| Titel: | Bericht über die Abhandlung des Hrn. Braconnot, betreffend den Käsestoff und die Milch; von Hrn. Henry dem Vater. | 
| Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. XXXIV., S. 134 | 
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                        XXXIV.
                        Bericht uͤber die Abhandlung des Hrn.
                           Braconnot, betreffend den
                           Kaͤsestoff und die Milch; von Hrn. Henry dem Vater.
                        Aus dem Agriculteur-Manufacturier, Maͤrz
                              1831, S. 505.
                        Henry, Bericht uͤber den Kaͤsestoff und die
                           Milch.
                        
                     
                        
                           Seitdem die HHrn. Parmentier
                              und Deyeux ihre zahlreichen
                              Versuche uͤber die Milch anstellten, hat man sich wenig damit
                              beschaͤftigt Methoden auszumitteln, um sie waͤhrend langer Reisen
                              benuͤzen zu koͤnnen. Hr. Appert gab allerdings ein Verfahren zur Aufbewahrung der Milch an,
                              aber da die Personen, welche mit dieser Operation beauftragt waren, die
                              Gefaͤße oft schlecht verschlossen, so veraͤnderte sich diese
                              Fluͤssigkeit schnell, wodurch man die Frucht einer langwierigen und
                              kostspieligen Arbeit verlor; wenn aber auch die Flaschen sehr gut verkorkt waren,
                              schied sich durch das Schuͤtteln beim Transport der butterige Theil von der Milch ab, und
                              ungeachtet aller Sorgfalt sie zu vermischen, war die Milch immer mit einer Schichte
                              Butler bedekt, was bei ihrem Gebrauch nicht angenehm war. Das Verfahren des Hrn.
                              Braconnot
                              Wir haben seine Abhandlung im polyt. Journ. Bd. XXXVIII. S. 136. mitgetheilt. A. d. R. ist viel einfacher und bietet mehrere Vortheile dar:
                           1) benuͤzt er denjenigen Theil der Milch, welcher bei Bereitung der Molken oft
                              verloren geht oder aus welchem man nach Abscheidung des butterigen Theiles nur wenig
                              Vortheile zieht; 2) gibt er ein Mittel an die Hand, um mit dem Kaͤsestoff
                              entweder einen aufloͤslichen Kaͤse oder einen sehr nuͤzlichen
                              Rahm zu bereiten, welcher leztere zu sehr vielen Gerichten benuͤzt werden
                              kann; 3) verwandelt er den Kaͤsestoff in Syrup, indem er darin ein gleiches
                              Gewicht Zuker aufloͤst.
                           Der aufloͤsliche Kaͤse des Hrn. Braconnot so wie die Gallerte, lassen sich
                              aufbewahren ohne eine Veraͤnderung zu erleiden. Er kommt sehr wohlfeil zu
                              stehen, besonders an Orten, wo die große Menge von Molken, welche man in den
                              Meiereien erhaͤlt, zur Ernaͤhrung des Menschen mehr als hinreichend
                              ist. Wenn von dieser Substanz, so wie man sie nach dem Verfahren des Hrn. Braconnot erhaͤlt,
                              haͤufig Anwendung gemacht wuͤrde, so waͤre man ohne Zweifel
                              genoͤthigt mehr Vieh zu halten und in Folge hievon wuͤrde sich die
                              Masse des Duͤngers vermehren und dadurch der Landwirthschaft ein wesentlicher
                              Dienst geleistet. Dieß ist die Meinung jenes Gelehrten, welche wir ganz theilen. Der
                              aufloͤsliche Kaͤse liefert nach Hrn. Braconnot in Verbindung mit mehreren Substanzen
                              schaͤzbare Nahrungsmittel fuͤr lange Reisen zu Wasser und zu Lande.
                              Ich habe die Versuche dieses Gelehrten sorgfaͤltig wiederholt und will nun
                              meine Resultate mittheilen.
                           
                        
                           Erster Versuch.Ueber die Aufloͤsslichkeit des
                                 Kaͤsestoffes.
                           Ich nahm eine Quantitaͤt mageren Kaͤse, wie man ihn auf dem Markte
                              erhaͤlt; diese Substanz, von weicher Consistenz, wurde mehrere Minuten lang
                              erhizt, um den Kaͤsestoff zum Gerinnen zu bringen und das Serum davon
                              abscheiden zu koͤnnen. Nachdem ich lezteres abgeschieden und den
                              Kaͤsestoff stark ausgepreßt hatte, erhizte ich ihn mit Wasser und
                              zweifach-kohlensaurem Natron in folgenden Verhaͤltnissen.
                           Kaͤsestoff, 4 Kilogrammen. Zweifach-kohlensaures Natron 10 Gramme. Der Kaͤsestoff
                              loͤste sich unter Aufbrausen vollkommen auf und die Fluͤssigkeit wurde
                              bei der Temperatur des siedenden Wassers abgedampft. Man erhielt eine klebrige, in
                              kaltem und heißem Wasser aufloͤsliche Substanz. Nach dem Erkalten wurde sie
                              in Striemen zerschnitten, um sie zu troknen; troken ist sie gelblichweiß, von fadem
                              Geschmak und halbglasigem Bruch; ihre Oberflaͤche ist mit einer schwachen
                              fettigen Schichte uͤberzogen. In kaltem Wasser erweicht sie und loͤst
                              sich zum Theil darin auf; in kochendem loͤst sie sich ganz auf und ertheilt
                              ihm ein milchartiges Ansehen. Wird diese Fluͤssigkeit gewuͤrzt und
                              gezukert, so erhaͤlt sie einen milchartigen Geschmak. Eine kleine Menge mit
                              Wasser verduͤnnter Saͤure scheidet daraus einen Theil des
                              Kaͤsestoffes ab; eine groͤßere Menge Saͤure bringt sie ganz zum
                              Gerinnen. Wird der gallertartige Kaͤsestoff gezukert und gewuͤrzt, so
                              schmekt er sehr angenehm.
                           
                        
                           Zweiter Versuch.Verfahren um die Milch auf ein kleines Volumen
                                 zuruͤkzubringen.
                           Hr. Braconnot bemerkt sehr
                              richtig, daß, „da die Milch außer dem Kaͤsestoff und der Butter
                                 noch einige Substanzen enthaͤlt, wie essigsaures Kali und Extractivstoff,
                                 welche ihre Guͤte nur beeintraͤchtigen, man ein schoͤnes
                                 Problem loͤsen wuͤrde, wenn man diese Fluͤssigkeit in
                                 festen Zustand bringen koͤnnte, so daß die widrigschmekenden Substanzen
                                 abgeschieden wuͤrden und sie sich beliebig lange aufbewahren
                                 ließe.“ Er nahm also 1 1/2 Liter Milch, sezte sie einer Temperatur
                              von 45° C. (36° R.) aus und schuͤttete oͤfters
                              Salzsaͤure zu, welche mit dreißig Theilen Wasser verduͤnnt war;
                              leztere schied daraus die Butter und den Kaͤsestoff als eine geronnene Masse
                              aus, welche in dem Serum schwamm. Mit dieser Masse bereitet Hr. Braconnot die Milchconserve in Form
                              eines mehr oder weniger reinen Syrups. Man nimmt folglich das GeronneneDie Gegenwart des Zukers in diesem Geronnenen ist noͤthig, um ihm
                                    einen angenehmen Geschmak und Geruch zu ertheilen. A. d. O., von welchem man das Serum abgeschieden hat und loͤst es bei gelinder
                              Waͤrme mit fuͤnf Grammen krystallisirten und gepulverten
                              einfach-kohlensauren Natrons auf; die Aufloͤsung erfolgt schnell und
                              liefert einen halben Liter einer Art Rahmes oder vielmehr koͤstlicher
                              geschlagener Milch (franchopane), welche man nach
                              Belieben aromatisiren kann.
                           
                        
                           Milchconserve.
                           Man nimmt gleiche Theile von der geronnenen Masse, wovon wir so eben gesprochen
                              haben, und Zuker, erhizt vorsichtig und erhaͤlt so einen sehr angenehm
                              schwelenden und vollkommen gleichartigen Syrup. Mit einer großen Menge Wasser
                              verduͤnnt, bildet er eine undurchsichtige weiße Fluͤssigkeit,
                              gezukerter Milch ganz aͤhnlich.
                           
                        
                           Milchtafelchen.
                           Damit man diesen Syrup noch leichter aufbewahren und transportiren kann, glaubte ich,
                              daß es vortheilhaft waͤre ihn in Form von Taͤfelchen zu bringen. Dieß
                              gelang mir auf folgende Art: Wenn der Teig weich und consistent ist, bringt man ihn
                              auf ein mit Zuker bestreutes Papier, breitet ihn mit einer Walze aus, zerschneidet
                              ihn in Stuͤke und erwaͤrmt ihn in einem geheizten Raume. Man kann
                              diese Tafelchen sehr leicht in einer Buͤchse oder noch besser in einem
                              Standglase aufbewahren und sich derselben auf Reisen zum Zukern des Kaffees
                              bedienen.
                           Man hat hauptsaͤchlich darauf zu achten, daß die Milch nicht zu sehr erhizt
                              wird, wenn man den Kaͤsestoff zum Gerinnen bringen will, indem dieser sonst
                              Consistenz erhaͤlt und alsdann durch einfachkohlensaures Natron schwer
                              aufzuloͤsen ist. Ebenso darf man diesen Kaͤsestoff bei keiner zu
                              starken Hize aufloͤsen, indem sich sonst Klumpen bilden, welche man
                              nothwendig abscheiden muß; dieß geschieht besonders wenn man ihn nicht gut von Serum
                              gereinigt hat; die Substanz erhaͤlt alsdann einen Geruch wie geschmolzene
                              Butter. Dies selben Uebelstaͤnde zeigen sich bei Umaͤnderung des
                              aufgeloͤsten Kaͤsestoffes in Syrup: man bewahrt solchen mittelst Zuker
                              auf. Jedenfalls ist es sehr wichtig, daß man bestaͤndig umruͤhrt,
                              damit sich auf der Oberflaͤche kein Hautchen bilden und kein Theil der
                              Substanz an den Seitenwaͤnden des Gefaͤßes austroknen kann.
                           Wendet man hingegen eine Temperatur unter 50° C. (40° R.) an, so
                              erhaͤlt man einen weichen Kaͤsestoff, von angenehmem Geschmak, der
                              sich leicht aufloͤst und durch Zusaz von Zuker einen Syrup, eine Conserve und
                              Taͤfelchen.
                           Diese Tafelchen fanden vielen Beifall, besonders wenn sie mit Vanille,
                              Orangebluͤthen oder auf andere Art gewuͤrzt waren. Sie haben vor
                              verschiedenen anderen Milchpraͤparaten den Vorzug, daß sie sich halten und
                              zur Bereitung aller anderen dienen koͤnnen, denn man kann damit, wie mit dem
                              Syrup und der Conserve des Hrn. Braconnot, die Milch regeneriren, wenn man sie in einer
                              hinreichenden Quantitaͤt Wasser aufweicht. Milch, welche durch den Syrup, die
                              Conserve oder die Taͤfelchen regenerirt wurde, ist immer suͤß und hat
                              außerdem den Geschmak von gekochter Milch. Bei dem Kaffee, den Suppen, Cremes und
                              anderen Nahrungsmitteln dieser Art schien sie mir eben so angenehm wie gewoͤhnliche
                              Milch.Ich bemerke ausdruͤklich, daß man sie nicht mit der frischen Milch
                                    vergleichen darf, so wie man diese von der Kuh erhaͤlt, denn sie
                                    behaͤlt immer den Geschmak von gekochter Milch; deßwegen ist sie aber
                                    doch zu Nahrungsmitteln und besonders auf Reisen sehr gut zu brauchen. A. d.
                                    O. Der Syrup, die Conserve und Tafelchen des Kaͤsestoffes koͤnnen
                              also fuͤr lange Reisen zu Wasser und zu Lande sehr schaͤzbare Dinge
                              werden. Sollten sie in großen Staͤdten, wo man sich nicht immer Milch von
                              guter Qualitaͤt verschaffen kann, nicht vortreffliche Dienste leisten?
                           Die Milch, deren ich mich zu meinen Versuchen bediente, lieferte mir ein Sechstel
                              ihres Gewichtes weichen Kaͤsestoff. Diese Gewichtsbestimmung ist jedoch nicht
                              genau, weil die Milch einer Kuh nach Umstaͤnden, nach dem Zustande und Alter
                              des Thieres, mehr oder weniger feste Bestandtheile enthalten kann, und weil man auch
                              mehr oder weniger von diesen bei der Analyse erhaͤlt, je nach der Menge der
                              angewandten Saure und der Temperatur der Fluͤssigkeit.