| Titel: | Bericht des Hrn. Gauthier de Claubry über das Löthrohr mit comprimirtem Wasserstoff- und Sauerstoff-Gase, welches Hr. Galy-Cazalat erfand. | 
| Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. VI., S. 29 | 
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                        VI.
                        Bericht des Hrn. Gauthier de Claubry uͤber das
                           Loͤthrohr mit comprimirtem Wasserstoff- und Sauerstoff-Gase,
                           welches Hr. Galy-Cazalat erfand.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'encouragement. April 1831, S. 223.
                        Bericht uͤber Galy-Cazalat's
                           Loͤthrohr.
                        
                     
                        
                           Die Gefahren, welchen man bei dem Gebrauche des Clarke'schen oder Newmann'schen Loͤthrohres
                              ausgesezt ist, und welche leider auch schon oͤfter Unfaͤlle
                              verursachten, veranlaßten bereits mehrere Verbesserungen an diesem Instrumente. Dr. Clarke selbst kam auf die
                              Idee eine Schichte Oehl auf den Boden des kupfernen Gefaͤßes zu gießen, um
                              dadurch zu verhindern, daß die Flamme je bis in diesen Behaͤlter
                              zuruͤkdringt; allein er erfuhr nur zu bald selbst, daß dieses Mittel nicht
                              hinreicht die Explosionen des Apparates zu verhindern, und dieser
                              fuͤrchterliche Unfall noͤthigte zum Aufsuchen neuer
                              Sicherheitsmittel.
                           Die Haarroͤhrchen, deren Eigenschaften uns Davy
                              lehrte, fanden nun bei diesem Loͤthrohre eine nuͤzliche Anwendung, und
                              jene der Metallgitter ließ hoffen, daß man durch dasselbe gegen jeden Zufall
                              geschuͤzt sey. Wir werden weiter unten noch von der wichtigen Anwendung
                              derselben sprechen, die bei den Versuchen mit comprimirter Knallluft gemacht
                              wurden.
                           Die groͤßten Hizgrade, die wir auf unseren besten Essen hervorzubringen im
                              Stande sind, sind noch weit von jener Intensitaͤt der Hize entfernt, die wir
                              durch die comprimirte Knallluft erhalten, und gewisse Resultate koͤnnen wir
                              lediglich durch dieses lezte Mittel erlangen. Es war daher aͤußerst
                              wuͤnschenswerth ein Mittel zu finden, durch welches die großen Gefahren, mit
                              denen bisher die Versuche und Untersuchungen mit diesem Instrumente verbunden waren,
                              endlich beseitigt wuͤrden.
                           Unter den Modificationen, die mehrere Physiker an diesem Instrumente anbrachten,
                              verdient vorzuͤglich jene einer Erwaͤhnung, die von einem jungen
                              verdienstvollen, fuͤr die Wissenschaft und sein Vaterland zu fruͤh
                              verstorbenen Chemiker herruͤhrt. Crivelli
                              construirte naͤmlich einen Gasometer, der keine Gefahr darbot; er wendete
                              zwei Behaͤlter an, von denen der eine Wasserstoff, der andere Sauerstoff
                              enthielt, und welche beide mit einem sehr geringen Raume in Verbindung standen, in
                              dem die Mischung der beiden Gase geschah, und aus welchem dieselben dann durch
                              haarfoͤrmige Oeffnungen ausstroͤmten. Da man die Gase nach Belieben
                              comprimiren konnte, und da man, wenn die Oeffnungen gehoͤrig berechnet waren, ihre Mischung in den
                              noͤthigen Verhaͤltnissen bewirken konnte, so geschah die Operation
                              ohne alle Gefahr; auch konnte man die Menge des Gases hinreichend groß machen, um
                              damit alle gewuͤnschten Resultate zu erlangen. Allein dieser Apparat war
                              complicirt, kostspielig, und erfuͤllte daher seine Zweke nicht ganz, indem
                              nicht Jedermann sich desselben zu seinen Versuchen bedienen konnte.
                           Hr. Galy-Cazalat erfand, da er fuͤr mehrere
                              seiner Untersuchungen eine sehr starke und zugleich lang anhaltende Hize
                              noͤthig hatte, einen Apparat, dessen Vortheile sich dem Erfinder in einem
                              Zeitraume von 7 Jahren bewaͤhrt haben. Er sagt, daß die Nachtheile des Clarke'schen Loͤthrohres 1) von der Menge der Luft
                              herruͤhren, die vorher schon in dem kupfernen Behaͤlter enthalten ist,
                              und welche die Verbrennlichkeit des Gemisches vermindert; und 2) von der schnellen
                              Verminderung der Intensitaͤt der Flamme durch die Verminderung der
                              Staͤrke des Drukes. Diesen Nachtheilen nun glaubt der Erfinder durch seinen
                              Apparat abgeholfen zu haben, bei welchem uͤberdieß, da die Gase von einander
                              geschieden sind, keine Gefahr einer Explosion Statt haben kann. Dieser Apparat ist
                              auf folgende Weise eingerichtet.
                           Ein bleiernes, leicht kegelfoͤrmiges Gefaͤß ist von einem eisernen
                              Cylinder eingeschlossen, der dasselbe an allen Punkten beruͤhrt, und einem
                              Druke von 100 Atmosphaͤren zu widerstehen vermag. Dieses Gefaͤß ist
                              durch eine Scheidewand in zwei Theile getheilt, von denen der eine zwei Mal so groß
                              ist als der andere, und welche mittelst einer Roͤhre, die unter ein
                              kupfernes, den falschen Boden des bleiernen Cylinders bildendes, Gitter herabsteigt,
                              mit einander in Verbindung stehen. Unterhalb ist ein Hahn aus einer Legirung von
                              Spießglanz und Blei angebracht, der von verduͤnnter Schwefelsaͤure
                              nicht angegriffen wird.
                           Die Gase werden einzeln in Roͤhren in eine kleine metallene, mit einem
                              Metallgewebe umgebene Buͤchse geleitet, aus welcher sie durch einen
                              gehoͤrigen Schnabel ausstroͤmen. Die Oeffnungen muͤssen so
                              eingerichtet seyn, daß auf zwei Raumtheile Wasserstoffgas immer ein Raumtheil
                              Sauerstoffgas kommt.
                           Will man nun den Apparat fuͤllen, so bringt man in die unteren
                              Behaͤlter Zinkstuͤke und gießt Wasser darauf; man oͤffnet
                              ferner die gehoͤrigen Haͤhne, und leitet in den oberen leeren Raum
                              mittelst einer Blase, die mit einem Hahne versehen ist, 20 Liter Sauerstoffgas; dann
                              zieht man z.B. 5 Liter Wasser aus dem unteren Raume ab, und ersezt diese durch 4
                              Liter Schwefelsaͤure, die bald so viel Wasserstoffgas entwikeln wird, als zum
                              Anfuͤllen desselben noͤthig ist.
                           
                           Wurde die Schwefelsaͤure mit vier Volumen Wasser verduͤnnt, so wird die
                              Zersezung aufhoͤren, wenn die Spannung der beiden Gase beilaͤufig 28
                              Atmosphaͤren gleichkommt; und nimmt die Kraft der Saͤure ab, so wird
                              der Druk, bei welchem die Entwikelung von Wasserstoffgas aufhoͤrt, immer
                              schwaͤcher erscheinen.
                           Sind die Haͤhne der beiden Behaͤlter geoͤffnet, so vermischen
                              sich die Gase in dem kleinen Behaͤlter, und gehen dann durch eine
                              Buͤchse aus Platinna, in der sich ein Stuͤk Platinna-Schwamm
                              befindet, durch welches sie entzuͤndet werden. Zur Reinigung des
                              Wasserstoffgases bringt der Erfinder in die Roͤhre, durch welche dasselbe
                              geht, Baumwolle, die mit Kalk eingestreut ist.
                           So wie die Verbrennung beginnt, sagt Hr. Galy-Cazalat, so erzeugt sich auch der Sauerstoff neuerdings, und
                              da diese Entwikelung rascher erfolgt, als der Austritt des Gases, so betraͤgt
                              der Druk, unter welchem die Gase entweichen, beinahe bestaͤndig 10
                              Atmosphaͤren.
                           Der Erfinder schreibt nun seinem Apparate folgende Vorzuͤge zu:
                           1) enthaͤlt derselbe bloß Knallgas; und dieses zwar 2 oder 3 Mal so stark
                              comprimirt, als es in den gewoͤhnlichen Apparaten enthalten ist, so daß es
                              viel mehr Hize entwikelt.
                           2) laͤßt sich dasselbe sehr schnell laden, weil sich das Sauerstoffgas in
                              einem Augenblike einfuͤhren laͤßt, und das Wasserstoffgas sich von
                              selbst entwikelt, und bei seiner Entwikelung den Druk hervorbringt.
                           3) ist die Flamme in bestaͤndiger Thaͤtigkeit, und von viel
                              groͤßerer Dauer, als bei dem Clarke'schen
                              Loͤthrohre, indem das sich fortwaͤhrend entwikelnde Wasserstoffgas den
                              Druk unterhaͤlt.
                           4) kann keine Detonation Statt haben, da die beiden Gase von einander abgeschieden
                              sind.
                           Was die Leichtigkeit des Fuͤllens des Apparates, die Dauer der Flamme und die
                              Gefahrlosigkeit betrifft, so sind wir mit Hrn. Galy-Cazalat einverstanden; allein es laͤßt sich leicht ein
                              Instrument ausfindig machen, welches alle diese Vorzuͤge in sich vereint, und
                              welches zugleich auch keine atmosphaͤrische Luft enthaͤlt.
                           Der Apparat, den wir hier beschrieben haben, ist nicht nur kostspielig und
                              zusammengesezt, sondern hat auch noch den Nachtheil, daß man, wenn man sich nicht an
                              einem Orte befindet, an welchem es geschikte Arbeiter gibt, bei allenfalls
                              noͤthig werdenden Reparaturen in Verlegenheit kommen wird. Wir zweifeln
                              nicht, daß, wenn Hr. Galy-Cazalat den sinnreichen
                              Apparat des Hrn. Barruel des aͤlteren gekannt
                              haͤtte, er selbst diesem lezteren in jeder Hinsicht den Vorzug vor dem
                              seinigen eingeraͤumt haben wuͤrde. Da das Instrument des Hrn. Baruel noch nirgends beschrieben wurde, ungeachtet man
                              sich seit laͤngerer Zeit bei mehreren oͤffentlichen Vorlesungen von
                              den Vorzuͤgen desselben uͤberzeugte, so glauben wir etwas sehr
                              Nuͤzliches zu vollbringen, wenn wir hier dessen Einrichtung beschreiben.
                           Eine mit dem Knallgase gefuͤllte, und mit einem Hahne versehene Blase, wird in
                              ein Gehaͤuse aus weichem Holze gebracht, an dessen einem Ende sich zum
                              Durchgange des Hahnes eine Spalte befindet. An diesem Hahne bringt man ein kupfernes
                              Haarroͤhrchen an, das an einem Cylinder befestigt ist, der mit Scheiben aus
                              einem Metallgewebe gefuͤllt ist. Diese Scheiben werden an ihren
                              Raͤndern angeloͤthet, damit keine groͤßeren Oeffnungen
                              entstehen koͤnnen, als jene in den Scheiben sind. Auf die Blase wird ein
                              Brett gelegt, auf welches man z.B. ein Gewicht von 10 Kilogrammen bringen kann. Wenn
                              Alles so zugerichtet ist, kann man den Hahn oͤffnen, und den aus der Blase
                              fahrenden Gasstrom entzuͤnden; es entsteht dadurch eine sehr lebhafte Flamme,
                              und eine Hize, mit der man gewiß die verlangten Resultate erreichen kann. Da der
                              Druk immer gleich anhaͤlt, so bleibt auch der Gasstrom immer gleich; derselbe
                              wird uͤbrigens auch so lang anhalten, als es bei den meisten Versuchen, die
                              man mit demselben anstellt, noͤthig ist. In jedem Laboratorium befindet sich
                              eine Blase mit einem Hahne; die Einrichtung mit den Metallscheiben ist sehr
                              wohlfeil, und die Kiste und das Gehaͤuse fuͤr den Apparat kann sich
                              Jedermann leicht verschaffen. Jedermann kann auf diese Weise mit dem Knallgase
                              Versuche machen, fuͤr deren Gefahrlosigkeit wir nur folgende Thatsache
                              anfuͤhren wollen.
                           Waͤhrend des Aufenthaltes Berzelius's zu Paris im
                              J. 1819 wiederholte Hr. Baruel vor demselben die Versuche
                              mit seinem Loͤthrohre im Laboratorium der Faculté de Médecine; die Blase wurde mit Knallgas
                              gefuͤllt, mit einem Gewichte von 25 Kilogrammen beladen, und dann der
                              Luftstrom angezuͤndet, wobei sich eine außerordentlich intensive Hize
                              entwikelte. Ein Strik, welcher an dem Ringe des Gewichtes befestigt war, ging
                              uͤber zwei Rollen, und konnte gegen die einer großen Mauer gegenuͤber
                              liegende Seite gezogen werden. Als die Personen, welche die Versuche angestellt
                              hatten, sich aus dem Laboratorium entfernten, wurde das Gewicht ploͤzlich
                              abgenommen; es ließ sich dabei eine leichte Detonation in der Roͤhre
                              hoͤren, und als man dieselbe abnahm, fand man 25–30 von den 200
                              Scheiben aus Metallgitter, die in der Roͤhre enthalten waren, verbrannt.
                              Diese Erfahrung beweist, wie ruhig man mit diesem Apparate arbeiten kann, den man
                              uͤbrigens noch sicherer machen koͤnnte, wenn man zwei Blasen
                              anbraͤchte, welche mit dem, mit Metallgewebe gefuͤllten, Vorstoße
                              communiciren wuͤrden.
                           Der Apparat des Hrn. Galy-Cazalat kann zwar viel
                              laͤngere Zeit in Einem fort gebraucht werden; allein, so wie derselbe
                              gegenwaͤrtig ist, ist er schwer und daher unbequem zu handhaben. Da der Druk,
                              dem er ausgesezt ist, nie uͤber 10 Atmosphaͤren steigt, so
                              koͤnnte man dem Bleicylinder wohl eine weit geringere Dike geben, und auch
                              dessen Rauminhalt vermindern; der Apparat wuͤrde dadurch viel bequemer
                              werden, und ließe sich dann in solchen Faͤllen, in welchen man einer sehr
                              hohen und lange anhaltenden Hize bedarf, mit Vortheil benuzen.