| Titel: | Miszellen. | 
| Fundstelle: | Band 42, Jahrgang 1831, Nr. LXI., S. 215 | 
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                        LXI.
                        Miszellen.
                        Miszellen
                        
                     
                        
                           Papin's
                              Perpetuum-Mobile.
                           Der beruͤhmte Papin hatte auf dem Gesimse seines
                              Kamines einen immer springenden Springbrunnen, und forderte die Leute, die ihn
                              besuchten, auf, zu erklaͤren, wie derselbe eingerichtet sey. Er machte zulezt
                              sogar etwas uͤber diese geheimnißvolle Verzierung seines Zimmers bekannt, und
                              viele waren einfaͤltig genug zu glauben, das Perpetuum-Mobile sey gefunden, bis er endlich offenbarte, was
                              Vernuͤnftige schon fruͤher vermutheten, daß in dem Gesimse eine
                              Roͤhre verbargen sey, durch welche aus dem benachbarten Zimmer Luft in den
                              Apparat gedruͤkt wurde. (Aus dem Mechanics' Magazine
                                 N. 400 S. 96.)
                           
                        
                           Neue Kraftmaschine, die alle bekannten uͤbertreffen
                              soll.
                           Dem Bath-Herald zu Folge hat ein Mechaniker zu
                              Bristol, Namens Richards, nach 45jahrigem Studium und
                              langer Arbeit eine Maschine erfunden und erbaut, die sich jezt in Thaͤtigkeit
                              befinden soll, und die er eine Maschine mit unendlicher
                                 Kraft(Endless-Power Machine) nennt.
                              Diese Maschine soll in jeder Hinsicht und zu allen Zweken angewendet, die
                              Dampfmaschinen uͤbertreffen. Der Erfinder erklaͤrt, daß er mit seiner
                              selbst arbeitenden Maschine von 250 Pferdekraͤften ein Schiff bloß mit 2
                              Gallonen Oehl, die zur Unterhaltung der leichten Bewegung noͤthig sind, um
                              die Welt fuͤhren will. Wir geben diese ziemlich unwahrscheinliche Notiz aus
                              dem Mechanics' Magazine N. 416 S. 352; die Erfahrung
                              wird zeigen, ob diese Maschine zu den vielen erdichteten oder verungluͤkten
                              Erfindungen gehoͤrt, die jaͤhrlich in England zu Tag gefoͤrdert
                              werden.
                           
                        
                           Dehnbarkeit des Silbers.
                           Die Dehnbarkeit des Silbers ist so groß, daß man aus einem Grane Silber ein
                              halbkugelfoͤrmiges Gefaͤß verfertigen kann, welches S. Grane Wasser zu
                              fassen im Stande ist. (Mechanics' Magazine N. 400 S.
                              96.)
                           
                        
                           Wilkinson's Pistole.
                           Der Feuergewehr-Fabrikant Wilkinson zu
                              Pall-Mall hat eine Pistole erfunden, die nach seiner Angabe folgende, schwer
                              glaubliche Eigenschaften besizen soll: 1) „Die Pistole kann in Einer
                                 Minute 40 Mal geladen und abgefeuert werden, und schleudert bei jedem
                                 Schuͤsse 12 Geschoße in einer horizontalen Linie, die in einer Entfernung
                                 von 30–40 Yards nach der Seite um 12–18 Fuß und nach der
                                 Hoͤhe um 6 Fuß divergiren. Da mithin ein Mann in Einer Minute 120
                                 Geschoße abfeuert, so werden 400 Mann in 40 Minuten 4 20,000 Geschoße aussenden,
                                 von denen jedes an Wirkung einer gewoͤhnlichen Pistolenkugel gleichkommt.
                                 Sezt man, daß eine Escadron von 400 Mann eine andere feindliche von gleicher
                                 Zahl angreift, und daß darunter 75 Mann so schlecht zielen, daß auch nicht Eines
                                 ihrer Geschoße trifft, so bleiben doch fuͤr die erste abgefeuerte Ladung
                                 300 wohl gerichtete Schuͤsse; oder sezt man, daß unter 400 Mann nur Einer
                                 trifft, so koͤnnen diese 400 Mann in 10 Minuten doch 4200 Leute
                                 kampfunfaͤhig machen. 2) Ein kurzer Karabiner, der mit derselben
                                 Schnelligkeit geladen und abgefeuert werden kann, allein statt 12 Geschoßen,
                                 jedes Mal deren 46 ausschleudert. Dieses Feuergewehr eignet sich
                                 vorzuͤglich fuͤr Seekriege; denn wenn 50 Mann ihre Geschoße gegen
                                 das Verdek des Feindes, und 50 andere Mann ihr Feuer auf die Leute auf den
                                 Masten und Segeln richten, so werden dieselben in Einer Minute einen Regen von
                                 46,000 Kugeln hervorbringen, und dadurch das Schiff des Gegners gewiß außer
                                 Vertheidigung sezen, so daß es leicht und sogleich geentert werden kann.“ Wir
                              zweifeln sehr an der Wahrheit dieser Erfindung; sollte sie sich aber bewahren, so
                              hat Hr. Wilkinson der Menschheit gewiß einen unendlichen
                              Dienst geleistet. Wer im Stande ist, die groͤßte Zahl von Menschen auf Ein
                              Mal nieder zu schmettern, wird der groͤßte Wohlthaͤter seyn, denn dann
                              werden die Kriege sehr selten, und noch kuͤrzer seyn, als es der lezte
                              belgische war. (Aus dem Mechanics' Magazine N. 422. S.
                              448.)
                           
                        
                           Ungeheurer Elektro-Magnet.
                           Die HHrn. Professor Henry und Dr. Jen Eyck verfertigten fuͤr das Yale
                              College einen Elektro-Magnet, der ein Gewicht von 2063 Pfunden oder beinahe
                              eine Tonne getragen haben soll. Der Magnet ist mit 26, mit Baumwollfaden
                              uͤberzogenen, gedrehten Tauen aus kupfernem Glokendrahte von 31 Fuß
                              Laͤnge umwunden. An jedem Ende desselben sind ungefaͤhr 18 Zolle frei
                              gelassen, so daß eigentlich nur 28 Fuß des Eisens umwunden sind. Die ganze
                              Laͤnge der Windungen zusammengenommen betraͤgt mithin 728 Fuß. Jedes
                              Tau ist um etwas weniger als um einen Zoll gedreht; an der Mitte des Hufeisens
                              bildet dasselbe drei Drahtdiken; gegen die Enden oder die beiden Pole hingegen ist
                              es so gewunden, daß es 6 Diken bildet. Mit einer Batterie von 4 7/9 Quadratfuß trug
                              dieser Magnet 2063 Pfunde, mit einer groͤßeren Batterie wurden keine Versuche
                              angestellt. Er machte ein Stuͤk weiches Eisen so stark magnetisch, daß es 155
                              Pfunde aufhob. Wenn man zwei Batterien anwendete, wodurch die beiden Pole schnell
                              umgekehrt werden konnten, hatte eine sonderbare Erscheinung Statt. Nachdem
                              naͤmlich eine der beiden Batterien entfernt worden, blieb die Armatur, an der
                              sich noch ein Gewicht von 89 Pfunden befand, aufgehaͤngt, und fiel daher bei
                              der Umkehrung der beiden Pole nicht herab. Diese Wirkung muß mithin in einem
                              Augenblike Statt gefunden haben, denn sonst haͤtte das Gewicht herabfallen
                              muͤssen, indem gewiß ein Moment vorhanden war, waͤhrend welchem der
                              Magnet keine Kraft besaß. Es wurden Versuche angestellt, mit diesem Magnete das
                              Wasser zu zersezen; allein ohne allen Erfolg. (Aus Silliman's
                                 American Journal im Repertory of
                                 Patent-Inventions. September 1831. S. 151.)
                           
                        
                           Elektricitaͤt hervorgebracht durch die rothen und
                              violetten Lichtstrahlen der Sonne.
                           Professor Salverio Barlocci zu Rom fand, daß wenn man zwei
                              schwarz gefaͤrbte Stuͤke Kupfer nimmt, und das eine derselben mit dem
                              oberen Theile, und das andere mit dem hinteren Fuße eines Frosches verbindet,
                              Contractionen in den Muskeln desselben entstehen, wenn das eine Stuͤk den
                              rothen und das andere den violetten Strahlen ausgesezt, und beide Stuͤke dann
                              mit einander in Beruͤhrung gebracht werden. (Aus dem Journal des Progrés des sciences.)
                           
                        
                           Hare's sehr empfindlicher Galvanometer, der zugleich ein
                              Pruͤfungsmittel fuͤr die Reinheit des Queksilbers ist.
                           Dr. Hare zu Philadelphia
                              machte aus einem 34 Fuß langen Streifen Zinn-Folio, der mit einem Streifen
                              Papier abwechselt, einen Galvanometer, der viel empfindlicher seyn soll, als ein
                              Galvanometer, der aus einem 80 Fuß langen, mit Seide uͤberzogenen
                              Kupferdrahte verfertigt ist. Er fand, daß reines, durch Praͤcipitation des
                              Protonitrates mit Kupfer erhaltenes, Queksilber zum Kupfer und anderen Metallen
                              negativ ist, waͤhrend unreines Queksilber positiv ist, ausgenommen das
                              Amalgam ist mit edlen Metallen gebildet. Diese Eigenschaft gibt mithin ein sehr
                              gutes Mittel an die Hand, um die Reinheit des Queksilbers zu pruͤfen. Dr. Hare bemerkte, daß, wenn
                              die Pole des erregten galvanischen Magnetes mit dem Queksilber in Beruͤhrung
                              gebracht werden, waͤhrend dieses mit dem einen Pole des Calorimeters, und der
                              Scheitel des Magnetes mit dem anderen Pole in Verbindung steht, eine
                              kreisfoͤrmige oder drehende Bewegung in dem Queksilber Statt findet. Diese
                              Erscheinung hat mit den Wirbeln Davy's oder der Drehung
                              Faraday's Aehnlichkeit. (Aus Silliman's American Journal im Repertory of
                                 Patent-Inventions. Septbr. 1831. S. 148.)
                           
                        
                           
                           Mittel um Kleider etc. unverbrennlich zu machen.
                           Hr. Gregori theilte am 4. April dieses Jahres der Academic des Sciences zu Paris folgende Details
                              uͤber die Versuche mit, welche der Marquis Origo
                              zu Rom neuerlich anstellte, um die Feuerknechte bei Feuersbruͤnsten gegen die
                              Einwirkung des Feuers zu schuͤzen. Da man sagte, daß die Roͤmer eine
                              Mischung von Essig und Thon zum Loͤschen des Feuers anwendeten, so versuchte
                              der Marquis zuerst eine solche in allen verschiedenen Verhaͤltnissen, jedoch
                              ohne hinreichenden Erfolg. Er tauchte hierauf zwei ganze Anzuͤge der
                              Feuerknechte, sammt den Stiefeln, den Handschuhen und zwei Capuzen, die aus
                              demselben Zeuge, wie die Kleider, verfertigt waren, in eine Aufloͤsung von
                              schwefelsaurer Thonerde und schwefelsaurem Kalke, und traͤnkte dieselben,
                              nachdem sie getroknet waren, auch noch mit Seifenwasser. Mit diesem Anzuͤge
                              wurden zwei Feuerknechte angethan; ihr Gesicht wurde mit unverbrennlichen Masken,
                              die mit einem, in eine Salzaufloͤsung getauchten Tuche bedekt waren,
                              versehen; vor die Augen bekamen sie ein Amianthgeweb, und in den Mund und die Ohren
                              kleine Stuͤke befeuchteten Schwammes. Auf diese Weise angethan und
                              geschuͤzt, begaben sich diese Leute in ein Haus von 23 Fuß Laͤnge und
                              3 Fuß Breite, welches mit brennendem Holze gefuͤllt war. Sie gingen 10 Mal in
                              diesem Hause auf und ab, ohne im Geringsten beschaͤdigt zu werden; auch ihre
                              Kleider waren nicht beschaͤdigt, obschon dieselben 45 Minuten lang der
                              Einwirkung der Flammen ausgesezt waren. Die einzige Wirkung, welche die Hize auf die
                              beiden Individuen hervorbrachte, war eine Beschleunigung des Pulses, der von 70
                              Schlagen bis auf 125 zunahm. Von diesen Anzuͤgen kommt einer nur auf 12
                              Gulden, und mithin weit wohlfeiler als die. von Cavalieri Aldini empfohlenen Amianth-Gewebe. – Marchese Origo hat auch sehr heftig emporlodernde Flammen dadurch
                              geloͤscht, daß er mit einer Aufloͤsung von schwefelsaurer Thonerde und
                              Thon aus einer gewoͤhnlichen Feuersprize auf dieselben sprizen ließ. Wir
                              werden mittheilen, was die Société
                                 d'encouragement, die fuͤr dieses Jahr wieder einen Preis auf ein
                              solches Mittel, wie es Marchese Origo vorschlagt, ausgeschrieben hat, uͤber
                              diese Erfindung berichten wird. (Aus dem Repertory of
                                 Patent-Inventions. September 1831 S. 183.)
                           
                        
                           Ueber den Lignit von Utznach
                           ist im Bulletin de la
                                 Société industrielle de Mulhausen N. 19 S. 443 ein
                              interessanter Brief des Hrn. Koechlin zu Zuͤrich
                              enthalten, der der Gesellschaft eine ganze Kiste voll von diesem fossilen Holze zur
                              Untersuchung sandte. Der Lignit wird bei Utznach am Ende des Zuͤricher Sees,
                              eine halbe Stunde von der Linth, welche in den See einmuͤndet, ausgebeutet,
                              so daß derselbe um den niedrigen Preis von 50 Gulden oder 118 Franken die 250
                              Centner in die Werkstaͤtten und Fabriken Zuͤrichs geliefert werden
                              kann, und daher auch allgemein mit großer Ersparniß und großem Vortheile benuzt
                              wird. Dieses Lager von Lignit wurde im Jahre 1822 von Hrn. Koenlein aus Wuͤrtemberg entdekt, und hat eine Ausdehnung von 4 bis
                              5 Meilen Laͤnge auf 2 bis 3 Meilen Breite. Es findet sich in zwei
                              uͤbereinander befindlichen Schichten von 2 bis 6 Fuß Maͤchtigkeit,
                              zwischen denen sich eine Mergelschichte von beilaͤufig 2 Fuß Dike befindet.
                              Die obere Schichte ist gleich unter der Oberflaͤche des Bodens, und das
                              Brennmaterial derselben ist weit weniger veraͤndert, als jenes der tiefer
                              liegenden Schichte. Man unterscheidet in dem ganzen Lager ungefaͤhr 20
                              verschiedene Arten von Pflanzen und Moosen, und 11 Arten von Holz, unter denen sich
                              lauter weiße Hoͤlzer, wie Tannen, Fichten, Birken, Haselnuͤsse etc.,
                              aber keine Eichen und Buchen vorfinden. Oefter finden sich Stuͤke Holz,
                              welche fest mit Kiesgeroͤll zusammenhangen, Stuͤke, die an dem einen
                              Ende verkohlt sind, und auch Tannenzapfen. Einige Stuͤke enthalten zuweilen
                              in den Spalten auch eine Art von sublimirtem Harze, das von Strohmeyer qualitativ analysirt wurde, und in welchem Wasserstoff und
                              Kohlenstoff in einem Verhaͤltnisse enthalten seyn soll, das jenem
                              aͤhnlich ist, in welchem diese Elemente in der Naphthalins mit einander
                              verbunden sind. Hr. Eßlinger hat Hrn. Beudant oder Hrn. Gay-Lussac ersucht, eine foͤrmliche Analyse dieses Harzes zu
                              veranstalten. – Wie dieses große Lager von Lignit sich gebildet habe,
                              daruͤber sind die Meinungen sehr verschieden 5 einige halten dasselbe
                              fuͤr die Wirkung eine bloß oͤrtlichen Begebnisses; Hr. Koechlin hingegen meint, daß es durch eine der neuesten Umwaͤlzungen
                              unserer Erde entstanden seyn muͤsse, und daß auf jeden Fall das Wasser eine
                              bedeutende Rolle dabei gespielt haben muͤsse, indem fast alle Staͤmme
                              platt gedruͤkt sind (mithin erweicht gewesen seyn muͤssen), und indem
                              die Asche derselben nur eine Spur von Potasche enthaͤlt. Auch findet man gar
                              keine Spuren von thierischen Wesen in dem Lignite, was gewiß der Fall waͤre,
                              wenn er sich in Folge einer oͤrtlichen Begebenheit gebildet haͤtte.
                              Die irisirenden Blattchen, welche einige fuͤr Fluͤgeldeken von
                              Insecten hielten, sind nach Hrn. Koechlin bloß Schuppen
                              von Schwefeleisen. Auch Hr. Roettelé, der der
                              Gesellschaft einen Bericht uͤber die Sendung des Hrn. Koechlin erstattete, haͤlt den Lignit von Utznach fuͤr einen
                              Niederschlag, dergleichen mehrere in den oberen Theilen der tertiaͤren
                              Gebirge vorkommen. Er zaͤhlt ihn unter die unterirdischen Waͤlder, und
                              findet, daß er jenem von Bouxwiller sehr aͤhnlich ist. Auch er will in einem
                              von Utznach kommenden Lignite deutlich Fluͤgeldeken von Kaͤfern
                              gefunden haben. – Es ist Schade, daß der Lignit von Utznach, da er einzelnen,
                              frei schaltenden Eigenthuͤmern angehoͤrt, so unregelmaͤßig und
                              so wenig nach Grundsaͤzen ausgebeutet wird, daß viele dieser Werke bald
                              werden verlassen werden muͤssen. Man wuͤhlt bloß, und treibt keinen
                              Bergbau, den uͤberhaupt nur Gesellschaften oder große Capitalisten nach
                              Grundsaͤzen treiben koͤnnen.
                           
                        
                           Ueber Gouëzou's Anwurf
                              fuͤr Haͤuser.
                           Im Bulletin de la Société industrielle de
                                 Mulhausen N. S. 453 befindet sich folgender interessanter Brief des Hrn.
                              Morin uͤber den Anwurf, welchen Hr. Gouëzou, Mahler zu Saint-Brieux, erfand.
                              „Der Anwurf, mit welchem Hr. Gouëzou
                                 sein Haus anwerfen ließ, erhielt sich vollkommen gut ohne Spruͤnge zu
                                 bekommen, obwohl er den strengen Winter von 1829 zu uͤberstehen hatte. Zu
                                 bemerken ist jedoch, daß die Terrasse, welche er damit uͤberziehen ließ,
                                 nur 5 bis 6 Meter breit ist, und daß bei einer solchen Breite die Ausdehnung und
                                 Zusammenziehung wenig merklich ist. Die Laͤnge derselben betrug jedoch 15
                                 bis 16 Meter. Es ist bekannt, daß jeder Anwurf, der nicht schlecht werden soll,
                                 weder an der Sonne schmelzen, noch in der Kaͤlte springen darf; aus
                                 diesen Gruͤnden mischt man auch, wenn man Harz- oder
                                 Theertuͤnchen anwendet, wenigstens das Doppelte an Kalksand unter
                                 dieselbe. – Der Anwurf des Hrn. Gouëzou
                                 wird nun auf folgende Weise bereitet. Man laͤßt einen Boden (planches) aus Bohlen machen, welche von einem gut
                                 abgespreizten hoͤlzernen Fußgestelle getragen werden. Die Bohlen lassen
                                 leere Zwischenraͤume von 2 bis 3 Zoll zwischen einander, die man mit
                                 Steinen ausfuͤllt, welche mit Hammerschlagen eingetrieben, und mit gut
                                 eingeruͤhrtem Gypse mit einander verbunden werden. Die Bohlen werden so
                                 rauh als moͤglich gelassen. Auf diese Flaͤche wird nun die erste
                                 Schichte des Ueberzuges gebracht, der aus doppelt gebrannten, gepulverten und
                                 gesiebten Ziegelsteinen besteht, denen man etwas, in dem Pulver derselben
                                 abgeloͤschten, Aezkalk zusezt, und unter welche man so viel Kalbshaare
                                 mischt, als noͤthig ist, um eine zur gebundene Masse zu geben. Sobald
                                 dieser Ueberzug, welcher 1/2 bis 1 Zoll dik seyn muß, zu troknen
                                 anfaͤngt, glaͤttet man denselben bis zur vollkommenen Trokenheit
                                 bestaͤndig mit einer Kelle. Dieß muß bei einem Wetter geschehen, welches
                                 weder zu heiß, noch zu feucht ist. Ist dieser Ueberzug getroknet, so trankt man
                                 ihn, wenn er von der Sonne, oder auf eine andere Weise erwaͤrmt ist, mit
                                 siedendem Leinoͤhle, und faͤhrt damit so lang fort, bis der
                                 Ueberzug glaͤnzt. Ist Alles dieß geschehen, so gießt man auf diesen
                                 ersten glaͤnzenden Ueberzug eine Fluͤssigkeit, welche aus 14
                                 Pfunden Leinoͤhl, 1 Pfunde Bleiglaͤtte, 1/2 Pfunde Harz und 4
                                 Pfunden fluͤssigem Theer besteht, und welche drei Stunden lang gekocht
                                 haben muß. Von dieser Fluͤssigkeit bringt man in heißem Zustande zwei
                                 Schichten auf die erwaͤrmten Stellen. – Ein Quadratmeter dieses
                                 Anwurfes kann auf 2 1/2 bis 3 Franken kommen.“
                              
                           
                        
                           Analyse der Mangosamen und Bereitung einer Tinte aus
                              denselben.
                           Hr. Avequin machte im Journal de
                                 Pharmacie 1831 August S. 421 eine lange Reihe von analytischen Versuchen
                              bekannt, die er mit den Samen des indischen Mango (Mangifera indica L.) anstellte. Das Resultat derselben
                              ist, daß in 5 1/2 Pfd. frischen Mangosamens folgende Bestandtheile enthalten
                              sind:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 Unzen.
                                 Quent.
                                 Gran.
                                 
                              
                                 Vegetabilisches Eiweiß
                                 
                                   –
                                   –
                                 22
                                 
                              
                                 Gallaͤpfelsaͤure
                                 
                                   8
                                   6
                                 36
                                 
                              
                                 Gerbestoff
                                 
                                   –
                                   2
                                 48
                                 
                              
                                 Staͤrkmehl
                                 
                                 32
                                   4
                                   –
                                 
                              
                                 Gummi
                                 
                                   2
                                   4
                                 12
                                 
                              
                                 Fette Substanz (Stearinsaͤure),
                                    welche in heißem
                                    Weingeist,    Schwefelsaͤure und
                                    Essigsaͤure aufloͤslich ist und
                                    beim    Erkalten daraus
                                    krystallisirt
                                 
                                   2
                                   –
                                 36
                                 
                              
                                 Gruͤnes Harz
                                 
                                   –
                                   2
                                   –
                                 
                              
                                 Braune harzartige Substanz
                                 
                                   –
                                   2
                                 48
                                 
                              
                                 Butter
                                 
                                   1
                                   4
                                 18
                                 
                              
                                 Extractivstoff, welcher in Wasser und
                                    Weingeist von
                                    36°    aufloͤslich ist, und
                                    unkrystallisirbaren Zuker enthaͤltExtractivstoffGelber
                                    Faͤrbestoff
                                 
                                    
                                    
                                   4
                                   –
                                   –
                                 
                              
                                 Faserstoff
                                 
                                   5
                                   1
                                 36
                                 
                              
                                 Wasser
                                 
                                 25
                                   2
                                   –
                                 
                              
                                 Verlust
                                 
                                   5
                                   1
                                 31
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summe
                                   5 Pfd.
                                   8 Unz.
                                 
                                 
                              
                           Um nun aus dem Mangosamen eine Tinte zu bereiten, welche einer guten
                              Gallaͤpfeltinte vollkommen an Guͤte gleichkommt, gibt Hr. Avequin folgende Vorschrift. Man nehme 4 Unzen
                              Mangosamen-Pulver und eben so viel geraspeltes Kampeschenholz; gieße darauf 3
                              Pfunde Wasser, welches auf 40° R. erwaͤrmt worden, und lasse es 24
                              Stunden in Infusion stehen; dann seihe man die Fluͤssigkeit durch ein Tuch
                              und presse den Ruͤkstand aus, worauf man die Fluͤssigkeit sich sezen
                              laͤßt, und sie dann abgießt. In dieser Infusion loͤse man 1 1/2 Unzen
                              gestoßenen arabischen Gummi und eben so viel schwefelsaures Eisen auf, und
                              schuͤttle dieselbe von Zeit zu Zeit, bis die Aufloͤsung vollkommen
                              erfolgt ist. Um die Tinte vor dem Schimmeln zu verwahren, sezt man ihr am Ende noch
                              24 Tropfen Gewuͤrznelken- oder Lavendel-Oehl zu.
                           
                        
                           Neue Art von Indigo.
                           Das Registro Mercantil von Manilla enthaͤlt eine
                              Beschreibung einer neuen Art von Indigo, mit welcher die Einwohner, die denselben
                              Paxanguit oder Aranguit
                              nennen, schon seit undenklichen Zeiten sehr schoͤn blau faͤrbten.
                              Dieser Indigo blieb, wie so manches, was die civilisirten Voͤlker von den
                              uncivilisirten sich zu lernen schaͤmten, unbekannt, bis er die Aufmerksamkeit
                              des Pater Matta, des Correspondenten der Gesellschaft
                              fuͤr die Provinz Samar, auf sich zog. Der Pater machte mehrere Versuche mit
                              demselben, und war erstaunt uͤber die Schoͤnheit und Haltbarkeit der
                              Farbe, die er sowohl der Baumwolle, als der Leinwand und dem Tuche gab. Er sandte
                              Muster des Indigo's und der gefaͤrbten Zeuge an die Gesellschaft, die
                              dieselben Versuche mit dem besten Erfolge wiederholte. Es wurde eine Commission von
                              Kaufleuten ernannt, die entscheiden sollte, ob dieser neue Faͤrbestoff unter
                              dem Namen eines Indigo und um gleichen Preis in den Handel gebracht werden kann. Die
                              Entscheidung fiel bejahend aus. (Aus dem Journal du
                                 Commerce und Bulletin d. Scienc. Agric.)
                           
                        
                           Ale-Bier aus Runkelruͤben.
                           Ein Correspondent des Mechan. Magaz., Homo von Laceby bei
                              Grimsby unterschrieben, machte in diesem Blatte ein Verfahren bekannt, um aus
                              Runkelruͤben Ale-Bier zu bereiten. Seither erschien aber auch im Coventry-Herald ein Aufsaz des Hrn. William Lester von Woodhouse bei Loughborough, aus welchem das
                              Mechan. Magaz. N. 407 S. 204 folgenden interessanten
                              Auszug mittheilt. Hr. Lester sagt naͤmlich, daß
                              er, seit er im Jahre 1829 in einer Zeitschrift einen Aufsaz las, der sich
                              daruͤber verbreitete, wie man aus Runkelruͤben ein gutes
                              Getraͤnk bereiten koͤnne, viele Versuche hieruͤber angestellt
                              habe, und daß er am Ende zu sehr gluͤklichen Resultaten gelangt sey. In dem,
                              von Hrn. Lester angefuͤhrten, Artikel stand, daß 10 Pfd.
                              Ruͤben auf ein Gallon Fluͤssigkeit ein gutes Getraͤnk geben;
                              allein Hrn. Lester zu Folge geben 15 Pfunde auf ein
                              Gallon ein vortreffliches Ale. Ein Zusaz von 2 Pfunden Syrup auf ein Viertelfaß
                              sollen dasselbe noch bedeutend verbessern, und ein Drittheil Malz mit zwei
                              Drittheilen Runkelruͤben soll ein Capital-Ale geben, so daß auch auf
                              diese Weise sich eine große Ersparniß erzielen ließe. Das Verfahren des Hrn. Lester besteht darin, daß er die Runkelruͤben gut
                              reinigt, den oberen Theil wegnimmt, die aͤußere Rinde abschabt oder
                              abschaͤlt, und daß er dieselben dann zerkleinert und zerkocht, bis sie einen
                              weichen Brei bilden; daß er ferner die Fluͤssigkeit aus dem Breie gut
                              auspreßt, dieselbe mit beilaͤufig 6 Unzen Hopfen auf 9 Gallons siedet, und
                              dann auf die gewoͤhnliche Weise mit Hefen in Gaͤhrung sezt. Hr. Lester glaubt, daß sich auf diese Weise jeder
                              Landbewohner in seinem Ofen im Winter ein vortreffliches Getraͤnk bereiten
                              koͤnne, welches er uͤbrigens, da die Wurzeln sich an einem
                              kuͤhlen Orte recht gut aufbewahren lassen, auch zu allen uͤbrigen
                              Jahreszeiten fuͤr seinen Hausbedarf erzeugen koͤnnte. Zugleich erhielt
                              der Landwirth durch den Bau dieser Pflanze, deren Blaͤtter sich im August und
                              September ohne allen Nachtheil fuͤr das Wachsthum der Wurzel
                              abpfluͤken lassen, ein sehr gutes Futter fuͤr Kuͤhe und
                              Schweine. Wir sind mit Hrn. Lester in lezterer Hinsicht,
                              und auch darin einverstanden, daß man aus Runkelruͤben ein sehr gutes
                              Getraͤnk verfertigen kann, nur soll man demselben einen anderen Namen, als
                              den eines Bieres geben, da es nie ein solches seyn wird.
                           
                        
                           Ueber die Errichtung von Baumwoll-, Kaffee- und
                              Zukerpflanzungen in Frankreich.
                           Gegen das Ende des Jahres 1830 erschien zu Paris eine Broschuͤre unter dem
                              Titel: De la facilité et des avantages de
                                 l'introduction en France de la culture en grand du Coton, du Café et
                                 notamment de la canne à sucre. 8. Chez M. Huzard. Der Agriculteur
                                 Manufacturier Fevrier 1831 gibt S. 266 einen Auszug aus diesem Werkchen,
                              dessen Verfasser ein franzoͤsischer Pflanzer ist, der 52 Jahre auf den
                              Antillen lebte, und daher mit einiger Sachkenntniß uͤber diesen Gegenstand
                              schreiben kann. Wir wollen das, was uͤber den Kaffeebaum und die
                              Baumwollstaude gesagt wird, uͤbergehen, indem diese beiden Gewaͤchse
                              sich nur fuͤr das suͤdliche Frankreich und vorzuͤglich
                              fuͤr Corsika eignen; noch besser aber, wie es uns scheint, fuͤr das
                              ungluͤkliche Spanien und fuͤr Algier. Mehr Interesse fuͤr uns
                              hat die Einfuͤhrung der Cultur des Zukerrohres, von welcher der Verfasser
                              obiger Schrift meint, daß sie gerade im Elsaß, in Flandern, und im
                              noͤrdlichen Frankreich am besten gedeihen muͤsse, da sich dort die
                              Cultur des Bodens bereits auf einer hoͤheren Stufe befinde. Er wuͤrde
                              daselbst den Zukerrohrbau auf folgende Weise fuͤhren. Anfangs Maͤrz
                              wuͤrden die Zukerrohrknospen oder Schoͤßlinge in ein gut aufgelokertes
                              und geduͤngtes Erdreich gepflanzt; bis zum April bliebe die Vegetation mehr
                              eine innere, im April, Mai, Junius wuͤrde die aͤußere Vegetation
                              beginnen und fortschreiten, und das Rohr wuͤrde waͤhrend dieser Zeit
                              um so starker wachsen, je sorgfaͤltiger es waͤhrend derselben zwei Mal
                              ausgegaͤtet und ein Mal angehaͤufelt wird. In den Monaten Julius,
                              August und September muͤßte noch Mal gegaͤtet werden, und das
                              Abschneiden der Blaͤtter und das Abkoͤpfen geschehen, so daß die Ernte
                              im Oktober beginnen koͤnnte. – Um zu beweisen, daß innerhalb dieser
                              sieben Monate das Zukerrohr sehr gut gedeihen koͤnne, und daß die Hize der
                              Antillen zum Reifen nicht noͤthig sey, vergleicht der Verf. den Bau des
                              Zukerrohres mit dem Baue des Mais, welcher gleichfalls eine, in heißeren Klimaten
                              einheimische Pflanze ist, welcher in Frankreich so gut gedeiht wie auf den Antillen,
                              und welcher auf den Antillen beinahe dieselbe Zeit zum Reifen braucht wie das
                              Zukerrohr, waͤhrend er im Elsaß nur vier Monate dazu noͤthig hat. Der
                              Verf. haͤtte diese Ansicht noch durch hundert Beispiele von
                              einjaͤhrigen, aus heißen Klimaten stammenden, Gewaͤchsen
                              unterstuͤzen koͤnnen, die den Sommer uͤber in unseren Garten
                              eben so uͤppig wachsen, wie zwischen den Wendekreisen. Allein ob das
                              Zukerrohr so reich an Zukerstoff seyn wird, wie zwischen den Wendekreisen, ist eine
                              andere Frage, die der Verfasser mit Stillschweigen uͤbergeht, und die dadurch
                              verneinend beantwortet zu werden scheint, daß die meisten, in unseren Garten im
                              Sommer gezogenen Gewaͤchse, in Hinsicht auf Geruch, Geschmak und andere
                              Eigenschaften schwaͤcher sind, als dieselben Gewaͤchse in den
                              Tropenlaͤndern sind. Wir wuͤrden der Beantwortung dieser Frage durch den Hrn. Verfasser
                              uͤbrigens auch um so weniger Glauben und Vertrauen schenken koͤnnen,
                              als er (um die irrige Meinung zu unterstuͤzen, daß der Einfluß von
                              abwechselnder Kaͤlte und Waͤrme eine viel kraͤftigere
                              Vegetation hervorbringe, als man sie in einem waͤrmeren Klima findet)
                              behauptet, daß der Tabak im noͤrdlichen Frankreich besser gedeihe, als im
                              suͤdlichen. Er schreibt hier offenbar den Einfluß einer
                              verstaͤndigeren Cultur, und eines, fuͤr die Tabakpflanze mehr
                              geeigneten, Erdreiches, faͤlschlich dem Einflusse des Klima's zu. Wer kennt
                              nicht den Unterschied zwischen den amerikanischen und norddeutschen, den ungarischen
                              und deutschen Blaͤttern, und wem wird es darnach einfallen zu sagen, daß bei
                              gleich gutem Boden, und gleich verstaͤndiger Cultur im Norden besserer Tabak
                              erzeugt werde, als im Suͤden? – Am Schlusse beweist der Hr. Verfasser
                              sehr richtig, daß der Zukerrohrbau, die Zukergewinnung und die Rumfabrikation in
                              Frankreich weit wohlfeiler betrieben werden koͤnnten, als auf den Antillen,
                              wo Handarbeit, Duͤnger, Maschinen etc. so unendlich kostspielig sind, und wo
                              man die Abfaͤlle nicht so gut zur Viehmastung benuzen kann, wie in
                              Frankreich. Er fordert daher die franzoͤsische Regierung, alle
                              Guͤterbesizer und Foͤrderer der inlaͤndischen Landwirthschaft,
                              und vorzuͤglich die Runkelruͤbenzukerfabrikanten auf, Versuche mit
                              Zukerrohrpflanzungen anzustellen, um ein Mal dahin zu gelangen, den großen Tribut
                              abschuͤtteln zu koͤnnen, den wir jaͤhrlich dem Auslande
                              fuͤr Zuker bezahlen. Wir koͤnnen hierin nur mit ihm
                              uͤbereinstimmen, obwohl wir besorgen, daß in unserem Vaterlande nur wenige
                              Gegenden zu dem Baue des Zukerrohres geeignet seyn duͤrften, ausgenommen im
                              Untermain- und Rheinkreise. Die groͤßeren Guͤterbesizer des
                              gesegneten Ungarns koͤnnten aber leicht solche Versuche, und dadurch
                              vielleicht ihrem Lande auch noch in einem neuen Zweige des Ertrages seines Bodens
                              ein großes Uebergewicht uͤber seine Nachbarstaaten verschaffen. Wir sind
                              uͤberzeugt, daß keine Gegend des Binnenlandes von Europa sich besser zur
                              Cultur des Zukerrohres eignen duͤrfte, als das Land an der unteren Donau und
                              das Banat.
                           
                        
                           Kitt fuͤr Floͤtenklappen.
                           Im Mechanics' Magazine N. 414 S. 320 theilte ein
                              Ungenannter folgendes Verfahren mit, nach welchem man die Lederfuͤtterung
                              sehr fest und dauerhaft an die Klappen von Floͤten kitten koͤnnen
                              soll. Man loͤst etwas Siegellak in Weingeist auf, und laͤßt, wenn die
                              Stoͤpsel oder Poͤlster hergerichtet sind, einen Tropfen dieser
                              Aufloͤsung in die Aushoͤhlung der Klappe fallen, auf welche man dann
                              den Polster bringt. Um den Weingeist zu verdampfen, und den Kitt fest zu machen,
                              haͤlt man die Klappe einige Secunden lang uͤber ein Kerzenlicht. Die
                              auf diese Weise gekitteten Klappenfuͤtterungen sollen uͤber 42 Monate
                              sehr fest gehalten haben.
                           
                        
                           Civilisation oder Luxus auf den Sandwich-Inseln.
                           Capt. Beecheys macht in der Beschreibung seiner
                              Entdekungsreise in die Suͤdsee und nach der Behringsstraße (welche so eben in
                              zwei Elephanten-erdruͤkenden Quart-Baͤnden in London
                              erschien, und doch gar keine neue Entdekung enthalten soll) folgende, in
                              technischer, merkantilischer und statistischer Hinsicht) interessante, Schilderung
                              seines Besuches der Sandwich-Inseln. Im Januar 1827 befanden sich zu Woahoo
                              mehrere angesehene amerikanische Kaufleute, in deren Magazinen man alle
                              noͤthigen Artikel von amerikanischer Fabrikation, alle Producte der
                              Chinesischen Maͤrkte, verschiedene Weine und fast alle Seebeduͤrfnisse
                              finden konnte. Es waren auch zwei Hotels vorhanden, in denen man fuͤr einen
                              Dollar des Tages sehr anstaͤndig speisen konnte; ferner waren zwei
                              Billardzimmer, von welchem eines einem gewissen Boki gehoͤrte, und 10 bis 12
                              oͤffentliche Branntweinschenken errichtet. Die Haͤuser der Großen sind
                              mit zierlichen Tischen und Stuͤhlen eingerichtet, und in dem Pallaste
                              Kahumana's befinden sich seidene und sammetne Sofa's und Poͤlster. Kahumana
                              fuͤllte ganze Kisten mit den kostbarsten Seidenwaaren China's, und verwendete
                              eben erst 4000 Dollars auf die Ladung eines Schiffes. Boki zahlte erst 3000 Dollars
                              fuͤr einen silbernen Service, den er dem Koͤnige zum Geschenke machte;
                              er hat uͤbrigens noch andere schoͤne Service, worunter ein sehr
                              kostbarer aus geschliffenem Glase von der Fabrik der HHrn, Pellat und Green zu London! Ebenso hatten sich
                              die Civil-Einrichtungen und die politischen Verhaͤltnisse
                              veraͤndert: der Koͤnig wurde bestaͤndig von einer, unter dem
                              Gewehr stehenden Garde bewacht, und die Schildwachen praͤsentirten vor den
                              Officieren wie in Europa; auf dem Fort befanden sich 40 Kanonen, und die ganze Nacht
                              uͤber hoͤrte man, wie auf einer europaͤischen Festung die Rufe
                              der Schildwachen. Im Fruͤhjahre und Herbste ist der Hafen voll von Schiffen,
                              so daß man deren zuweilen an 50 zaͤhlt. Es sollen 5000 Gewehre auf der Insel
                              vertheilt worden, und 300 Mann bereits foͤrmlich militaͤrisch
                              eingereiht worden seyn. Die Sandwich-Flagge flatterte taͤglich von
                              fuͤnf Briggs und 8 Schonern. Mit England und den Vereinigten Staaten von
                              Nordamerika waren Vertraͤge abgeschlossen, und beide Staaten hatten Consuln
                              fuͤr diese Inseln ernannt. Sogar der Eroberungsgeist wurde schon rege, denn
                              es sollte eine Expedition ausgeruͤstet werden, um einige der neuen Hebriden
                              in Besiz zu nehmen!! Wer erkennt hierin noch die wilden Bewohner der
                              Sandwich-Inseln, die vor 50 Jahren kaum gekannt waren? Welche
                              Veraͤnderungen lassen sich aus diesem Beispiele einst noch fuͤr Europa
                              erwarten!
                           
                        
                           Oekonomischer und botanischer Garten zu
                              Muͤlhausen.
                           Wir haben schon oft Gelegenheit gehabt unseren Lesern Beweise vorzulegen, wie
                              wohlthaͤtig die Société
                                 industrielle zu Muͤlhausen auf die Hebung der Industrie, des
                              Akerbaues, der Civilisation und des Unterrichtes im Elsaß einwirkt, und wie sehr
                              ihre Bestrebungen von eben so großer Liebe zur Verbreitung des Nuͤzlichen,
                              des Guten und Schoͤnen, als von großer Umsicht und Sachkenntniß zeigen, mit
                              denen sie zu Erreichung ihres schoͤnen Zieles zu Werke geht. Derselbe Geist,
                              der die ganze Gesellschaft beseelt, zeigte sich neuerlich auch in den einzelnen
                              Mitgliedern derselben. Hr. Koechlin-Schouch bot
                              naͤmlich der Gesellschaft ein Stuͤk Landes auf seinem Landgute in der
                              Naͤhe von Muͤlhausen an, um auf demselben auf seine Kosten, und unter
                              den Auspicien der Gesellschaft Versuche mit der Cultur verschiedener
                              Faͤrbe- und anderer Pflanzen, die im freien Lande gedeihen, und deren
                              Einfuͤhrung fuͤr den Akerbau und die Oekonomie des Departements einst
                              von Nuzen seyn moͤchte, Versuche anzustellen. Die Lage und der Boden des
                              großmuͤthig dargebotenen Landes lassen nichts zu wuͤnschen
                              uͤbrig, und bei der Zwekmaͤßigkeit, mit welcher man bei der Anstellung
                              der Versuche zu Werke gehen wird, laͤßt sich erwarten, daß das Departement
                              auch in dieser Hinsicht in Hrn. Koechlin-Schouch einen thaͤtigen Foͤrderer seiner
                              Interessen zu verehren haben wird. – Es konnte nicht fehlen, daß der Edelsinn
                              des Hrn. Koechlin-Schouch den Wetteifer seiner
                              Collegen erregen mußte; unmittelbar nach ihm erklaͤrte Hr. Meyer-Dollfus, daß er auf seine Kosten, auf seinem
                              Grund und Boden, unter der Leitung der Gesellschaft, einen botanischen Garten
                              unterhalten wolle, in welchem sich junge Zeichner, und Leute, die sich dem Studium
                              der Botanik und des nuͤzlichen Einflusses derselben auf so viele Zweige der
                              Industrie widmen wollen, Kenntnisse sammeln koͤnnten, und in welchen sich
                              ebenso interessante, als Vortheil bringende Beobachtungen anstellen ließen. Der
                              schoͤne Garten des Hrn. Meyer-Dollfus
                              enthaͤlt bereits eine zahlreiche Gewaͤchssammlung, ein Treibhaus,
                              Orangerien, hollaͤndische und andere Treibkasten etc. – Beide
                              Anstalten sind zwar nach dem Berichte, welchen Hr. Risler
                              im Bulletin de la Société industrielle N.
                              17 S. 222 daruͤber erstattete, noch im Entstehen, allein bei der
                              Unterstuͤzung, welche dieselben gewiß von den zahlreichen Foͤrderern
                              der Naturgeschichte und der Oekonomie zu erwarten haben, und bei dem Zuflusse, der
                              ihnen auch aus den großen Sammlungen zu Paris zugesagt ist, werden sich dieselben
                              bald auf einen Grad von Bluͤthe erhoben haben, der ihren Gruͤndern
                              eben so viel Genuß und Ehre, als den Bewohnern ihres Departements wahren Nuzen
                              gewaͤhren wird.
                           
                        
                           Nekrolog.
                           Joseph August Schultes war geboren zu Wien am 13. April
                              1773. Sein Vater, der aus Woͤrth bei Regensburg stammte, und den
                              7jaͤhrigen Krieg als Schmid mitgemacht hatte, war damals Kammerdiener im
                              Hause des Grafen Oettingen.
                           
                           Schultes war bis in sein siebentes Jahr sehr
                              schwaͤchlich, seine Gesundheit gewann jedoch durch den Aufenthalt in einem
                              Garten, welchen sein Vater gekauft hatte. Den ersten Unterricht gab ihm sein Vater,
                              oder vielmehr er lehrte sich selbst, da er im fuͤnften Jahre, nachdem er
                              lesen und schreiben konnte, schon Alles las, was er bekommen konnte, und auch eben
                              so eifrig schrieb, zeichnete und illuminirte. Sein Gedaͤchtniß wurde durch
                              fleißiges Auswendiglernen der Evangelien geuͤbt, so wie uͤberhaupt
                              seine beiden Eltern, die aͤußerst andaͤchtig und bigott waren, und die
                              immer von Geistlichen besucht wurden, Alles thaten, um ihn so religioͤs als
                              moͤglich zu machen. Daher war er auch der eifrigste Ministrant in seiner
                              Pfarrkirche; er wußte den Katechismus so gut, daß er in der Christenlehre das Muster
                              Aller war. Sein Vater wollte eine Flachsverfeinerung und Weberei gruͤnden,
                              der Sohn hatte an den Manipulationen außerordentliche Freude, machte Alles mit und
                              gewann auf diese Weise schon in der zarten Jugend die Liebe zur Polytechnik, in der
                              er spaͤter so Herrliches leistete. Diese wurde noch mehr dadurch
                              erhoͤht, daß er taͤglich in das Haus eines Schulkameraden, des Sohnes
                              eines Seifensieders kam, wo er gleichfalls alle in dieses Gewerbe einschlagenden
                              Manipulationen mitmachte.
                           Von seinem zehnten bis zwoͤlften Jahre schikte ihn sein Vater zu einem
                              Schulmeister, der ihm privatim Latein lehren sollte; allein es ging mit dem Latein
                              so schlecht, als wie mit dem Lehrer. Er las fortwaͤhrend sehr eifrig; allein
                              die Buͤcher die er bekam, waren großen Theils bloß Legenden der Heiligen und
                              dergleichen, und diese Lektuͤre, so wie die Religionslehrer hatten ihn bald
                              zum Narren gemacht. Ein aufgeklarter Mann, der in seines Vaters Haus wohnte, gab ihm
                              nun Unterricht im Latein. Er naͤhrte seine Lesbegierde mit Geliert, Michaelis
                              und dergl., ein Niederlaͤnder lehrte ihm Franzoͤsisch, er besuchte
                              auch eine schlechte Zeichenschule. Sehr großen Einfluß hatte um diese Zeit auf seine
                              Bildung und auf seine kuͤnftige Neigung zur Naturgeschichte, ein Apotheker,
                              der in seines Vaters Haus ein Laboratorium hatte, und der ein intimer Freund seines
                              Vaters war. Dieser brachte ihm Buffon zum Lesen und
                              beschaͤftigte ihn Tage lang in der Apotheke und im Laboratorium. So wurde Schultes 14 Jahre alt, und es handelte sich nun darum ihn
                              zu einem Fache zu bestimmen. Sein Vater wollte durchaus, daß er die Handlung
                              erlerne, er wollte aber studiren und diese Neigung unterstuͤzte die Mutter,
                              die aus ihrem Sohne ein Pfaͤfflein werden sehen wollte. Er selbst wollte
                              Missionar werden, denn das Lesen von Reisebeschreibungen, die er gierig verschlang,
                              brachte einen großen Hang zum Reisen in ihm hervor, und die Karmeliten, bei denen er
                              noch um diese Zeit taͤglich drei bis vier Messen ministrirte, machten ihm
                              Hoffnung er koͤnne ein Pater Feuillée oder
                              so etwas werden. Er machte daher die oͤffentliche Pruͤfung zum
                              Gymnasium aus der Syntax, um in die Rhetorik zu treten, in welcher er einen
                              erbaͤrmlichen Lehrer, einen fanatischen Kasuisten bekam, der ihm das Studiren
                              bald verleidet hatte. Sein Vater, gegen dessen Willen er studirte, entzog ihm nun
                              seine Unterstuͤzung, und er mußte das damals in Oesterreich
                              eingefuͤhrte Schulgeld und seine uͤbrigen Beduͤrfnisse selbst
                              zu erwerben suchen. Dieß gelang ihm dadurch, daß er am Tage, so lang es eben hell
                              war, fuͤr einen Kunsthaͤndler illuminirte, waͤhrend er bei der
                              Nacht lernte und las. Seine Schulaufgabe lernte er gewoͤhnlich auf dem Weg in
                              das Gymnasium, das eine halbe Stunde von seines Vaters Haus entfernt war; hiebei
                              fiel er ein Mal in eine Grube, in welcher er beinahe umgekommen waͤre Aus der
                              Rhetorik trat er in die Poesie, wo der Grund zu dem gelegt wurde, was er
                              spaͤter ward. Er erhielt hier den vortrefflichen Ant. Stein zum Lehrer, der ihn außerordentlich lieb gewann, und dem er auch bis
                              an sein Ende mit den Gefuͤhlen des innigsten Dankes und kindlicher Verehrung
                              zugethan blieb. Latein und Griechisch war ihm nun gelaͤufig; die
                              Lektuͤre der lateinischen Klassiker, besonders des Titus Lucretius Carus und der vorzuͤglicheren deutschen
                              Schriftsteller, verscheuchten von ihm den Bigottismus, und einige Erfahrungen die er
                              an Geistlichen machte, welche er bisher verehrte, oͤffneten ihm vollends die
                              Augen, so daß er, der am Ende der Rhetorik noch ministrirte, am Ende der Poesie
                              einem großen Theil der Geistlichkeit eben so mißtraute als er ihn verachtete. Er
                              arbeitete unter Stein unendlich viel in Poesie und
                              errang, obwohl er noch immer die Tage uͤber mahlen mußte, um das Schulgeld
                              und dergl. zu verdienen, den ersten Preis. Von Stein
                              lernte er auch in den Ferien die englische Sprache, die ihm so gelaͤufig war,
                              wie die franzoͤsische. So ausgeruͤstet trat er in die Philosophie, in welcher er fast
                              durchaus pedantische oder unwissende Lehrer hatte. In der Mathematik, die ihn immer
                              sehr anzog, wuͤrde er unter seinem Lehrer, einem Jesuiten, der beweisen
                              wollte, daß Sonnen- und Mondsfinsterniß zu gleicher Zeit Statt haben
                              koͤnne, gar keine Fortschritte gemacht haben, wenn ihm nicht einer seiner
                              wenigen Jugendfreunde Kaͤstner's Werke gegeben
                              haͤtte, die er eifrig studiere. In Naturgeschichte lernte er gleichfalls
                              nichts aus dem Vortrage, vieles aber aus dem Lehrbuche, und aus anderen
                              Buͤchern, die er sich uͤberall her verschaffte. Er hatte damals schon
                              eine Bekanntschaft mit der Litteratur, wie sie wenige in seinem Alter haben. In der
                              Philosophie wurde er von seinem Professor, der keinen Zweifel und keinen Widerspruch
                              leiden konnte, chikanirt, kam bei der Pruͤfung mit demselben in Streit,
                              wodurch der damalige Studienpraͤsident Baron von Swieten, der bei allen Pruͤfungen gegenwaͤrtig war, und den
                              Schultes immer hoch verehrte, auf ihn aufmerksam
                              wurde; derselbe nahm ihn gegen seinen Professor, der offenbar Unrecht hatte, in
                              Schuz, und verschaffte ihm wegen seiner Fortschritte ein Stipendium, wodurch der nun
                              achtzehnjaͤhrige Juͤngling vieler Sorgen uͤberhoben, und
                              vollkommen Herr seiner Zeit wurde. Nach vollendeter Philosophie widmete er sich der
                              Medizin, die ihm nun naͤchst Naturgeschichte, Technologie und
                              Litterargeschichte am meisten ansprach. Er studirte unter Jaquin, Quarin, Collin, Plenk; den vortrefflichen Stoll, der ihm in seiner medizinischen Praxis bis in die lezten Tage ein
                              Muster blieb, konnte er nur kurze Zeit verehren. Als es zur Anwendung der erlernten
                              Grundsaͤze, zum Spitalbesuche kam, sah Schultes
                              bald, daß bei der damaligen Besezung der Klinik nichts zu lernen war; er engagirte
                              daher eine Zahl seiner Mitschuͤler dazu, Wien zu verlassen und nach Pavia zu
                              gehen, um da den beruͤhmten Frank zu
                              hoͤren. Hierzu war eine Erlaubniß noͤthig, und Schultes ging daher im Namen seiner Mitschuͤler zum Kaiser, um
                              diese auszuwirken. Der Kaiser fragte, warum sie von Wien fortgehen wollten, worauf
                              Schultes geradezu antwortete, weil in Wien nichts zu
                              lernen sey. Der Kaiser entließ ihn mit der Weisung zu bleiben, indem die Sache
                              untersucht werden solle. Das Resultat war, daß Frank bald
                              darauf von Pavia nach Wien versezt wurde. Schultes
                              studirte nun unter ihm, und gewann so sehr seine Liebe und sein Zutrauen, daß
                              nachdem dessen Sohn in Schultes Armen am Nervenfieber
                              gestorben war, er ihm laͤngere Zeit die Assistentenstelle in der Klinik
                              uͤbertrug. Das freundschaftliche Verhaͤltniß Schultes zu Frank bestand bis an das Ende des
                              Lezteren. Schultes war außerordentlich fleißig im
                              Spirale, und beobachtete die Kranken mit groͤßter Genauigkeit, er brachte
                              auch oft halbe Tage in der Sectionskammer zu. Unter seinen Lehrern verehrte Schultes bis an sein Ende ganz besonders den noch
                              lebenden hochverdienten Greis Boer; sein
                              Verhaͤltniß zu diesem war ein wahrhaft kindliches. Er lieferte demselben
                              viele Materialien zu seinem unsterblichen Werke, in welchem er auch ruͤhmlich
                              von seinem vaͤterlichen Freunde und Lehrer genannt ist. Großen Einfluß auf
                              ihn uͤbte auch der ausgezeichnete Arzt, sein Freund Herr von Mederer. Im April 1796 wurde Schultes an der Universitaͤt zu Wien zum Doctor promovirt.
                              Waͤhrend seiner Universitaͤtsstudien brachte er die Stunden, welche
                              ihm seine Collegien und sein Studium frei ließen, in einem Kreise von wenigen, aber
                              auserlesenen Jugendfreunden zu, der seinen Sammelplaz am Leopoldsberge bei Wien
                              hatte. Welche Gesinnungen dort herrschten, und welch innige Freundschaft diese Leute
                              fuͤr die Zukunft verband, wissen bloß jene, welche die einzelnen Glieder
                              kennen. Die damals ausgebrochene franzoͤsische Revolution halte nothwendig
                              großen Einfluß auf den Geist und das Gemuͤth des Freiheit athmenden, und die
                              ganze Welt mit seinen Ideen umfassenden Juͤnglings. Viele Plane machte er
                              sich, die damit zusammenhingen. In den Ferien machte er Reisen, besonders nach
                              Oberoͤsterreich, Steyermark, Regensburg, Frankfurt etc. Diese Reisen, so wie
                              einen großen Theil der spaͤteren, machte er meistens zu Fuß, er war ein so
                              guter Fußgaͤnger, daß er noch mit achtundvierzig Jahren 18 Stunden weit des
                              Tags gehen konnte. Naturgeschichte, und vorzuͤglich Botanik
                              beschaͤftigten ihn unaufhoͤrlich. Diese Liebe zur Botanik, und der
                              damalige Mangel einer oͤsterreichischen Flora veranlaßten ihn in seinem
                              einundzwanzigsten Jahre sein erstes Werk zu schreiben unter folgendem Titel: Oesterreichs Flora, ein Taschenbuch auf botanischen
                                 Excursionen. 2 Baͤndchen. 12°. Wien 1794. Bei Alb. Ant.
                              Patzowsky. Dieses Werk brachte ihm viel Verdruß, er wurde von vielen Seiten deßhalb
                              angefeindet, und sein Buchhaͤndler prellte ihn um sein erstes Honorar. Spaͤter, im Jahre
                              1800, erschien eine neue Auflage desselben bei Schaumburg
                              und Comp. unter dem Titel: Flora
                                 austriaca. Enchiridion ad excursiones botanices. – In seine lezten
                              Universitaͤtsjahre und die ersten Jahre seines Standes als Med. Dr. fiel auch die Bekanntschaft, die er mit Gall, Sallabo, Scopoli, Haͤberl und anderen
                              ausgezeichneten Maͤnnern machte, mit denen er immer in freundschaftlichen
                              Verhaͤltnissen blieb. Sein Freund, der jezige 80jaͤhrige Greis Schmidt, der damals Gaͤrtner am Theresianum war,
                              machte ihn mit von der Luͤhe bekannt. Bedeutende
                              Unterstuͤzung fand er auch bei dem edlen Grafen Saurau, der fruͤhe Schultes's Geist
                              erkannte und wuͤrdigte. Als junger Doctor machte er Reisen in die Schweiz, wo
                              er mit Roͤmer in Zuͤrich bekannt wurde,
                              nach Frankfurt, Wetzlar, wo sein Jugendfreund, der damalige Reichskammerrichter Graf
                              Oettingen wohnte, dessen Hausarzt er spaͤter
                              in Wien wurde, nach' Gießen, wo er mit Crome, Nebel etc.
                              Verbindungen anknuͤpfte; nach Marburg, wo er seinen Freund Baldinger, an dessen Journal er mitarbeitete,
                              persoͤnlich kennen lernte, nach Goͤttingen, wo er mit allen vorliegen
                              Koryphaͤen, besonders Blumenbach, Lichtenberg etc.
                              umging. In Regensburg lernte er durch seinen Freund Hofrath Kayser eine Tochter des Legationsrathes von Kleber kennen, die ihn sogleich fesselte und die er bald nach seiner
                              Anstellung in oͤsterreichischen Diensten zur Frau nahm. Nach Wien
                              zuruͤkgekehrt, widmete er sich hauptsaͤchlich der Praxis, die er mit
                              sehr gutem Erfolg trieb, dem Studium der Naturgeschichte und der Litteratur, die er
                              beinahe in allen ihren Zweigen umfaßte.
                           Nach Wiedererrichtung der Theresianischen Ritterakademie zu Wien wurde er im Jahre
                              1797 an derselben zum Professor der Naturgeschichte ernannt. Er widmete sich seinem
                              Amte mit seltenem Eifer; unter seinen Schuͤlern waren die ausgezeichnetsten
                              Namen Oesterreichs, Baron von Metzburg, Baron Georg von
                              Muͤnch, Baron von Medwyansky, die Grafen Appony etc. sind seine
                              Schuͤler gewesen, und alle lieben ihn noch. In dieser Stellung blieb er bis
                              zum Jahre 1806, rastlos arbeitend, einen kleinen Kreis von ausgesuchten Freunden
                              Abends um sich sammelnd, eine ausgedehnte gluͤkliche Praxis besorgend, mit
                              allen vorzuͤglicheren Maͤnnern Oesterreichs und des Auslandes in
                              Verbindung stehend. Ganz vorzuͤglich beschaͤftigte ihn die Herausgabe
                              der oͤsterreichischen Annalen der Litteratur, die
                              er redigirte, und durch die er so viel Gutes uͤber Oesterreich verbreitete,
                              was noch jezt allgemein gewuͤrdigt wird. In den Jahren 1797 bis 1800 gab er
                              den Ehestands-Almanach heraus, welcher in
                              Regensburg bei Montag und Weiß
                              unter folgendem Titel erschien: Ehestands-Almanach. Ein
                                 Taschenbuch fuͤr Eheleute und Ehelustige. Im Jahre 1799 erschien zu
                              Wien in 12°. eine Brochuͤre von ihm, betitelt: Ueber Reisen im Vaterlande zur Aufnahme der vaterlaͤndischen
                                 Naturgeschichte. An die adelige Jugend in der K. K.
                                 Theresian-Ritterakademie, bei Gelegenheit des Endes des zweiten
                                 Jahrcursus nach ihrer Wiedererrichtung. In demselben Jahre erschien zu
                              Regensburg bei Montag und Weiß
                              in 8°. sein Versuch eines Handbuches der
                                 Naturgeschichte des Menschen, nebst einer allgemeinen Einleitung in die
                                 Naturgeschichte des Thierreiches. Zu den Vorlesungen uͤber
                                 Naturgeschichte in der K. K. Theresianischen Ritterakademie entworfen. Er
                              hatte im Sinne die ganze Zoologie in diesem Sinne zu bearbeiten und hinterließ
                              zahlreiche Manuskripte und Materialien, die er fruͤher hiezu sammelte,
                              spaͤter aber liegen ließ. Von den Reisen, welche er in den Ferien zu seiner
                              Erholung in Gesellschaft seiner Frau und einiger Freunde machte, beschrieb er um
                              diese Zeit vorzuͤglich seine Wanderungen nach dem Schneeberge unter dem
                              Titel: Ausfluͤge nach dem Schneeberge in
                                 Unteroͤsterreich, mit beigefuͤgter Fauna und Flora der
                                 suͤdwestlichen Gegend um Wien. 8°. 2 Theile bei Degen. Von diesen Ausfluͤgen, denen der Schneeberg
                              bei Wien seine Celebritaͤt verdankt, erschien im Jahre 1807 die zweite
                              Auflage Kupfer dazu mit erlaͤuterndem Texte gab Schultes in Degen's historisch-waͤhlerischem Taschenbuche
                              von und fuͤr Oesterreich vom Jahre 1804. In Degen's Wiener Taschenbuche vom
                              Jahre 1804 gab er auch seinen Wegweiser zu Ausfluͤgen in der Gegend um Wien,
                              den Weidmann spaͤter vermehrte und als sein Werk
                              druken ließ. Von seiner Reise nach dem Glockner und seiner Besteigung desselben, die
                              er im Jahre 1803 in Gesellschaft einiger Freunde und Schuͤler unternahm,
                              lieferte er gleichfalls eine Beschreibung in vier Octavbaͤnden, die einen Schaz von statistischen
                              und naturhistorischen Bemerkungen enthalten und allgemein mit Begeisterung
                              ausgenommen wurden, ausgenommen von jenen, uͤber die er seine schonungslose
                              Geißel schwingen mußte. Dieses Werk erschien im Jahre 1804 bei Degen unter dem Titel: Reise auf den Glockner.
                              Im Jahre 1806 wurde Schultes auf sein Ansuchen als
                              Professor der Chemie und Botanik an die Universitaͤt Krakau versezt. Er
                              suchte diese Stelle, weil er an derselben sein Lieblingsfach, die Naturgeschichte
                              und besonders die Botanik mit mehr Muße treiben zu koͤnnen hoffte und weil
                              seine Gesundheit in Wien bei seinen vielen Arbeiten und seiner großen Praxis zu sehr
                              gelitten hatte. In Krakau angekommen, widmete er sich seinem Amte mit allem Eifer
                              und aller Liebe; seine Schuͤler liebten und verehrten ihn und mehrere
                              derselben, vornehmlich der jezige russische Hofrath Bosser, sind ausgezeichnete Maͤnner geworden, mit denen er
                              fortwaͤhrend in freundschaftlichen Verhaͤltnissen lebte. Wie schnell
                              er den botanischen Garten zu Krakau, der sehr vernachlaͤssigt war, obschon er
                              einer der groͤßten und schoͤnsten Europa's ist, gehoben hat, erhellt
                              aus dem Kataloge desselben, den er im Jahre 1807 bekannt machte. Er mußte einige
                              Reisen als K. K. Commissaͤr in Galicien machen, mehrere Quellen,
                              Baͤder und Bergwerke untersuchen und hatte dadurch Gelegenheit ganz Galicien
                              statistisch und naturhistorisch genau kennen zu lernen. Er schrieb seine
                              Beobachtungen in franzoͤsischer Sprache und in Form von Briefen an seine
                              Freunde nieder. Diese Briefe wollte er vor dem Einruͤken der Franzosen in
                              Rußland in Frankreich druken lassen. Die damalige Censur ließ sie nicht passiren;
                              spaͤter uͤbersezte er diese Briefe ins Deutsche, um in Deutschland
                              einen Verleger zu finden; auch dieß mißlang und der ganze Schaz von Dokumenten
                              statistischen und naturhistorischen Inhalts liegt drukfertig, aber ungedrukt, außer
                              einem Briefe, den er im J. 1812 im allgemeinen Cameral-Correspondenten
                              abdruken ließ. Ueber die Baͤder in Kryniça schrieb er im Jahre 1807
                              eine kleine Brochuͤre unter dem Titel: Sur les eaux minérales de Kryniça, au cercle
                                    de Sandece dans la Galicie orientale; sur leur analyse, sur l'usage
                                 qu'on en faint, et sur leurs vertus médicales, die in Wien bei Ant.
                              Doll erschien. Seinen Lieblingswissenschaften lebend,
                              in einem der schoͤnsten Garten wohnend, in einem Hause, in welchem sich
                              zugleich die Sternwarte befand, auf welcher er bei seinem Freunde und College, dem
                              beruͤhmten Littrow, viele Nachte in Beobachtung
                              der Gestirne zubrachte, von Freunden umgeben, die ihn leicht fuͤr den Verdruß
                              entschaͤdigten, den ihm seine Stellung neben College von dem Charakter eines
                              Ruft und dergl. nothwendig zuziehen mußten,
                              wuͤrde er in Krakau geblieben seyn, haͤtte er bei seinem
                              gluͤhenden Freiheitssinne im damaligen Despotismus der
                              oͤsterreichischen Regierung und die Knechtschaft der Galicier laͤnger
                              sehen koͤnnen. Er suchte daher eine Stellung in seinem urspruͤnglichen
                              Vaterlande und erhielt dieselbe an der damaligen Universitaͤt Innsbruck. Er
                              selbst druͤkte sich in seinen Papieren folgendermaßen hieruͤber
                              aus:
                           
                              „Ich stand mich in Krakau bei einer Lage, die viele fuͤr die
                                 angenehmste gehalten haben wuͤrden, jaͤhrlich auf 2300 fl. C. M.
                                 Diese ließ ich und nahm dafuͤr 1000 fl. in meinem Vaterlande. Ich habe in
                                 Oesterreich so gedient, daß ich das Vergnuͤgen hatte, in meinem
                                 Entlassungsschreiben zu lesen, „daß man meinen Verlust
                                    bedauert.“ Ich weiß, daß ich keine Note bei der
                                 oͤsterreichischen Polizei hatte. Man denke sich aber, was das fuͤr
                                 einen so freisinnigen Menschen, wie ich stets war, fuͤr eine Qual seyn
                                 mußte, in einem Staate zu leben, wo ich auch nicht ein Wort uͤber die
                                 Thorheiten, die man beging, sprechen durfte, wo die Waͤnde Ohren hatten.
                                 Ich habe 11 Jahre lang, so viel in mir war, mich zusammengenommen; je
                                 hoͤher ich stieg, je mehr ich in die sogenannte Welt kam, desto mehr
                                 mußte ich mich zuruͤkhalten. Dieses Zuruͤkhalten, dieses
                                 Unterdruͤken meiner Gefuͤhle, dieses anders Scheinen und anders
                                 Seyn, konnte ich nicht mehr aushalten. Ich war geborgen gegen Darben in meinem
                                 Vaterlande, und dieses war mir genug. Ich waͤre nicht um Millionen in
                                 Oesterreich geblieben, wenn ich ohne zu hungern unter Napoleons Einfluß und
                                 Schuz leben konnte. Da ich sieben Mal in Oesterreich einkommen mußte, um meine
                                 Entlassung zu erhalten, machte man mir den Antrag zur
                                 Vice-Proto-Medicus-Stelle in Galicien. Fast alle
                                 hoͤheren Beamten in Galicien waren meine Freunde oder meine
                                 Schuͤler vom Theresianum her; sie liebten mich kindlich. Ich waͤre
                                 in Galicien so reich an Einfluß als an Vermoͤgen geworden, allein ich
                                 konnte den Geistesdruk nicht laͤnger ertragen, und wollte nicht unter Stift dienen. Reizender war ein zweiter Antrag, den
                                 man wir an die Universitaͤt zu Pesth machte, wo ich zugleich die Aufsicht
                                 uͤber das National-Museum erhalten haͤtte und wo ich mir
                                 nebenbei durch Praxis, da ich mit dem ganzen Adel von Wien aus bekannt war,
                                 leicht ein jaͤhrliches Einkommen von 6000 fl. C. M. verschafft
                                 haͤtte. Ich erhielt Briefe uͤber Briefe, die Ungarn liebten mich,
                                 wie ich diese edle treffliche Nation liebe; allein ich ging nicht zu den Ungarn,
                                 eben weil ich sie liebte, weil ich den Despotismus, mit dem man diese edle
                                 Nation zermalmte, nicht sehen konnte und wollte, weil ich weiß, daß ich in
                                 Verhaͤltnisse gerathen waͤre, die wohl einem freien Manne, aber
                                 nicht einem Staatsdiener erlaubt seyn koͤnnen. Ich waͤre physisch
                                 oder moralisch ein Opfer meiner Grundsaͤze geworden. Ich ließ also, um in
                                 meinem Vaterlande leben zu koͤnnen, das mit Napoleon alliirt war, und wo
                                 ich Geistesfreiheit erwartete, mehr als die Haͤlfte meines Einkommens
                                 fahren, und die ganze glaͤnzende Perspektive meiner Zukunft.“
                              
                           Tyrol, wohin der Selige gerufen wurde, hatte auch noch einen anderen Reiz fuͤr
                              ihn, dem ein Alpenthal mehr war, als alle Pallaͤste auf Erden; es war noch
                              eine wahre terra incognita in allen Zweigen der
                              Naturgeschichte, die er hier also mit vielen europaͤischen Entdekungen zu
                              bereichern hoffte. Mit diesen Gefuͤhlen und Erwartungen kam er im September
                              1808 als oͤffentlicher ordentlicher Professor der Naturgeschichte nach
                              Innsbruck, wo er von seinen Behoͤrden gut empfangen wurde. Mit seinem
                              allgemein bekannten Feuereifer warf er sich in seine neuen Amtsgeschaͤfte; er
                              saͤuberte den Augiasstall eines seyn sollenden zoologischen und
                              mineralogischen Cabinettes, welchen er von seinem Vorgaͤnger
                              uͤbernahm; er hielt seine Vorlesungen, die die besuchtesten waren und in die
                              selbst Beamte kamen, mit Fleiß, Strenge und machte sie nicht bloß fuͤr
                              einzelne, sondern allgemein nuͤzlich, indem er uͤberall das Praktische
                              beruͤksichtigte. Auf diese Weise gewann er bald die Freundschaft und das
                              Zutrauen des damaligen Kreisdirectors von Mieg, den er
                              sehr verehrte und der lange Jahre einen guten Einfluß auf ihn uͤbte. Bald
                              nach seiner Ankunft in Innsbruck reiste er zu seinem Freunde Giovanelli nach Botzen, mit dem er fruͤher in sehr
                              freundschaftlichen Verhaͤltnissen stand, von dem er sich aber spaͤter
                              wegen des Tyroler Aufstandes, an welchem dieser Theil nahm, trennte. Auf dieser
                              Reise, uͤber die er einen Aufsaz in den Boten von Tyrol einruͤken
                              ließ, stellte er die ganze Straße entlang barometrische Hoͤhenmessungen an,
                              die er mit seinem eigenen, in Gehlen's Journal
                              beschriebenen Reise-Barometer machte, und die fast durchgehends mit dem
                              Nivellirmaße der Ingenieurs uͤbereinstimmten. Im Jahre 1809 uͤbertrug
                              man ihm ohne sein Ansuchen auch das Lehrfach der Chemie,
                              das er lieber in den Haͤnden seines innigen Freundes, Professor Schoͤpfer des juͤngeren gesehen
                              haͤtte; er mußte im Fruͤhjahre 1809 auch die naturhistorischen, im
                              Schlosse Ambras vorfindlichen. Gegenstaͤnde in das Cabinet von Innsbruck
                              verpflanzen. Waͤhrend dieser Zeit ordnete er seine botanischen Notizen und
                              Beobachtungen, die im Jahre 1809 in 8. in der Wagner'schen Buchhandlung unter folgendem Titel erschienen: Observationes botanicae in Linnei species plantarum ex
                                 editione C. L. Willdenow. Außer mehreren Aufsaͤzen, die er
                              fuͤr verschiedene Zeitschriften schrieb, erschienen im Jahre 1809 in der Cotta'schen Buchhandlung in Tuͤbingen in zwei
                              Octavbaͤnden auch seine Reisen durch das
                                 Salzkammergut, in denen er so Vieles von dem Unwesen der meisten
                              oͤsterreichischen Salinen-Beamten und der damaligen
                              oͤsterreichischen Administration uͤberhaupt aufdekte. Dieses Werk
                              wurde von mehreren spaͤteren Schreibern uͤber das Salzkammergut benuzt
                              und abgeschrieben, ohne daß man des eigentlichen Verfassers auch nur
                              Erwaͤhnung gemacht haͤtte.
                           Das Angenehme was sich Schultes von seinem Aufenthalte in
                              Innsbruck fuͤr die Zukunft traͤumte, zerrann. Alles was er
                              auszufuͤhren, zu errichten und zu nuzen hoffte, wurde vernichtet durch die
                              Machinationen, welche die Tugendbuͤndler, Pfaffen etc. anfingen, und welche
                              Oesterreich so ungluͤklich war zu benuzen. Bei seinem Scharfsinne und bei
                              seinen vielen Connexionen durchblikte er bald das ganze Gewebe, und machte die
                              Behoͤrden stets darauf aufmerksam. Man hoffte ihn fuͤr Oesterreich zu
                              gewinnen, man machte ihm muͤndlich und schriftlich Antraͤge, man
                              drohte ihm zulezt; Alles scheiterte an seinem Sinne fuͤr Freiheit und Recht,
                              und an seiner Anhaͤnglichkeit an sein Vaterland und an Napoleon. Die Liebe
                              und Anhaͤnglichkeit seiner Schuͤler, seine Thaͤtigkeit und sein
                              Napoleonismus machten ihm alle seine College, bis auf die Geistlichen, Spechtenhaͤuser, 
                              Bertoldi und Feilmoser, zu
                              Feinden; seine Ausfaͤlle auf Oesterreich, die Pfaffen und die Mystiker aller
                              Art machten ihn zur Zielscheibe des Haffes der Aufwiegler und Aufgewiegelten. Kaum
                              gelang es ihm den Schuͤssen zu entgehen, die auf seiner Ruͤkkehr von
                              Neustift, wohin er als Kommissaͤr gesendet wurde, um das Muͤnzcabinet
                              zu uͤbernehmen, bereits fielen. In Innsbruck angelangt, wurde er mit den
                              meisten der treu gebliebenen Beamten von den Aufwieglern gefangen genommen, und auf
                              verschiedenen Umwegen nach Fuͤnfkirchen in Ungarn deportirt. Die Geschichte
                              dieses schaͤndlichen Verfahrens, die Niedertraͤchtigkeiten eines Hormayer, die Grausamkeit, mit welcher man ihm versagte
                              vor seiner Deportation seine Frau mit seinen 4 Kindern und einem noch ungebornen
                              Kinde in Sicherheit zu bringen, kurz alle die Verlezungen des Menschen- und
                              Voͤlker-Rechtes, welche sich Hormayer und
                              Consorten zu Schulden kommen ließen, sind bekannt aus der: Geschichte der Deportirung der k. bayerischen Civilbeamten nach Ungarn und
                                 Boͤhmen, nebst Bemerkungen uͤber die gleichzeitigen
                                 Kriegs-Ereignisse und uͤber die durch wanderten
                                 Laͤnder, die im Jahre 1810 in zwei Octavbaͤnden erschien, und
                              die Schultes bei seiner Ruͤkkehr nach
                              Muͤnchen nach den ihm gelieferten Acten, und nach den Beitraͤgen
                              seiner Leidensgefaͤhrten bearbeitete. Kaum in Muͤnchen angekommen,
                              mußte er mit Graf Lodron und einigen anderen
                              Gefaͤhrten im Reisekleide zu Koͤnig Max. Sein Empfang war, wie Alles
                              an ihm, herzlich, er druͤkte jedem die Hand, und aͤußerte ihnen sein
                              Bedauern, daß sie so viel fuͤr ihn gelitten haͤtten, Er wurde auch
                              bald nach seiner Ankunft in Muͤnchen dem Grafen Montgelas Vorgestellt, uͤber der sich Schultes in seinen Notaten so ausdruͤkte: „ich fand an
                                 diesem Manne ein hoͤheres Wesen unter den Sterblichen; so klar sprechen,
                                 so tief alles durchschauen, habe ich noch Niemand gehoͤrt und gesehen
                                 etc.“ Bei Hrn. v. Zentner und vielen
                              Andern fand Schultes eine weniger gute Aufnahme; er
                              bemerkte eine gewisse Kaͤlte gegen die Deportirten und entdekte den Grund
                              derselben bald; es zeigte sich, daß der groͤßte Theil der Aristokratie, fast
                              die ganze Geistlichkeit, an deren Spize Sailer stand, die
                              ganze Akademie mit Jakobi an der Spize, zu dem gegen
                              Napoleon gerichteten Bunde gehoͤrten. Run erst ward ihm klar, was ihm auf
                              seiner Ruͤkreise in Wien ein alter Freund und schlauer Diplomat sagte:
                              „wir muͤssen sehen ob Napoleon oder seine geheimen Feinde in
                                 Deutschland siegen. Es ist ein Bund gegen ihn, der ihm gefaͤhrlicher
                                 werden kann, als die Heere seiner Feinde.“
                              
                           Schultes wurde am Ende des Jahres 1809 zum Professor der
                              allgemeinen Naturgeschichte und Botanik zu Landshuth ernannt. Er holte seine Familie
                              aus Innsbruck, wo dieselbe ohne Vater, von dem sie mehrere Monate nichts
                              gehoͤrt hatte, da alle Briefe aufgefangen wurden, die Drangsale des
                              ungluͤklichen Aufstandes, waͤhrend welcher die Gemahlin des Seligen
                              entbunden wurde, uͤberlebte. Aus einigen wenigen Erfahrungen, die Schultes in Muͤnchen machte, konnte er die
                              Annehmlichkeiten voraussehen, die ihn in Landshuth erwarteten, dessen Lehrstellen
                              groͤßten Theils mit Mystikern und Tugendbuͤndlern besezt waren; mit
                              einer gewissen Scheu ging er hin und die Folge bestaͤtigte den Grund
                              derselben nur zu gut. Oft machten ihm seine Bekannte und Freunde den Vorwurf, daß er
                              sich nicht mit den Finsterlingen haͤtte einlassen sollen. Allein wie konnte
                              ein Mann, der so regen Sinn fuͤr Recht, Ehre, Freiheit und Aufklaͤrung
                              hatte, der immer behauptete, der Einzelne muͤsse das Gute foͤrdern,
                              auch wenn er daruͤber zu Grunde geben sollte, ein Mann der Napoleon so sehr
                              anhing, und der wußte, daß sein Vaterland diesem Manne so viel zu danken hatte, wie
                              konnte so ein Mann, den uͤberdieß sein Scharfsinn Alles durchbliken machte
                              und dessen Feder ebenso eingreifend war, als sein Geist schaffend, bei dem Treiben
                              des Obskurantismus und des Tugendbundes ruhig zusehen? Seine Feinde waren
                              uͤberdieß die Ausforderer, nicht er; besonders reizte man ihn durch
                              persoͤnliche Angriffe auf ihn. Ein Mann, der die christliche Liebe
                              bestaͤndig im Munde fuͤhrte, und das Haupt des schoͤnen Bundes
                              der Obskuranten mit den damaligen faͤlschlich sogenannten Liberalen in
                              Landshuth war, der im Tyroleraufstande so thaͤtig war, und spaͤter zu
                              großen Ehren und zu noch groͤßerem Einflusse gelangte, vergaß sich so weit,
                              daß er den Eltern der Studenten, die bei Schultes
                              wohnten, und die nahe Verwandte von ihm waren, schrieb, sie moͤchten ihre
                              Soͤhne aus dem Hause des Verderbens entfernen; der endlich, um seinem
                              geistlichen Stande die Krone aufzusezen, in den Gesellschaften seiner Anhaͤnger
                              aͤußerte: „da man Schultes nichts
                                 anhaben koͤnne, so muͤsse man es seinen Kindern entgelten
                                 lassen.“
                              
                           Niemand wird sich daher wundern, wenn Schultes sich in
                              mehreren Schriften und Aufsaͤzen Luft zu machen suchte. Seine
                              Anhaͤnglichkeit an Napoleon machte ihn zum unversoͤhnlichsten Feinde
                              des Tugendvereins, dieser Art von Theodemokratie. Er schrieb daher mehrere
                              Aufsaͤze gegen denselben, zu denen er von einzelnen damaligen Machthaber, die
                              ihn spaͤter verlaͤugneten, ermuntert wurde. Er brauchte gegen
                              dieselben vorzuͤglich die Waffen der Satyre, deren er im hoͤchsten
                              Grade maͤchtig war.
                           Bei seiner Ankunft in Landshuth fand er den botanischen Garten, den sein
                              Vorgaͤnger in einen Winkel verlegt hatte, in welchen weder Licht noch Luft
                              kommt, der kaum die Groͤße eines gewoͤhnlichen Kuͤchengartens
                              hat und in welchen bei Ueberschwemmungen der Isar das Wasser in den Oefen des
                              Glashauses umherlief, waͤhrend ihm ein Plaz zu Gebot stand, wie ihn kein
                              botanischer Garten auf Erden besizt, – diesen Garten nun fand er bei seiner
                              Ankunft in der groͤßten Unordnung, kaum 2000 meistens falsch bestimmte Arten
                              enthaltend, ohne Seminarium und ohne Herbarium. So wenig der Plaz zu einem Garten
                              geeignet war, so wenig Mittel ihm zu Gebote standen, so brachte Schultes durch seine Verbindungen mit den Botanikern ganz
                              Europa's, die Zahl der Pflanzen in demselben schon nach 3 Jahren auf 6000, und zwar
                              ohne daß der Staat mehr als die Kosten des Transportes auf Anschaffung derselben zu
                              verwenden gehabt haͤtte. Er brachte den ganzen Tag im Garten zu, mit Ordnen
                              desselben, mit Bestimmen und Beschreiben der Pflanzen beschaͤftigt, wobei er
                              immer seinen Sohn bei sich hatte, den er von seinem 5ten Jahre an mit der Botanik
                              vertraut zu machen suchte. Obwohl ein eifriger Anhaͤnger und Verfechter des
                              Linné'schen Systems, ordnete er doch den
                              Garten nach jenem Jussieu's, um seinen Schuͤlern
                              auf diese Weise auch das Studium von diesem zu erleichtern. Im Jahre 1817 hatte er
                              den Garten auf 8000 Arten und zu einer großen Celebritaͤt gebracht; er
                              versendete in Einem Jahre 6000 Samenkapseln an seine Correspondenten. Diese
                              Celebritaͤt erregte Neid und Unwillen, und man wußte es dahin zu bringen, daß
                              man den Garten auf die Haͤlfte seiner Einkuͤnfte reducirte, indem
                              behauptet wurde, daß der Garten der Universitaͤt nur so viel zu enthalten
                              brauche, als fuͤr den Unterricht der Mediziner, Pharmaceuten und Cameralisten
                              nothwendig sey! Man ging so weit, daß man das Zimmer, in welchem das Herbarium
                              aufgestellt war, und in welchem Schultes arbeitete, nicht
                              mehr von Seite der Universitaͤt heizen ließ! Der Ruin seiner
                              Schoͤpfung empoͤrte Schultes so, daß er nun
                              weiter sich nimmer um den Garten kuͤmmerte, als es seine Vorlesungen nach
                              obigen Grundsaͤzen forderten. Der Garten verfiel daher eben so schnell, als
                              er gestiegen war, und Schultes that nur Mehr fuͤr
                              das Herbarium etwas, das er mit den kaͤuflichen Sammlungen von Sieber etc. bereicherte. In seinen Vorlesungen an der
                              Universitaͤt war Schultes der Gewissenhafteste
                              aller seiner Collegen; nie schwaͤnzte er, wie man sagt, eine Vorlesung, nie
                              kuͤrzte er dieselben ab, wie es so viele seiner Collegen thaten. Sein Vortrag
                              war angenehm, ungezwungen und frei; nie las er etwas ab. nie gab er reine Theorie,
                              ohne zugleich die Anwendung derselben und den Einfluß auf das praktische Leben zu
                              zeigen. Unter seinen Collegen hatte er hier nur mit Wenigen nahen Umgang, mit Fingerlos, Muͤhl, Mall, Andres, Hellersberg, Siebenkees, Stahl, Fuchs, Leveling kam er oͤfter zusammen, die meisten der
                              Uebrigen waren ihm gleichguͤltig- oder er verachtete sie so, wie sie
                              ihn haßten. Er war bloß fuͤr Naturgeschichte und Botanik berufen, allein bei
                              seinem umfassenden Wissen lud man ihm fast alle medizinischen Faͤcher auf;
                              gleich im ersten Jahre trug man ihm specielle Therapie auf, die er bereits in Krakau
                              lehrte und die er in Landshuth durch achtzehn Jahre publice und taͤglich las, nach Tiedemanns Abgang uͤbertrug man ihm Zoologie, welche er gleichfalls
                              bis an die Versezung der Universitaͤt nach Muͤnchen taͤglich
                              publice las; nach Bertele's Tod gab er zwei Jahre Pathologie, ohne alle
                              Entschaͤdigung dafuͤr; spaͤter befahl man ihm durch Rescript
                              materia medica zu lesen, ein Fach um das er, wie um
                              die Pathologie und Klinik nie anhielt, da ihm bei seinen vielen Arbeiten keine Zeit
                              dazu blieb; er las sie durch 5 Jahre und erhielt dafuͤr vom Ministerium, risum tencatis amici, 100 fl. Remuneration! Im Jahre
                              1824 trug man ihm außerdem noch die medizinische Klinik auf, wegen der er
                              taͤglich 2 Mal
                              das Spital besuchen mußte, und fuͤr die er taͤglich 24 Kreuzer
                              Gehaltszulage erhielt. Außerdem las er im zweiten Jahre seiner Anstellung in
                              Landshuth ein Publicum uͤber englische Sprache
                              und Literatur; ein Privatissimum uͤber
                              Physiologie der Pflanzen, welches aber spaͤter wegen Mangel an
                              Zuhoͤrern nie mehr zu Stande kam, und eines uͤber medizinische
                              Botanik, welches er durch 48 Jahre jeden Sommer hielt. Bei der Versezung der
                              Universitaͤt nach Muͤnchen hatte er taͤglich 5 Stunden den
                              Vorlesungen zu widmen. Auf welcher Universitaͤt findet man einen Mann von
                              seinem literarischen Rufe, der so viele Zeit fuͤr so weniges Einkommen dem
                              Unterrichte widmen mußte?
                           Im Jahre 1811 schrieb Schultes Bayerns Flora oder vollstaͤndige Beschreibung der im Koͤnigreiche
                                 Bayern wildwachsenden Pflanzen, wovon leider nur die erste Centurie in
                              Octavband bei Phil. Kruͤll in Landshuth erscheinen
                              konnte; sie waͤre ein Muster fuͤr Floren geworden. In demselben Jahre
                              bearbeitete er eine Uebersezung der zweiten Ausgabe von seines Freundes Jullien
                              Essai sur l'emploi du Têms, die gleichfalls im
                              Druke erschien, und zu welcher er durch seine Vorliebe fuͤr Paͤdagogik
                              und durch seine bis an sein Ende aufs Hoͤchste getriebene Sparsamkeit mit dem
                              Kostbarsten des Menschen, mit der Zeit, veranlaßt wurde. Im Herbste desselben Jahres
                              machte er mit einigen seiner Schuͤler eine Fußreise in das suͤdliche
                              Frankreich und nach Paris, das er in der Zeit seines hoͤchsten Ruhmes und
                              Glanzes sah. Seine Reise beschrieb er in zwei Baͤndchen, die in Leipzig
                              erschienen.
                           Im Jahre 1814 gab er sein Werk: Oesterreichs Flora, ein
                                 Handbuch auf botanischen Excursionen, enthaltend eine kurze Beschreibung der in
                                 den Erbstaaten des oͤsterreichischen Kaiserthumes wildwach senden
                                 Pflanzen, in Wien bei Schaumburg in zwei
                              Duodezbaͤndchen heraus. Im Jahre 1816 bearbeitete er seinen Grundriß einer Geschichte und Literatur der Botanik von Theophrastos Eresios bis auf die neuesten Zeiten, nebst
                                 einer Geschichte der botanischen Gaͤrten, der 1817 in 8°. bei
                              Schaumburg in Wien herauskam.
                           Im Jahre 1817 besorgte er fuͤr die Ant. Doll'sche
                              Buchhandlung in Wien eine neue verbesserte Auflage von Willdenow's Anleitung zum Selbststudium der Botanik in zwei
                              Duodezbaͤndchen, und fuͤr die Al. Doll'sche
                              Buchhandlung eine neue Auflage von Willdenow's Grundriß
                              der Kraͤuterkunde zu Vorlesungen entworfen. Ebenso bearbeitete er eine
                              Uebersezung von des unsterblichen Jam. Edw. Smith: Introduction to physiological and systematical Botany.
                              In diesem Jahre begann auch die Publikation eines Werkes, welches er mit seinem
                              Freunde Roͤmer in Zuͤrich begann, und das
                              ihn unter die ersten Botaniker Europa's versezte; ich meine das Systema Vegetabilium
                              secundum classes, ordines, genera, species etc.
                              Fuͤr dieses Werk hat er seit seiner Anstellung in Krakau ununterbrochen
                              gesammelt; fuͤr dieses arbeitete er rastlos bis in seine lezten
                              ungluͤklichen Tage mit einem Fleiße, einer Umsicht und Kritik, die selbst
                              seine Gegner anerkennen; er hinterließ eine ungeheure Menge Materialien zur
                              Fortsezung desselben. Dieses Werk bildet das vorzuͤglichste Denkmal, welches
                              er sich in der Botanik sezte; die Botaniker aller Welttheile ehren es bereits, und
                              werden es noch mehr schaͤzen, so wie sie dem edlen Freiherrn von Cotta, den Schultes bis an
                              sein Grab mit seltener Freundschaft verehrte, nie genug fuͤr das werden
                              danken koͤnnen, was er fuͤr dieses Werk that. Die ersten 4 Bande
                              desselben lieferte Schultes in Gemeinschaft mit Roͤmer, den 5ten und 6ten und die drei folgenden
                              Mantissen-Baͤnde bearbeitete er allein; bei dem 4ten
                              Mantissen-Bande und bei den zwei Theilen des 7ten Bandes hatte er seinen Sohn
                              zum Mitarbeiter; der wie wir hoͤren das Begonnene im Geiste seines Vaters
                              fortfuͤhren wird.
                           Am Ende des Jahres 1817 reiste Schultes nach Wien, um
                              seinen Sohn in die Welt zu fuͤhren. Er ward dort von seinen alten Freunden
                              mit seltener Herzlichkeit empfangen; er haͤtte sich vervielfachen
                              muͤssen, um allen denselben Genuͤge zu leisten. Die
                              oͤsterreichische Polizei, die ihn sorgfaͤltig uͤberall
                              beobachten ließ, muß sich damals uͤberzeugt haben, daß sie von Schultes nichts zu befuͤrchten habe, so lange sein
                              Vaterland Oesterreichs Alliirter war. Im Jahre 1818 reiste er wieder nach Wien, um
                              noch einige Daten zu den Donaufahrten zu sammeln, die er herauszugeben gesonnen war, und die er bis
                              in die Tuͤrkei fortgesezt haͤtte, wenn es ihm gelungen waͤre,
                              bei dem Ministerium einen Urlaub zu dieser Reise zu erwirken. Der erste Theil dieser
                              Reisen, die bayerische Donau enthaltend, erschien im Jahre 1819 bei Ant. Doll in Wien, unter dem Titel: Donaufahrten, ein Handbuch fuͤr Reisende auf der Donau, der zweite
                              Band, welcher lange auf der Censur zu Wien lag, die er nicht passiren konnte, wurde
                              mehrere Jahre spaͤter im J. 1827 in der von Cotta'schen Buchhandlung gedrukt, deren hochverehrten Chef sie gewidmet
                              ist.
                           Im Jahre 1821 besuchte er in Gesellschaft seines innigen Freundes Dingler, mit seinem Sohne die naturhistorischen und
                              aͤrztlichen Anstalten in Weimar, Erfurt, Jena, Halle,
                                 Leipzig, Berlin und Dresden, wo er uͤberall mit den sprechendsten
                              Beweisen von Freundschaft und Hochachtung aufgenommen wurde.
                           Im Jahre 1823 besorgte er die Ausgabe von Thunberg's
                              Flora capensis, die Freiherr v. Cotta durch Vermittlung Schultes's, der mit Thunberg in freundschaftlichem Verkehre stand, im
                              Manuscripte an sich gebracht hatte.
                           Im Jahre 1824 reiste er mit seinem Sohne, den er vor seinem Ende mit den
                              vorzuͤglicheren Maͤnnern im Felde der Medizin und der
                              Naturwissenschaft bekannt machen wollte, uͤber Wuͤrzburg, Frankfurt,
                              Marburg, Gießen, Kassel, nach Goͤttingen, Utrecht, Amsterdam, Leyden,
                              Rotterdam, London, Cambridge, Oxford, Paris, Straßburg, Carlsruhe und Stuttgart.
                              Ueberall empfingen ihn seine Freunde und Correspondenten mit Liebe und Verehrung,
                              und selbst jene Gelehrten, mit welchen er bisher nicht in Verbindung stand, kamen
                              ihm bei seinem Namen uͤberall mit Hochachtung und Zuvorkommenheit entgegen.
                              Er schrieb einen botanischen Aufsaz uͤber diese Reise, die er auf seine
                              Kosten machte, fuͤr die botanische Zeitung, welcher spaͤter ins
                              Englische uͤbersezt und in mehrere englische Journale mit Beifall aufgenommen
                              wurde. Einen medizinischen Aufsaz uͤber die Spitaͤler Hollands,
                              Englands und Frankreichs schrieb sein Sohn bei Gelegenheit seiner Promotion im Jahre
                              1825.
                           Im Jahre 1825 erschien in Augsburg in der Jenisch und Stage'schen Buchhandlung seine Brochuͤre
                              uͤber Apotheker-Taxen uͤberhaupt und
                                 besonders uͤber die
                              Taxa pharmaceutica bavarica, worin er dieses Machwerk
                              mit seiner ihm eigenen Gediegenheit durchgeißelte.
                           Am Ende des Jahres 1826 wurde die Universitaͤt Landshuth nach Muͤnchen
                              versezt. Schultes wurde zum Direktor der chirurgischen
                              Schule gemacht, eine Anstalt, die auch nicht ein Blatt der Bibliothek besaß, an der
                              kein botanischer Garten war, kurz der es an Allem fehlte, so daß Schultes in seinem ersten Jahresberichte an die Regierung
                              dieselbe als eine flehende Pest im Lande, als eine Moͤrdergrube bezeichnete.
                              An einer solchen Anstalt, an welcher nur Landbader einen schlechten Unterricht
                              bekommen sollten, versezte man mit bedeutendem Schaden in scientifischer und
                              pecuniaͤrer Hinsicht einen Mann, der 29 Jahre an Universitaͤten
                              gelehrt hatte, der seinem Vaterlande mit seltner Treue und Anhaͤnglichkeit
                              diente, der ihm so große Opfer gebracht hatte und dessen Name nicht nur in Europa,
                              sondern auch in Asien und Amerika gefeiert war, als Naturhistoriker, als Arzt und
                              als Foͤrderer alles Guten, Schoͤnen und Nuͤzlichen. Ewige
                              Schande wird die Partei des Obskurantismus und Jesuitismus, die dieses zu bewirken
                              wußte, brandmarken in den Augen aller Gebildeten und aller Derer, die nicht
                              lichtscheu oder Unterdruͤker des menschlichen Geistes sind. An dieser Schule
                              war das Spital nunmehr das Einzige, was ihn interessirte; er verwaltete dasselbe mit
                              einem so gluͤklichen Erfolge, daß das Verhaͤltniß der Sterblichkeit in
                              seiner Anstalt, in welche jede Art von Kranken aufgenommen wurde, nur wie 1 zu 57
                              war 5 seine Behandlung war aͤußerst einfach, jeder Kranke kostete im
                              Durchschnitte an Arznei nur 4 1/2 kr. und an Kost 14 1/2 kr. des Tages, obwohl wo es
                              Noth that, das Kostbarste gereicht wurde. Seine Kranken liebten ihn wie ihren Vater.
                              Im Jahre 1823 erschien in der Leopold Boß'schen
                              Buchhandlung sein Bericht uͤber die ersten drei Jahre seiner Spitalverwaltung
                              unter dem Titel: Ratio medendi in schola clinica medica universitatis regiae L.
                                    M. et demum scholae chirurgicae Landishutanae.
                           Diese Mißhandlungen, dieser Undank, welchen Schultes
                              fuͤr so lange geleistete und so wesentliche Dienste erhielt, brachten in ihm,
                              obwohl er das Gute nie des Dankes, sondern des Guten selbst willen that, eine große
                              Bitterkeit hervor. Das Ungluͤk, welches er in seiner Familie erlitt, von
                              welcher er in einem Zeitraum von wenigen Jahren seine geliebte Frau, zwei erwachsene
                              Toͤchter und seine kleinste Tochter, die sein Liebling war, starben; zwei
                              traurige Erfahrungen, die er unter seinen Freunden machte, alles dieß
                              erschuͤtterte ihn so, daß er in tiefe Melancholie verfiel; er der
                              fruͤher von Munterkeit, Jovialitaͤt und Theilnahme an allem Edlen und
                              Guten spruͤhte, ward nun ganz in sich gekehrt und Menschenfeind. Diese
                              Melancholie, aus der ihn weder die Bitten seiner Familie noch das Zureden seiner
                              Freunde zu reißen vermochte, untergrub seine Gesundheit, die sonst bei seiner
                              strengen Diaͤtetik, seiner Maͤßigkeit und seinem abgehaͤrteten
                              Koͤrper noch lang Allem widerstanden haͤtte. Er kraͤnkelte den
                              ganzen Sommer von 1830, legte sich im December dieses Jahres, und verschied, nachdem
                              er durch 5 Monate physisch und psychisch die groͤßten Qualen erduldete, die
                              uͤber einen Menschen kommen koͤnnen, am 21. April 1831 in den Armen
                              seiner Kinder.
                           ––––––––––
                           Zahlreiche Aufsaͤze lieferte er in eine Menge Zeitschriften, von welchen wir
                              hier bloß Baldinger's Magazin und Journal, die
                              oͤsterreichischen Annalen der Literatur, die er lange redigirte, die
                              Erlanger, Jenaer Literatur-Zeitung, den Sammler fuͤr Tyrol, den
                              allgemeinen Cameral-Correspondenten, die Allemannia, die Muͤnchner
                              Literatur-Zeitung, Sartori's
                              vaterlaͤndische Blaͤtter, die Morgenzeitung, die Allgemeine Zeitung,
                              den Hesperus, die Salzburger med. chir. Zeitung, Gehlen's
                              Journal, die botanische Zeitung etc. nennen. In spaͤterer Zeit zog er sich
                              jedoch von allen zuruͤk und arbeitete bloß mehr am polytechnischen Journale,
                              das ihm außer den zahlreichen Uebersezungen aus den englischen,
                              franzoͤsischen und italiaͤnischen technischen Werken und Zeitschriften
                              so viele der gediegensten Aufsaͤze und der belehrendsten Notizen verdankt,
                              ohne daß er seinen Namen jemals darin geltend machte.
                           Sein Titel:
                           Med. Dr., k. b. Hofrath und Professor, Director der k.
                              chirurgischen Schule in Landshuth.
                           Er war Mitglied der kaiserl. Akademie zu Turin, der koͤnigl. Akademie in
                              Schweden, der k. Gesellschaft der Wissenschaften in Goͤttingen, der
                              Wetterau'schen Gesellschaft fuͤr die gesammte Naturgeschichte, der
                              Gesellschaft zur Befoͤrderung der gesammten Naturwissenschaften zu Marburg,
                              der botanischen Gesellschaften zu Regensburg und Altenburg, der mineralogischen
                              Gesellschaft zu Jena, der Zuͤricher und Genfer naturforschenden Gesellschaft,
                              der Erlanger kameralistisch-oͤkonomischen Societaͤt, der Société pour l'enseignement zu Paris, des
                              aͤrztlichen Kunstvereins, des pharmaceutischen Vereins in Bayern, des
                              landwirtschaftlichen Vereins in Eßlingen, und mehrerer andern Gesellschaften.
                              –r.