, M. Dr. | 
| Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XI., S. 67 | 
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                        XI.
                        Notizen aus der Geschichte und uͤber die
                           Eigenschaften des Kautschuk. Von Karl Davis, M. Dr.
                        (Ebendaselbst in beiden
                              Zeitschriften.)
                        Davis, uͤber die Eigenschaften des Kautschuk.
                        
                     
                        
                           Kautschuk kam im Anfange des vorigen Jahrhundertes zum ersten Male nach Europa. Man
                              wußte nichts Bestimmtes uͤber den Ursprung desselben, und einige Physiker
                              hielten ihn fuͤr ein Kunstproduct. Im J. 1735 schickte die Pariser Akademie
                              eine Gesellschaft nach Suͤdamerika, um daselbst einen Grad am Meridian zu
                              messen. Im folgenden Jahre uͤberreichte ein Mitglied derselben, Hr. de la Condamine, der Akademie eine Abhandlung, in welcher
                              er anfuͤhrt, daß der Kautschuk von einem Baume kommt, welcher in Brasilien in
                              der Provinz Esmeraldas waͤchst. Wenn man Einschnitte in die Rinde dieses
                              Baumes macht, fließt ein milchichter Saft aus, der, der Luft ausgesetzt, gerinnt und
                              Kautschuk bildet. Derselbe Baum wurde spaͤter auch in CayenneDieß ist die Hevea
                                    gujanens. Aubl. oder Siphonia
                                    Cahuch-
                                    Rich. A. d. Ue. und an den Ufern des Maragnon gefunden. Man hat zeither gefunden, daß
                              verschiedene Pflanzen, die in heißen Klimaten wachsen, Kautschuk geben.
                           Hr. Howison erhielt eine bedeutende Menge von einer
                              Schlingpflanze, die auf verschiedenen Inseln in Ostindien waͤchst. Auf Prinz
                              Wales' Island mußte eine Compagnie Soldaten sich
                              einen Weg durch den Wald bahnen: sie hieben das Unterholz mit ihren Saͤbeln
                              ab, und erstaunten ihre Klingen mit einer Masse uͤberzogen zu sehen, die alle
                              Eigenschaften des Kautschuk darbot.
                           Die Pflanze, aus welcher der Gummi ausschwitzt, ist eine dicke Rebe. Wenn tiefe
                              Einschnitte in die Rinde gemacht werden, erhaͤlt man eine
                              Fluͤssigkeit, die die Consistenz des Rahmes hat, und wenn man dieselbe auf
                              irgend einer Flaͤche aufstreicht, so stockt sie zu einem duͤnnen
                              Blatte Kautschuk. Hr. Howison machte Model aus Wachs in
                              der Form von Stiefeln, Handschuhen, Flaschen; strich den frischen Saft der Pflanze
                              auf diese Model auf, und ließ ihn in denselben trocken werden. Nach ungefaͤhr
                              10 Minuten wurde eine zweite Lage aufgetragen: zu Stiefeln von gewoͤhnlicher
                              Dicke waren ungefaͤhr 30 Lagen nothwendig. Wenn die Stiefel oder Handschuhe
                              fertig sind, so nimmt man sie von den Moͤdeln herab, indem man sie oben
                              umstuͤlpt und dann abzieht, wie man einen Handschuh vom Arme abzieht. Man zog
                              Handschuhe und Struͤmpfe aus Baumwollengarn auf Model, und tauchte sie dann
                              in Gefaͤße, welche fluͤssigen Kautschuk enthielten. Als man sie
                              hierauf herausnahm, und der Luft aussetzte, war auf jedem Faden eine Schichte
                              Kautschuk, so daß fuͤr Handschuhe und Struͤmpfe kein weiteres
                              Auftragen desselben mehr nothwendig war. Man nahm Stuͤcke starken Canevasses,
                              uͤberzog sie mit diesem Gummi, und schnitt sie zu Sohlen, Fersen, Riemen zu;
                              man bestrich sie hierauf an einer Seite mit dem frischen Safte, und legte sie auf
                              obige Struͤmpfe auf, mit welchen sie fest zusammenklebten, und eine Art
                              Stiefel bildeten, die sehr niedlich aussah. Hr. Howison
                              uͤberstrich ein Stuͤck Nankin mit diesem Gummi, und erhielt so einen
                              sehr biegsamen und wasserdichten Zeug. Er empfiehlt solche Zeuge vorzuͤglich
                              fuͤr Kleider, die dann keiner Naht beduͤrfen, wenn man die Kanten mit
                              dem frischen Safte bestreicht und an einander bringt. (Vergl.
                                 Philosoph. Mag. VI. B.)
                           Aus obigen Thatsachen erhellt nun, daß, wenn man Kautschuk in fluͤssigem
                              Zustande in großen Mengen erhalten koͤnnte, man denselben zu allerlei Zwecken
                              mit Vortheil wuͤrde verwenden koͤnnen. Es ist daher der Muͤhe
                              werth auf Mittel zu denken, wie man den festen Kautschuk, so wie er im Handel
                              vorkommt, fluͤssig machen und dadurch zu allen Zwecken gehoͤrig formen
                              kann. Man hat verschiedene Versuche angestellt, und die Resultate waren bisher
                              folgende.
                           Wenn man festen Kautschuk in geschlossenen Gefaͤßen erhitzt, so schmilzt er zu
                              einer schwarzen, klebrigen, dem Theere aͤhnlichen Masse, die bei dem
                              Abkuͤhlen nicht erstarrt. Wenn man nun diese Fluͤssigkeit mit
                              Terpenthinoͤhl verkoͤrpert, so bildet sie einen zaͤhen Firniß,
                              dessen man sich zur Beschuͤtzung staͤhlerner
                              Praͤgestaͤmpel, der Stahlplatten etc. gegen aͤußere Luft
                              bedient. Dieser Firniß kann mit einem in heißes Terpenthinoͤhl getauchten
                              Pinsel wieder weggeschafft werden.
                           Siedendes Wasser erweicht den Kautschuk, loͤst ihn aber nicht auf: wenn man
                              jedoch einzelne Stuͤcke lange Zeit uͤber kocht, und sie dann
                              zusammendruͤckt, so bleiben sie fuͤr immer an einander haͤngen.
                              Wenn er auf diese Weise erweicht wurde, kann er in duͤnne Blaͤttchen
                              ausgezogen werden, die so zart sind wie Goldschlaͤgerhaͤutchen. Ein
                              Kuͤnstler, Namens Matth. More, nahm solche
                              durchscheinende Kautschukstreifen statt des Glases zu Zauberlaternen und mahlte
                              darauf. Er mahlte oder druckte die Figuren auf einen langen Streifen Kautschuk, den
                              er auf einen Cylinder auf und abrollte, und so die Figuren nach und nach unter die Glaslinse
                              kommen ließ. Durch mehrere Stunden lang fortgesetztes Einweichen des Kautschuk in
                              warmem Wasser gelang es ihm denselben außerordentlich dehnbar zu machen, so daß
                              dieser in einzelnen Stuͤcken außerordentlich duͤnn und durchscheinend
                              war. Er blies die Kautschukflaschen mit Blasebaͤlgen auf, und bildete auf
                              diese Weise Luftballons, die, mit Wasserstoffgas gefuͤllt, in die Luft
                              stiegen. (Philos. Mag. 59.)Hat man auf Kautschuk noch nicht Dampf einwirken lassen? A. d. Ue.
                              
                           Die Flaschen von Kautschuk lassen sich auch, ohne daß man sie vorher erweicht
                              haͤtte, mittelst einer Druckpumpe, mit welcher man Luft eintreibt,
                              ausdehnen.
                           Wenn Kautschuk in ausgepreßten Pflanzenoͤhlen, in Wachs, Butter, thierischen
                              Oehlen gesotten wird, so wird er aufgeloͤst, und bildet, mit diesen
                              Koͤrpern verbunden, klebrige unelastische Massen. Aether, Naphtha,
                              Cajeput-Oehl scheinen die einzigen Aufloͤsungsmittel zu seyn, aus
                              welchen er unveraͤndert abgeschieden werden kann. Wenn die aͤtherische
                              Aufloͤsung auf Wasser gegossen wird, so verbreitet sie sich
                              gleichfoͤrmig auf der Oberflaͤche desselben; der Aether
                              verduͤnstet schnell, und laͤßt ein duͤnnes Haͤutchen von
                              Kautschuk zuruͤck, das alle urspruͤnglichen Eigenschaften des
                              Kautschuk besitzt. Die Schnelligkeit, mir welcher der Aether verdampft, macht es
                              aͤußerst schwer, die Aetheraufloͤsung des Kautschuk zu irgend einem
                              praktischen Zweke zu verwenden; uͤberdieß kommt das Aufloͤsungsmittel
                              auch sehr theuer.
                           „Um Roͤhren aus Kautschuk zu bilden,“ heißt es in Rees's
                              Cyclopaedia, Art. Caoutchouc,
                              „ist es am besten aus einer Kautschukflasche einen langen einzelnen
                                 Streifen zu schneiden, und diesen auf eine halbe Stunde in Aether zu weichen.
                                 Dadurch wird er weich und zaͤhe, und, wenn man ihn geschickt auf einem
                                 mit Fett bestrichenen Cylinder aufzuwinden, die Kanten bei jeder Drehung mit
                                 einander in Verbindung zu bringen und einen maͤßigen
                                 gleichfoͤrmigen Druck anzuwenden versteht, was mittelst eines
                                 Baͤndchens geschieht, das man in derselben Richtung, wie den Kautschuk,
                                 um den Cylinder windet, so erhaͤlt man eine festverbundene
                                 Roͤhre.“
                              
                           Dr. Roxburgh, dem wir eine botanische Beschreibung der
                              ostindischen Pflanze verdanken,Dieß ist die Urceola
                                    elastica
                                    Roxb. Asiat. Research. V. p. 167.;
                                    wahrscheinlich Vahea
                                    gummifera
                                    Vahl in Roͤm. und Schultes
                                    Syst. Veg. IV. p.
                                    435. A. d. Ue. die den Kautschuk liefert, loͤste letzteren in Cajeput-Oehl
                              auf. Wenn dieser Aufloͤsung Alkohol zugegossen wird, so scheidet sich der
                              Kautschuk von dem Oehle und schwimmt auf der Oberflaͤche in einem
                              halbfluͤssigen Zustande, wird dann an der Luft wieder fest und behaͤlt
                              seine Elasticitaͤt vollkommen.
                           
                           Hrn. T. Hancock ist es gelungen ein Verfahren zu
                              entdecken, Kautschuk mit aller Leichtigkeit und Schnelligkeit zu behandeln, das er
                              jedoch geheim haͤlt. Er gießt ihn in große Bloͤcke oder Kuchen, und
                              schneidet ihn mit nassen Messern in duͤnne Blaͤtter von 1/8 bis 1/10
                              Zoll Dicke. Auf diese Weise behandelt laͤßt er sich beinahe zu allen Zwecken
                              mit groͤßter Leichtigkeit verarbeiten: es ist biegsamer und klebt besser an
                              einander, als der gewoͤhnliche kaͤufliche. Wenn man ihn mit einer
                              scharfen Schere oder mit einem scharfen Messer schneidet, und die Schnitte wieder an
                              einander bringt und zusammendruͤckt, so klebt er an diesen Schnitten so fest
                              zusammen, als an irgend einer anderen Stelle, so daß man bloß an den
                              Blaͤttern frische Schnitte anbringen darf, um sie durch diese Schnitte
                              selbst, indem man sie an denselben an einander druͤckt, wieder zu vereinigen,
                              und Saͤcke etc. daraus zu bilden. Diejenigen Stellen an den frischen
                              Schnitten, welche nicht zusammenkleben sollen, darf man bloß mit etwas Mehl
                              bestaͤuben. Solche Saͤcke lassen sich so weit aufblasen, daß sie ganz
                              durchscheinend werden, und, gefuͤllt mit Wasserstoffgas, als Luftballons
                              dienen. (Vergl. Quarterly-Journal. 17. Bd.)
                           Die Elasticitaͤt und Zaͤhigkeit des Kautschukes, die Kraft, mit welcher
                              er chemischen Einfluͤssen widersteht, die neueren Verbesserungen in
                              Bearbeitung desselben lassen uns noch eine weit ausgedehntere Anwendung dieses
                              Materiales zu manchem nuͤtzlichen Zwecke erwarten.Man vergleiche diese Notiz mit unseres guten alten Boͤhmer, techn. Geschichte der Pflanzen II. S. 368., wo man auch europaͤische
                                    Gewaͤchse angefuͤhrt findet, die diesen Stoff (freilich nur in
                                    geringer Menge) enthalten; ferner den Artikel Caoutchouc im Dictionnaire des Drognes
                                    (wo, was sonderbar ist, Richard der Sohn vergißt
                                    das Publicum auf die Verdienste seines unsterblichen Vaters um die genauere
                                    Kenntniß der amerikanischen Caoutchouc-Pflanze aufmerksam zu machen); denselben Artikel
                                    im Dict. technol., und beinahe jeden Jahrgang
                                    unseres polyt. Journales. A. d. Ue.