| Titel: | Ueber die Colorimeter und Decolorimeter. | 
| Fundstelle: | Band 40, Jahrgang 1831, Nr. LXXXIV., S. 447 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber die Colorimeter und
                           Decolorimeter.
                        Aus dem Agriculteur-Manufacturier, Bd.i. S.
                              248.
                        Ueber die Colorimeter und Decolorimeter.
                        
                     
                        
                           Hr. Houtou-Labillardière erfand ein Instrument, welches er
                              zur Pruͤfung der Indigosorten auf ihren Faͤrbestoffgehalt empfiehlt
                              und nach ihm auch zur Untersuchung anderer Faͤrbestoffe anwendbar seyn soll.
                              Dasselbe besteht aus zwei cylindrischen Roͤhren von einem Centimeter Durchmesser auf ungefaͤhr 30 Laͤnge. Sie
                              muͤssen von gleichem Caliber, an einem Ende verschlossen seyn und werden mit
                              einer aufsteigenden Graduirung von 0 bis 100 gleichen Theilen versehen, die also die
                              gleichen Einheiten vom Volumen der Roͤhren darstellen muͤssen. Von den
                              zu pruͤfenden Indigosorten muß man gleiche Gewichte in gleichen
                              Quantitaͤten Schwefelsaͤure aufloͤsen, und sie dann mit gleich
                              viel Wasser verduͤnnen, so daß man ihre Farbe in den colorimetrischen
                              Roͤhren leicht unterscheiden kann. Sodann bringt man in die beiden
                              Roͤhren gleiche Raumtheile von diesen Fluͤssigkeiten, z.B. 50 Theile.
                              Enthalten die aufgeloͤsten Indigosorten gleich viel Faͤrbestoff, so
                              erscheinen natuͤrlich die Fluͤssigkeiten in den Roͤhren
                              vollkommen gleich gefaͤrbt. Im entgegengesezten Falle werden die Farben einen
                              merklichen Unterschied zeigen; um die Groͤße desselben zu bestimmen, gießt
                              man Wasser in die Roͤhre, welche die gefaͤrbteste Fluͤssigkeit
                              enthaͤlt, bewegt sie und sezt davon so lange zu, bis man eine vollkommen
                              gleiche Farbe hergestellt hat; die Volumina der beiden Fluͤssigkeiten, welche
                              durch die Grade der Roͤhren repraͤsentirt werden, bezeichnen alsdann
                              den verhaͤltnißmaͤßigen Faͤrbestoffgehalt der Indigosorten.
                              Verhaͤlt sich z.B. das vergroͤßerte Volumen zum anfaͤnglichen
                              wie 63 zu 50, so verhaͤlt sich auch ihr Werth zu einander wie 63 : 50. Dieses
                              Instrument gruͤndet sich auf folgende Thatsachen:
                           1) Das Auge beurtheilt die Gleichheit der Dinge, und ihren Unterschied sehr gut, ohne
                              diesen Unterschied unmittelbar messen zu koͤnnen.
                           2) Zwei Muster eines Faͤrbestoffes, welche zwei ungleiche Raumtheile einer
                              Fluͤssigkeit gleich stark faͤrben koͤnnen, stehen im
                              Faͤrbestoffgehalt in demselben Verhaͤltniß zu einander wie diese
                              Raumtheile.
                           Dieses Instrument besizt folgende Maͤngel:
                           1) Die Form der Roͤhren ist oft ungleich, z.B. an manchen Stellen abgeplattet,
                              wie Hr. Collardeau beobachtete.
                           2) Das Zusezen von Fluͤssigkeit und nachherige Umschuͤtteln ist sehr
                              umstaͤndlich; es ist dieß ein bloßes Tappen und man kann nicht leicht zu
                              einem vollkommen genuͤgenden Resultate gelangen.
                           3) Außerdem ist es nicht moͤglich die Gleichfoͤrmigkeit der Farben bis auf einige Grade
                              genau zu schaͤzen, und zwar wegen der Taͤuschung, welche das Licht auf
                              den Roͤhren hervorbringt. Man koͤnnte diesem begegnen, indem man
                              gleiche rechtwinkliche Prismen, an welchen zwei Seiten von Spiegelglas und parallel
                              sind, anwenden wuͤrde. Indessen muͤssen wir bemerken, daß das
                              Instrument selbst mit dieser Abaͤnderung nicht so bequem wie der Colorimeter
                              des Hrn. Payen waͤre, welchen wir unten
                              beschreiben.
                           Dalton schlug vor mit Chloraufloͤsungen von
                              bestimmtem Gehalt die Indigosorten zu pruͤfen; indessen scheint dieses
                              Verfahren ebenfalls unsicher zu seyn, weil es Hr. Gay-Lussac nach Erfindung seines Chlorometers, wodurch es so leicht
                              haͤtte ausgefuͤhrt werden koͤnnen, nicht annahm.
                           Hr. Say von Nantes schlug die Anwendung gefaͤrbter
                              Glasplatten vor, um die Farbe des Syrups und folglich die Faͤrbung des Zukers
                              zu messen. Man sollte naͤmlich gleiche Gewichte von den zu untersuchenden
                              Zukersorten in gleichen Quantitaͤten Wasser aufloͤsen, sie filtriren
                              und sodann unter constanten Schichten mit den Glasplatten vergleichen, wovon man so
                              viele aufeinanderlegt, bis die Gleichheit der Farbe hergestellt war. Die Anzahl der
                              hiezu erforderlichen Platten entspricht der Intensitaͤt der Faͤrbung.
                              Diese Methode hatte den Vortheil, daß die Einheit der Faͤrbung, welche zur
                              Vergleichung diente, unveraͤnderlich war, allein wir glauben, daß man sie
                              nicht leicht mit großer Genauigkeit wieder zusammensezen konnte.
                           Hr. Payen schlug als Decolorimeter ein mit vielem
                              Scharfsinn ausgedachtes Instrument vor, welches wir hier als Colorimeter betrachten,
                              denn es ist in der That nichts Anderes und nur in Folge dieser Eigenschaft kann es
                              wie alle Colorimeter zur Schaͤzung der Entfaͤrbungskraft der Kohlen
                              dienen. Mit diesem Instrument kann man leicht die Gleichheit der Farbe zweier
                              gefaͤrbten Schichten herstellen. In diesem Falle verhalten sich die
                              Quantitaͤten des in den gepruͤften Fluͤssigkeiten enthaltenen
                              Faͤrbestoffes umgekehrt wie die Diken der Schichten und da das Instrument
                              gestattet die Verhaͤltnisse dieser Diken zu erfahren, so dient es sehr bequem
                              als Colorimeter.
                           Es besteht 1) aus einem kleinen Cylinder, dessen beide parallele Basen aus
                              Spiegelglas einen Centimeter von einander entfernt sind; in diesen Theil bringt man
                              eine der gefaͤrbten Fluͤssigkeiten, z.B. die am staͤrksten
                              gefaͤrbte. 2) Aus einem doppelten Cylinder von Messing, wovon der eine als
                              Staͤmpel, wie bei einem einfachen Perspectiv in den anderen geht. Diese
                              beiden Cylinder sind an einem ihrer Enden mit zwei Spiegelglaͤsern versehen,
                              so daß die beiden Glaͤser sich vollkommen beruͤhren, wenn der
                              Staͤmpelcylinder in den anderen eingelassen ist. Dieser leztere
                              Staͤmpel ist mit einer Gradleiter versehen, welche an dem Punkt, wo er
                              vollkommen eingetieft ist (wo sich also die Glaͤser beruͤhren), mit 0
                              bezeichnet ist und die Ziffer 100 an dem Punkt, wo er am meisten ausgezogen ist (wo
                              also die Glaͤser am weitesten von einander entfernt sind). Jede Abtheilung
                              der Gradleiter ist gleich einem Centimeter, welcher in 10 Theile oder Millimeter
                              eingetheilt wird. Zwischen den beiden Spiegelglaͤsern dieses Theiles des
                              Apparates kann man also einen zehn Mal groͤßeren Raum herstellen, als der
                              constante Raum in dem beschriebenen kleinen Cylinder betraͤgt.
                           Der aͤußere Cylinder nimmt nahe an seinem Ende einen anderen Cylinder von
                              gleichem Caliber auf, welcher rechtwinklich durch ihn hindurchgeht und wenn das
                              Instrument auf sein Gestell aufgesezt ist, ist dieser Cylinder senkrecht. Am unteren
                              Theile dieses Cylinders und nahe am Beruͤhrungspunkte der zwei
                              Spiegelglaͤser, befindet sich ein kleines Loch, welches eine Verbindung
                              zwischen dem vertikalen und dem großen horizontalen Cylinder herstellt. Es wird
                              hierdurch eine Verbindung zwischen dem vertikalen Cylinder und dem wandelbaren
                              zwischen den beiden Spiegelglaͤsern gelassenen Raum hergestellt. Indem man
                              die zu untersuchende Fluͤssigkeit in diesen senkrechten Cylinder gießt,
                              welcher so als Trichter dient, bringt man sie in den wandelbaren Raum. Bei dieser
                              Operation muß man jedoch eine Vorsichtsmaßregel beobachten: man darf die
                              Fluͤssigkeit erst dann in die Roͤhre gießen, wenn die beiden
                              Spiegelglaͤser sich beruͤhren und man kann sie aus keine andere Art
                              zwischen diese Glaͤser bringen, als indem man den Staͤmpelcylinder
                              anzieht, welcher dann die Fluͤssigkeit ohne Beimischung von Luft aufsaugt.
                              Man muß auf diese Art wegen der Kleinheit des Verbindungsloches verfahren.
                           Um sich des Instrumentes zu bedienen, befestigt man den Cylinder 1°, nachdem
                              er mit der zu pruͤfenden Fluͤssigkeit gefuͤllt ist, mittelst
                              einer Schraube zur Seite des Cylinders 2°, so daß ihre Achsen parallel sind,
                              bringt die andere Fluͤssigkeit in diesen lezteren Cylinder und richtet sodann
                              das Instrument gegen einen gut erleuchteten Gegenstand oder auch gegen eine ebene
                              und weiße Flaͤche. Man beobachtet wechselseitig die Farben der beiden
                              Fluͤssigkeiten und sucht sie zu nivelliren, indem man den Staͤmpel
                              mehr oder weniger herauszieht oder eintieft. Um diese Operation bequem und mit
                              groͤßerer Genauigkeit ausfuͤhren zu koͤnnen, muß man darin
                              einige Uebung haben. Man kann aber auch ein anderes Verfahren befolgen, welches
                              regelmaͤßige Beobachtungen in kurzer Zeit liefert.
                           Dasselbe besteht darin, den Staͤmpel so zu stellen, daß die fluͤssige
                              Schichte des Cylinders 2° eine viel dunklere Farbe hat als die des Cylinders
                              1° und sodann das Auge so zu richten, daß man die beiden
                              Fluͤssigkeiten zugleich beobachten kann. Alsdann tieft man den Staͤmpel ohne
                              Unterbrechung und bestaͤndig die Fluͤssigkeiten beobachtend, so lange
                              ein, bis die Farben gleich sind. Man kann so in weniger als einer Minute eine
                              Beobachtung machen und sie ohne Muͤhe auch oͤfters wiederholen; bei
                              einiger Uebung wird man unfehlbar sehr oft auf dieselbe Ziffer verfallen,
                              waͤhrend wenn man auf eine andere Art manipuliren wollte, das heißt indem man
                              den Cylinder eintieft und herauszieht und zugleich die Ziffern beobachtet, man nicht
                              bis auf einige Millimeter des Resultates sicher seyn kann.
                           Diese Verfahrungsweise scheint mir von solcher Wichtigkeit, daß sie, wie ich glaube,
                              allein dem fraglichen Instrument einigen Werth geben kann und ohne sie zu befolgen,
                              wuͤrden nie zwei Beobachter zu demselben Resultate gelangen. Wenn man der
                              Gleichheit der Farben versichert ist, liest man die Ziffer auf der Gradleiter ab,
                              welche sogleich die Reichhaltigkeit des Faͤrbestoffes anzeigt. Wir sezen
                              immer voraus, daß von den Faͤrbestoffen wie fuͤr den Colorimeter des
                              Hrn. Houtou-Labillardière, gleiche Gewichte
                              in gleichen Raumtheilen Fluͤssigkeit aufgeloͤst wurden.
                           Man sieht, daß die gefaͤrbten Fluͤssigkeiten hier auf dieselbe Farbe
                              gebracht werden, indem man sie unter ungleichen Schichten beobachtet und daß das
                              umgekehrte Verhaͤltniß dieser Schichten der Ausdruk des relativen
                              Faͤrbestoffgehaltes der Fluͤssigkeiten ist. Muß z.B. die
                              fluͤssige Schichte des Cylinders 2° auf 2,2 gebracht werden, um die
                              Gleichheit der Farbe mit der Schichte des Cylinders 1° herzustellen, so
                              verhalten sich offenbar die Quantitaͤten der Faͤrbestoffe in zwei
                              gleichen Schichten dieser beiden Fluͤssigkeiten zu einander = 1 : 2,2, das
                              heißt die Schicht 2,2 enthaͤlt 2 und 2/10 Mal weniger Faͤrbestoff als
                              die andere und folglich ist der Werth desselben in demselben Verhaͤltnisse
                              geringer als bei dieser. Diese Ausdruͤke geben nur Beziehungen und machen
                              eine Ziffer wuͤnschenswerth, welche dem absoluten Werth der
                              Faͤrbestoffe entspricht; dieß laͤßt sich auch bei dem
                              gegenwaͤrtigen Zustande unserer Kenntnisse realisiren. Außerdem ist die
                              Bezeichnungsweise bei dem Colorimeter des Hrn. Payen
                              unvollkommen: die Zahlen welche man erhaͤlt, machen naͤmlich eine
                              Berechnung noͤthig, wenn man das Verhaͤltniß der Werthe finden will,
                              waͤhrend man eine Graduirung haͤtte herstellen koͤnnen, deren
                              Ziffern unmittelbar diese Verhaͤltnisse ausgedruͤkt
                              haͤtten.
                           Zu diesem Ende haͤtte man das Instrument aus zwei Doppelcylindern
                              zusammensezen und dieselben mit zwei Graduirungen versehen muͤssen; leztere
                              muͤßten wie die gegenwaͤrtige Skale in Centimeter und Millimeter
                              eingetheilt seyn und die Ziffern in derselben Richtung von 0 bis 100 gehen. Dadurch
                              wird zwar das Instrument complicirter, aber die Bezeichnung der Resultate und die
                              Operation einfacher und
                              man kann die Beobachtungen mannigfaltig abaͤndern, also Gegenproben machen,
                              welche sich wechselseitig berichtigen.
                           Um bei dieser Abaͤnderung Zahlen zu erhalten, welche die Werthe einer Reihe
                              von Faͤrbestoffen derselben Art ausdruͤken, muͤßte man sie alle
                              mit dem reichhaltigsten vergleichen, welchen man in eine der Roͤhren bringt
                              und unter einer wandelbaren Schichte beobachtet. Die uͤbrigen
                              Fluͤssigkeiten wuͤrde man nach einander in die andere Roͤhre
                              bringen, wo man sie unter einer constanten Schichte, z.B. von 100 Millimeter
                              beobachten wuͤrde. Offenbar wird man nun die reichhaltigste
                              Fluͤssigkeit unter kleineren Schichten als von 100 Millimeter beobachten
                              muͤssen, um die Gleichheit der Farbe zu erhalten und die Zahlen, welche diese
                              kleineren Schichten in Millimetern ausdruͤken, werden fuͤr jede
                              weniger gefaͤrbte Fluͤssigkeit Procente des Faͤrbestoffes der
                              reichhaltigsten bezeichnen.
                           Benuzen wir zum Beispiel dieses Instrument zur Pruͤfung der Indigosorten, so
                              muͤssen wir diejenige kaͤufliche Indigosorte auswaͤhlen, welche
                              am reichhaltigsten an Faͤrbestoff ist, naͤmlich den
                              Guatimala-Indigo. Man koͤnnte eine gewisse Quantitaͤt von
                              dieser Substanz als Typus aufbewahren und sich derselben zur Vergleichung bei allen
                              anzustellenden Versuchen bedienen; hiezu ließe sich sogar eine Aufloͤsung
                              dieses Indigos in Schwefelsaͤure einige Zeit lang in einem gut verschlossenen
                              und gegen das Licht geschuͤzten Gefaͤße aufbewahren, deren man sich
                              oͤfters zu Versuchen bedienen koͤnnte. Die colorimetrischen Grade
                              wuͤrden so den Gehalt der Indigosorten in Procenten des reichhaltigsten
                              Indigos angeben; sie wuͤrden z.B. sagen, daß von einem gewissen
                              kaͤuflichen Indigo der metrische Centner nur 70, 75 oder 80 Kilogrammen von
                              dem reichhaltigsten Indigo entspricht. Die Gehalte koͤnnten sogar in
                              Raum- oder Gewichtstheile von Chlor uͤbersezt werden, wenn man die
                              Wirkung des Chlors (oder eines Chloruͤrs von bekanntem Gehalt) auf die
                              Musterfluͤssigkeit sorgfaͤltig untersuchen wuͤrde: bekanntlich
                              fand Hr. Welter, daß 100 Gewichtstheile Chlor 226 Indigo
                              zerstoͤren.
                           Die Faͤrbestoffe, welche allein den Faͤrbematerialien Werth ertheilen,
                              vermindern bisweilen denjenigen gewisser Producte, unter welche der Zuker
                              gehoͤrt, der im Handel um so weniger geschaͤzt ist, je
                              gefaͤrbter er ist. Man kann den Colorimeter auch benuzen, um den Werth der
                              Zukersorten in dieser Beziehung zu bestimmen. Im Vorbeigehen wollen wir hier
                              bemerken, daß wenn die Faͤrbung des Rohzukers auf seinen Werth Einfluß hat,
                              derselbe doch keineswegs von solcher Wichtigkeit ist, als gewisse Raffineurs
                              glauben, indem ein stark gefaͤrbter Zuker deßwegen nicht immer noch andere
                              Maͤngel hat.
                           Man wird nun leicht einsehen, wie ein Colorimeter unmittelbar ein Decolorimeter
                              werden kann. Hr. Payen bestimmte das Instrument urspruͤnglich zur
                              Bemessung der Entfaͤrbungskraft der Kohlen und beschrieb das dabei zu
                              befolgende Verfahren in dem Traité des
                                 réactifs (welchen er mit Hrn. Chevalier
                              herausgab) folgender Maßen:
                           
                              „Man nehme einen Centiliter Probefluͤssigkeit und gieße sie in eine
                                 Flasche, welche etwas mehr als einen Liter faßt; man messe einen Liter Wasser ab
                                 und bediene sich desselben um den Centiliter, in welchen man die abgemessene
                                 Probefluͤssigkeit gegossen hat, oͤfters auszuspuͤlen,
                                 worauf man alles, was davon noch uͤbrig ist, in diese Flasche gießt.
                                 Hierdurch erhaͤlt man eine Aufloͤsung von braunem Zukercandis
                                 welche 10 Grammen Probefluͤssigkeit und 1000 Grammen Wasser
                                 enthaͤlt. Mit dieser Quantitaͤt kann man zehn Versuche anstellen,
                                 da man zu jedem nur einen Deciliter von dieser verduͤnnten
                                 Aufloͤsung braucht.
                              
                           
                              „Um die Entfaͤrbungskraft einer Knochenkohle auszumitteln, wiege
                                 man davon genau 2 Grammen ab, bringe sie in ein Vierunzenglas mit weitem Halse,
                                 gieße einen Deciliter von der Aufloͤsung des braunen Zukercandis
                                 daruͤberDas Maß eines Deciliters erhaͤlt man leicht, wenn man mit der
                                       Aufloͤsung des braunen Zukercandis die vertikale Roͤhre
                                       des Decolorimeters anfuͤllt, man zieht die horizontale
                                       Roͤhre bis zur zweiten Abtheilung und bringt den Ueberschuß der
                                       Fluͤssigkeit, welche in der vertikalen Roͤhre
                                       zuruͤkblieb, wieder in die Flasche; man stoͤßt alsdann die
                                       horizontale Roͤhre bis auf den Boden und der Deciliter
                                       Fluͤssigkeit tritt in die vertikale Roͤhre; man gießt ihn
                                       auf die 2 Grammen Beinschwarz u.s.w. A. d. O., ruͤhre eine Minute lang gut um und bringe sodann das Ganze auf
                                 ein Filter von ungeleimtem Papier; die filtrirte Fluͤssigkeit gieße man
                                 zum zweiten Mal auf das Filter und wenn sie ganz durchgelaufen ist, kann man die
                                 durch das Beinschwarz bewirkte Entfaͤrbung erkennen. Zu diesem Ende
                                 bringt man die ganze filtrirte Fluͤssigkeit in die vertikale
                                 Roͤhre des Instruments, zieht sodann den doppelten horizontalen
                                 Staͤmpel an, laͤßt einen Theil der Fluͤssigkeit in diesen
                                 Staͤmpel treten und erhaͤlt eine um so dikere und um so dunkler
                                 gefaͤrbte Schichte, je weiter man ihn herauszieht. Man sieht in diesen
                                 hohlen Staͤmpel, indem man das Ende, welches die Fluͤssigkeit
                                 enthaͤlt, gegen das Licht haͤlt, und sobald die Nuͤance
                                 dieser mit Kohle behandelten Fluͤssigkeit eben so intensiv ist, wie die
                                 Aufloͤsung des braunen Zukercandis, welche in dem doppelten an der Seite
                                 des Instrumentes angeschraubten Staͤmpel aus Glas enthalten ist (die
                                 Gleichheit der Farbe kann man aber leicht herstellen, weil man sie nach Belieben
                                 abaͤndern kann, indem man den hohlen Staͤmpel auszieht oder
                                 eintieft), so beobachtet man auf der Außenseite des horizontalen
                                 Staͤmpels die Abtheilungen, welche die Entfernung bezeichnen; so bringt
                                 der erste Centimeter oder 10 Millimeter eine Entfernung hervor, welche gleich
                                 derjenigen der auf dem Instrument befestigten Scheiben ist, No. 2, zeigt eine
                                 doppelte Dike und No. 3. eine dreifache an.
                              
                           
                           
                              Waͤre die Farbe der mit Kohle behandelten und zwei Mal filtrirten
                                 Fluͤssigkeit von der Art, daß man den unteren Staͤmpel bloß bis
                                 zur ersten Abtheilung heraufziehen muͤßte, das heißt um einen Centimeter,
                                 so wuͤrde sie offenbar durch die Kohle nicht ganz entfaͤrbt worden
                                 seyn, weil sie genau so stark wie die Probefluͤssigkeit gefaͤrbt
                                 waͤre. Haͤtte man den unteren Staͤmpel bis zur zweiten
                                 Abtheilung herausgezogen, so zeigt dieß an, daß die Kohle der
                                 Probefluͤssigkeit die Haͤlfte ihres Faͤrbestoffes entzog,
                                 weil die Schichte verdoppelt ist. Haͤtte man endlich die Schichte
                                 verdreifacht, indem man den unteren Staͤmpel bis zur dritten Abtheilung
                                 zog, so waͤre man sicher, daß die Kohle ihr zwei Drittel ihres
                                 Faͤrbestoffes entzog; staͤrker wirkt die beste thierische Kohle
                                 nicht. Das kaͤufliche Beinschwarz liegt gewoͤhnlich zwischen
                                 diesem Grade und dem zweiten, und die Holzkohle zwischen dem ersten und dem
                                 zweiten: die Schieferkohle uͤberschreitet selten den zweiten Grad.
                              
                           
                              Vermittelst der zehn gleichen Unterabtheilungen jedes Grades kann man selbst sehr
                                 kleine Unterschiede in der Entfaͤrbungskraft verschiedener Kohlen
                                 auffinden. Um die Nuͤance der zwischen den befestigten Scheiben
                                 enthaltenen Probefluͤssigkeit gut schaͤzen zu koͤnnen, muß
                                 man sie durch einen Cylinder von doppelt gelegtem Papier betrachten, welcher
                                 eben so weit und ungefaͤhr eben so lang wie der messingene horizontale
                                 Cylinder ist, den man gegen diese Rolle anbringt. Man haͤtte diese Rolle
                                 auch aus Messing machen koͤnnen und so die Muͤhe erspart, einen
                                 Papiercylinder zu verfertigen, aber das Instrument waͤre dadurch schwerer
                                 und unnoͤthiger Weise kostspieliger geworden.
                              
                           
                              Die Probefluͤssigkeit erhaͤlt man kaͤuflich bei dem Optiker
                                 Hrn. Vincent Chevalier in Paris. Man kann sie selbst
                                 bereiten und braucht nur eine concentrirte Aufloͤsung von braunem
                                 Zukercandis zu machen. Um sicher zu erfahren, mit wie viel Wasser man sie in dem
                                 Augenblike, wo man sich ihrer bedient, verduͤnnen muß, vergleicht man
                                 diese verduͤnnte Aufloͤsung mit derjenigen zwischen den beiden
                                 unwandelbaren Scheiben, und wenn man keinen Vergleichungsgegenstand mehr haben
                                 sollte, muͤßte man die Probefluͤssigkeit dadurch pruͤfen,
                                 daß man sie mit gut gepulverter und im Großen aus sehr reinen Knochen bereiteter
                                 thierischer Kohle entfaͤrbt; nach einigen Versuchen wird man so die
                                 Nuͤance finden, welche man der Fluͤssigkeit geben muß, damit ihr
                                 bei dem so eben angegebenen Versuche zwei Drittel ihres Faͤrbestoffes
                                 durch die Kohle entzogen werden.“
                              
                           Man sieht, daß die Angaben dieses Instrumentes als Decolorimeter betrachtet, eben so
                              ungenuͤgend sind, wie wenn man es als Colorimeter betrachtet, und zwar aus
                              demselben Grunde, weil die decolorimetrischen Grade in der That nur aus den
                              colorimetrischen abgeleitet werden koͤnnen. Wollte man an ihm die
                              Veraͤnderungen anbringen, welche wir angaben, als wir von seiner Benuzung als Colorimeter
                              sprachen, so duͤrfte man nur auf die Roͤhren eine zweite
                              Centesimalskale verzeichnen, welche die umgekehrte der anderen ist, um unmittelbar
                              die Entfaͤrbungskraft der Kohle in Procenten des Faͤrbestoffgehaltes
                              der Probefluͤssigkeit ablesen zu koͤnnen. Hiezu duͤrfte man an
                              der Operationsweise des Hrn. Payen nichts aͤndern.
                              Man wuͤrde bloß die Fluͤssigkeiten beobachten, auf welche die Kohle
                              unter einer constanten Schichte gleich 100 gewirkt haͤtte und sie mit einer
                              anderen wandelbaren Schichte der Musterfluͤssigkeit, welche nothwendiger
                              Weise kleiner waͤre, vergleichen. Die Differenz der Schichten, durch die
                              decolorimetrische Skale angegeben, wuͤrde die Entfaͤrbungskraft der
                              Kohle bezeichnen. Die decolorimetrischen Grade werden immer Complemente zu 100 der
                              colorimetrischen Grade seyn.
                           Wollte man Gegenproben zu einer Beobachtung machen, so koͤnnte man, nachdem
                              man die Farben der entfaͤrbten Fluͤssigkeiten unter einer Schichte
                              gleich 100 geschaͤzt hat, sie noch unter kleineren Schichten schaͤzen;
                              die Resultate dieser Vergleichungen muͤssen dieselben Verhaͤltnisse
                              ergeben, wenn die Beobachtungen genau sind: auf diese Art koͤnnte man die
                              Resultate leicht controlliren. Diese Bemerkungen, welche auch auf die
                              colorimetrischen Versuche anwendbar sind, erklaͤren, warum ich zwei
                              Roͤhren anzuwenden vorschlug. Die zweite hat außerdem den Vortheil, daß sie
                              sich leichter mit Fluͤssigkeit beschikt, als der kleine Cylinder mit
                              Probefluͤssigkeit des Hrn. Payen.
                           Mit den angegebenen Verbesserungen bietet das Instrument jedoch noch eine
                              Schwierigkeit bei den Versuchen dar. Die Staͤmpelroͤhre, welche die
                              Fluͤssigkeit aufnimmt, ist mit einem fetten Leder versehen, welches sich
                              waͤhrend der Versuche aufblaͤhen kann; die Bewegung wird alsdann
                              weniger sanft und wenn man stoͤßt, um die Farben waͤhrend der
                              Operation zu nivelliren, so geschieht es oft, daß man den Nivellirpunkt
                              uͤberschreitet. Man muͤßte, damit die Manipulation regelmaͤßig
                              und gut von Statten geht, den Staͤmpel mittelst einer Schraube bewegen
                              koͤnnen, welche die EntfernungEntfernuung der Glaͤser leicht graduirt.
                           Hr. Collardeau, welchem ich diese Bemerkungen mitgetheilt
                              habe, beschaͤftigt sich mit der Einrichtung des Colorimeters nach den in
                              dieser Notiz ausgesprochenen Ansichten und wir haben allen Grund zu erwarten, daß er
                              ein bequemes Instrument zu Stande bringen wird, welches wir dann mit Abbildungen
                              beschreiben werden.