| Titel: | Ueber den Anbau und die Bearbeitung des Leins in Flandern, von Hrn. Cordier. | 
| Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XXIII., S. 136 | 
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                        XXIII.
                        Ueber den Anbau und die Bearbeitung des Leins in
                           Flandern, von Hrn. Cordier.Diese Abhandlung ist ein Auszug aus dem von Hrn. Cordier unter folgendem Titel herausgegebenen Werke: Mémoire sur l'agriculture de la Flandre
                                    française et sur l'économie rurale par J. Cordier, un vol. in
                                    – 8., avec atlas, prix 20. Fr. chez madame Huzard, rue de l'Eperon,
                                    No. 11., á Paris.
                                 
                           
                        Aus Dubrunsaut's Agriculteur manufacturier. Bd.i.
                              S. 80.
                        Cordier, uͤber den Anbau und die Bearbeitung des
                           Leins.
                        
                     
                        
                           Man benuͤzt den niederen oder gestallten Lein (lin de
                                 fin, lin ramé, lin froid) zur Fabrikation von Spizen- und
                              Batistgarn, womit in der Gegend von Lille, Douay und Cambrai ein großer Handel
                              getrieben wird. Den hohen oder Buͤschellein (lin de
                                 gros, lin tétard lin chaud) wendet man in den zahlreichen und
                              schoͤnen Spinnereien zu Lille und in den Manufacturen dieser Gegend, wo die
                              leinenen Tischtuͤcher verfertigt werden, an. Man saͤet den Lein nach
                              den Bohnen, dem Klee, der nakten Gerste und bisweilen nach den Erdaͤpfeln an;
                              und ersezt ihn in demselben Jahre durch Stekruͤben, Kohl, Moͤhren etc.
                              und in dem folgenden Jahre durch Weizen, Roken und andere Getreidearten und durch
                              Klee. Der kein wird niemals bloß wegen seines Samens, sondern auch wegen des
                              Flachses angebaut, welcher am meisten Gewinn bringt. Obige beiden Leinsorten werden
                              in der Hauptsache auf dieselbe Art angebaut und oft gibt derselbe Same Lein von der einen oder der
                              anderen Sorte, je nachdem er mehr oder weniger dik gesaͤet worden ist. Nicht
                              jeder Boden ist fuͤr den hohen oder niederen Lein gleich geeignet; der hohe
                              Lein erfordert ein tiefes und festes Erdreich wie der Reps; der niedere Lein
                              geraͤth am besten in einem niederen, leichten, etwas torfhaltigen, mohrigen,
                              feuchten und gegen den Wind geschuͤzten Boden. In der Umgegend von Lille baut
                              man nur selten niederen Lein an, weil der Boden zu thonhaltig und zu fest istDer feste Boden des Dpt. du Nord enthaͤlt
                                    nur ein Zehntel Alaunerde; man darf ihn daher nicht mit dem thonigen Boden
                                    anderer Laͤnder verwechseln. A. d. O. und das zum Staͤbeln noͤthige Holz selten und theuer ist. Der
                              Anbau dieses lezteren ist fast einzig auf die Umgegend von Douai concentrirt und
                              findet ganz besonders an den Ufern der Scarpe und in den Gemeinden von Lallaing,
                              Marchiennes, Saint-Amand etc. Statt. Das Thal ist gegen den Wind durch große
                              Waͤlder geschuͤzt, wo die Einwohner das zum Staͤbeln des
                              niederen Leins noͤthige Holz wohlfeil aufkaufen.
                           Den hohen wie den niederen Lein saͤet man am Ende MaͤrzIm Dpt. du Nord saͤet man niemals den Lein
                                    vor dem Winter, man glaubt daß er durch den ersten Frost des
                                    Fruͤhlings zu Grunde ginge, man theilt die Felder nicht in Beete ein,
                                    wie fuͤr den Reps. Der Boden ist im Ganzen um 4 oder 5 Fuß
                                    gewoͤlbt, wie fuͤr andere Pflanzen und mit tiefen Graben
                                    umgeben, die gewoͤhnlich mit Wasser gefuͤllt sind, wodurch er
                                    bestaͤndig feucht erhalten wird. A. d. O. oder in den ersten Tagen des Aprils auf einem Boden an, welcher vollkommen
                              zubereitet, gereinigt, gut geduͤngt, drei Mal gepfluͤgt, geegt und
                              geebnet wurde. Wenn die Oberflaͤche durch die Ege und Walze gut zugerichtet
                              ist, vervollkommnet der Anbauer die Arbeit durch feinere und vollkommenere
                              Werkzeuge; er laͤßt die Erdschollen mit großen hoͤlzernen
                              Schlaͤgeln zerklopfen und oͤfters eine leichte Ege mit engstehenden
                              kurzen Zaͤhnen daruͤber hinziehen. Die dadurch sehr fein und
                              staubartig gemachte Erde wird vermittelst der kleinen Ege in kleine parallele nicht
                              sehr tiefe Linien gefurcht, in welchen sich der Same beim Saͤen anordnet. Der
                              Lein wird mit der Hand und auf dieselbe Art wie das Getreide gesaͤet. Man
                              nimmt 220 Liter Samen auf ein Hectar hohen und 560 auf ein Hectar niederen Lein.
                              Nach dem Saͤen laͤßt man, um den Samen zu bedeken, eine leichte Walze
                              durch eine oder zwei Personen ein oder zwei Mal uͤber das Feld
                              fuͤhren. Nachher darf man sich nicht mehr bei den Arbeiten der Pferde
                              bedienen, weil ihre Fuͤße die Erde zusammendruͤken, den Samen
                              eintiefen und am Aufgehen verhindern wuͤrden. Einige Anbauer, welche
                              fleißiger sind, pflegen noch den Boden neuerdings mit einem Schlaͤgel zu
                              klopfen um den Samen mehr zu pressen, den Boden fest zu machen und gegen die Wirkung
                              des Windes zu sichern. Alle pflegen am Abende desselben Tages wo gesaͤet worden ist,
                              mit Urin zu begießen, um den Boden zu befeuchten, zu erhizen, und die Vegetation zu
                              beschleunigen.
                           Man muß zum Lobe der Anbauer von Lille sagen, daß man nirgends Gaͤrten sieht,
                              die regelmaͤßiger und vollkommener hergerichtet sind, als ihre Leinfelder, in
                              welchen man weder fremdartige Pflanzen, noch Spuren von Wurzeln, Stroh oder
                              Duͤnger findet. Die Erde ist so gleichfoͤrmig und feinkoͤrnig,
                              daß man glauben koͤnnte, der Same sey mit gesiebter Erde bedekt worden, wie
                              man es bei den zartesten auslaͤndischen Baͤumen zu thun pflegt.
                           Die spaͤtreife Sorte, es mag nun hoher oder niederer Lein seyn, saͤet
                              man in den ersten Tagen des Mai; sie geraͤth aber viel seltener, weil bei den
                              langen Tagen und der sehr starken Hize die jungen Pflanzen, welche eine feuchte Luft
                              und ein truͤbes Wetter noͤthig haben, waͤhrend der
                              Duͤrre zu Grunde gehen.
                           Der Lein wird manchmal durch ein Insect angegriffen, welches vielen Schaden
                              verursacht; man schuͤzt ihn gegen dasselbe indem man in dem Augenblike wo er
                              anfaͤngt zu treiben, Asche und Ruß daruͤber hinstreut.Hr. André bemerkt in der vorhergehenden
                                    Abhandlung, daß dieses Mittel nichts nuͤzt. A. d. R. Die Flachsseide, eine Schmarozerpflanze, richtet viele Leinstaͤngel
                              zu Grunde, indem sie sie mit ihren Fasern umhuͤllt; man muß diese
                              schaͤdliche Pflanze, so wie alle anderen, sobald sie sich zeigen, mit
                              außerordentlicher Vorsicht beseitigen.
                           Man gaͤtet den Lein drei Wochen oder einen Monat nach dem Saͤen; der
                              Staͤngel ist alsdann ungefaͤhr 1 1/2 Zoll hoch; 10 bis 20 und mehr
                              Weiber und Kinder stellen sich drei Fuß von einander in eine Linie und rutschen auf
                              den Knieen in derselben Richtung vor; sie reißen mit der Hand alle fremdartigen
                              Pflanzen aus, werfen sie in ihre Schuͤrzen und bearbeiten die Erde mittelst
                              einer kleinen Haue, welche man in Flandern rasette
                              nennt; bei dieser sehr wesentlichen Arbeit ziehen sie ihre Schuhe ab und tragen bloß
                              Struͤmpfe um die zarte Pflanze nicht zu quetschen. Dieses Gaͤten,
                              wovon eine gute Ernte abhaͤngt, darf weder zu fruͤh noch zu
                              spaͤt vorgenommen werden; im ersteren Falle haͤtten die unsichtbaren
                              Samen noch nicht gekeimt, im lezteren wuͤrden die Leinpflanzen so
                              zugerichtet, daß sie sich nicht wieder erholen konnten. Acht oder zehn Tage nachher
                              wird dieselbe Operation wieder vorgenommen und uͤberhaupt so oft, als man es
                              fuͤr noͤthig erachter, aber immer, ehe die Pflanzen 6 Zoll hoch
                              geworden sind. Spaͤter geht der Paͤchter in das Leinfeld, und
                              beseitigt mit einer Haue, welche einen langen Griff hat, die Disteln oder ausdauernden Pflanzen,
                              welche leider sehr schnell wachsen; der Schaden, welchen et verursacht, indem er
                              Staͤngel niedertritt, wird durch denjenigen, welchen er verhindert, mehr als
                              ausgeglichen.
                           Diese Zubereitungen werden vorgenommen, man mag was immer fuͤr eine Leinsorte
                              anbauen, aber niederer Lein erfordert noch eine besondere Behandlungsweise. Einige
                              Tage nach dem zweiten Gaͤten muß er gestaͤbelt werden. Man pflegt von
                              6 zu 6 Fuß kleine hoͤlzerne Gabeln zu pflanzen, welche einen Fuß aus der Erde
                              hervorragen und auf welche man Zweige von troknem Holze legt, die von einer Gabel
                              bis zur anderen gehen. Die Zweige und Gabeln werden mit Weiden und Stroh verbunden
                              und bilden ein Gitter, welches in vierekige Faͤcher von 4 bis 5 Fuß langen
                              Seiten getheilt ist; die leeren Raͤume werden mit anderen kleineren Zweigen
                              bedekt, deren Aeste sich mit denjenigen der ersteren verschlingen. Das Ganze stellt
                              ein festes Nez dar, gegen welches der Lein aufsteigt und woran er eine Stuͤze
                              gegen die Winde und den Regen findet.
                           Diese Vorsichtsmaßregeln sind bisweilen unzureichend; starker Plazregen kann bei
                              heftigem Winde diese duͤnnen und zarten Pflanzen biegen und brechen; der
                              Anbau des niederen Leins ist daher bei weitem der theuerste und unsicherste, aber
                              wenn er gelingt, auch der gewinnreichste; eine einzige gute Ernte entspricht dem
                              Werthe des Feldes und entschaͤdigt fuͤr alle Verluste, welche man
                              durch eine oder zwei schlechte Ernten erlitten hat.
                           Man begreift, daß die Lage des Bodens einen großen Einfluß auf den Anbau des Leins
                              haben muß und daß ein mittelmaͤßiges Feld, welches aber tief liegt und durch
                              Baͤume oder Heken gegen den Wind geschuͤzt ist, eine schoͤnere
                              Ernte geben kann, als ein besseres Feld, welches hingegen sehr hoch liegt und den
                              Winden stark ausgesezt ist. Flandern verdankt seine Fruchtbarkeit zum Theil dem
                              Umstande, daß man allgemein hohe Baͤume um die Gebaͤude und
                              Obstgaͤrten und große mit Wasser gefuͤllte Graͤben um die
                              Felder beibehaͤlt. Die Temperatur ist milder und feucht; der Boden ist gegen
                              heiße Winde geschuͤzt und selbst die zartesten Pflanzen entwikeln sich leicht
                              in einem durch die Naͤhe des Wassers befeuchteten Boden.
                           Man bezieht den Samen fuͤr den gestaͤbelten Lein von RigaDie Wahl des Samens hat bei dem Anbau von Lein wie bei demjenigen von allen
                                    anderen Pflanzen den groͤßten Einfluß auf die Schoͤnheit der
                                    Ernte. Ein guter Samen ist zugerundet, glaͤnzend, schwer, fest und
                                    entzuͤndet sich schnell und mit Knistern auf gluͤhenden
                                    Kohlen; wenn er nicht reif ist, ist er leicht, matt und platter. Wenn er zu
                                    alt oder verdorben ist, ist er troken und ranzig und brennt schlecht; der
                                    frischeste ist immer vorzuziehen. Man waͤhlt den aus Riga bezogenen
                                    Samen, welchen man direct aus Rußland durch Holland bezieht. Da der Samen,
                                    welchen die Hollaͤnder in Seeland bauen und als Rigaer Samen verkaufen,
                                    ein eben so schoͤnes Product gibt, so fragt es sich, ob man sich
                                    nicht vom Auslande unabhaͤngig machen koͤnnte, indem man Same
                                    in einer anderen Gegend Frankreichs nimmt. Die Erneuerung des Samens hat im
                                    Allgemeinen den Vortheil, daß sie die Sorten wechselt und dem allgemeinen
                                    Naturgesez, welches vorschreibt nicht immer dieselben Pflanzen auf demselben
                                    Boden anzubauen. Genuͤge leistet; es kann aber bei dem Leinbau aus
                                    keinem anderen Grunde erforderlich seyn. Wird der Lein, wie es oft
                                    geschieht, sehr dicht gesaͤet, so schießt jede Pflanze nur
                                    duͤnn auf und hat zu ihrer gaͤnzlichen Entwikelung weder Raum
                                    noch Wasser genug, daher auch die Pflanzen wie die Samen von schlechter
                                    Beschaffenheit sind. Wenn man beim Anbau von Lein, um Samen zu erhalten, ihm
                                    Raum genug zur gehoͤrigen Entwikelung und hinreichende Zeit zum
                                    vollstaͤndigen Reifen ließe, so wuͤrde man sehr wahrscheinlich
                                    selbst im Dpt. du Nord eben so schoͤnen
                                    Samen und besonders eben so guten erhalten, als derjenige von Riga ist. Es
                                    ist dieß um so wahrscheinlicher, weil die Anbauer des Leins zu Riga und in
                                    Holland, wie man versichert, ihren Samen aus Frankreich beziehen, um
                                    schoͤneren Lein zu erhalten. Sie wuͤrden also selbst
                                    anerkennen, daß das Wechseln des Samens zur Fruchtbarkeit beitragt. A. d.
                                    O.;  man nennt ihn
                              lin de tonne, weil er faßweise verkauft wird. Vom
                              zweiten Jahre an entartet er; der Lein ist gabelfoͤrmig und man nennt die
                              Ernte lin d'aprés tonne. Die Anbauer geben sich
                              alle Muͤhe, Rigaer Samen zu erhalten, aber ungluͤklicher Weise werden
                              sie sehr oft betrogen; man verkauft ihnen statt desselben sogar solchen aus
                              Flandern. Der Lein, welchen man alsdann erhaͤlt, ist aͤstig und
                              sogenannter Buͤschellein und hat nicht den vierten Theil des Werthes einer
                              guten Ernte.
                           Der Preis des gestaͤbelten oder nicht gestaͤbelten Leins richtet sich
                              nach seiner Hoͤhe und Feinheit. Starke und trokne Hize, Nordwinde entwikeln
                              die Blume und den Samen sehr schnell; die Pflanze waͤchst alsdann nicht mehr
                              und die Ernte ist schlecht; eine heiße und feuchte Witterung hingegen ist dem Anbau
                              des Leins sehr guͤnstig; der gewoͤhnliche Lein wird 2 1/2 Fuß hoch,
                              der schoͤne 3 bis 4 und zuweilen 5 Fuß. Man erntet die beiden Sorten am Ende
                              des Julius oder am Anfange des August, indem man sie mit der Hand ausreißt; der hohe
                              Lein wird in Buͤndeln und in einer Linie auf das Feld gelegt. Man macht
                              sodann Gebinde von 3 bis 4 Fuß Umfang daraus, welche man mit einander in gerader
                              Linie in doppelter Reihe auf einander legt, und zwar in der Richtung wo das Feld die
                              groͤßte Laͤnge hat. Man legt sie so aus, ehe der Staͤngel
                              troken ist, um den Samen zu erhalten. Durch diese Anordnung wird das Feld fast auf
                              seiner ganzen Oberflaͤche frei. An demselben Tage wo man erntet und am Abende
                              dieses Tages egt ein verstaͤndiger Anbauer oͤfters sein Feld, um das
                              Unkraut zu beseitigen und pfluͤgt es sogleich darauf.
                           Der niedere kein wird auf die Staͤbe gelegt, wo man ihn einige Tage zum
                              Troknen laͤßt, worauf man ihn in kleinen Buͤndeln um hoͤlzerne
                              Zweige, welche im Kreise gepflanzt sind, legt und sodann in große Gebinde bringt.
                              Bei dem niederen Lein sieht man hauptsaͤchlich auf den Ertrag an Flachs, bei
                              dem hohen Lein hingegen ist der Same ein wesentlicher Verlust der Ernte.
                           Man pflegt im Dpt. du Nord den Lein im Wasser zu
                              roͤsten, wozu aber nicht jedes Wasser sich gleich gut eignet: man kann weder
                              ein stehendes und truͤbes Wasser noch einen tiefen und starken Strom von
                              wandelbarer Hoͤhe, welcher beim Steigen Erde mit sich fuͤhrt hiezu
                              brauchen: die Unreinigkeiten und Faͤrbestoffe, welche sie mit sich
                              fuͤhren, wuͤrden der Qualitaͤt und Farbe des Flachses schaden.
                              Es ist uͤbrigens streng verboten in solchen den Lein zu roͤsten und
                              die Gasarten, welche sich darin entwikeln oder sich aufloͤsen, machen das
                              Wasser stinkend und Menschen und Thieren schaͤdlich. Man waͤhlt
                              vorzugsweise beschattete Baͤche, welche nicht schnell laufen und wo das
                              Wasser sich auf gleichet Hoͤhe erhaͤlt, sich nur langsam erneuert und
                              niemals truͤbe ist; ihre Temperatur ist hoͤher; der gummige Theil des
                              Leins gaͤhrt und beguͤnstigt die Aufloͤsung des harzigen
                              Theiles, welchen der Strom mit sich reißt.
                           Manche Wasser stehen im Rufe, daß sie besonders die Eigenschaft haben, das Gummiharz
                              der Pflanze aufzuloͤsen oder daß man einen Lein von besonders guter
                              Qualitaͤt erhaͤlt, wenn man ihn in ihnen roͤstet, daher man den
                              Lein oft 7 bis 8 Meilen weit zu schiken pflegt, um ihn roͤsten zu lassen. Man
                              ruͤhmt unter anderen besonders dasjenige des Baches Fétubert,Dieses Wasser kommt aus sehr klaren Quellen, hat einen merklichen Fall,
                                    erneuert sich langsam und ist uͤberall durch große Baͤume
                                    beschattet; wir glauben, daß eher von diesen Umstaͤnden, als von
                                    seinen chemischen Eigenschaften seine Brauchbarkeit zum Roͤsten
                                    abhaͤngt. A. d. O. eine Meile von der Vassée.
                           Um den Lein zu roͤsten, bringt man ihn in Gebinden von 3 bis 4 Fuß Umfang in
                              breite mit Wasser gefuͤllte Graͤben, nachdem man ihn oben an Brettern
                              angebunden hat, welche man mit Steinen beschwert, damit die Gebinde untertauchen.
                              Man kehrt ihn waͤhrend, des Zeit des Roͤstens alle drei Tage um; das
                              Roͤsten dauert je nach der Temperatur drei bis sechs Wochen. Die Gebinde
                              duͤrfen den Boden und die Seiten der Roͤste nicht beruͤhren;
                              auch muß man darauf achten, daß kein truͤbes Wasser in sie gelangen kann: der
                              Lein wird dann weder durch fremdartige Substanzen verunreinigt noch durch sie
                              gefaͤrbt.
                           Ehe man den Lein in die Roͤste bringt, breitet man ihn drei Tage auf der Wiese
                              aus. Wenn man ihn aus dem Wasser nimmt, sezt man ihn in kleinen Buͤndeln der
                              Luft aus, die Spizen oben zusammengebunden und die Halme unten von einander
                              entfernt. Ist er ganz troken, so ruͤttelt man die Buͤndelchen auf und
                              bildet daraus kleine Gebinde, welche man unter einem Schoppen aufhaͤuft, um sie
                              gegen den Regen zu schuͤzen, aber dem West- und Nordwinde
                              auszusezen.
                           Der Same wird wie derjenige von Reps auf Oehl benuͤzt; man laͤßt ihn
                              einen oder zwei Monate lang in seiner Kapsel, damit er ganz reif wird; es
                              verfluͤchtigt sich dann ein Theil des Wassers und der Schleim verwandelt sich
                              in Oehl; man bewahrt sodann den Samen einen oder zwei Monate lang in Haufen auf,
                              damit dieser Proceß vollstaͤndig vorgehen kann, worauf man ihn auf die
                              Oehlmuͤhle schikt. Durch laͤngeres Aufbewahren wird der Same ranzig
                              und gibt dann weniger Oehl.