| Titel: | Ueber verschiedene Eigenschaften des rohen und raffinirten Zukers, nach welchen man sich bei der Bearbeitung und dem Ankauf dieser Substanzen richten kann; von Hrn. Dubrunfaut. | 
| Fundstelle: | Band 41, Jahrgang 1831, Nr. LII., S. 224 | 
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                        LII.
                        Ueber verschiedene Eigenschaften des rohen und
                           raffinirten Zukers, nach welchen man sich bei der Bearbeitung und dem Ankauf dieser
                           Substanzen richten kann; von Hrn. Dubrunfaut.
                        Mit einigen Abkuͤrzungen aus dem Agriculteur-Manufacturier, Februar 1831, S.
                              241.
                        Dubrunfaut, uͤber verschiedene Eigenschaften des rohen und
                           raffinirten Zukers.
                        
                     
                        
                           Die fremdartigen Substanzen, welche immer die krystallisirbare Substanz im Zuker
                              begleiten, sind Wasser und Schleim.Unter dem Worte Schleim (mucilage) verstehen wir
                                    die unkrystallisirbare Substanz im Zuker und diese Benennung bezeichnet also
                                    den fluͤssigen Zuker, wenn eine solche Zukerart in der That existirt.
                                    A. d. O. Die anderen Substanzen, wie der Staub, der Gyps, die Kalisalze, kommen nur
                              zufaͤllig und in geringer Menge darin vor. Der Grad der Reinheit oder
                              Reichhaltigkeit des Zukers haͤngt also von seinem Gehalt an Wasser und
                              Schleim ab. Der Schleim, welcher im Zuker vorkommt, ist farblos und in jedem
                              Verhaͤltniß in Wasser aufloͤslich; beim Erhizen faͤrbt er sich
                              und zwar um so staͤrker, je hoͤher die Temperatur ist. Ohne Zweifel
                              ertheilt dieser Stoff dem Zuker die Eigenschaft sich beim Verkochen zu
                              faͤrben. Ein gefaͤrbter Zuker enthaͤlt meistens Schleim, und
                              man kann daher aus der Farbe auf die Qualitaͤt und den Werth des Zukers
                              schließen.
                           Der Syrup, in welchem der Zuker krystallisirt, wird nach seiner Qualitaͤt
                              gruͤner Syrup, gedekter Syrup oder Melasse genannt; wir wollen ihm den
                              Gattungsnamen Mutterlauge beilegen. Der Zuker, welchen
                              man durch irgend ein Mittel von seiner Mutterlauge getrennt hat, haͤlt immer
                              noch eine gewisse Quantitaͤt davon zuruͤk und zwar sowohl im Innern
                              der Krystalle als Krystallwasser, als auch auf der Oberflaͤche derselben.
                              Ersteres kann nicht daraus entfernt werden, ohne daß man ihn umkrystallisirt;
                              lezteres wird durch Auswaschen oder Deken des Zukers beseitigt. Der Schleim, welcher
                              sich in ersterem befindet, bleibt also nothwendiger Weise im Zuker zuruͤk;
                              wir wollen ihn verbundenen Schleim nennen, um ihn von
                              demjenigen zu unterscheiden, welcher die Krystalle bedekt und welchen wir zwischenliegenden Schleim nennen werden.
                           Man begreift nun, daß unter uͤbrigens gleichen Umstaͤnden, ein Zuker um
                              so reiner seyn muß, je reiner die Mutterlauge ist, aus welcher er auskrystallisirte,
                              und daß er, um vollkommen rein zu seyn, in einem Syrup von reinem Zuker
                              auskrystallisirt haben muͤßte. Man taͤuscht sich daher, wenn man den
                              kaͤuflichen weißen raffinirten Zuker fuͤr einen reinen Zuker
                              haͤlt: er ist nichts weniger als dieses aus chemischem Gesichtspunkte betrachtet. Der
                              kaͤufliche weiße Kandis ist ohne Zweifel reiner, aber doch noch mit einer
                              betraͤchtlichen Menge Schleim verbunden. Um einen sehr reinen krystallisirten
                              Zuker zu erhalten, muͤßte man den weißesten und reinsten kaͤuflichen
                              Kandiszuker oͤfters umkrystallisiren.
                           Wir koͤnnen also als ausgemacht annehmen, daß jeder kaͤufliche Zuker,
                              selbst die schoͤnsten und reinsten raffinirten Zuker, immer Schleim
                              enthalten. Der Rohzuker und die aus dem Bastersyrup bereiteten Brode enthalten immer
                              verbundenen und zwischenliegenden Schleim in großer Menge; dieser Schleimgehalt und
                              folglich der Zukergehalt der Krystalle ließen sich bestimmen, wenn man die
                              Dichtigkeit der Mutterlauge, aus welcher der Zuker krystallisirte, kennen
                              wuͤrde. Diese Dichtigkeit wechselt von 37° bis 44°
                              Beaumé. Es zeigen sich daher sehr große Verschiedenheiten in der
                              Qualitaͤt des Rohzukers, zu deren Bestimmung wir noch keine leichten und
                              schnell ausfuͤhrbaren Verfahrungsweisen haben. Wenn man zwei Zukerproben zur
                              Pruͤfung erhielte, wovon die eine aus einem Syrup von 37° und die
                              andere aus einem Syrup von 44° auskrystallisirte, so waͤre keine große
                              Erfahrung noͤthig um sie zu unterscheiden und der Geschmak hiezu ausreichend.
                              Erstere haͤtte in der That einen viel suͤßeren Geschmak als leztere.
                              Wenn man im Kosten des Zukers sehr geuͤbt ist, unterscheidet man leicht
                              geringere Unterschiede als bei jenen Extremen Statt finden, und ich glaube, daß man
                              aus dem Geschmak, wenn man das Kosten mit mehr Sorgfalt als gewoͤhnlich
                              vornimmt, vortreffliche Kennzeichen ableiten kann. Man muͤßte sich
                              naͤmlich einen Rohzuker von guter Qualitaͤt verschaffen, der aber
                              keinen fremdartigen Beigeschmak hat und jedes Mal das Typusmuster vor jedem anderen
                              kosten, und es ist gewiß kein sehr zarter Gaumen erforderlich, um eine geringere
                              Suͤßigkeit, welche ein Zeichen einer schlechten Qualitaͤt ist, zu
                              bemerken. Der Runkelruͤbenzuker, dessen Melasse ein scharfes Princip
                              enthaͤlt, hat gewoͤhnlich nicht den honigartigen Geschmak des
                              Rohzukers und laͤßt sich daher leicht von diesem unterscheiden.
                           Hieraus erklaͤrt sich auch eine noch sehr verbreitete Meinung uͤber den
                              zukerigen Geschmak des Runkelruͤbenzukers; man haͤlt ihn fuͤr
                              weniger suͤß als den anderen, und diese Meinung kann durch Personen, welche
                              Runkelruͤbenzuker von schlechter Qualitaͤt kosteten, verbreitet worden
                              seyn. Es ist Thatsache, daß roher Runkelruͤbenzuker, welcher aus schlechten
                              Wurzeln erhalten wurde und aus einer Mutterlauge von 44°, deren Geschmak
                              bitter ist, anschoß, einen schwach suͤßen Geschmak zeigt, was man schon
                              findet, ohne ein Muster von gutem Zuker zur Vergleichung zu nehmen. Da ich seit
                              einigen Jahren viele Runkelruͤben aus der Umgegend von Paris bearbeitete, so konnte ich mich von
                              dieser Thatsache mit mehreren Personen uͤberzeugen, welche fanden, daß mein
                              Zuker nicht suͤß ist. Der Geschmak dieses schleimhaltigen Zukers ist am
                              meisten einem Gemenge von Zuker und Brod aͤhnlich.
                           Ich nahm verschiedene Sorten von Rohzuker, behandelte 200 Gramme von jedem mit 50
                              Grammen Wasser und ruͤhrte sie von Zeit zu Zeit um, bis das Wasser
                              gesaͤttigt war; jeder gab einen Syrup von verschiedener Dichtigkeit und die
                              Reihenfolge der Dichtigkeiten ergab dann diejenige der Qualitaͤten. Der Syrup
                              wurde nach 36 Stunden mit einem sehr empfindlichen Beauméschen
                              Araͤometer gewogen.
                           
                              
                                 
                                 Beaumé
                                 Dichtigkeit
                                 
                              
                                 Schoͤner Rohzuker N. 4. von den
                                    Colonien
                                 36 1/4
                                 1327
                                 
                              
                                      deßgleichen       N.
                                    4. gewoͤhnlicher
                                 56 1/2
                                 1330
                                 
                              
                                 Geringer Rohzuker N. 4. von
                                    Runkelruͤben
                                 38°
                                 1349
                                 
                              
                           Das Princip worauf sich diese Versuche gruͤnden, ist im Agriculteur-Manufacturier Bd.i. S. 76 und 178. (polyt. Journal Bd. XXXVIII. S. 445.) angegeben, aber man
                              kann daraus keinen Schluß auf den Schleimgehalt des Zukers ziehen, denn wenn sich
                              nach 36 Stunden der zwischenliegende Schleim auch vollstaͤndig
                              aufgeloͤst haͤtte, so ist doch der verbundene Schleim nicht
                              aufgeloͤst.
                           Durch aͤhnliche Verfahrungsweisen, wie man sie beim Raffiniren des Zukers
                              vornimmt, kann man sich uͤber den Werth des Zukers Aufklaͤrung
                              verschaffen. Klaͤrt man Zuker nach dem gewoͤhnlichen Verfahren und
                              verkocht ihn mittelst des Thermometers, so findet man, daß er die Probe bei einer um
                              so hoͤheren Temperatur zeigt, von so geringerer Qualitaͤt er ist.
                              Reiner Zuker wuͤrde die Probe bei ungefaͤhr 87 1/2° Reaumur
                              zeigen. Je mehr sie sich von diesem Grade entfernt, desto schleimiger ist der Zuker.
                              In den Raffinerien macht man dieselben Beobachtungen; so findet man, daß die
                              ordinaͤren Melis (quatre cassons) die Probe bei
                              88 1/2 bis 89 Grad zeigen, die Lumpen und Bastern bei 90 bis 91°, die aus dem
                              Bastersyrup bereiteten Brode (vergeois) bei
                              94°.
                           Aus den Eigenschaften des vom krystallisirten Zuker abgelaufenen Syrups laͤßt
                              sich ebenfalls auf die Qualitaͤt des Rohzukers schließen. So zeigt der
                              gruͤne Syrup von ordinaͤrem Melis am Araͤometer 38 bis
                              40°; dasselbe ist der Fall bei Syrup von rohem geklaͤrtem und
                              verkochtem Zuker und die Unterschiede in der Dichtigkeit von 38 bis 40° geben
                              die verschiedene Qualitaͤt an; ich sage die Unterschiede in der
                              Qualitaͤt, denn man kann aus dem specifischen Gewicht nicht auf den absoluten
                              Schleimgehalt schließen, wohl aber annaͤherungsweise den kaͤuflichen
                              Werth der Urstoffe bestimmen. Wir wollen bei dieser Gelegenheit in Erinnerung
                              bringen, daß die gedekten Syrupe von ordinaͤrem Melis am Araͤometer
                              ungefaͤhr 37 Grad, diejenigen von Lumpen 38° 1/2, die gruͤnen
                              Syrupe von Lumpen 41° und die Melassen 43° zeigen, alles im Mittel.
                              Der von kaͤuflichem weißen Kandis nach dem Koͤrnen abgelaufene Syrup
                              zeigt beilaͤufig 36° 1/2; von blassem Kandis 37° und von Kandis
                              aus Rohzuker beilaͤufig 37 1/2 bis 38°.
                           Der schleimige Zuker senkt sich sehr beim Deken mit Thon; auch kann man nur solchen
                              Zuker vortheilhaft mit Thon deken, welcher, wie man sagt, Koͤrper hat, d.h.
                              viel krystallisirbare Substanzen enthaͤlt. Ein Zuker, welcher aus Mutterlauge
                              von 44° krystallisirte, wie gewoͤhnliche aus Bastersyrup raffinirte
                              Brode, wuͤrde das Deken mit Thon nicht gut ertragen.
                           Der schleimige Zuker kracht nicht unter den Zaͤhnen und zergeht schnell auf
                              der Zunge; der andere hingegen widersteht laͤnger der Einwirkung der Zunge.
                              Der schleimige Zuker schmilzt in feuchter Luft schneller, weil der Schleim das
                              Wasser staͤrker anzieht als der Zuker. Der Schleim theilt diese Eigenschaft
                              dem Zuker mit und Zuker in Broden haͤlt sich daher um so laͤnger, je
                              reiner er ist.
                           Was wir von dem verbundenen und zwischenliegenden Schleim gesagt haben, ist streng
                              genommen auch auf den Faͤrbestoff anwendbar; der Zuker enthaͤlt
                              verbundenen und zwischenliegenden Faͤrbestoff; ersteren kann man nur durch
                              oͤfteres Umkrystallisiren beseitigen, lezterer scheidet sich beim Deken mit
                              Thon ab.
                           Die Operationen des Raffinirens haben also zum Zwek den Zuker sowohl zu bleichen als
                              auch von Mutterlauge zu reinigen und die thierische Kohle wirkt auf den
                              Faͤrbestoff und den Schleim zugleich.Ueber die Wirkung der thierischen Kohle auf den Schleim hat Hr. Dubrunfaut interessante
                                    Versuche angestellt, welche wir im polytechn. Journal Bd. XL. S. 434. mittheilten. A. d.
                                    R. Der Rohzuker enthaͤlt in seinen Krystallen eine Quantitaͤt
                              Faͤrbestoff und Schleim, welche zu einander in demselben Verhaͤltnisse
                              stehen, wie in der Mutterlauge, und deren Gesammtgewicht von dem Gehalt der
                              Mutterlauge an beiden Substanzen abhaͤngt. Der Faͤrbestoff und
                              Schleim, welche die Krystalle auf ihrer Oberflaͤche verunreinigen, sind nur
                              das Resultat der Capillaradhaͤsion der Mutterlauge; leztere troknet auf der
                              Oberflaͤche der Krystalle ein und haͤngt sich in desto
                              groͤßerer Menge an, je dichter sie ist und je kleiner die Krystalle sind.
                           Ein regelmaͤßiger Krystall von Kandiszuker hat die Form der zahlreichen
                              kleinen Krystalle des kaͤuflichen Roh- und raffinirten Zukers.
                              Untersucht man große Krystalle von verschiedenen Sorten von Zukerkandis, so kann man
                              den Einfluß, welchen der Schleim und Faͤrbestoff mit einander auf die
                              Qualitaͤt des Zukers haben, recht gut erkennen. Ein Krystall, welcher sich in
                              einem Syrup von reinem Zuker gebildet hat, ist durchsichtig, farblos und so hart, daß
                              er den Zaͤhnen stark widersteht. Ein solcher Krystall ist der Typus des
                              Rohzukers und raffinirten Zukers, deren Krystalle bei vollkommener Reinheit eine
                              große Weiße und Haͤrte besizen wuͤrden. Dieser Zuker wuͤrde
                              einen farblosen gesaͤttigten Syrup geben. Nimmt man hingegen einen Krystall
                              von Kandis, welcher sich in einem schleimigen Syrup gebildet hat (von dieser Art ist
                              zum Beispiel das Product der zweiten regelmaͤßigen Krystallisation des
                              Rohzukers, welches Kandis N. 2. heißt), so zeigt sich dieser Krystall stark
                              gefaͤrbt, obgleich durchsichtig; er besizt die regelmaͤßigen
                              geometrischen Formen des krystallisirten Zukers, ist aber unter den Zaͤhnen
                              sehr zerreiblich und auf der Zunge sehr aufloͤslich; dieß waͤre der
                              Typus der schleimigen Zukerarten. Da der Zukerkandis nicht so viele
                              Zwischenraͤume hat, wie die verworren krystallisirten Zuker, so
                              enthaͤlt er fast nur verbundenen Schleim und Faͤrbestoff.
                           Reinigt man gelben Rohzuker durch das Deken mit Thon oder durch Aussuͤßen mit
                              einem Syrup von reinem Zuker, so scheint er weiß, aber seine Krystalle sind nichts
                              als kleine Krystalle von gelbem Kandis; denn beobachtet, man sie mit dem Mikroskop,
                              so zeigen sie wie diese regelmaͤßige Formen, Durchsichtigkeit und bestehen
                              ebenfalls aus Elementarkrystallen, welche durch eine Mutterlauge, die beim
                              Auswaschen nicht beseitigt wurde, von einander getrennt sind. Sind die Krystalle
                              klein, so scheint der Zuker weißer und enthaͤlt dann bei gleichem Gewichte in
                              der That auch weniger Faͤrbestoff und Schleim. Die Dimension der Krystalle
                              bringt aber auch eine wirkliche Taͤuschung hinsichtlich der Farbe hervor,
                              denn die vielen kleinen Krystalle machen den Zuker undurchsichtig.
                           Man uͤberzeugt sich, daß dieser gebleichte Rohzuker wirklich eine
                              betraͤchtliche Menge Faͤrbestoff enthaͤlt, wenn man davon einen
                              gesaͤttigten Syrup macht, welcher immer gefaͤrbt ist. Der durch das
                              Deeken mit Thon oder Aussuͤßen gereinigte Rohzuker und der raffinirte Zuker
                              halten also noch immer eine gewisse Quantitaͤt Faͤrbestoff und Schleim
                              zuruͤk, je nachdem die Mutterlauge mehr oder weniger von diesen Substanzen
                              enthielt, und ihre scheinbare Weiße haͤngt unter uͤbrigens gleichen
                              Umstaͤnden von der Groͤße der Krystalle ab.
                           Der zwischenliegende Faͤrbestoff und Schleim erklaͤren noch vollends
                              die Unterschiede in der Farbe verschiedener Zukersorten. Ihre kleinen Krystalle sind
                              durch die Mutterlauge mit einander verbunden und an einander geklebt. Bei einer
                              Mutterlauge von reinem Zuker koͤnnen sie sich einander mehr naͤhern
                              und aus dieser entstehen beim Darren Zukerkrystalle, welche die Krystallmassen fest
                              verbinden. Die schleimigen Mutterlaugen hingegen verursachen eine lokere
                              Krystallisation.
                           
                           Alle diese Ursachen zusammengenommen, erklaͤren die besonderen Eigenschaften
                              und den verschiedenen Werth des raffinirten Zukers, des ordinaͤren Melis, der
                              Lumpen, Bastern und der aus dem Basternsyrup raffinirten Brode. Alle diese
                              Zukersorten krystallisirten aus Mutterlaugen von verschiedenem Schleim- und
                              Faͤrbestoffgehalt und da diejenigen, welche mit Thon gedekt wurden, mit einem
                              Syrup getraͤnkt bleiben, welcher nach ihrer Qualitaͤt mehr oder
                              weniger rein ist, so koͤnnen sie nicht dieselben Eigenschaften haben.
                           Die Raffinaden haben ein dichtes Gefuͤge; auf dem Bruch sind sie
                              glaͤnzend und compact wie Marmor; sie sind wenig zerreiblich, widerstehen den
                              Zaͤhnen und schmelzen langsam auf der Zunge; ihre Farbe ist
                              blaͤulichweiß und sie geben einen fast farblosen Syrup.
                           Der Lumpenzuker kann bei großem Korn sehr weiß seyn; bei feinem Korn ist er matt und
                              poroͤs; er wiegt viel weniger als ein gleiches Volumen Raffinade, ist
                              zerreiblich und kann sogar zwischen den Fingern leicht in Pulver verwandelt werden;
                              er schmilzt leicht und ist so poroͤs, daß er oft auf dem Wasser schwimmt,
                              wenn man ihn in dasselbe taucht; seine Poren sind naͤmlich mit Luft
                              gefuͤllt, welche erst beim Aufloͤsen ausgetrieben wird.
                           Der ordinaͤre Melis, welcher eine Mittelsorte zwischen den Lumpen und
                              Raffinaden ist, theilt die Eigenschaften dieser beiden Zukersorten. Seine
                              Qualitaͤt ist sehr verschieden nach der Guͤte des Urstoffes, woraus er
                              bereitet, nach der Methode, welche beim Raffiniren befolgt, der Menge von Kohle,
                              welche angewandt wurde u.s.w. Man findet zu Paris ordinaͤren Melis, welcher
                              sich sehr den Raffinaden und anderen, welcher sich den Lumpen naͤhert. Hr.
                              Guillot macht Zuker,
                              welcher außerordentlich weiß und sehr poroͤs ist und deßwegen von den
                              Cafétiers gesucht wird. Ich glaube daß man solchen schleimigen Zuker, wenn
                              man ihn durch Kohle gut entfaͤrbt und dann mit Dampf verkocht, erhalten
                              wuͤrde. Die Raffinerien, welche keine gute Sorte von ordinaͤrem Melis
                              bereiten wollen, beschiken gruͤnen Syrup von ordinaͤrem Melis mit dem
                              Rohzuker beim Klaͤren. Wenn man diese Methode befolgt und eine große
                              Quantitaͤt thierischer Kohle anwendet, erhaͤlt man leicht weißen und
                              sehr leichten Zuker, aͤhnlich demjenigen des Hrn. Guillon.
                           Der aus dem Bastersyrup bereitete Zuker ist identisch mit den lezten Producten des
                              Rohzukers, das heißt mit demjenigen, welchen man aus einer Mutterlauge von 43 bis
                              44° erhaͤlt. Dieß ist in der That die Dichtigkeit der Melassen in den
                              Raffinerien. Der aus dem Bastersyrup bereitete Zuker enthaͤlt daher eine mehr
                              oder weniger große Menge von dieser Melasse und ihren Unreinigkeiten, sowohl
                              verbunden als
                              zwischenliegend; er ist gewoͤhnlich gelb, hat kein hartes Korn, ist
                              hygrometrisch und sehr aufloͤslich.
                           Der Runkelruͤbenzuker steht oft in mehrfacher Hinsicht dem Colonialzuker nach.
                              In Frankreich erschoͤpft man naͤmlich die Melassen sehr gut,
                              waͤhrend man sie in den Colonien nur wenig oder gar nicht mehr verkocht;
                              daher man im Handel nicht so viel schleimigen Colonial- als
                              Runkelruͤbenzuker trifft.
                           Wenn man ein Brod von raffinirtem Zuker durchschneidet, so uͤberzeugt man sich
                              leicht, welchen Einfluß die Staͤrke der Mutterlauge auf die Qualitaͤt
                              des Zukers hat. Betrachtet man naͤmlich ein Brod von ordinaͤrem Melis
                              von mittlerer Qualitaͤt auf dem Durchschnitt, so findet man, daß der Zuker an
                              der Peripherie der Raffinade gleicht, deren Textur, Glanz und Haͤrte er
                              besizt; gegen den Mittelpunkt des Brodes wird er immer matter, zerreiblicher und
                              poroͤser. Diese Erscheinung erklaͤrt sich sehr gut, wenn man die
                              Umstaͤnde bei der Krystallisation des Brodes untersucht. Bewegt man
                              naͤmlich den Syrup in der Form gar nicht, so wird die Krystallisation in dem
                              Maße fortschreiten, als er erkaltet; sie wird also an den Seitenwaͤnden der
                              Form anfangen und allmaͤhlich gegen den Mittelpunkt vorschreiten. Wenn die
                              Krystallisation beginnt, ist der Gehalt der Mutterlauge an krystallisirbarem Zuker
                              am staͤrksten, daher sich der reinste Zuker am Umkreise des Brodes findet;
                              gegen das Ende der Krystallisation hat die Mutterlauge allen Zuker verloren, womit
                              sie uͤbersaͤttigt war und der Zuker am Mittelpunkte des Brodes muß
                              daher nothwendig von geringerer Qualitaͤt seyn. Um ein gleichfoͤrmiges
                              Brod zu erhalten, muß der Raffineur daher den krystallisirenden Syrup in der Form
                              bewegen.
                           Man findet im Handel Zukersorten in Broden, welche man nicht lange im Magazin
                              aufbewahren kann, ohne daß sie eine merkwuͤrdige Veraͤnderung
                              erleiden; sie zerbrechen alsdann unter dem geringsten Stoß und zerfallen in Pulver,
                              wie Mehl. Diese Erscheinung stellt sich um so schneller ein, je feuchter das Magazin
                              ist und findet in einem troknen oder geheizten Zimmer nicht Statt. Um diesen
                              Uebelstand zu vermeiden, welcher von dem zwischenliegenden Schleim herruͤhrt,
                              muß man entweder den Zuker so lange mit Thon deken, bis der gedekte Syrup beim
                              Ablaufen von dem Brode dieselbe Dichtigkeit hat, wie ein mit reinem Zuker
                              gesaͤttigter Syrup, oder man muß ihn mit einer gesaͤttigten
                              Aufloͤsung von reinem Zuker aussuͤßen, und aufhoͤren, sobald
                              dieselbe beim Ablaufen von dem Brode ihre anfaͤngliche Dichtigkeit zeigt.
                           Es kommt im Handel kein Zuker vor, der nicht bei der Temperatur des siedenden Wassers
                              einen Gewichtsverlust erleidet; sie enthalten also alle Wasser; so verliert der weiße Kandis 0,0022;
                              schoͤner ordinaͤrer Melis 0,003; schoͤne Lumpen eben so viel;
                              schoͤner Martinique N. 4. 0,0354.
                           Erdige Substanzen findet man nur in den geringen Sorten von raffinirtem Zuker. Gut
                              fabricirter Kandiszuker ist davon ganz frei. Die Brode enthalten bisweilen
                              Kalksalze, welche sich waͤhrend des Verkochens und Erkaltens des Syrups
                              niederschlugen; auch beim Deken mit Thon kommen oft einige erdige Theilchen mehr
                              oder weniger weit hinein. Solche Zukersorten truͤben immer merklich das
                              Wasser. Der Rohzuker enthaͤlt wenigstens 1 bis 2 Procent erdige Substanzen
                              und Unreinigkeiten, wie Staub, Naͤgel, Holz. Der mit Thon gedekte Zuker
                              enthaͤlt 2 bis 3 Procent Erde und ist in dieser Hinsicht unreiner als der
                              Rohzuker, aus welchem er bereitet wurde; beim Deken mit Thon wird naͤmlich
                              das Gewicht des Zukers um ungefaͤhr 1/3 vermindert, aber es werden ihm dabei
                              nur die aufloͤslichen Substanzen entzogen, waͤhrend die Erde mit allen
                              unaufloͤslichen Substanzen in ihm zuruͤkbleibt.
                           Der Rohzuker der franzoͤsischen und englischen Antillen wird durch die
                              Koͤrnung in großen hoͤlzernen Gefaͤßen, oder auch in den
                              Faͤssern, worin man ihn verschikt, bearbeitet. Da er nicht sehr stark
                              eingekocht wird, so kann er durch Abtropfen hinreichend gereinigt werden. Auf
                              Bourbon und in vielen ostindischen Fabriken wird der Zuker staͤrker
                              eingekocht, nicht so gut von Melasse gereinigt und an der Sonne getroknet; solcher
                              Zuker hat daher fuͤr den Raffineur einen viel geringeren Werth. Der
                              teigartige Zuker, welchen wir in leinenen Saͤken von Indien erhalten und
                              welcher gewoͤhnlich feucht und nicht koͤrnig ist, enthaͤlt sehr
                              viel Schleim, wird aber von den Zukerbaͤkern sehr geschaͤzt: 1) wegen
                              seines suͤßen und aromatischen Geschmakes; 2) weil er einen wenig
                              gefaͤrbten Syrup gibt; 3) endlich, weil man ihn auf die Dichtigkeit der
                              Conserve, naͤmlich auf 36° Beaumé concentriren kann, ohne daß
                              er krystallisirt, was bei Syrup von derselben Dichtigkeit, aus gedektem Zuker von
                              gleicher Farbe bereitet, geschehen wuͤrde.
                           Es gibt in Frankreich gegenwaͤrtig noch eine Art von Alchymisten, welche
                              darauf ausgehen, ein Verfahren aufzufinden, wodurch man aus gutem Rohzuker sein fast
                              gleiches Gewicht Raffinade erhaͤlt. Viele Raffineurs, welche sich
                              einbildeten, daß die Melasse ein Product ihres unvollkommenen Verfahrens beim
                              Raffiniren ist, konnten diesen Charlatanen Glauben schenken und verloren ihr
                              Vermoͤgen durch Versuche dieser Art. Ohne behaupten zu wollen, daß durch die
                              Processe beim Raffiniren der Zuker nicht zum Theil veraͤndert wird, glaube
                              ich doch die Fabrikanten vor jenen Receptenkraͤmern warnen zu muͤssen.
                              Was sich bis jezt uͤber den Gehalt der Zukersorten an reiner
                              krystallisirbarer Substanz und uͤber die wahrscheinliche Graͤnze der Vervollkommnung
                              des Raffinirungsprocesses festsezen laͤßt, besteht in Folgendem:
                           Durch das zwekmaͤßigste Verfahren beim Raffiniren erhaͤlt man aus einem
                              Centner Rohzuker 98 Pfund Product mit 2 Procent Verlust. Das Product besteht aus 18
                              Procent Melasse und 80 Procent Raffinade von verschiedenen Qualitaͤten,
                              naͤmlich ordinaͤrem Melis, Lumpen, Bastern und aus dem Bastersyrup
                              raffinirten Broden. Die 18 Pfund Melasse bestehen aus:
                           
                              
                                 Wasser
                                   3,56
                                 
                              
                                 Zuker
                                   7,15
                                 
                              
                                 Schleim
                                   7,29
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 18,00
                                 
                              
                           Wuͤrden die 80 Procent raffinirter Zuker bloß aus reinem Zuker bestehen, so
                              koͤnnte man annehmen, daß ein Centner Rohzuker 87,15 Pfund reinen Zuker
                              enthaͤlt und daß man durch den vollkommensten Raffinirungsproceß
                              ungefaͤhr 87 Procent Raffinade erhielte. Die 80 Procent Raffinade, welche man
                              verkauft, sind aber nichts weniger als rein; das erste Product, der ordinaͤre
                              Melis, enthaͤlt Schleim, die Lumpen enthalten noch mehr und so auch die
                              Bastern und die aus dem Bastersyrup bereiteten Brode, daher man ohne Uebertreibung
                              annehmen kann, daß mit den 80 Procent Raffinade wenigstens halb so viel Schleim
                              verkauft wird, als in den Melassen enthalten ist, naͤmlich 3,65; hiernach
                              wuͤrde ein Centner Rohzuker nur 83 1/2, Pfund reine krystallisirbare Substanz
                              enthalten und die 16 1/2 Procent fremdartiger Substanzen bestuͤnden aus:
                           
                              
                                 Schleim
                                 10,44
                                 
                              
                                 Erdiger Substanz
                                   2,00
                                 
                              
                                 Wasser
                                   4,06
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 16,50
                                 
                              
                           Nach unserer Schaͤzung verkauft man also mit den Raffinaden ungefaͤhr 4
                              1/2 Procent Schleim; und wenn man es dahin braͤchte, aus den Melassen ihren
                              Zukergehalt auszuziehen, so wuͤrde er wahrscheinlich auch mit wenigstens 4
                              1/2 Procent Schleim verbunden bleiben. Man duͤrfte es also hoͤchstens
                              dahin bringen, daß man aus den 18 Procent Melasse 7,5 Zuker erhaͤlt.
                              Vielleicht koͤnnen wir uns durch Anwendung von thierischer Kohle in starker
                              Dosis diesem Ziele naͤhern; sollte es aber ganz erreicht werden, so
                              muͤssen wir eine Substanz ausfindig machen, wodurch man den Melassen allen
                              Schleim entziehen kann.