| Titel: | Ueber ein Mittel, durch welches man immer die bei der Läuterung des Runkelrübensaftes nöthige Menge Kalkes ausmitteln kann. Von Hrn. Pascal de Bourgoin. | 
| Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LXXI., S. 292 | 
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                        LXXI.
                        Ueber ein Mittel, durch welches man immer die bei
                           der Laͤuterung des Runkelruͤbensaftes noͤthige Menge Kalkes
                           ausmitteln kann. Von Hrn. Pascal de Bourgoin.
                        Aus dem Agriculteur-Manufacturier. August 1831,
                              S. 251.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. V.
                        Bourgoin, uͤber das Ausmitteln des Kalkes beim
                           Runkelruͤbensaft.
                        
                     
                        
                           Die Anwendung der thierischen Kohle zum Filtriren der Syrupe sichert heut zu Tage den
                              Fabrikanten des inlaͤndischen Zukers den Sieg uͤber den
                              groͤßten Theil der Hindernisse und Schwierigkeiten, die sich ihnen so lange
                              Zeit hindurch bei jedem Schritte entgegenstellten; es bleibt denselben daher, um
                              immer gleiche und vortheilhafte Resultate zu erhalten, beinahe nichts mehr
                              uͤbrig, als die erste und wichtigste ihrer Operationen, die Laͤuterung
                              des Saftes, nach bestimmten und guten Grundsaͤzen zu verrichten.
                           Hr. Dubrunfaut, dessen große
                              Verdienste und Kenntnisse in Hinsicht auf die Zukerfabrikation allgemein bekannt
                              sind, hat ein Mittel angegeben, durch welches sich die Menge des Kalkes, die man mit
                              Vortheil anwenden kann, bemessen laͤßt, und welches daher fuͤr die
                              Zukerfabrikanten, besonders fuͤr jene, die erst im ersten Jahre arbeiten, von
                              großer Wichtigkeit ist. Dieses Mittel, welches darin besteht, daß man sehr genau auf
                              ein Haͤutchen aus kohlensaurem Kalke Acht gibt, das sich auf der
                              Oberflaͤche des Saftes erzeugt, wenn eine hinlaͤngliche Menge Kalkes
                              zugesezt worden, dieses Mittel bietet jedoch ziemlich viele Abweichungen dar, die
                              theils von der Natur der Wurzeln, theils von der mehr oder weniger lang fortgesezten
                              und besseren oder schlechteren Aufbewahrung derselben abhaͤngen. Ich behelfe
                              mich gewoͤhnlich mit diesem Verfahren, welches uͤbrigens nicht immer
                              einen sicheren Maßstab abgibt, da dasselbe nur anzeigt, ob sich ein Ueberschuß von freiem
                              Kalke in dem Safte befindet, und da ein solcher Ueberschuß nicht immer von Nuzen
                              ist. Ich erhalte naͤmlich durch einen Zusaz von Kalk, bei welchem sich noch
                              kein Haͤutchen zeigt, manch Mal bessere und reinere Producte, und bediene
                              mich daher in diesen Faͤllen, die zwar nicht zu den haͤufigeren
                              gehoͤren, und die sich vorzuͤglich durch die Dauer der Aufbewahrung
                              ergeben, des Haͤutchens ehe als eines Umstandes, den ich vielmehr zu
                              vermeiden, als ihn hervorzubringen suche.
                           Ich habe ein sehr einfaches und von Jedermann anwendbares Mittel ausgedacht, dessen
                              ich mich seit mehreren Jahren bediene, und welches mir jedes Mal, so oft ich es
                              noͤthig habe, auf eine sehr bestimmte Weise die Menge des Kalkes angibt, die
                              ich anzuwenden habe. Ich erhalte dieses Resultat uͤberdieß durch einen
                              Versuch von sehr kurzer Dauer, der fruͤher beendigt ist, als die Operation im
                              Großen, d.h. als der Zusaz des Kalkes in dem Laͤuterungskessel,
                              noͤthig ist.
                           Der kleine Apparat, dessen ich mich hiezu bediene, besteht aus 6 Glasroͤhren
                              von 12–13 Centimeter Laͤnge und 9 bis 10 Millimeter im Lichten, die an
                              dem einen Ende verschlossen, und senkrecht in einen hoͤlzernen Traͤger
                              mit einem Fuße gestellt sind, wie man aus Fig. 20
                              hinlaͤnglich deutlich ersieht. Diese Roͤhren werden durch
                              Drukschrauben befestigt. In die offene Muͤndung dieser Roͤhren bringe
                              ich kleine glaͤserne Trichter von 3–4 Centimeter im Durchmesser, die
                              saͤmmtlich mit kleinen Filtern aus ungeleimtem Papiere versehen sind. Habe
                              ich nun mit Runkelruͤben zu arbeiten, deren Guͤte mir nicht bekannt
                              ist, und will ich die Menge Kalkes erfahren, die fuͤr dieselben
                              noͤthig ist, so waͤge ich sechs Mal einen Gramme geloͤschten,
                              und durch ein Haarsieb gesiebten, Kalkes ab, und bringe jeden Gramme in ein
                              Stuͤk Papier. Wenn diese Vorbereitungen getroffen sind, so brauche ich
                              beilaͤufig nur mehr eine Viertelstunde um den verlangten Aufschluß zu
                              erhalten. Ich gieße naͤmlich einen Liter von dem Safte, den ich untersuchen
                              will, in ein kleines kupfernes Beken, welches ich uͤber ein vorher
                              angezuͤndetes Feuer stelle, und in welches ich einen Thermometer tauche. Ist
                              die Hize bis auf 70º gestiegen, so nehme ich das Beken vom Feuer, werfe einen
                              Gramme Kalk hinein, ruͤhre ihn gut um, und bringe das Beken dann neuerdings
                              auf das Feuer, bis der Saft zum Sieden kommt. Dann nehme ich es wieder vom Feuer,
                              und werfe einen halben Eßloͤffel voll Saft auf das erste Filter, worauf ich
                              der Fluͤssigkeit neuerdings einen Gramme zuseze, und sie wiederholt zum
                              Sieden bringe. Dieses Verfahren wiederhole ich sechs Mal, und filtrire dabei jedes
                              Mal einen Theil der gelaͤuterten Fluͤssigkeit. Dadurch erhalte ich
                              sechs verschiedene Laͤuterungen, bei denen zwar durch die geschehenen Verminderungen der
                              Fluͤssigkeit die relative Menge des Kalkes allmaͤhlich zunimmt, jedoch
                              in einem solchen Maße, daß sie keine Beachtung verdient. Auf diese Weise bekomme ich
                              schnell in meinen sechs Roͤhren filtrirten Ruͤbensaft, und ist hiebei
                              der Zusaz von 4 Grammen Kalk der geeignetste, so wird sich zeigen, daß die erste und
                              zweite Roͤhre eine gruͤnliche Fluͤssigkeit enthalten, deren
                              Faͤrbung in der ersten Roͤhre noch staͤrker ist, als in der
                              zweiten; daß die dritte Roͤhre sich der Farbe des weißen Weines
                              naͤhert, und daß die vierte endlich einen sehr schoͤnen Saft
                              enthaͤlt. Das Filtriren erfolgt in der vierten, fuͤnften und sechsten
                              Roͤhre schneller als in der ersten, zweiten und dritten, und diese
                              Schnelligkeit wird mit dem staͤrkeren Kalkzusaze im Verhaͤltnisse
                              stehen. Man koͤnnte in Zweifel gerathen, ob man nicht der fuͤnften
                              oder sechsten Dosis den Vorzug geben soll, da bei dieser der Saft gleichfalls sehr
                              schoͤn ist, und das Filtriren schnell von Statten geht; allein man wird bald
                              aller Zweifel uͤberhoben seyn, wenn man bedenkt, daß eine gute
                              Laͤuterung, abgesehen von einem schoͤnen und klaren Safte, auch
                              zusammengeballten, festen, compacten Schaum geben muß, und daß dieser Schaum, wenn
                              zu viel Kalk zugesezt worden, weich, leicht, fluͤchtig und schwer zu sammeln
                              wird. Wurde naͤmlich zu viel Kalk zugesezt, so sind oft mehrere Stunden
                              noͤthig, bis sich der Schaum absezt, und selbst dann geschieht dasselbe oft
                              unvollstaͤndig; waͤhrend, wenn die gehoͤrige Menge angewendet
                              worden, man schon 4–5 Minuten nachdem das Feuer entfernt worden, klaren Saft
                              bei dem Hahne abziehen kann. Der Syrup, den man aus diesem lezten, mit Kohle
                              behandelten, Safte erhaͤlt, gibt beim Versieden trokene Sude und einen
                              reinen, nicht klebrigen Probefaden. Kurz Alles geht hienach sehr gut von
                              Statten.
                           Aus der langen Erfahrung, die ich in Hinsicht auf diese Probelaͤuterungen
                              habe, kann ich dieselben den Zukerfabrikanten mit der sicheren Ueberzeugung
                              empfehlen, daß sie ihnen von großem Nuzen seyn werden. Ich hatte Gelegenheit mich in
                              vielen Fabriken zu uͤberzeugen, daß die Menge des Kalkzusazes nur sehr
                              oberflaͤchlich bestimmt wird, und glaube, daß mit Huͤlfe dieser
                              Versuche (die nur alle acht bis vierzehn Tage wiederholt zu werden brauchen) und der
                              Beobachtung des Hautchens, auch der ungeuͤbteste Fabrikant im Stande ist
                              seinen Runkelruͤbensaft mit derselben Genauigkeit mit Kalk zu versezen, als
                              der geuͤbteste Praktiker dieses zu thun vermag. Man muß sich da wohl
                              empirischer Mittel bedienen, wo die Theorie, und die Wissenschaft uns im Stiche
                              lassen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
