| Titel: | Ueber die Anwendung des Schwefelcadmiums um die Seide goldgelb zu färben und über eine eigenthümliche Färbung gewisser organischer Substanzen, durch eine gemischte Auflösung von salpetersaurem Queksilberoxydul und salpetersaurem Queksilberoxyd; von Hrn. Lassaigne. | 
| Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XXV., S. 148 | 
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                        XXV.
                        Ueber die Anwendung des Schwefelcadmiums um die
                           Seide goldgelb zu faͤrben und uͤber eine eigenthuͤmliche
                           Faͤrbung gewisser organischer Substanzen, durch eine gemischte Aufloͤsung
                           von salpetersaurem Queksilberoxydul und salpetersaurem Queksilberoxyd; von Hrn. Lassaigne.
                        Aus den Annales de Chimie
                                 et de Pysique. December. 1830. S. 433.
                        Lassaigne, uͤber Schwefelcadmium um die Seide goldgelb zu
                           faͤrben.
                        
                     
                        
                           Man hat schon mehrere mineralische Verbindungen, welche sich durch ihre lebhafte und
                              dauerhafte Farbe und ihre Unveraͤnderlichkeit am Licht auszeichnen, zum
                              Farben gewisser Gewebe benuzt; dahin gehoͤren zum Beispiel Berlinerblau,
                              gelber Schwefelarsenik und chromsaures Blei. Einige davon werden gegenwaͤrtig
                              auch schon im Großen zu diesem Zwek angewandt und wahrscheinlich wird man in der
                              Folge, wenn man weitere Versuche in dieser Hinsicht anstellt, noch mehrere mineralische
                              Faͤrbestoffe in der Faͤrberei anwenden lernen. Wenn die Resultate,
                              welche wir im vergangenen Jahre der Akademie der Wissenschaften uͤbergaben,
                              auch in diesem Augenblike keine unmittelbare Anwendung finden koͤnnen, so
                              haben wir doch wenigstens die Aufmerksamkeit der Chemiker auf mehrere Thatsachen
                              gelenkt, wovon einige neu sind. Wir stellten eine Reche von Versuchen mit
                              metallischen Verbindungen, welche an und fuͤr sich gefaͤrbt sind; an,
                              in der Absicht sie auf verschiedenen Geweben zu befestigen; es gelang uns aber nur
                              mit einer sehr kleinen Anzahl davon.
                           Das Schwefelcadmium, welches in reinem Zustande eine so lebhafte und schoͤne
                              Farbe hat, beschaͤftigte uns vorzuͤglich. Man kann diese Verbindung
                              nach unseren Versuchen auf der Seide befestigen, wenn man leztere zuerst mit einer
                              gewissen Menge salzsauren Cadmiumoxydes traͤnkt und dann mit einer schwachen
                              Aufloͤsung von schwefelwasserstoffsaurem Kali oder Natron in
                              Beruͤhrung bringt. Diese Operation ist leicht auszufuͤhren, wenn man
                              die Seide 15 bis 20 Minuten lang in eine Aufloͤsung von salzsaurem Cadmium
                              bei einer Temperatur von + 50° bis + 60° C. (40 bis 48° R.)
                              taucht, sodann auswindet und hierauf bei der gewoͤhnlichen Temperatur mit
                              einer verduͤnnten Aufloͤsung von schwefelwasserstoffsaurem Kali in
                              Beruͤhrung bringt. Sobald die Seide in leztere Fluͤssigkeit getaucht
                              wird, nimmt sie durch das Schwefelcadmium, welches sich bildet und sogleich innig
                              mit der Substanz der Seide vereinigt, eine goldgelbe Farbe an. Man kann verschiedene
                              Nuͤancen vom Blaßgelb bis zum Orange- oder Goldgelb erhalten, je
                              nachdem man mehr oder weniger salzsaures Cadmium auf der Seide anbringt. Diese Farbe
                              haͤlt sich am Sonnenlicht vollkommen und wird weder durch verduͤnnte
                              Saͤuren noch durch verduͤnnte Alkalien veraͤndert.
                           Da man nach obigem Verfahren die Seide so leicht faͤrben kann, so wird das
                              geschwefelte Cadmium, wenn das Metall einmal in groͤßerer Menge gefunden
                              wird, nicht nur in der Mahlerei, sondern auch vortheilhaft dazu angewandt werden
                              koͤnnen, um gewissen Seidenzeugen eine glaͤnzende, an der Luft und dem
                              Lichte unveraͤnderliche, gelbe Farbe zu ertheilen. Die damit
                              gefaͤrbten Gewebe haͤtten nicht die Mangel, welche natuͤrlicher
                              Weise die mit Schwefelarsenik und chromsaurem Blei gefaͤrbten zeigen.
                           Wir haben auch Versuche angestellt, um das Schwefelcadmium auf Wolle zu befestigen,
                              welche sich damit aber nicht so leicht faͤrben ließ wie die Seide; vielleicht
                              gelaͤnge es durch eine Abaͤnderung des bei der Seide befolgten
                              Verfahrens.
                           
                        
                           
                           Ueber die Einwirkung des salpetersauren Queksilberoxyduls und
                                 salpetersauren Queksilberoxyds auf einige stikstoffhaltige Substanzen und
                                 uͤber die Faͤrbung der Wolle und der Seide durch ihre gemischte
                                 Aufloͤsung.
                           Ein besonderer Umstand fuͤhrte uns auf hie Entdekung der faͤrbenden
                              Eigenschaft einer bei gelinder Waͤrme bereiteten Aufloͤsung von
                              Queksilber in Salpetersaͤure, wenn man sie naͤmlich mit Seide oder
                              Wolle bei + 30 bis + 40° C. (24 bis 32° R.) in Beruͤhrung
                              bringt. Hr. Lebaillif, welcher sich bekanntlich mit
                              unermuͤdlichem Eifer mit chemischen und mikroskopischen Untersuchungen
                              beschaͤftigt, theilte uns seine Beobachtung mit, daß salpetersaure
                              Queksilberaufloͤsung gewissen Theilen der Pflanzen und besonders solchen, die
                              stikstoffhaltige Stoffe enthalten, eine amaranthrothe Farbe ertheilt. Dieser
                              Gelehrte pruͤfte alsbald eine große Menge von Substanzen mit diesem Reagens
                              und fand, daß die thierischen Substanzen insbesondere diese Faͤrbung mit der
                              Queksilberaufloͤsung hervorbringen, und daß unter den vegetabilischen
                              Substanzen nur diejenigen, welche mehr oder weniger stikstoffhaltige Bestandtheile
                              beigemengt oder chemisch verbunden enthalten, diese Faͤrbung hervorbringen.
                              Er fand ferner, daß weder das Queksilberoxydul- noch das Queksilberoxydsalz
                              fuͤr sich allein irgend eine Wirkung haben, wenn diese Substanzen damit in
                              Beruͤhrung gebracht werden.
                           Nachdem uns Hr. Lebaillif diese Resultate mitgetheilt
                              hatte, stellten wir neue Versuche mit einander an und fanden bald, daß die
                              Faͤrbung jedes Mal Statt findet, wenn man eine salpetersaure
                              Queksilberaufloͤsung anwendet, welche sowohl Oxydul- als Oxydsalz
                              enthaͤlt, was bestaͤndig der Fall ist, wenn sie bei gelinder
                              Waͤrme bereitet wurde. Die Farbe zeigt sich so schnell, daß wenn man eine
                              feste thierische Substanz, wie z.B. getroknetes Eiweiß, Kaͤsestoff, Horn etc.
                              mit einer Queksilberaufloͤsung befeuchtet, sie in 8 bis 10 Minuten schwach
                              roth wird und sodann eine schoͤne carmesinrothe Farbe annimmt, wenn man sie
                              einer gelinden Waͤrme aussezt, indem man sie 5 bis 6 Zoll uͤber der
                              Flamme einer Kerze auf ein Platinblech legt. Um die Wirkung dieser Aufloͤsung
                              auf fluͤssige thierische Substanzen, z.B. Schleim, aufgeloͤste
                              Gallerte kennen zu lernen, gießt man auf einen Tropfen dieser lezteren einen Tropfen
                              der salpetersauren Queksilberaufloͤsung, ruͤhrt den sich bildenden
                              Niederschlag mit einem Glasstabe auf und erhizt auf die angegebene Weise.
                           Diese Resultate veranlaßten uns eine große Menge einfacher und zusammengesezter
                              organischer Substanzen mit jenem Reagens zu pruͤfen.
                           
                           Wie bereits bemerkt wurde, haben wir gefunden, daß es hauptsaͤchlich die
                              stikstoffhaltigen, Koͤrper und alle vegetabilischen Substanzen, welche mit
                              solchen gemengt oder verbunden sind, faͤrbt; davon kann man sich leicht
                              uͤberzeugen, wenn man den Versuch mit reinem Starkmehl und Kleber anstellt;
                              enthaͤlt das Staͤrkmehl nur die geringste Menge Kleber, so wird es
                              rosenroth, wenn man es mit der Queksilberaufloͤsung befeuchtet und gelinde
                              erhizt. Wir glaubten Anfangs, daß alle stikstoffhaltigen organischen Substanzen sich
                              durch die Queksilberaufloͤsung so faͤrben wuͤrden; zahlreiche
                              Versuche zeigten aber, daß es Ausnahmen gibt. Unsere Resultate sind in folgender
                              Tabelle zusammengestellt.
                           
                              
                                 Substanzen, welche durch die gemischte
                                    Aufloͤsung des Oxydul- und Oxydsalzes roth werden.
                                 Substanzen, welche durch diese
                                    Aufloͤsung nicht roth werden.
                                 
                              
                                 Faserstoff.
                                 Fester und aufgeloͤster
                                    Harnstoff.
                                 
                              
                                 Getroknetes Eiweiß.
                                 Harnsaͤure (wird ein wenig
                                    gelb).
                                 
                              
                                 Fluͤssiges Eiweiß.
                                 Allantoissaͤure.
                                 
                              
                                 Pflanzeneiweiß.
                                 Cystic-Oxyd.
                                 
                              
                                 Gallerte.
                                 Osmazom.
                                 
                              
                                 Kaͤsestoff.
                                 Cholesterin (wird gelb).
                                 
                              
                                 Kleber.
                                 Pricromel (wird gelb).
                                 
                              
                                 Horn.
                                 Milchzuker.
                                 
                              
                                 Klauen.
                                 Weizen.
                                 
                              
                                 Milch.
                                 Rohrzuker.
                                 
                              
                                 Sereuse Haut.
                                 Runkelruͤbenzuker.
                                 
                              
                                 Schleimige Haut.
                                 Weizenstaͤrkmehl.
                                 
                              
                                 Faserige Haut.
                                 Kartoffelstaͤrkmehl.
                                 
                              
                                 Wollengarn.
                                 Reiner Holzstoff.
                                 
                              
                                 Seidengarn.
                                 Weißes Papier.
                                 
                              
                                 Suͤßmandeln.
                                 Weißes Baumwollengarn.
                                 
                              
                                 Grobes graues Papier.
                                 Weißes Leinengarn.
                                 
                              
                                 Weizenmehl.Parenchym der
                                    Knochen.
                                 ChininCinchonin
                                 
                                    
                                    
                                 werden gelb.
                                 
                              
                                 Eiweißartige Substanz des Hirns.
                                 MorphinNarcotin
                                 
                                    
                                    
                                 werden gelb und sodann braun.
                                 
                              
                                 
                                 Kleesaͤure.
                                 
                              
                                 
                                 Weinsteinsaure.
                                 
                              
                                 
                                 Aepfelsaͤure.
                                 
                              
                                 
                                 Schleim.
                                 
                              
                           Aus der vorhergehenden Tabelle ersieht man: 1) daß nicht alle stikstoffhaltigen
                              Substanzen durch die Queksilberaufloͤsung amaranthroth gefaͤrbt
                              werden; 2) daß unter denjenigen, welche davon nicht gefaͤrbt werden, sich gerade solche
                              befinden, welche mehr Stikstoff als die uͤbrigen enthalten; 3) daß die
                              thierischen Substanzen, welche die Chemiker als neutrale naͤhere
                              Bestandtheile des Thierreichs betrachten, mit wenigen Ausnaͤhmen durch die
                              Queksilberaufloͤsung jene Farbe annehmen; 4) daß unter den zusammengesezten
                              vegetabilischen Substanzen, diejenigen welche einen in diese Classe
                              gehoͤrenden stikstoffhaltigen Bestandtheil enthalten, mehr oder weniger roth
                              werden, wenn man sie gelinde mit 5) daß diese Reaction der
                              Queksilberaufloͤsung benuzt werden kann, um die Reinheit mehrerer
                              naͤheren Bestandtheile des Pflanzenreichs zu erkennen (wie z.B. des
                              Staͤrkmehls, des Zukers, des arabischen Gummis, des Holzstoffes), das heißt,
                              um zu erfahren, ob sie nicht mit stikstoffhaltigen Substanzen gemengt sind, welche
                              in die Classe der oben angegebenen gehoͤren.
                           Wir stellten nun Versuche an, ob Wollen- und Seidengarn nicht durch die
                              Einwirkung dieser Queksilberaufloͤsung gefaͤrbt wenden koͤnnten
                              und fanden, daß dieselben eine mehr oder weniger dunkle Amaranthfarbe erhalten, wenn
                              man sie bei einer Temperatur von + 45° bis + 50° C. (36 bis 40°
                              R.) 10 bis 15 Minuten lang mit einer salpetersauren Queksilberaufloͤsung in
                              Beruͤhrung bringt, welche in dem Verhaͤltniß von einem Theil
                              Queksilber auf zwei Theile Salpetersaͤure von 28° Beaumé
                              bereitet wurde. Man muß die Aufloͤsung des Queksilbers bei gelinder
                              Waͤrme bewerkstelligen und sodann die Fluͤssigkeit 4 bis 5 Minuten
                              lang sieden lassen, um das salpetersaure Queksilberoxydul zum Theil in Oxydsalz zu
                              verwandeln. Man verduͤnnt sie vor dem Gebrauche mit ihrem gleichen Volum
                              Wasser und taucht die Seide oder Wolle bei der angegebenen Temperatur hinein; das
                              Garn braucht nicht ganz in die Aufloͤsung zu tauchen, sondern es ist zur
                              Faͤrbung hinreichend, daß es damit gut getraͤnkt wird.
                           Wir ertheilten der Seide bei unseren Versuchen eine sehr solide amaranthrothe Farbe,
                              welche der Einwirkung des Lichtes sehr lange zu widerstehen scheint und in der
                              Kaͤlte weder durch die Alkalien noch durch verduͤnnte
                              Schwefelsaͤure und schwefliche Saͤure veraͤndert wird. Diese
                              eigenthuͤmliche Faͤrbung scheint uns durch eine Verbindung des
                              Queksilbersalzes mit der Substanz der Seide hervorgebracht zu werden. Wir fanden,
                              daß vollkommen getroknete weiße Seide nach ihrer Faͤrbung durch die
                              Queksilberaufloͤsung um 17 bis 18 1/2 Procent an Gewicht zugenommen
                              hatte.